Normen
ABGB §897
ABGB §901
ABGB §920
ABGB §1298
ABGB §1336
ABGB §897
ABGB §901
ABGB §920
ABGB §1298
ABGB §1336
Spruch:
Eine Konventionalstrafe, die nicht ausdrücklich auch für den Fall unverschuldeter Nichterfüllung vereinbart wurde, ist nur bei Verschulden zu zahlen; mangelndes Verschulden hat der Nichterfüllende zu behaupten und zu beweisen; er handelte schuldhaft, wenn er seine Verpflichtung unbedingt einging, obwohl er die Ungewißheit der Erfüllbarkeit kannte oder kennen mußte
OGH 14. Jänner 1981, 1 Ob 725/80 (LGZ Wien 42 R 447/80; BG Innere Stadt Wien 36 C 416/78)
Text
Der Kläger war Alleineigentümer der Liegenschaft, EZ 8 KG G, Grundstück 855, im 21. Wiener Gemeindebezirk. Mit Kaufvertrag vom 20. August 1975 verkaufte er 789/1748 Anteile an Josef V und 809/1748 Anteile an den Beklagten. Der Kläger blieb Miteigentümer von 150/1748 Anteilen dieser Liegenschaft. Als Kaufpreis wurde mit dem Beklagten und Josef V ein Betrag von 1 385 000 S vereinbart; 500 000 S wurden vor Vertragsunterfertigung bar berichtigt, der restliche Betrag von 885 000 S war durch Übernahme der Baukosten für ein 135 m2 großes Geschäftslokal und eine 15 m2 große Garage zum Baukostensatz der Wohnbauförderung, d. s. 5900 S je m2 Nutzfläche, zu berichtigen. Bei den Vertragsverhandlungen war von Josef V die Rede, daß auf dem Grundstück mit Hilfe der Wohnbauförderung ein Wohnhaus errichtet werde. Das Geschäftslokal des Klägers sollte frei finanziert werden. An den mit Hilfe der Wohnbauförderung erbauten Wohnungen sollte Wohnungseigentum begrundet werden. Der Beklagte und Josef V zogen nicht ins Kalkül, was zu geschehen habe, wenn die beantragte Wohnbauförderung nicht genehmigt werde, da bis dahin die Darlehensgewährung für jedes ihrer Projekte innerhalb eines Jahres erfolgt war. Darüber wurde daher zwischen den Vertragsparteien nichts gesprochen; ebensowenig wurde des Falles gedacht, daß sich die Baukosten für das zu errichtende Geschäftslokal erhöhen sollten. Der Kläger legte größten Wert darauf, daß ihm das zu errichtende Geschäftslokal so bald als möglich zur Verfügung stehe. Er wollte die Miteigentumsanteile nur dann verkaufen, wenn sich Josef V und der Beklagte für den Fall der nicht rechtzeitigen Fertigstellung des Geschäftslokals zu einer Pönalezahlung von 10 000 S monatlich verpflichteten. Am 20. August 1975 unterfertigten Josef V und der Beklagte ein an den Kläger gerichtetes Schreiben, mit dem sie sich verpflichteten, das Geschäftslokal bis zum 31. August 1977 zu übergeben. Sollten sie diesen Termin nicht einhalten, verpflichteten sie sich zur ungeteilten Hand, dem Kläger eine dem richterlichen Mäßigungsrecht nicht unterliegende Konventionalstrafe in der Höhe von 10 000 S pro Monat zu bezahlen.
Am 15. Dezember 1975 wurde für das zu errichtende Haus die Baubewilligung erteilt. Eine Antragstellung der Streitteile und Josef V an das Amt der Wiener Landesregierung vom 3. Feber 1976, ihnen nach dem Wiener Wohnbauförderungsgesetz Darlehen und Annuitätszuschüsse zu gewähren, blieb trotz Bemühungen des Beklagten und des Josef V darunter Interventionen bei Politikern, erfolglos. In einem Schreiben an Vizebürgermeister Hubert P vom 2. Dezember 1977 führte Josef V u. a. aus, daß er und der Beklagte dem Vorbesitzer versprochen hätten, das genannte Geschäftslokal im August 1977 fertigzustellen. Nach der Situation der Jahre 1975 und 1976 wäre es ohne weiteres möglich gewesen, diese Frist einzuhalten. Durch die Nichterfüllung ihrer Verbindlichkeit hätten sie nun ein monatliches Pönale zu bezahlen.
