Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 9.328,80 (darin enthalten S 1.554,80 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 28. 6. 1997 ereignete sich auf der Attergau Landesstraße ein Verkehrsunfall, an welchem der Kläger als Lenker des von ihm gehaltenen Motorrades Marke Suzuki, und der Erstbeklagte als Lenker eines vom Zweitbeklagten gehaltenen und bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten VW-Busses beteiligt waren. Der unfallskausale Schaden des Klägers beträgt S 138.887,--, jener des Zweitbeklagten S 20.662,20.
Der Kläger begehrt von den beklagten Parteien Zahlung von S 138.887,-- sA. Er habe sein Motorrad etwa in der Mitte des rechten Fahrstreifens der Attergau Landstraße gelenkt und beabsichtigt, nach links zum Haus U***** 19 zuzufahren. Das beabsichtigte Linksabbiegemanöver sei durch rechtzeitiges Betätigen des linken Blinkers angezeigt, in der Folge aber nicht durchgeführt worden, weil der Kläger wahrgenommen habe, daß der hinter ihm fahrende Erstbeklagte auf das Motorrad aufzufahren drohte. Der Kläger habe daher das begonnene Einordnen zur Fahrbahnmitte abgebrochen und durch Fortsetzung der Geradeausfahrt und Beschleunigen versucht, der Kollision zu entgehen, was mißlungen sei. Die Kollision habe sich auf dem rechten Fahrstreifen ereignet. Das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls treffe den Erstbeklagten, weil er einen zu geringen Abstand eingehalten und verspätet reagiert habe. Er habe in der Erwartung, daß das Motorrad stark beschleunigend weiterfahren werde, auf die Geschwindigkeitsverminderung des Klägers nicht mehr rechtzeitig reagieren können.
Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Das Alleinverschulden treffe den Kläger, der ein nicht vorschriftsgemäßes und verspätet angezeigtes Linksabbiegemanöver durchgeführt habe. Für den Erstbeklagten sei eine Kollision trotz unverzüglicher Bremsung nicht vermeidbar gewesen. Der Kläger sei mit seinem Motorrad ursprünglich äußerst rechts gefahren, und habe es erst unmittelbar vor der Kollisionsstelle in die Fahrbahnmitte bewegt und gleichzeitig geblinkt. Hingegen sei für den Kläger das ordnungsgemäß angezeigte Überholmanöver des Erstbeklagten über mehrere Sekunden lang erkennbar gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Die Fahrbahnbreite der Attergau Landesstraße beträgt im Unfallstellenbereich zwischen den Randlinien 6,2 m. Der Einmündungstrichter der - in Fahrtrichtung der Beteiligten links gelegenen - Zufahrt zum Haus Unterholz 19 hat eine Länge von 5,5 m, wobei in diesem Bereich die Randlinie nicht unterbrochen ist. Der Kläger hat sein Motorrad zunächst in Richtung St. Georgen i.A. gelenkt, sodann im Bereich einer Wieseneinfahrt (Richtung Vöcklamarkt) umgedreht, auf maximal 30 km/h beschleunigt und ist im rechten Fahrbahnbereich gefahren. Der vom Erstbeklagten gelenkte 1,85 m breite VW-Bus näherte sich zunächst mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h in Richtung Vöcklamarkt. Wegen einer in die Landstraße einbiegenden Gruppe von Radfahrern verringerte er seine Geschwindigkeit und überholte die Fahrräder. Dieses Überholmanöver war etwa 100 m vor dem Fixpunkt (11 m vor Beginn des Einmündungstrichters der Hauszufahrt befindlicher Leitpflock) beendet. Sodann hielt er eine Geschwindigkeit zwischen 80 und 87 km/h ein. Der Anhalteweg seines Fahrzeuges hätte ca 63 m und der notwendige Sicherheitsabstand ca 60 m betragen, wenn er hinter dem Motorrad nachgefahren wäre. Der Kläger versetzte im Bereich des Einmündungstrichters zum Haus U***** 19 sein Motorrad vom rechten Fahrbahnbereich in Richtung Fahrbahnmitte. Die Zeit, die zwischen dem Verlassen der im äußerst rechten Fahrbahnbereich befindlichen fahrbahnparallelen Stellung und der Kollision verging, betrug ebenso wie die Blinkdauer "mindestens" 2,4 Sekunden; ein längeres Blinken des Motorrades und eine längere Erkennbarkeit dessen Abbiegens waren nicht feststellbar.
