OGH 2Ob274/01k

OGH2Ob274/01k6.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach Dr. Franz J. K*****, wohnhaft gewesen in *****, vertreten durch Kammerlander, Piaty & Partner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Bettina W*****, vertreten durch Mag. Martina Weirer, Rechtsanwältin in Graz, wegen (restlich) S 250.000 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 13. Juli 2001, GZ 2 R 89/01b-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28. Jänner 2001, GZ 22 Cg 68/99w-18, (in der Hauptsache) bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit S 13.771,80 (hierin enthalten S 2.295,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist aufgrund des Testaments vom 23. 5. 1989 zur Hälfte eingeantwortete Erbin der am 23. 5. 1995 verstorbenen Lily F*****. In der Wohnung der Erblasserin hatte sich zu deren Lebzeiten ein barocker Tabernakelkasten aus (Nuss-)Holz befunden. Anlässlich eines Besuches des Rechtsanwaltes und späteren Klägers Dr. K***** (im Folgenden: Kläger) mit seiner Frau wollte Lily F***** ca im Jahr 1978 dem Kläger ein Geschenk machen, wobei dieser zwischen einem Hallenschrank und dem Tabernakelkasten wählen sollte. Der Kläger entschied sich für Letzteren, worauf F***** erklärte, er solle ihn als Geschenk gleich mitnehmen. Der Kläger seinerseits schlug jedoch vor, das Stück solle bis zum Ableben der damals bereits betagten Frau-so wie diverse andere Möbelstücke, die er im Wege eines Legates der vorverstorbenen Schwester der Lily F***** erhalten hatte-bei der Genannten verbleiben, mit welcher Vorgangsweise sich diese einverstanden erklärte. Anlässlich weiterer Besuche in den Folgejahren (ca vier- bis fünfmal jährlich) erwähnte F***** immer wieder unaufgefordert, dass dieser Tabernakelkasten dem Kläger gehöre. In einem Testament vom 30. 4. 1979 hielt sie überdies fest, dass der Tabernakelkasten dem Kläger gehöre. In einem späteren Testament vom 23. 5. 1989 findet sich dieser Vermerk allerdings nicht mehr; dieses Testament enthält auch kein Legat zugunsten des Klägers noch eine Erklärung dahin, dass irgendein früheres Testament (speziell jenes vom 30. 4. 1979) - und sei es auch nur teilweise - weiter bestehen solle.

Bereits kurz nach dem Tod der Erblasserin forderte der Kläger die Beklagte mündlich sowie mit Schreiben vom 22. 9. 1995 und 12. 9. 1997 auch schriftlich unter Berufung auf sein Eigentumsrecht zur Herausgabe des Tabernakelkastens auf. Diese bestritt jedoch dessen Eigentumsrecht und veräußerte das Stück, das einen Wert von S 250.000 aufwies, schließlich - ohne vorausgegangene Information des Klägers - Ende 1998/Anfang 1999 an einen Geschäftsmann aus Graz um S 140.000. Ob dieser den Tabernakelkasten in der Zwischenzeit verändert (renoviert) hat und bereit wäre, ihn wieder herauszugeben, ist nicht feststellbar. Die Beklagte hat dem Kläger vor diesem Weiterverkauf lediglich andere im Nachlass der Erblasserin befundene Gegenstände herausgegeben, womit sie ihrerseits "die gesamte Angelegenheit" für erledigt erachtete.

Mit der am 1. 4. 1999 eingebrachten Klage begehrte der Kläger - der zwischenzeitlich verstorben ist, weshalb die Bezeichnung der klagenden Partei auf seine Verlassenschaft umgestellt wurde - unter Hinweis auf sein Eigentumsrecht die Herausgabe des Tabernakelkastens samt Lösungsbefugnis der beklagten Partei gemäß § 410 ZPO durch Zahlung eines Betrages von S 600.000 samt 4 % Zinsen seit Klagstag; für den Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe wurde ein gleich hohes Leistungsbegehren als Eventualbegehren gestellt. Beide Zahlungsbegehren wurden später auf jeweils S 250.000 sA eingeschränkt.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und die Zahlungsbegehren auch der Höhe nach.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang (der zugrundeliegenden Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes war trotz Rechtskraftvorbehaltes unangefochten geblieben) das Hauptklagebegehren (auf Herausgabe) - rechtskräftig - ab, gab jedoch dem Eventual-(Zahlungs-)begehren statt. Die eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen beurteilte es rechtlich dahin, dass von einer wirklichen Schenkung an den Kläger auszugehen sei, weil die Geschenkgeberin als Eigentümerin ernsthaft, zweifelsfrei und von ihr selbst (im ersten Testament) schriftlich bestätigt ihren Schenkungswillen mehrfach kundgetan und den Kasten erklärtermaßen nur für den Kläger (weiterhin bis zu ihrem Ableben) besessen habe; die Beklagte hingegen sei als unredliche Besitzerin anzusehen und daher dem Kläger (wegen Vertragsverletzung) ersatzpflichtig, weil sie als Universalsukzessorin der als Entlehnerin anzusehenden Lily F***** den geliehenen Tabernakelkasten eigenmächtig im Sinne des § 879 ABGB an einen Dritten weiterveräußert habe. Da sie diesen Schaden jedoch nur aus einem minderen Grad des Versehens verursacht habe, sei bloß der gemeine Wert (Verkehrswert) zu ersetzen.