Der Kläger begehrte zuletzt den Zuspruch des Betrages von 205 000 S samt Anhang als Konventionalstrafe für die Zeit vom Dezember 1975 bis April 1978 (monatlich 5000 S) und vom Mai 1978 bis einschließlich Oktober 1979 (monatlich 10 000 S). Zwischen den Streitteilen sei weder vereinbart worden noch davon die Rede gewesen, die Gültigkeit des Vertrages vom 20. August 1975 davon abhängig zu machen, daß das zu errichtende Gebäude mit Mitteln der Wohnbauförderung finanziert werden könne. Der Kläger habe auf die Finanzierung dieses Bauvorhabens keine Einflußnahme gehabt. Ihn treffe daher nicht das Risiko, wenn ein Wohnbauförderungsdarlehen nicht gewährt werde. Die Verpflichtung des Klägers, Erklärungen abzugeben und Unterschriften zu leisten, sei lediglich eine Folge der gewählten Vertragskonstruktion gewesen. Der Kläger hätte keinerlei Ingerenz auf die Wohnungsvergabe und Preisgestaltung gehabt, ein allfälliger Gewinn wäre ihm nicht zugestanden. Daß die Baukosten gestiegen und bei der Auszahlung von Förderungsmitteln Verzögerungen und Schwierigkeiten eingetreten seien, könne den Kläger nicht berühren. Der Beklagte sei nicht mit dem nötigen Nachdruck tätig geworden, damit das Projekt bewilligt und die Förderungsmittel ausgezahlt werden. Der dem Kläger erwachsene Schaden liege jedenfalls weit über der vereinbarten Pönalforderung.
Der Beklagte wendete ein, daß auch der Kläger als Bauherr und als Förderungswerber aufzutreten hatte und aufgetreten sei. Die Errichtung des Wohnhauses mit Hilfe von Darlehen nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 sei Vertragsgrundlage gewesen. Man sei davon ausgegangen, daß so wie bisher spätestens ein Jahr nach der Einreichung das Darlehen bewilligt werde. Auch den Kläger sollte das Bauherrenrisiko treffen. Die Zusage, das Geschäftslokal bis 31. August 1977 zu übergeben, sei in der Annahme erfolgt, daß sich der Wohnbauförderungssatz nicht erhöhen werde. Tatsächlich betrage jedoch der im Kaufvertrag angenommene Baukostenersatz nicht mehr 5900 S, sondern 6900 S je m2 Nutzfläche. Wenn überhaupt eine Verpflichtung des Beklagten zur Herstellung des Geschäftslokales bestehen sollte, hätte der Kläger den Differenzbetrag auf die erhöhten Baukosten zu tragen. Da der Kläger dazu nicht bereit sei, könne er auch nicht die Bezahlung einer Konventionalstrafe begehren. Die Erklärung, das Geschäftslokal mit 31. August 1977 zu übergeben, sei unter dem Vorbehalt abgegeben worden, daß die geplante Finanzierung bewilligt werde und die Baukosten zu diesem Zeitpunkt noch ausreichten, das Geschäftslokal zu errichten. Da sich die Vertragsgrundlage sohin wesentlich geändert habe und die seinerzeitigen Voraussetzungen nicht eingetreten seien, könne das Geschäftslokal des Klägers erst dann errichtet werden, wenn die Kreditmittel hiefür bewilligt seien. Das Ansuchen um Kreditbewilligung sei positiv begutachtet worden; wegen der durch die wirtschaftlichen Verhältnisse bedingten Verknappung der Darlehensmittel habe sich aber die Bewilligung des Darlehens verzögert. Der Kaufvertrag sei auch wegen Dissenses nicht gültig zustande gekommen. Nach der Textierung des Vertrages seien lediglich 885 000 S für die Errichtung eines Geschäftslokales aufzuwenden. Die Baukosten seien aber in der Zwischenzeit um 300 000 S bis 400 000 S gestiegen. Der Kläger vertrete den Standpunkt, daß die Baukosten als Teil des Kaufpreises ohne Rücksicht auf deren tatsächliche Höhe vom Beklagten und Josef V zu tragen seien. Der Beklagte hätte einen Kaufvertrag mit dem Inhalt, daß die Baukosten des Lokales ohne Limit von den Käufern zu tragen seien, nicht abgeschlossen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Konventionalstrafe verfalle im Zweifel nur bei verschuldeter Nichterfüllung. Der Beklagte und Josef V hätten sich redlich bemüht, die Wohnbauförderung zu erlangen. Die Errichtung eines Wohnhauses ohne Mittel der Wohnbauförderung sei ihnen unzumutbar, da nicht geförderte Wohnungen nicht bzw. nur äußerst schwer verkäuflich seien. Mangels Verschuldens bestehe der Anspruch auf Zahlung einer Konventionalstrafe daher nicht zu Recht. Ein Dissens liege allerdings nicht vor; es sei auch dem Beklagten bewußt gewesen, er habe sich verpflichtet, ein Geschäftslokal zu errichten und nicht nur dessen Baukosten zu übernehmen.
Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht nicht Folge. Sei die Leistung durch einen Umstand unmöglich geworden, den der Schuldner nicht zu vertreten habe, so sei im Zweifel eine Vertragsstrafe nicht zu zahlen. Es könne der Verpflichtung vom 20. August 1975 nicht entnommen werden, daß auch für den Fall der nicht verschuldeten Leistungsverzögerung eine Konventionalstrafe vereinbart worden wäre. Eine Zwischenfinanzierung auf dem freien Kapitalmarkt wäre nur zumutbar gewesen, wenn über die Ausschüttung der Wohnbauförderungsmittel eine verbindliche Zusage vorgelegen wäre. Der Beklagte habe alles in seinem Bereich Liegende unternommen, die Mittel zu erlangen. Es könne als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden, daß frei finanzierte Wohnungen zu einem wesentlich höheren Preis als geförderte Wohnungen angeboten werden müssen. Diese Kostensteigerung rechtfertige es, daß der Beklagte mit der Leistung zuwarte.
Über Revision des Klägers hob der Oberste Gerichtshof die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache an das Prozeßgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zunächst ist klarzustellen, daß für die Verpflichtung des Beklagten vom 20. August 1975, eine Konventionalstrafe zu bezahlen, die Geschäftsgrundlage nicht weggefallen ist. Die Parteien können beim Abschluß eines Vertrages mit Selbstverständlichkeit vom Bestehen, Fortbestehen oder vom Eintritt bestimmter Umstände ausgehen und sie nur deswegen nicht zur Bedingung eines Geschäftes (§ 901 ABGB) machen, weil niemand an die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Regelung denkt (EvBl. 1978/137; EvBl. 1974/29; SZ 43/63; Koziol - Welser[5] I, 112). Bei Wegfall dieses von beiden Teilen vorausgesetzten Vertragszweckes besteht die Möglichkeit, den Vertrag aufzulösen oder ihn in analoger Anwendung des § 872 ABGB anzupassen (EvBl. 1977/68; RZ 1973/197; MietSlg. 23 079; 1 Ob 24/79; Koziol - Welser a.a.O., 114). Es ist aber auch herrschende Auffassung, daß sich grundsätzlich niemand auf das Vorhandensein einer Vertragsvoraussetzung berufen kann, wenn diese ausschließlich in der eigenen Interessensphäre gelegen ist. In diesem Fall trägt das Risiko eines Fehlschlagens der Erwartungen diese Vertragspartei allein (EvBl. 1978/137; EvBl. 1977/68; SZ 49/13; SZ 43/63; Koziol - Welser a.a.O.; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 340). Eine Vereinbarung, daß ohne eine bestimmte Art der Finanzierung ein Geschäft nicht wirksam zustandekommen solle, ist zwar möglich und zulässig. Daß diese Finanzierungsart aber Bedingung für das wirksame Zustandekommen eines Vertrages sein sollte, ist in aller Regel keineswegs selbstverständlich. Eine solche Bedingung müßte daher ausdrücklich oder konkludent Vertragsinhalt geworden sein. Die Beschaffung der Mittel für die Gegenleistung eines synallagmatischen Vertrages ist grundsätzlich Sache des Leistungspflichtigen und fällt allein in seinen Risikobereich (1 Ob 626/79; 5 Ob 669/79; 1 Ob 581/78; vgl. Bydlinski in Klang[2] IV/2, 386). Das Risiko einer Vermögensdisposition, bei der mit einer bestimmten zukünftigen Entwicklung gerechnet wurde, hat der Disponierende allein zu tragen (Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts[5], 356). Eine gewisse Geldentwertung und die Erhöhung von Baukosten liegen im zu unterstellenden Erwartungsbereich der Vertragsschließenden und stellen daher keine Änderung der Geschäftsgrundlage dar (vgl. JBl. 1979, 651). Der Beklagte und Josef V gaben dem Vertreter des Klägers zwar ihr Motiv bekannt; daß dieses Motiv zum Kaufabschluß Inhalt der Verträge vom 20. August 1975 wurde, steht aber nicht fest. Das Risiko, Mittel aus der Wohnbauförderung zu erhalten, traf daher ausschließlich den Beklagten und Josef V. Der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen, eine Verpflichtung zur Bezahlung einer Konventionalstrafe bestehe schon deshalb nicht, weil dem Beklagten ein Verschulden an der nicht rechtzeitigen Erfüllung nicht angelastet werden könne, kann nicht gefolgt werden.