Der Erstbeklagte setzte zum Überholen des Motorrades an, blinkte dabei über einen nicht feststellbaren Zeitraum und bremste etwa 2,4 bis 2,6 Sekunden vor der späteren Kollision, als der VW-Bus noch ca 50 m von der späteren Unfallstelle und 35 m vom Motorrad entfernt war. Die Kollision ereignete sich ca 14,5 m nach dem bezeichneten Fixpunkt. Zum Kollisionszeitpunkt hatte der VW-Bus einen Abstand von 1,70 m zum rechten Fahrbahnrand, dies entspricht einem fiktiven Abstand von ca 1 m vom Motorrad, wenn dessen ursprüngliche Fahrlinie äußerst rechts beibehalten worden wäre. Der Kläger brachte sein Motorrad vor der Kollision noch in eine fahrbahnparallele Stellung. Er fuhr zum Kollisionszeitpunkt mit einer Geschwindigkeit zwischen 15 und 30 km/h, wobei die "Mitte des Motorrades" 40 bis 50 cm rechts der Leitlinie bzw die linke Begrenzung des Motorradlenkers 5 bis 15 cm rechts der Leitlinie entfernt waren. Der Kläger kam durch die Kollision nicht zu Sturz.
Für den Kläger war unmittelbar vor dem Verlenken des Motorrades nach links, zumindest ab einem Zeitpunkt von 3 Sekunden vor der Kollision erkennbar, daß der Erstbeklagte mit seinem VW-Bus zu überholen beabsichtige. Für den Erstbeklagten wäre der Unfall zu verhindern gewesen, wenn er auf ein mindestens 3 Sekunden vor der Kollision eingeleitetes Blinkzeichen des Motorrades mit einer Bremsung reagiert oder einen Tiefenabstand von mindestens 60 m zu diesem eingehalten hätte.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß nur dem Kläger ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls nachgewiesen werden könne, weil er das in § 11 Abs 1 StVO normierte Gebot, nur dann links abzubiegen, wenn dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich sei, mißachtet und außerdem in zweifacher Weise gegen § 12 StVO verstoßen habe, nämlich einerseits dadurch, daß er sich vor dem Linksabbiegen nicht hinreichend davon überzeugt habe, daß niemand zum Überholen angesetzt habe, andererseits durch Unterlassung des gebotenen Einordnens. Die Annahme eines Mitverschuldens des Erstbeklagten sei nicht gerechtfertigt, weil nicht feststehe, daß er verspätet auf ein Blinken oder Verlenken des Klägers reagiert, während des Überholens auch keinen zu knappen seitlichen Sicherheitsabstand zum Motorrad eingehalten habe und der festgestellte zu geringe Tiefenabstand nicht als verschuldensbegründendes Moment in Betracht komme, weil eine Überhol- und keine Nachfahrsituation vorgelegen sei.