Das lediglich von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht gab ihrer Berufung in der Hauptsache nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte rechtlich (zusammengefasst) aus, dass es zur Frage der Wirksamkeit der Schenkung an seine eigene, im Aufhebungsbeschluss formulierte Rechtsansicht gebunden sei, sodass es auch nicht wesentlich sei, dass die Schenkung nachträglich nicht in Form eines Notariatsaktes bestätigt worden sei. Der Beklagten sei beim Weiterverkauf zweifellos bewusst gewesen, dass der Kläger diesen für sich beansprucht habe; ihr wäre es auch ohne weiteres möglich gewesen, nachzufragen, ob ihre Auffassung, die Angelegenheit sei (wegen der aus dem Nachlass übergebenen sonstigen Gegenstände) wirklich erledigt, auch vom Kläger so geteilt werde. So aber habe sie einfach das Risiko, allenfalls nicht Eigentümerin zu sein, auf sich genommen und den Kasten trotzdem verkauft, weshalb sie den Schaden im Sinne des objektiven Schätzwertes zurückzuerstatten habe.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob das Besitzkonstitut unter derartigen Umständen eine ausreichende Übergabsform im Sinne des § 943 ABGB sei, nicht vorliege und es auch keine einheitliche Rechtsprechung zur Frage gebe, wann es einem Besitzer an der Redlichkeit mangle (leichte oder grobe Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz).

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer vollständigen Abweisung auch des Eventualbegehrens abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, dem Rechtsmittel der Gegnerin den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung (Präzisierung) der Rechtslage zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Den Vorinstanzen ist zunächst beizupflichten, dass der Kläger tatsächlich Eigentümer des Tabernakelkastens geworden war. Nach § 1 Abs 1 lit d NotZWG ist die Gültigkeit einer Schenkung ohne körperliche Übergabe von der Errichtung eines Notariatsaktes abhängig; wird ein solcher nicht errichtet, kommt ein gültiger Schenkungsvertrag nur bei wirklicher Übergabe zustande. Bloß aus einem mündlichen, ohne wirkliche Übergabe geschlossenen Schenkungsvertrag erwächst dem Geschenknehmer kein Klagerecht (§ 943 ABGB). Ob aus den Feststellungen des Erstgerichtes, wonach die Geschenkgeberin den Kläger, nachdem er sich für den Tabernakelkasten entschieden hatte, aufgefordert hatte, er solle diesen "als Geschenk gleich mitnehmen", unter Umständen bereits eine körperliche Übergabe (im Sinne des § 426 ABGB) erschlossen werden könnte, kann dahingestellt bleiben, weil - wie der Oberste Gerichtshof bereits in zwei Entscheidungen unterschiedlicher Senate ausgesprochen hat - auch durch ein Besitzkonstitut dem Schutzzweck des § 943 ABGB (also Schutz vor Übereilung) zwar nicht generell und grundsätzlich (RIS-Justiz RS0011143; Koziol/Welser II12 179), aber jedenfalls dann Genüge getan werde, wenn der Geschenkgeber durch spätere Erklärungen die Ernstlichkeit des Schenkungswillens dargetan hat (3 Ob 575/91 = NZ 1992, 230; 2 Ob 587/91 = JBl 1992, 791 - beide Entscheidungen zwischen den jeweils gleichen Streitteilen). Beim Besitzkonstitut (Besitzauftragung, constitutum possessorium - § 428 erster Halbsatz ABGB) erklären die beteiligten Parteien ihr Einverständnis, dass der bisherige Besitzer ab jetzt die Sache für den Erwerber innehaben soll; der Besitzer wird also zum Inhaber (Koziol/Welser I11 234). Die vom Gesetz vor dem Besitzauftrag geforderte "erweisliche Art" bedeutet dabei nicht, dass neben der Erklärung noch ein weiterer Publizitätsakt gesetzt werden muss, sondern nur, dass der Übertragungswille außer Zweifel steht; die Übergabe muss also auch nicht für Dritte erkennbar sein (RIS-Justiz RS0011187).

