OGH 2Ob537/90

OGH2Ob537/9028.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der antragstellenden Partei Michael W***, Pensionist, Pischeldorf Nr. 11, vertreten durch Dr. Franz Müller-Strobl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die Antragsgegnerin Maria W***, Hausfrau, Kirchengasse 6, Pischeldorf, vertreten durch Dr. Edwin Kois, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 23.Februar 1990, GZ 1 R 78/90-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 14.Dezember 1989, GZ 3 F 7/89-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Vorlage des Rekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 5.November 1989, GZ 3 F 7/89-3, an das Gericht zweiter Instanz aufgetragen.

Text

Begründung

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 12.Juli 1989, 3 C 42/88-15, wurde die Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin nach § 55 Abs. 3 EheG geschieden und das Alleinverschulden des Antragstellers an der Zerrüttung der Ehe festgestellt. Die Berufung gegen dieses Urteil blieb erfolglos. Über die vom Antragsteller erhobene Revision wurde noch nicht entschieden. Unter Hinweis auf die Teilrechtskraft des erstgerichtlichen Urteiles hinsichtlich des Ausspruches über die Scheidung stellte Michael W*** beim Erstgericht den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens. Am 5.November 1989 teilte das Erstgericht den Parteien schriftlich mit, "daß das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 12.Juli 1989, 3 C 42/88-15, noch nicht in Rechtskraft erwachsen" sei und daß "daher der Ausgang des über das Verschulden noch anhängigen Rechtsstreites ohne förmliche Unterbrechung (Innehaltung) abgewartet und die Parteien davon in Kenntnis gesetzt" würden. Das vom Antragsteller dagegen erhobene, als "Vorstellung allenfalls Rekurs" bezeichnete Rechtsmittel wies das Erstgericht mit Beschluß vom 14.Dezember 1989 (ON 5 dA) mit der Begründung zurück, daß die Vorstellung unzulässig sei und Rekurse nur gegen gerichtliche Beschlüsse zulässig seien, hier jedoch nur eine bloße Mitteilung des Gerichtes vorliege.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem gegen die Zurückweisung des Rekurses erhobenen Rekurs des Antragstellers nicht Folge, wobei es aussprach, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei (§ 14 Abs. 1 AußStrG).

Nach § 9 AußStrG könne nur eine vom Gericht über einen Gegenstand der Gerichtsbarkeit außer Streitsachen getroffene Verfügung durch ein Rechtsmittel angefochten werden. Unter Verfügung im Sinne des § 9 AußStrG sei eine Maßnahme zu verstehen, durch die das Gericht selbst rechtliche Wirkungen erzeuge. Dies treffe im vorliegenden Fall, wie bereits das Erstgericht zutreffend erkannt habe, nicht zu. Das Erstgericht habe die Parteien des Aufteilungsverfahrens lediglich verständigt, daß es über den Aufteilungsanspruch sachlich erst nach rechtskräftiger Entscheidung über den im Scheidungsverfahren noch strittigen Verschuldensausspruch entscheiden werde; es hätte diese Verständigung ebensogut unterlassen und mit dem Verfahren "faktisch" innehalten können. Das Erstgericht habe den Rekurs des Antragstellers demnach mit Recht mangels Vorliegens einer "Verfügung" zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsteller gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, daß von einer mit Rechtsmittel anfechtbaren Verfügung nur dann gesprochen werden kann, wenn eine auf Erzeugung von Rechtswirkungen gerichtete prozessuale Willenserklärung des Gerichtes vorliegt, deren Abänderung oder Aufhebung das dagegen erhobene Rechtsmittel bezweckt (SZ 50/41 = EvBl. 1978/5 ua), wenn also damit in die Rechtssphäre einer Person eingegriffen wird (vgl. SZ 46/70; 8 Ob 646/85). Es hat jedoch zu Unrecht die Ansicht vertreten, daß die vom Erstgericht getroffene und den Parteien zur Kenntnis gebrachte Verfügung, den Eintritt der Rechtskraft des Ausspruches über das Zerrüttungsverschulden gemäß § 61 Abs. 3 EheG - ohne das Verfahren förmlich zu

unterbrechen - abzuwarten, keine rechtlichen Wirkungen nach sich zieht. Mit Recht weist der Revisionsrekurswerber darauf hin, daß die Frist des § 95 EheG mit der Teilrechtskraft des Ausspruches über die Entscheidung in Lauf gesetzt wird. Maßgebend für die Festsetzung des frühestmöglichen Beginnes des Fristenlaufes - nämlich mit der formellen Rechtskraft der Entscheidung über die Scheidung der Ehe - war das Anliegen nach ehester Klärung der Vermögensverhältnisse der Geschiedenen (8 Ob 702/86). Bringt nun das Gericht zum Ausdruck, mit Verfahrenshandlungen nicht unverzüglich im Rahmen des ordentlichen Gerichtsbetriebes beginnen, vielmehr einen - einer Unterbrechung des Verfahrens ähnlichen - faktischen Stillstand des Verfahrens herbeiführen zu wollen, so greift es mit einer diese Absicht zum Ausdruck bringenden Verfügung unmittelbar in die Rechtssphäre der Parteien, nämlich in deren prozessuales Recht auf alsbaldige Erledigung der gestellten Anträge ein. Im Hinblick auf diese Beeinträchtigung der rechtlichen Interessen des Antragstellers ist in der hier bekämpften "Mitteilung" des Erstgerichtes vom 5.November 1989 (ON 3 dA) eine anfechtbare "Verfügung" iS des § 9 AußStrG zu erblicken. Der vom Antragsteller dagegen erhobene Rekurs wurde daher vom Erstgericht zu Unrecht zurückgewiesen.

Damit erweist sich aber der Revisionsrekurs als berechtigt, weshalb ihm Folge zu geben und dem Erstgericht nach Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen die Vorlage des Rekurses an das Gericht zweiter Instanz aufzutragen war.

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