Das vom Kläger lediglich im Umfang der Abweisung eines Betrages von S 130.000,-- angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Wenngleich richtungsändernde Fahrbewegungen einspuriger Fahrzeuge innerhalb eines Fahrstreifens nicht als Fahrstreifenwechsel qualifiziert werden könnten, liege eine Änderung der Fahrtrichtung im Sinn des § 11 Abs 1 StVO dann vor, wenn es nicht nur zu einem geringfügigen Ausschwenken, sondern zu einem mit Richtungsänderungen mehrspuriger Fahrzeuge vergleichbaren Abgehen von der eingenommenen Fahrtrichtung komme. Ein Verstoß gegen § 11 StVO liege nicht erst dann vor, wenn - nach der verspäteten Anzeige des Fahrstreifenwechsels - tatsächlich der ursprüngliche Fahrstreifen teilweise oder völlig verlassen und der angestrebte Fahrstreifen teilweise oder gänzlich befahren werde, sondern bereits dann, wenn in einer Weise an die zwischen den beiden Fahrstreifen angebrachte Leitlinie herangefahren werde, daß der dadurch behinderte PKW-Lenker zum Bremsen oder Auslenken genötigt werde, um einen sonst vermeintlich drohenden Auffahrunfall zu vermeiden. Das Fahrmanöver des Klägers, der sein Motorrad zum Zweck des beabsichtigten Linkseinbiegens in die Zufahrt zum Haus Unterholz 19 vom rechten Fahrbahnrand zu der in Fahrbahnmitte angebrachten Leitlinie 6,2 m breiten Attergau Landesstraße gelenkt habe, sei als Fahrtrichtungsänderung im Sinn des § 11 Abs 1 StVO zu qualifizieren. Er hätte dieses Fahrmanöver unterlassen müssen, wenn die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung anderer, insbesondere nachkommender Verkehrsteilnehmer gegeben sei, wobei eine solche Behinderung schon dann vorliege, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer zum Bremsen oder Auslenken genötigt werde. § 12 Abs 1 StVO bestimme ausdrücklich, daß der Lenker eines Fahrzeuges, der nach links einzubiegen beabsichtige, das Fahrzeug, nachdem er sich davon überzeugt habe, daß niemand zum Überholen angesetzt habe, auf den der Fahrbahnmitte zunächst gelegenen Fahrstreifen - bzw bei Vorhandensein nur eines Fahrstreifens zur Fahrbahnmitte - zu lenken habe. Ein nach links abbiegender Fahrzeuglenker habe daher zunächst den Nachfolgeverkehr dahin zu beobachten, ob jemand zum Überholen ansetze und bejahendenfalls das Einordnen vorläufig zu unterlassen; sofern niemand zum Überholen ansetze, dürfe er mit dem Einordnen beginnen. Zum Überholen habe der Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges dann angesetzt, wenn er den Überholvorgang bereits angezeigt und mit dem Wechsel des Fahrstreifens begonnen habe, also den bisher benützten Fahrstreifen verlassen und sich dem zu Überholenden mit höherer Geschwindigkeit genähert habe. Es sei nicht erforderlich, daß der nachfolgende Fahrzeuglenker bei Beginn des Einordnens des Linksabbiegers zur Fahrbahnmitte bereits den notwendigen Sicherheitsabstand im Sinn des § 15 Abs 4 StVO erreicht habe. Da der Erstbeklagte bereits vor Beginn des Linksversatzes des Klägers und Betätigung des linken Blinkers mit der linken Fahrzeugseite die Leitlinie um ca 50 cm überschritten und sich weiters mit einer Überschußgeschwindigkeit von rund 50 km/h dem Motorrad des Klägers genähert habe, sei nicht zweifelhaft, daß der Erstbeklagte zu diesem Zeitpunkt bereits zum Überholen des Motorrades angesetzt habe, auch wenn er bei einer allfälligen nachfolgenden starken Beschleunigung des Motorrades von seinem Überholvorhaben Abstand genommen hätte. Den Kläger habe die Verpflichtung getroffen, beim Überholtwerden an den rechten Fahrbahnrand zu fahren, jedes Linksausschwenken zu unterlassen und seine Geschwindigkeit nicht zu erhöhen. Ihm sei ein schwerwiegender Verstoß gegen die Schutznormen des §§ 11 Abs 1 und 12 Abs 1 StVO vorzuwerfen, weil er ohne vorherige Beobachtung des Nachfolgeverkehrs vom rechten Fahrbahnrand zur Leitlinie gefahren, der Erstbeklagte bei Beginn dieses Linksversatzes nur mehr 35 m vom Motorrad entfernt gewesen sei und der VW-Bus mit knapp einem Drittel der Fahrzeugbreite bereits die Leitlinie überschritten gehabt habe, demnach einen seitlichen Abstand zum Motorrad von ca 1 m eingehalten habe. Der Kläger hätte in Anbetracht der festgestellten Annäherung des VW-Busses die von ihm beabsichtigte Richtungsänderung unter keinen Umständen mehr durchführen dürfen. Zwar sei die Vorschrift des § 18 Abs 1 StVO (Einhalten des