Aus den hier zu beurteilenden Feststellungen ergibt sich ein solcher eindeutiger Übertragungswille in Ansehung des Eigentumswechsels aus der Erklärung der Lily F*****, der Kläger solle sich zwischen zwei Gegenständen einen als Geschenk aussuchen und das ausgesuchte sodann gleich mitnehmen; über Vorschlag des Geschenknehmers, den die Geschenkgeberin annahm, sollte sie den Gegenstand jedoch bis zu ihrem Ableben weiter bei sich behalten - wie dies auch in dem den zitierten Entscheidungen 3 Ob 575/91 und 2 Ob 587/91 jeweils zugrunde liegenden Verfahren der Fall war (dort hatte eine vermögende Schlossbesitzerin Tochter und Stiefsohn immer wieder wertvolle Inventargegenstände zum Geschenk gemacht, die jedoch in den bisherigen Räumen des Schlosses belassen wurden, wo sie sich gerade befanden). Auch in den Folgejahren - als von einem vorschnellen, unüberlegten Handeln keineswegs mehr die Rede sein konnte - hat sie diese Erklärung mehrfach (auch in Gegenwart einer Zeugin, nämlich der Gattin des Klägers) spontan und unaufgefordert bestätigt und bekräftigt und schließlich ja auch im (ersten) Testament von 1979 neuerlich nach außen hin so wiederholt. Insoweit liegt hier also in der Tat ein ähnlicher besonderer Fall vor, wie er vom Obersten Gerichtshof in den zitierten Vorentscheidungen zu beurteilen war. Hofmeister hat die Entscheidung 3 Ob 575/91 zwar ablehnend glossiert (NZ 1992, 232), Puck dieselbe Entscheidung in ecolex 1992, 161 hingegen nur "etwas kritisch" (so Binder in Schwimann, ABGB2 Rz 13 zu § 943) besprochen ("grundsätzlich größte Vorsicht geboten"), Schwimann hingegen die Parallelentscheidung 2 Ob 587/91 zustimmend kommentiert und als "überzeugend" bezeichnet (JBl 1992, 793). Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlasst, von diesen Judikaten abzugehen, weil ein tatsächlich weitgehend vergleichbarer und ebenso besonderer Sachverhalt auch hier zur Beurteilung ansteht. Schließlich referiert Schubert beide Entscheidungen auch in der Neuauflage des Rummel-Kommentars unter Rz 1 zu § 943 unkritisch, weist freilich zutreffend - worauf auch der erkennende Senat Wert legt - darauf hin, dass die Bejahung einer Besitzauftragung als für die wirkliche Übergabe genügend nur die Ausnahme und keineswegs die Regel darstelle(n darf). Auch der Behandlung des Themas durch Binder in Schwimann, aaO Rz 13 zu § 943, ist insoweit eine Ablehnung dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen.

Daraus folgt aber, dass Lily F***** das Möbel dem Kläger "rechtlich" übergeben hatte, wobei es sich bei einer Übergabe durch Erklärung im Sinne des § 428 ABGB - sofern nicht, wie angedeutet, ohnedies bereits körperliche Übergabe vorgelegen haben sollte - insoweit damit auch um keine gegenüber der körperlichen Übergabe ("von Hand zu Hand") subsidiäre, sondern gleichwertige Übertragungsform handelt (3 Ob 556/85). Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht, weil nur so dem Willen der damals handelnden und lebenden Personen zum Durchbruch verholfen werden kann: Nach den Feststellungen war es ja die Geschenkgeberin, welche ihrerseits zunächst die Übergabe des Tabernakelkastens an den Geschenknehmer wünschte - in welchem Fall dieser unstrittiger Eigentümer (§ 426 iVm § 943 ABGB) geworden und alle späteren Unsicherheiten, insbesondere aber der verfahrensgegenständliche Herausgabestreit, vermieden worden wären -, und es der Geschenknehmer (Kläger) war, der (offenbar aus Pietät gegenüber seiner betagten Vertragspartnerin) hierauf verzichtet und stattdessen den zeitlich unbefristeten Weiterverbleib des Möbelstücks ("bis zum Ableben") in deren Wohnungsverband vorgeschlagen hat.

