European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0220DS00001.24B.0703.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde *, Rechtsanwältin in *, jeweils mehrerer Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten sowie der Beeinträchtigung der Ehre oder des Ansehens des Standes nach § 1 Abs 1 DSt schuldig erkannt und unter Bedachtnahme auf das zu AZ DISZ/11‑21 ergangene Erkenntnis des Disziplinarrats der Salzburger Rechtsanwaltskammer zur – gemäß § 16 Abs 2 DSt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen – Disziplinarstrafe der Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft für die Dauer von sechs Monaten (§ 16 Abs 1 Z 3 DSt) als Zusatzstrafe (§ 16 Abs 5 zweiter Satz DSt) verurteilt.
[2] Das Erkenntnis wurde der Beschuldigten am 7. Dezember 2023 zugestellt (Rückschein bei ON 35), sodass die Berufungsfrist (§ 48 Abs 1 DSt) am 4. Jänner 2024 (24:00 Uhr) endete.
[3] Am 4. Jänner 2024, 21:20 Uhr, übermittelte die Beschuldigte per Telefax eine 13‑seitige, erkennbar unvollständige Eingabe an die Salzburger Rechtsanwaltskammer, die keinen Adressaten benennt und weder ein Aktenzeichen noch eine Erklärung dazu enthält, worauf sie sich bezieht (ON 38).
[4] Weiters ging bei der Salzburger Rechtsanwaltskammer am 4. Jänner 2024, 21:23 Uhr, eine E‑Mail der Beschuldigten ein, deren Anhang eine gegen das zu AZ DISZ/27‑22 ergangene Erkenntnis des Disziplinarrats der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 23. August 2023 gerichtete Berufung enthielt.
Rechtliche Beurteilung
[5] Gemäß § 48 Abs 1 DSt ist die Berufung binnen vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung bei dem Disziplinarrat, der sie gefällt hat, schriftlich in dreifacher Ausfertigung einzubringen.
[6] Über diese Vorschrift hinaus enthält das DSt bezüglich der Form der Eingabe keine weitere Regelung, aus welchem Grund insoweit nach § 77 Abs 3 DSt die Bestimmungen der Strafprozessordnung sinngemäß anzuwenden sind (vgl 21 Os 5/15s).
[7] Nach der – solcherart hier maßgeblichen – Bestimmung des § 84 Abs 2 erster Satz StPO können Rechtsmittel, Rechtsbehelfe und alle sonstigen Eingaben an das Gericht schriftlich, per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a GOG) eingebracht werden. Die Eingabe per E‑Mail stellt hingegen nach § 6 ERV 2021 nur dann eine zulässige Form der elektronischen Übermittlung im Sinn dieser Verordnung dar, wenn der letztgenannte Übermittlungsweg durch besondere gesetzliche Regelungen oder im Verordnungsweg ausdrücklich angeordnet wird, was in Ansehung der Einbringung einer Berufung weder nach dem DSt noch nach der StPO der Fall ist (RIS‑Justiz RS0127859 [T2], jüngst 21 Ds 11/23i; Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO11 § 48 DSt Rz 1). Ein Anbringen in der Form einer E‑Mail wird den Formerfordernissen des DSt an das Einbringen einer Berufung somit schon von vornherein nicht gerecht.
[8] Gemäß § 49 erster Satz DSt hat die Berufung die Erklärung zu enthalten, in welchen Punkten und aus welchen Gründen ein (deutlich zu bezeichnendes) Erkenntnis angefochten wird. Die fallaktuell zwar gerade noch hinreichend deutlich (der Intention nach) als Berufung erkennbare (per Telefax eingebrachte und solcherart den Formerfordernissen des § 84 Abs 2 erster Satz StPO entsprechende) Eingabe vom 4. Jänner 2024 (ON 38) enthält dem zuwider keine Bezeichnung des angefochtenen Erkenntnisses. Damit ist sie einer meritorischen Erledigung nicht zugänglich, weil sie keine Erklärung enthält, durch welchen Ausspruch die Beschuldigte sich beschwert erachtet (Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO11 § 49 DSt Rz 5, vgl auch § 467 Abs 2 StPO).
[9] Das mit am 4. März 2024 beim Obersten Gerichtshof eingebrachtem Schriftsatz (ON 3 der Ds‑Akten) nachgetragene Vorbringen ist schon deshalb unbeachtlich, weil nur eine Berufungsschrift zulässig ist (Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO11 § 49 DSt Rz 3; RIS‑Justiz RS0119369, jüngst 21 Ds 14/22d [Rz 10]).
[10] Die Berufung war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 54 Abs 1 DSt zurückzuweisen.
[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt, welche Bestimmung sich auch auf die von § 54 Abs 1 DSt umfassten Beschlüsse bezieht (RIS‑Justiz RS0132219).
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