Die überwiegende Rechtsprechung und Lehre geht allerdings davon aus, daß auch ein Vergütungsbetrag im Zweifel nur bei verschuldeter Nichterfüllung oder verschuldeter Schlechterfüllung zu bezahlen sei. Dies wird von der älteren Lehre vor allem daraus abgeleitet, daß die Bestimmung des § 1336 ABGB im 30. Hauptstück (Von dem Rechte des Schadenersatzes und der Genugtuung) enthalten ist (Hasenöhrl, Das österreichische Obligationenrecht[2] I, 557 FN 20; Randa, Zur Lehre von den Zinsen und der Konventionalstrafe, 33; Schöndorf in ZBl. 1919, 338; Stubenrauch[8] II, 731). Dagegen wendete sich schon früh de Griez, Über die Konventionalstrafe, ZBl. 1885, 193 ff., unter Hinweis auf das Zustandekommen der Vorschrift des § 1336 ABGB, die in den Vorläufern des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, dem Codex Theresianus und dem Westgalizischen Gesetzbuch, im Kapitel über die Nebengebühren enthalten war (vgl. hiezu auch § 912 ABGB und dessen Redaktionsgeschichte bei Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 393 f.), ohne daß seine Argumente später beachtet wurden. Ehrenzweig[2] II/1, 191 kommt auf Grund eines Umkehrschlusses vielmehr zum Ergebnis, daß die Verpflichtung zur Entrichtung der Vertragsstrafe, die eine abhängige Verbindlichkeit darstelle, erlösche, wenn die Hauptverbindlichkeit wegen zufälliger Unmöglichkeit der Leistung (§§ 911, 1311, 1447 ABGB) wegfalle. Daraus folge, daß der Verfall der Vertragsstrafe, wenn nichts anderes bedungen war, Verschulden voraussetze. Die im Anschluß an § 339 BGB von Krasnopolski, Österreichisches Obligationenrecht, 118, vertretene Ansicht, unverschuldete Zuwiderhandlungen genügten, wenn die geschuldete Leistung in einer Unterlassung bestehe, wird von Ehrenzweig als unbegrundete Behauptung abgelehnt. Pisko, Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes, 177, vertritt die Ansicht, daß selbst für das Handelsrecht der Verfall einer Konventionalstrafe Verschulden voraussetze. Koziol - Welser[5] I, 176 bezeichnen als Zweck einer Vertragsstrafe den Ausgleich von Nachteilen, die dem Gläubiger aus einer Vertragsverletzung entstehen können; die Vertragsstrafe sei damit pauschalierter Schadenersatz, der an die Stelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung trete. Da die Konventionalstrafe ihrem Inhalte nach eine Art Schadenersatz darstelle, sei sie daher nur dann zu entrichten, wenn den Schuldner an der Nichterfüllung oder Schlechterfüllung ein Verschulden treffe. Wolff in Klang[2] VI, 186
f. geht davon aus, die Konventionalstrafe trete an die Stelle des zu vergütenden Nachteiles. Voraussetzung für den Verfall eines Vergütungsbetrages sei daher, daß der Schuldner zum Ersatz des eingetretenen Schadens nach allgemeinen Grundsätzen verpflichtet sei; es müsse also ein Haftungsgrund vorliegen. Ein Haftungsgrund werde regelmäßig bei Verschulden gegeben sein; dazu kämen aber auch alle anderen Haftungsgrunde wie etwa die Haftung nach § 1313a ABGB oder (bei Verspätungsschaden), wie sich aus der Vorschrift des § 1333 ABGB ergebe, objektiver Verzug.