Sicherheitsabstandes) auch im Falle eines beabsichtigten Überholens zu beachten, doch müsse im vorliegenden Fall ein "Hintereinanderfahren" der beteiligten Lenker im Sinn des § 18 Abs 1 StVO verneint werden. Die Annäherung des Erstbeklagten auf eine Entfernung von etwa 35 m bei Beginn des Linksversatzes des Klägers begründe keine Mithaftung der beklagten Parteien für die Unfallsfolgen. Von einem "Hintereinanderfahren" im Sinn des § 18 Abs 1 StVO sei nur dann zu sprechen, wenn sich zwei oder mehrere Fahrzeuge in gleicher oder annähernd gleicher Spur nacheinander fortbewegten, wobei der Abstand nicht so groß sei, daß das Verhalten des Vorausfahrenden unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände keinerlei Einfluß mehr auf das des Nachfahrenden haben könne. Hier liege einerseits ein Fahren der beteiligten Fahrzeuge in verschiedener Spur (mit einem Seitenabstand von etwa 1 m zueinander) vor und andererseits sei bei Motorrädern mit unwillkürlichen Schwankungen nur in Ausnahmefällen (etwa bei starken Windböen oder bei Annäherung eines mit größerer Geschwindigkeit fahrenden LKW-Zuges) zu rechnen. Es müsse bedacht werden, daß der erforderliche Seitenabstand nach § 15 Abs 4 StVO erst beim Überholen und nicht schon in größerer Entfernung vor dem zu überholenden Fahrzeug einzuhalten sei, wobei es hier dem Erstbeklagten mangels Gegenverkehrs ohne weiteres möglich gewesen wäre, bis zum Aufschließen auf das Motorrad des Klägers den seitlichen Abstand zu diesem noch erheblich zu vergrößern und den VW-Bus zur Gänze auf den linken Fahrsteifen der Attergau Landesstraße zu lenken. Der Erstbeklagte habe höchstens mit einem geringfügigen Auslenken des Klägers nach links, keineswegs aber mit einem Verlenken von einer Fahrlinie am rechten Fahrbahnrand in den Bereich der Fahrbahnmitte hin rechnen müssen. Es könne nicht unterstellt werden, daß der Erstbeklagte im Zuge der weiteren Annäherung den VW-Bus nicht weiter auf die linke Fahrbahnhälfte gelenkt hätte, wenn er nicht wegen der vorgenommenen Richtungsänderung des Klägers eine Vollbremsung einleiten hätte müssen.
In der Revision des Klägers wird zusammengefaßt geltend gemacht, daß in seinem Fahrmanöver eine Fahrtrichtungsänderung im Sinne des § 11 Abs 1 StVO nicht erblickt werden könne, weil der bisher gefahrene Straßenzug nicht verlassen worden sei. Für den Kläger sei der VW-Bus nicht als überholenden Fahrzeug erkennbar gewesen; dem Erstbeklagten sei ein Verstoß gegen § 18 Abs 1 StVO anzulasten, weil sich ein Überholender einem Fahrzeug nur so weit nähern dürfe, daß ihm die Einhaltung dieser Bestimmung möglich sei.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zunächst ist auf die zutreffende und ausführliche Begründung der berufungsgerichtlichen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Kläger hat demnach sowohl gegen § 11 Abs 1 StVO als auch gegen § 12 StVO verstoßen.
Gemäß § 11 Abs 1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges den Fahrstreifen nur wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung und Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Nach Abs 2 leg cit hat der Lenker eines Fahrzeuges den bevorstehenden Streifenwechsel so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Ein Fahrstreifenwechsel hat schon dann zu unterbleiben, wenn die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung anderer (insbesondere nachkommender) Verkehrsteilnehmer gegeben ist, wobei eine solche Behinderung schon dann vorliegt, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer zum Bremsen oder Auslenken genötigt wird (ZVR 1982/217; ZVR 1995/25). Es trifft zwar zu, daß Richtungsänderungen innerhalb eines Fahrstreifens ("Ausschwenken") nicht als Fahrstreifenwechsel qualifiziert werden können und solche Fahrmanöver auch nicht als "Änderung der Fahrtrichtung" anzusehen sind (vgl ZVR 1976/286). Ein Verstoß gegen § 11 StVO liegt aber nicht erst dann vor, wenn - nach der verspäteten Anzeige des Fahrstreifenwechsels - tatsächlich der ursprüngliche Fahrstreifen teilweise oder völlig verlassen und der angestrebte Fahrstreifen teilweise oder gänzlich befahren wird, sondern bereits dann, wenn in einer Weise an die zwischen den beiden Fahrstreifen angebrachte Leitlinie herangefahren wird, daß der dadurch behinderte nachkommende Kfz-Lenker zum Bremsen oder Auslenken genötigt wird (2 Ob 2153/96; vgl ZVR 1983/160).
