OGH 21Os5/15s

OGH21Os5/15s1.7.2016

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 1. Juli 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Vavrovsky und Dr. Pressl sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Sailer in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 10. Juni 2015, GZ *****/D‑10‑950.439‑40, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0210OS00005.15S.0701.000

 

Spruch:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde *****, Rechtsanwalt in *****, der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten sowie der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes (nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt) schuldig erkannt und über ihn eine Geldbuße von 8.000 Euro verhängt, weil er

a) [in der Zeit von Anfang Dezember 2012 bis 26. Jänner 2013] „in vertrauenswürdiger Zuwendung zu DI Dr. Helmut R***** von diesem Informationen zur Vermögenslage der Familie R***** einerseits und den bestehenden Eheproblemen andererseits Kenntnis erlangt und DI Dr. R***** zugesichert [hat], seine Interessen gegenüber dessen Gattin Lucia R***** zu vertreten, jedoch in weiterer Folge im Zuge des Scheidungsverfahrens zwischen den Ehegatten R***** ausschließlich die anwaltlichen Interessen der Ehefrau und Scheidungsgegnerin, Lucia R*****, wahrgenommen hat“, sowie

b) [im März 2013] „nach Ankauf der im Alleigentum der Lucia R***** stehenden Liegenschaft trotz Kenntnis, dass das vereinbarte Wohnungsgebrauchsrecht zugunsten des DI Dr. R***** gilt, Fahrnisse des Anzeigenlegers (= DI Dr. Helmut R*****) ohne dessen Zustimmung auslagern ließ“.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die am 6. Oktober 2015 per E‑Mail eingebrachte Berufung des Disziplinarbeschuldigten (ON 41; vgl insoweit das entsprechende E‑Mail‑Anschreiben des Disziplinarbeschuldigten an die Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 6. Oktober 2015 [gesendet um 12:51 Uhr] samt den [drei] mitgesendeten Anlagen, wovon eine die [sodann ausgedruckte] Berufung beinhaltete).

Die sohin (bloß) per E‑Mail eingebrachte Berufung des Disziplinarbeschuldigten ist unzulässig.

Gemäß § 77 Abs 3 DSt sind, soweit sich aus dem DSt nichts anderes ergibt oder eine Unvereinbarkeit mit den Grundsätzen und Eigenheiten des Disziplinarverfahrens besteht, die Bestimmungen der Strafprozessordnung im Disziplinarverfahren sinngemäß anzuwenden.

Die Berufung ist gemäß § 48 Abs 1 DSt binnen vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung bei dem Disziplinarrat, der sie gefällt hat, schriftlich in dreifacher Ausfertigung einzubringen.

Da das DSt bezüglich der Form der Eingabe – abgesehen von der eben wiedergegebenen Vorschrift – keine weitere Regelung enthält, sind (auch) insoweit die entsprechenden Bestimmungen der StPO anzuwenden (vgl Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 9 [2015] § 44 Rz 1), das ist im konkreten Fall § 84 Abs 2 erster Satz StPO. Danach können Rechtsmittel, Rechtsbehelfe und alle sonstigen Eingaben schriftlich, per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a GOG) eingebracht werden. Die Eingabe per E‑Mail ist hingegen keine zulässige Eingabeform, weil diese Art der Übersendung gemäß § 5 Abs 1a ERV 2006 keine zulässige Form des elektronischen Rechtsverkehrs darstellt (RIS‑Justiz RS0127859, RG0000072, RL0000071, RL0000105; Murschetz , WK‑StPO § 84 Rz 12).

Die bloß per E‑Mail an den Disziplinarrat übermittelte Berufung wurde daher nicht prozessordnungsgemäß eingebracht.

Mangels Vorliegens einer sonstigen fristgerecht erhobenen Berufung – die (im DSt nicht vorgesehene) Anmeldung von „Rechtsmittel“ durch den Disziplinarbeschuldigten nach Schluss der Disziplinarverhandlung (ON 38 S 6) enthält keine Erklärung, in welchen Punkten und aus welchen Gründen das Erkenntnis angefochten wird (§ 49 erster Satz DSt) – war sohin – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die am 6. Oktober 2015 per E‑Mail eingebrachte Eingabe des Disziplinarbeschuldigten gemäß § 50 Abs 1 iVm § 54 Abs 1 DSt ohne Anberaumung einer mündlichen Verhandlung mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 54 Abs 5 DSt iVm § 38 Abs 2 DSt.

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