Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 459,71 EUR (darin enthalten 76,62 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung
Der Kläger wurde bei einem Verkehrsunfall am 16. 8. 2002 verletzt. Die Beklagten haften dem Kläger für sämtliche künftigen Spät- und Dauerfolgen aus dem Unfall. Vor dem Unfall arbeitete der Kläger zusätzlich zu seiner Hauptbeschäftigung fünf Stunden pro Woche im elterlichen Betrieb als Vulkanisierarbeiter zu einem Stundenlohn von 9 bis 10 EUR. Wegen der beim Unfall erlittenen Verletzungen kann der Kläger diese Nebentätigkeit nicht mehr ausüben. Nach dem Unfall ließ sich der Kläger nicht auf seine Kosten zum EDV-Techniker umschulen. Nunmehr verdient er als EDV-Techniker jedenfalls genauso viel wie vor dem Verkehrsunfall als Vulkanisierarbeiter einschließlich seiner Tätigkeit im elterlichen Betrieb.
Der Kläger begehrt die Zahlung von 4.775,87 EUR für Verdienstentgang für seine unfallbedingt unterbliebene Tätigkeit im elterlichen Betrieb für den Zeitraum vom September 2004 bis Juli 2006. Der Verdienstentgang betreffend den Zusatzverdienst durch Mitarbeit im elterlichen Betrieb bilde einen eigenen Vermögenswert und sei nicht vom Verdienstentgang betreffend den Hauptverdienst umfasst. Dem Kläger wäre es auch nach dem Unfall zeitlich möglich, die Zusatztätigkeit im elterlichen Betrieb auszuüben.
Die Beklagten bestritten und brachten im Wesentlichen vor, der Kläger als Geschädigter solle nur den erlittenen Nachteil, nicht aber mehr vergütet erhalten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Der Geschädigte solle nicht mehr und nicht weniger als die erlittenen Nachteile ersetzt erhalten. Ein Vermögensschaden des Klägers sei zu verneinen, zumal er die Umschulung nicht bezahlen habe müssen. Anderes könnte nur dann gelten, wenn der Geschädigte nachgewiesen hätte, dass er auch ohne die Körperverletzung in die nunmehrige höher qualifizierte Beschäftigung übergewechselt wäre. Dies habe der Kläger aber gar nicht behauptet.
Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil zur wesentlichen Rechtsfrage, ob bei Beurteilung von Verdienstentgangsansprüchen unselbstständig Erwerbstätiger Haupt- und Nebeneinkommen jeweils völlig selbstständige Schadenspositionen bildeten oder der Arbeitsverdienst insgesamt die maßgebliche Bemessungsgröße darstelle, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen des Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Der entgangene Verdienst ist in der Weise zu berechnen, dass der vom Verletzten für den gesamten in Betracht kommenden Zeitraum erzielte tatsächliche Verdienst zuzüglich der allenfalls zur Auszahlung gelangenden Sozialversicherungsrente von jenem Betrag abgezogen wird, den der Verletzte ohne die Körperverletzung erzielt hätte. Eine Aufspaltung des Verdienstentgangs nach Zeiträumen ist nicht zulässig. Es kann daher nicht schon deshalb ein Ersatz begehrt werden, weil in einem vom Verletzten willkürlich herausgegriffenen Zeitraum der tatsächliche Verdienst geringer war als jener, den er ohne den Unfall erzielt hätte, wenn für den gesamten Zeitraum keine solche Differenz besteht (RIS-Justiz RS0030638).
Nach diesen Grundsätzen ist die vom Berufungsgericht bezeichnete Rechtsfrage bereits dahingehend beantwortet, dass dem Kläger Verdienstentgang nur dann zustünde, wenn er durch den Unfall insgesamt weniger Einkommen als ohne den Unfall erzielt hätte. Die angeführte Rechtsprechung bietet keine Grundlage dafür, den Verdienstentgang für Haupt- und Nebeneinkommen gesondert zu berechnen. Die Zeiten, in denen der Kläger nach dem Unfall neben seinem Hauptberuf als EDV-Techniker noch den Nebenverdienst im elterlichen Betrieb erzielen hätte können, sind daher nicht isoliert zu betrachten.
