Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte die Zustimmung des Beklagten zur Löschung eines Wohnrechtes sowie eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes hinsichtlich einer Liegenschaft und die Räumung dieser Liegenschaft samt Haus.
Das Erstgericht schrieb nach durchgeführter erster Tagsatzung einen Termin zur mündlichen Streitverhandlung für den 22. 9. 2000 aus und verlegte diesen Termin später auf den 6. 10. 2000. Die Verständigung von dieser Verlegung wurde dem damaligen Rechtsvertreter des Beklagten am 30. 8. 2000 zugestellt. Die Verständigung des Beklagten kam mit folgenden Vermerk zurück: “Empfänger laut Nachsendevormerk bis 31. 12. 2000 auf Postfach 26, 2100 Korneuburg". Mit Beschluss vom 4. 9. 2000 trug das Erstgericht dem Beklagtenvertreter auf, seinen Mandanten zur Verhandlung stellig zu machen. Am 12. 9. 2000 langte beim Erstgericht die Bekanntgabe der Vollmachtskündigung ein. Da in der Tagsatzung vom 6. 10. 2000 für den Beklagten niemand erschien, wurde ein Versäumungssurteil erlassen. Dessen Zustellung an den Beklagten persönlich wurde am 19. 10. 2000 versucht; das Poststück kam mit dem oben beschriebenen Vermerk zurück. Am 15. 11. 2000 verfügte das Erstgericht die Hinterlegung des Versäumungsurteils für den Beklagten im Akt gemäß § 8 ZustG, die am 20. 11. 2000 durchgeführt wurde. Erst am 5. 7. 2001 beantragte der Beklagte die Gewährung der Verfahrenshilfe im vollem Umfang zur Erhebung einer Berufung. Die Verfahrenshilfe wurde mit Beschluss vom 27. 7. 2001 bewilligt und sein nunmehriger Vertreter zum Verfahrenshelfer bestellt. Diesem wurde das Versäumungsurteil am 6. 9. 2001 zugestellt.
Das Berufungsgericht wies die gegen das Versäumungsurteil vom 6. 10. 2000 erhobene Berufung des Beklagten wegen Verspätung zurück und führte Folgendes aus:
Festzuhalten sei vorerst, dass der vorliegende Rechtsstreit gemäß § 49 Abs 2 Z 3 JN in die Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichtes falle und deshalb bloß der relativen Anwaltspflicht unterliege (§ 27 Abs 2 iVm § 29 Abs 1 JN). Solange der Beklagte anwaltlich vertreten gewesen sei, hätten alle Zustellungen an den Rechtsanwalt zu erfolgen gehabt. Widerruf oder Kündigung der Vollmacht werde gemäß § 36 Abs 1 ZPO gegenüber dem Prozessgegner erst wirksam, wenn das Erlöschen der Vollmacht diesem angezeigt werde. In Rechtssachen mit absoluter Anwaltspflicht sei zusätzlich die Anzeige der Bevollmächtigung durch einen anderen Rechtsanwalt erforderlich. Da hier bloß relative Anwaltspflicht bestehe, seien die Zustellungen ab Wirksamkeit der Vollmachtskündigung wieder an den Beklagten selbst durchzuführen gewesen. Dessen Adresse in der ***** sei laut Aktenvermerk vom 13. 4. 2000 (ON 23) von der Kanzlei des seinerzeitigen Beklagtenvertreters [vgl auch dessen Schriftsatz ON 25 sowie den Rückschein bei Akt S 8] bekanntgegeben worden. Dass der Beklagte vom Verfahren Kenntnis gehabt habe, sei somit nicht zweifelhaft. Somit sei der Beklagte gemäß § 8 Abs 1 ZustG verpflichtet gewesen, das Gericht von Änderungen seiner Abgabestelle unverzüglich zu verständigen. Ein Nachsendevormerk könne mangels anderer aktenkundiger Begründung nur so gewertet werden, dass der Beklagte seine Abgabestelle gewechselt habe, und dies nicht bloß für unerhebliche Zeit, zumal bereits am 30. 8. 2000 ein entsprechender Nachsendevormerk bis 31. 12. 2000, somit für über vier Monate bestanden habe. Das Erstgericht habe daher zu Recht mit einer Hinterlegung ohne Zustellungsversuch vorgehen können, sodass die am 20. 11. 2000 durchgeführte Zustellung wirksam gewesen sei und von diesem Zeitpunkt an die Berufungsfrist zu laufen begonnen habe. Bereits der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im vollem Umfang vom 5. 7. 2001 sei daher um Monate verspätet gewesen. Gegen diesen Beschluss des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, ihm Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend, eine Änderung der Abgabestelle liege nur bei dauernder Verlegung vor; er habe durch einen Nachsendevormerk (auf ein Postfach) ohnehin dafür Vorsorge getroffen, dass das Gericht von seiner Ortsabwesenheit Kenntnis erlangte; im Exekutionsverfahren sei für ihn ein Zustellkurator bestellt worden, was gegen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 ZustG spreche.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Eine Änderung der Abgabestelle liegt nicht nur dann vor, wenn die Partei sie auf Dauer verlegt, sondern bereits dann, wenn die Partei an der bisherigen Abgabestelle zumindest für einen längeren Zeitraum nicht mehr anzutreffen ist (RIS-Justiz RS0083831; 9 Ob 296/00w = EvBl 2001/168; Gitschthaler in Rechberger2 § 87 ZPO [§ 8 ZustG] Rz 6). Aufgrund des aktenkundigen Nachsendevormerks durfte das Erstgericht eine Änderung der Abgabestelle in diesem Sinne annehmen. Der erwähnte Nachsendevormerk kann schon deshalb nicht als Mitteilung gemäß § 8 Abs 1 ZustG gewertet werden, weil ein solcher die Angabe einer neuen Abgabestelle zu enthalten hat, was bei Anführung bloß eines Postfaches, über welches gerichtliche Zustellungen nicht vorgenommen werden können, nicht der Fall ist (10 ObS 276/98f = RIS-Justiz RS0110718; Gitschthaler aaO Rz 7).
Die Bestellung eines Zustellkurators im Exekutionsverfahren ist für die Zulässigkeit einer im Erkenntnisverfahren erfolgten Zustellung gemäß § 8 Abs 2 ZustG ohne Bedeutung. Liegen die Voraussetzungen für eine solche Zustellung vor, wäre die Bestellung eines Prozesskurators unzulässig; seine Bestellung und an ihn bewirkte Zustellungen wären nichtig (RIS-Justiz RS0006044; Gitschthaler aaO Rz 8 mwN). Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.
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