Zufolge der rechtskräftig gewordenen Abweisung des Herausgabebegehrens ist nur noch das Eventualzahlungsbegehren zu prüfen. Nach der Rechtsprechung ist nur ein redlicher Besitzer, der die Sache vor Zustellung der Eigentumsklage veräußert hat, auch zur Herausgabe des Entgelts nicht verpflichtet (RZ 1992/70). Das Berufungsgericht hat hiezu die Auffassung vertreten, dass der Weiterverbleib des Tabernakelkastens bei der Geschenkgeberin rechtlich als Leihe zu qualifizieren und die Beklagte als Gesamtrechtsnachfolgerin der Entlehnerin nach den vorstehenden Grundsätzen eine Rückgabe-, subsidiär Schadenersatzpflicht aus Vertragsverletzung in Geld treffe. Auch dieser Auffassung ist im Ergebnis zu folgen. Dies aus folgenden weiteren Erwägungen:

Leihe ist nach § 971 ABGB die Überlassung einer unverbrauchbaren Sache zum unentgeltlichen Gebrauch auf grundsätzlich bestimmte Zeit (Schubert in Rummel, ABGB3 Rz 1 ff zu § 971), wobei auch eine Vereinbarung auf unbestimmte Zeit ("bis zum Ableben") unter Ausschluss willkürlicher Rückforderung unter Umständen Leihe darstellt (Binder in Schwimann, aaO Rz 10 zu § 971). Sie ist ein Realkontrakt, dh erst mit der Einräumung der Gewahrsame wiederum durch eine der Übergabsarten nach §§ 426 ff ABGB, ausgenommen Besitzkonstitut, wird er perfekt (Binder, aaO Rz 1 zu § 971). Dies lässt sich für den vorliegenden Fall nur so verwirklichen, dass der vormalige Kläger, der selbst in den Besitz des Kastens nur durch Besitzkonstitut im Sinne des § 428 erster Halbsatz ABGB gekommen war, seinerseits den Besitz an seine Geschenkgeberin wiederum durch Besitzauflassung (Übergabe kurzer Hand, traditio previ manu) im Sinne des § 428 zweiter Halbsatz rückübertrug, um die Sache nicht "körperlich hin-und herschieben zu müssen" (vgl Koziol/Welser I11 234). Diese Konstruktion erscheint zwar ungewöhnlich, ist jedoch durch den festgestellten Sachverhalt ebenfalls gedeckt. Besitzauflassung ist nach Rechtsprechung und Lehre auch bei gemeinsamer Gewahrsame des Übergebers und des Übernehmers zulässig (Spielbüchler in Rummel, ABGB3 Rz 3 zu § 428; SZ 31/161). Damit trat aber die Beklagte zufolge ihrer Stellung als eingeantwortete (Mit-)Erbin gemäß § 532 ABGB auch in diese Rechtsposition der Erblasserin ein, weshalb sie so zu behandeln ist, als ob die Erblasserin selbst etwa noch zu ihren Lebzeiten einem Rückgabebegehren des Geschenknehmers widersprochen hätte.

Die Beklagte wurde vom Kläger erstmalig bereits "kurz nach dem Tod der Lily F*****" zunächst mündlich, dann mit Anwaltsschreiben vom 22. 9. 1995 und 12. 9. 1997 mit dem Eigentums- und damit Herausgabeanspruch des Klägers ausdrücklich konfrontiert. Trotzdem hat sie Ende 1998/Anfang 1999 das wertvolle Stück weiterveräußert. Wenn das Berufungsgericht daraus Unredlichkeit der Beklagten ableitete, die sie nunmehr zum Geldersatz verpflichte, kann auch dem nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Dass der Kläger vom letzten Aufforderungsschreiben bis zur Klageführung 18 Monate verstreichen ließ, kann ihm schon deshalb nicht schaden, weil ihm die (primäre) Eigentumsklage (§ 366 ABGB) bis zu einem allfälligen Eigentumserwerb durch Ersitzung, auf welche sich nicht einmal die Beklagte beruft, offenstand. Auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit (hier des Besitzes) schließen Redlichkeit grundsätzlich aus (SZ 57/44); hiebei ist ein objektiver Maßstab anzulegen (1 Ob 35/00d). Der diesbezüglichen Beweispflicht (4 Ob 536/92) ist der Kläger somit - ausreichend - nachgekommen. Nach der Rechtsprechung (RZ 1992/70) hat aber der Eigentümer gegen den unredlichen Besitzer in einem solchen Fall einen Ersatzanspruch ohne Rücksicht auf die Zeit der Veräußerung (vor oder nach Zustellung der Herausgabeklage: SZ 27/154), sodass dieser, selbst wenn er die Sache vor diesem Zeitpunkt veräußert hat, jedenfalls den hiefür erzielten Preis, sonst den gemeinen Wert der Sache zu ersetzen hat (SZ 57/44) - also auch jenen, den der Verkürzte erzielt hätte. An die aufgrund eines Schätzungsgutachtens des Dorotheums getroffene Feststellung des gemeinen Wertes ist der Oberste Gerichtshof gebunden.

Der hiegegen ankämpfenden beklagten Partei kommt somit keine Berechtigung zu. Das angefochtene Urteil war daher zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte