European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0210DS00003.21K.0511.000
Spruch:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde * des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung der Ehre oder des Ansehens des Standes nach § 1 Abs 1 DSt schuldig erkannt.
[2] Danach hat er sich in einem Kaufvertrag vom 7. Oktober 2019 betreffend die Liegenschaft EZ * KG * verpflichtet, den Kaufgegenstand lastenfrei an die Käuferin zu übergeben, wobei im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags zugunsten einer Bank ein Pfandrecht im Höchstbetrag von 600.000 Euro eingetragen war. Die Lastenfreistellung, die der einvernehmlich bestellte Treuhänder vorzunehmen hatte, scheiterte jedoch, weil der Beschuldigte die betreffende Bank nicht vom Bankgeheimnis entband. Dadurch war es dem Treuhänder nicht möglich, die Höhe jenes Betrags zu erfragen, der für die Ausfertigung einer Löschungsquittung erforderlich gewesen wäre.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen wegen des Ausspruchs über die Schuld erhobene (als „Beschwerde“ bezeichnete) Berufung des Beschuldigten geht fehl.
[4] Der Verzicht des DSt auf die in der StPO vorgesehene Berufung wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe bedeutet, dass der von den Kategorien der (die Schuldfrage betreffenden) Nichtigkeitsgründe erfasste Fehlerbereich von der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld erfasst wird. Letztere meint demnach im DSt die Berufungspunkte des § 464 Z 1 und 2 erster Fall StPO (RIS‑Justiz RS0128656 [T1]).
[5] Da der Beschuldigte aber weder in der Berufungsschrift noch bei Anmeldung seiner Berufung Nichtigkeitsgründe einzeln und bestimmt bezeichnete, ist seine Berufung unter dem Aspekt des allfälligen Vorliegens von Nichtigkeitsgründen einer meritorischen Erledigung nicht zugänglich (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 467 Abs 2 erster Satz StPO).
[6] Soweit sich die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld im engeren Sinn (§ 464 Z 2 erster Fall StPO) auf rechtliche Ausführungen beschränkt, verlässt sie den – in der Bekämpfung der vom Disziplinarrat festgestellten Tatsachen gelegenen (11 Os 132/06f, SSt 2007/79; RIS‑Justiz RS0122980; eingehend mwN Ratz, WK‑StPO § 464 Rz 2 und 8) – gesetzlichen Anfechtungsrahmen.
[7] Argumente, die geeignet wären, Bedenken gegen die Beweiswürdigung der angefochtenen Entscheidung zu wecken und solcherart die dort getroffenen Konstatierungen substantiiert in Frage zu stellen, sind der Berufung nicht einmal im Ansatz zu entnehmen.
[8] Von vornherein unverständlich ist im Übrigen das Vorbringen zur Verletzung von Berufspflichten, weil der Schuldspruch nicht wegen dieses Disziplinarvergehens (§ 1 Abs 1 erster Fall DSt), sondern wegen Beeinträchtigung der Ehre oder des Ansehens des Standes (§ 1 Abs 1 zweiter Fall DSt) ergangen ist.
[9] Der Disziplinarrat verhängte über den Beschuldigten nach § 16 Abs 1 Z 2 DSt eine Geldbuße von 1.000 Euro und wertete dabei eine ungetilgte Disziplinarstrafe als erschwerend, keinen Umstand als mildernd.
[10] Dieser Strafausspruch gilt durch die Anfechtung des Ausspruchs über die Schuld ebenfalls als angefochten (§ 49 letzter Satz DSt).
[11] Nach ständiger Judikatur sind die für die Strafbemessung maßgebenden Grundsätze des Strafgesetzbuchs (§§ 32 ff StGB) auch für das anwaltliche Disziplinarverfahren sinngemäß heranzuziehen (RIS‑Justiz RS0054839). Im Hinblick darauf tritt der Umstand, dass sich der Beschuldigte weder durch eine gegen ihn erlassene einstweilige Verfügung noch durch eine Treuhandrevision von seiner Haltung abbringen ließ (ES 4), im Rahmen der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung aggravierend hinzu (§ 32 Abs 2 zweiter Satz StGB).
[12] Ausgehend von den vom Disziplinarrat vollständig erfassten besonderen Strafbemessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) und dem dargestellten qualifizierten Verharren im disziplinarrechtlichen Fehlverhalten besteht auf der Grundlage der Schuld (§ 32 Abs 1 StGB) sowie unter Berücksichtigung der Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten (§ 16 Abs 6 DSt) kein Anlass, die Strafbemessung zu korrigieren.
[13] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.
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