OGH 2Ob225/14y

OGH2Ob225/14y9.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, sowie die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** F*****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl ua Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei K***** O*****, vertreten durch Dr. Klaus Rinner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 8.500 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 30. September 2014, GZ 53 R 160/14g‑37, womit über Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 27. März 2014, GZ 31 C 420/13z‑31, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00225.14Y.0409.000

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Dem Rechtsstreit zugrunde liegt ein Verkehrsunfall, bei dem am 24. 9. 2012 in S***** in der P*****straße der Kläger mit seinem Mopedroller Vespa im Bereich einer Baustelle auf dem Busfahrstreifen, die gegenüber der übrigen Fahrbahn abgefräst und durch Haberkorn‑Hütchen abgesperrt war, zu Sturz kam.

Die Vorinstanzen konnten nicht feststellen, ob der Unfall sich deshalb ereignete, weil ‑ wie der Kläger vorbrachte ‑ die Beklagte mit ihrem Fahrrad im Bereich einer stehenden Autokolonne von links nach rechts querend in den Fahrkanal des Mopedrollers des Beklagten rechts neben der Autokolonne eindrang oder, der Unfallversion der Beklagtenseite folgend, die Beklagte mit ihrem Fahrrad vor dem Kläger stadteinwärts fuhr und einen Richtungsschwenk nach rechts machte.

Zu einer Kollision der Streitteile kam es nicht.

Der Kläger argumentiert in seiner nachträglich zugelassenen Revision (zusammengefasst) damit, dass nach der Entscheidung 2 Ob 30/99x bei einem einspurigen Fahrzeug eine Richtungsänderung iSd § 11 StVO auch anzunehmen sei, wenn der seitliche Versatz innerhalb eines Fahrstreifens zu einem mit Richtungsänderungen mehrspuriger Fahrzeuge vergleichbaren Abgehen von einer zuvor eingehaltenen Fahrlinie führe. Auch ein derartiges Fahrmanöver dürfe nur vorgenommen werden, wenn nachfolgender Verkehr nicht behindert werde. Das Berufungsgericht habe übersehen, dass sich die Beklagte vor dem „Ausschwenken“ in einer stehenden Kolonne befunden habe. Das Ausbrechen aus der Kolonne stelle einen Fahrstreifenwechsel dar und dürfe daher nur vorgenommen werden, wenn dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer, worunter auch einspurige sich gemäß § 12 Abs 5 StVO vorschlängelnde Fahrzeuge fielen, möglich sei.

Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass in diesem Zusammenhang keine Vorrangregeln anwendbar seien, widerspreche § 12 Abs 5 StVO. Folge man der Sichtweise des Berufungsgerichts, müsse sich der Lenker eines einspurigen Fahrzeugs nicht vergewissern, ob von hinten ein anderes einspuriges Fahrzeug näher komme, sondern dürfe einfach ausschwenken, um rechts an der Kolonne vorbeizufahren. Die Beklagte habe durch das Einordnen in die Kolonne ihr Recht auf das „Vorbeischlängeln“ gemäß § 12 Abs 5 StVO verwirkt und nicht mehr aus der Kolonne ausbrechen dürfen.

Mit diesen Ausführungen geht die Revision aber nicht vom festgestellten ‑ bzw so nicht festgestellten - Sachverhalt aus. Aus diesem ergibt sich nämlich weder, dass die Beklagte mit ihrem Fahrrad in einer Kolonne fuhr, noch, dass sie in einer solchen stehen blieb, noch, dass sie aus dieser ausschwenkte und am allerwenigsten, wo sich der Kläger in jeweils zeitgleicher Position befunden hätte. Vielmehr konnte das Erstgericht letztlich weder die Unfallsvariante des Klägers noch jene der Beklagten feststellen, sondern ließ das Unfallgeschehen insoweit ausdrücklich offen. Die Behauptungs‑ und Beweislast für jene Tatumstände, aus denen ein die Haftung für die Unfallfolgen begründendes Verschulden des Gegners abgeleitet wird, trifft jedoch denjenigen, der sich auf ein solches Verschulden beruft, wobei jede in dieser Richtung verbleibende Unklarheit in tatsächlicher Hinsicht zu Lasten dessen geht, der ein Verschulden des Gegners behauptet (Danzl, EKHG9 § 11 E 4a mwN; Fucik/Hartl/Schlosser, Handbuch des Verkehrsunfalls² Rz 133).

Damit ist aber die Bewertung des Berufungsgerichts, dass der Kläger der Beklagten ein Verschulden an seinem Sturz nicht nachweisen habe können, nicht korrekturbedürftig und kommt es auf die vom Kläger in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (RIS‑Justiz RS0035979; RS0035962).

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