OGH 1Ob82/15p

OGH1Ob82/15p21.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. H*****, 2. Dr. P*****, 3. Dr. M*****, 4. Mag. W*****, 5. Mag. P*****, alle *****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei R***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Mag. Michael Rebasso, Rechtsanwalt in Wien, wegen 90.244,56 EUR sA über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 2. März 2015, GZ 34 R 155/14k‑35, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 25. September 2014, GZ 47 Cg 4/13k‑31, bestätigt wurde in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00082.15P.0521.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

1. Das Erstgericht hat festgestellt, dass im Dezember 2011 die Streitteile übereingekommen waren, dass die Kläger für die Beklagte einen Kaufvertrag über den Ankauf von Liegenschaftsanteilen, mit denen Wohnungseigentum an zwei Wohnungen begründet werden sollte, errichten und die grundbücherliche Eintragung durchführen sollten.

Ohne Zweifel war der angestrebte Liegenschaftskauf der Hintergrund, dessentwegen den Klägern der Auftrag erteilt worden war, den Kaufvertrag zu errichten. Die Revision unterstellt weitwendig, aber unrichtig, die Kläger selbst hätten vorgebracht, dieser Auftrag sei ihnen (nur) im Rahmen eines rechtswirksamen Kaufvertrags, dh unter der aufschiebenden Bedingung der Rechtswirksamkeit des Kaufvertrags, erteilt worden. Eine solche Bedingung hat das Erstgericht auch nicht festgestellt. Der dazu behauptete Mangel des Berufungsverfahrens in Form einer Überraschungsentscheidung liegt damit nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

2. Der Vertrag eines Rechtsanwaltes mit seinem Klienten ist in der Regel ein Bevollmächtigungsvertrag (RIS‑Justiz RS0038942 [T7]), kann im Einzelfall aber auch ein Werkvertrag sein, zum Beispiel über die Erstattung eines Rechtsgutachtens oder die Errichtung eines Vertrags (RIS‑Justiz RS0038942 [T8]). Formvorschriften für das Zustandekommen dieses Vertrags bestehen nicht (4 Ob 607/89).

Die Beklagte knüpft an ihre angebliche Konsumenteneigenschaft die Unabdingbarkeit des Schriftlichkeitsgebots nach § 3 BTVG, welche in Verbindung mit dem fehlenden schriftlichen Kaufvertrag zu einer Unwirksamkeit des Auftrags zu dessen Errichtung führen soll. Dies setzte aber die von ihr bloß behauptete, aber nicht festgestellte Auftragserteilung unter der aufschiebenden Bedingung der Rechtswirksamkeit des Kaufvertrags voraus. Die Frage, ob eine Privatstiftung Unternehmerin (vgl dazu 6 Ob 43/13m und 6 Ob 240/11d) oder Verbraucherin ist, die die Revision schwerpunktmäßig und ausführlich behandelt, ist damit für den vorliegenden, vom Zustandekommen des Kaufvertrags unabhängigen Anspruch auf Leistung des Honorars für die Errichtung und grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags nicht entscheidungsrelevant, kommt es doch für die Wirksamkeit des formfrei erteilbaren Auftrags dazu nicht auf das nur für den Liegenschaftskauf anzuwendende Schriftlichkeitsgebot des § 3 BTVG an.

3.1. Belehrungs- und Beratungspflichten des Anwalts dürfen nicht überspannt werden (RIS‑Justiz RS0026584). Ob ein Rechtsanwalt im Einzelfall die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls geprüft werden und wirft regelmäßig keine Frage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS‑Justiz RS0026584 [T21]).

3.2. In einem Sideletter zum Kaufvertrag war eine Rücktrittsmöglichkeit der Beklagten bei Erwerb der Liegenschaftsanteile über eine noch zu gründende Tochtergesellschaft verankert worden. Die Beklagte, die die ihr von der Verkäuferseite genannte Rechtsvertretung mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrags beauftragt hatte, war unabhängig davon selbst, anwaltlich vertreten. Wenn das Berufungsgericht ausgehend von dem vom Erstgericht zur Grunderwerbssteuerproblematik festgestellten Sachverhalt, wonach die Beklagte diese Problematik vereinbarungsgemäß selbst klären sollte (vgl dazu RIS‑Justiz RS0026584 [T10]), dazu keinen Sorgfaltsverstoß der Kläger angenommen hat, liegt darin jedenfalls keine aufzugreifende Fehlbeurteilung.

3.3. In gleicher Weise vermag der Verweis auf Punkt 7.3. des Statuts 2010 der Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien „Elektronisches Anwaltliches Treuhandbuch (eATHB)“ keinen Fehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen, weil dem als Treuhänder vorgesehenen Viertkläger die Abwicklung der Treuhandschaft ‑ da nicht in eigener Sache ‑ nicht untersagt war.

3.4. Auch in der Revision behauptet die Beklagte zwar, die Verkäuferin hätte ihrerseits die Liegenschaft nicht erworben, weil der Kaufvertrag nichtig sei, legt aber nicht dar, warum der in seiner Wirksamkeit nicht von diesem Kaufvertrag abhängige Auftrag zur Errichtung des Vertrags deswegen nichtig gewesen sein sollte.

4. Da die Beklagte insgesamt nur solche Rechtsfragen anspricht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist ihr Rechtsmittel zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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