Bei einspurigen Fahrzeugen können zwar richtungsändernde Fahrbewegungen innerhalb eines Fahrstreifens zwar nicht als Fahrstreifenwechsel qualifiziert werden; eine Richtungsänderung liegt bei dieser aber dann vor, wenn es nicht nur zu einem geringfügigen Ausschwenken, sondern zu einem mit Richtungsänderungen mehrspuriger Fahrzeuge vergleichbaren Abgehen von der eingenommenen Fahrtrichtung kommt; diesfalls sind die Pflichten nach § 11 StVO zu beachten (Dietrich/Stölzlechner StVO3 [Mai 1992] § 11 Rz 14).
Zu berücksichtigen ist, daß der Kläger zunächst äußerst rechts am 3,1 m breiten Fahrstreifen fuhr und sein Motorrad nach links um mehr als 2 m bis zu einer Entfernung von 40 bis 50 cm rechts der Leitlinie versetzte. Zum Zeitpunkt seines Linksauslenkens war der Erstbeklagte 35 m entfernt, hielt eine Geschwindigkeit von 80 bis 87 km/h ein und überragte mit dem VW-Bus die Leitlinie um 50 cm. Am VW-Bus war der linke Blinker eingeschaltet und es war für den Kläger erkennbar, daß der Erstbeklagte zum Überholen ansetzte. Der Kläger hätte daher bereits vor dem Linksausschwenken erkennen können, daß sein Fahrmanöver den nachkommenden Erstbeklagten behindert und wäre verpflichtet gewesen, davon Abstand zu nehmen. Er hätte sich auch nach § 12 Abs 1 StVO erst dann einordnen dürfen, wenn er sich davon überzeugt gehabt hätte, daß niemand zum Überholen ansetzt. Bei der gebotenen Aufmerksamkeit hätte aber der Kläger erkennen können, daß die Erstbeklagte "zum Überholen angesetzt hatte" weil er den linken Blinker des VW-Busses eingeschaltet und die Fahrbahnmitte bereits überschritten hatte.
Hingegen kann dem Erstbeklagten ein Verstoß gegen die Bestimmung des §§ 15 Abs 4 StVO bzw 18 Abs 1 StVO nicht vorgeworfen werden. Er durfte zunächst darauf vertrauen, daß der mit 30 km/h am äußerst rechten Fahrbahnrand fahrende Kläger nicht unvermittelt nach links ausschwenken werde und durfte ihn daher überholen, zumal Gegenverkehr oder andere Verkehrshindernisse nicht festgestellt wurden. Der beim Überholvorgang erforderliche Seitenabstand (§ 15 Abs 4 StVO) ist nach dem Wortlaut des Gesetzes "beim Überholen" nicht aber schon dann einzuhalten, wenn erst zum Überholen angesetzt wird. Es liegen keine Hinweise vor, daß der Erstbeklagte seinen Seitenabstand zum am rechten Fahrbahnrand fahrenden Kläger im Zuge des Überholvorganges nicht weiter vergrößert hätte. Schließlich kann dem Erstbeklagten auch nicht vorgeworfen werden, den Sicherheitsabstand nach § 18 Abs 1 StVO nicht eingehalten zu haben. Eine "Nachfahrsituation" wie in der Entscheidung SZ 69/1, die vom Berufungsgericht zur Begründung des Ausspruches über die Zulässigkeit der Revision herangezogen wurde, liegt nicht vor. Im dort zu entscheidenden Sachverhalt fuhren tatsächlich zwei Motorradlenker auf dem linken Fahrstreifen einer Autobahn in einem Tiefenabstand von 15 bis 20 m mit einer Geschwindigkeit von 120 bis 150 km/h hintereinander. Dieser Sachverhalt läßt sich mit dem vorliegenden in keiner Weise zu vergleichen. Hier ist zu beachten, daß der Erstbeklagte zulässig den Kläger überholen wollte und daher eine vergleichbare "Nachfahrsituation" nicht vorlag. Der unberechtigten Revision war ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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