Auch unter dem Blickwinkel der anerkannten Grundsätze der Vorteilsausgleichung ergibt sich kein anderes Ergebnis: Es ist Aufgabe des Schadenersatzrechts, dem Geschädigten einen Ausgleich zu verschaffen. Er soll nicht mehr und nicht weniger als die erlittenen Nachteile ersetzt erhalten (RIS-Justiz RS0023600 [T10]). Die Berechnung eines Vermögensschadens (wozu auch ein Verdienstentgang gehört) erfolgt durch Vergleichung des Geldwertunterschieds zweier Zustände, nämlich des tatsächlichen Zustands vor und nach der Beschädigung. Es sind jene Vermögensbestandteile des Geschädigten in den Kreis der Betrachtung einzubeziehen, die durch die Beschädigung irgendwie beeinflusst wurden, aber auch Vermögensbestandteile (Aktiven und der Passiven), die erst durch das schädigende Ereignis gebildet wurden oder deren Bildung durch dasselbe verhindert wurde; daher ist auch ein Vorteil des Beschädigten, der ohne die erfolgte Beschädigung nicht entstanden wäre, grundsätzlich zugunsten des Schädigers zu buchen (RIS-Justiz RS0022834).
Die Vorteilsanrechnung darf jedoch nicht mechanisch erfolgen, sondern es ist zu prüfen, ob bei wertender Betrachtung eine Entlastung des Schädigers sachlich gerechtfertigt erscheint (Karner in KBB2 § 1295 Rz 16; vgl auch Harrer in Schwimann3 Anh § 1323 Rz 1 ff; Reischauer in Rummel3 § 1312 Rz 3a, jeweils mwN). Die Anrechnung eines Vorteils muss dem Zweck des Schadenersatzes entsprechen und soll nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führen (RIS-Justiz RS0023600). Die Berücksichtigung von Vorteilen kommt nur gegenüber sachlich und zeitlich kongruenten Schadenersatzansprüchen in Betracht (RIS-Justiz RS0114259; RS0022826 [T2, T3, T4]). Entspringen einem Schadensereignis mehrere Ersatzansprüche - etwa auf Ersatz des Schmerzengeldes, der Reparaturkosten, des Verdienstentgangs, auf Erstattung der Heilungskosten oder der Aufwendungen für eine Vermehrung der Bedürfnisse -, so sind Vorteile nur auf jenen Schaden anzurechnen, mit dem sie im engeren Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0022826 [T2]).
Hier liegt der Vorteil darin, dass sich der Kläger als Folge des Unfalls (nicht auf seine Kosten) umschulen ließ und im neu erlernten Beruf ein zumindest gleich hohes Einkommen erzielen kann wie vor dem Unfall einschließlich der Nebentätigkeit im elterlichen Betrieb. Ein Geschädigter verstößt gegen die Schadensminderungspflicht, wenn er es schuldhaft unterlässt, einem ihm nach den Umständen zumutbaren Erwerb nachzugehen. Diese Schadensminderungspflicht kann auch in einer zumutbaren Umschulung bestehen (RIS-Justiz RS0027143 [T2]; RS0027170 [T1]).
Der Kläger hat demnach durch die Umschulung zum EDV-Techniker (nur) seiner Schadensminderungspflicht entsprochen. Der Vorteil, den der Kläger als Folge des Unfalls durch sein gegenüber dem vor dem Unfall ausgeübten Hauptberuf höheres Einkommen als EDV-Techniker erzielt hat, hat daher durchaus den Zweck, den Schädiger zu entlasten. Auch die sachliche (Verdienstentgang) und zeitliche (Vergleich des jeweils nach dem Unfall tatsächlich erzielten Verdiensts mit dem fiktiv - ohne Unfall - erzielten Verdienst) Kongruenz sind zu bejahen (vgl dazu auch Reischauer in Rummel3 § 1312 Rz 3a und 18b). Das Ergebnis der Vorinstanzen steht im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung.
Auch die Revision zeigt keine (sonstige) erhebliche Rechtsfrage auf. Die Revision war daher mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagten haben in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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