Die Rechtsprechung vertritt nahezu einhellig die Ansicht, daß eine Konventionalstrafe nur bei verschuldeter Nichterfüllung oder verschuldeter Schlechterfüllung zu leisten sei (EvBl. 1977/83 u. a.), wobei regelmäßig kein Unterschied dahin gemacht wurde, ob die Erfüllung bloß verspätet (GlU 8002; GlU 6821; GlU 5570) oder, z.B. wegen Aufhebung des Vertrages, überhaupt nicht erfolgte (JBl. 1950, 241; ZBl. 1921/181; GlUNF 3754; GlUNF 2377; JBl. 1983, 529; 7 Ob 591/76; 5 Ob 301/78; 5 Ob 683/79). Nur in der Entscheidung EvBl. 1976/194, die den Fall eines täglichen Pönales für die nicht rechtzeitige Bezahlung eines Restkaufpreises betraf, wurde unter ausdrücklichem Hinweis auf die Lehre Wolffs a.a.O. die Ansicht vertreten, daß die Behauptung der beklagten Partei, sie treffe kein Verschulden, fehl gehe, weil auch objektiver, also unverschuldeter Verzug einen Haftungsgrund bilde und den Schuldner zur Zahlung der Konventionalstrafe verpflichte. Diese Ansicht folgend wurde der Entscheidung 1 Ob 558/79, die den Fall einer Stornogebühr betraf, ausgesprochen, daß zwar grundsätzlich ein Vergütungsbetrag nur bei verschuldeter Nichterfüllung zu bezahlen, für den Fall einer bloß verspäteten Erfüllung für den Verfall der Vertragsstrafe ausnahmsweise objektiver Verzug ausreichender Haftungsgrund sei.
Die in den Entscheidungen EvBl. 1976/194 und 1 Ob 558/79 vertretene Rechtsansicht, daß bei Geltendmachung einer Konventionalstrafe wegen verspäteter Erfüllung ausnahmsweise objektiver Verzug genüge, wird nicht aufrecht erhalten. Gewiß kann zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden, daß der Vergütungsbetrag selbst bei unverschuldeter Nichterfüllung oder unverschuldeter Schlechterfüllung verfalle (MietSlg. 31 259; RZ 1974/42; JBl. 1974, 368; EvBl. 1961/362; Koziol - Welser a.a.O.; Ehrenzweig a.a.O., 191 f.; Hasenöhrl, a.a.O., 558; vgl. auch Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechtes[7] II, 98 FN 10). Auch kann im Hinblick auf die gewichtigen Argumente von de Griez aus der bloßen Einordnung der Konventionalstrafe in das 30. Hauptstück des ABGB schon wegen der Aufzählung der Vertragsstrafe unter den Nebengebühren in der Bestimmung des § 912 ABGB noch nicht der Schluß gezogen werden, daß sie nur bei Verschulden verfallen könnte. Da aber nach österreichischem Recht die Konventionalstrafe eine Hauptverbindlichkeit voraussetzt und an die Stelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung tritt, ist mangels anderer vertraglicher Regelung auch der anstelle des Interesses begehrte Vergütungsbetrag davon abhängig, daß der Schuldner die Nichterfüllung oder Schlechterfüllung zu verantworten hat, d. h. daß er sie verschuldete. Der Hinweis Wolffs a.a.O., 187 auf § 1333 ABGB ist nicht überzeugend. Wohl ist es seit dem Gutachten SZ 5/53 unbestritten, daß für einen Anspruch auf Verzugszinsen objektiver Verzug genügt. Das liegt aber daran, daß Verzugszinsen ihre Wurzel nicht im Schadenersatzrecht, sondern im Bereicherungsrechthaben (Koziol - Welser[5] I, 187; Wilburg, Zur Lehre von der Vorteilsausgleichung in JherJB 82, 51 ff. insbesondere 147 f.). Schon wegen dieser verschiedenen Anknüpfungen kann daraus, daß objektiver Verzug für die Geltendmachung von gesetzlichen Verzugszinsen genügt, nicht der Schluß gezogen werden, daß eine in der Regel viel höhere Konventionalstrafe, die pauschalierter Interessensersatz und damit Schadenersatz sein soll, gleichfalls objektiver Verzug hinreichend ist. Ein über die Verzugszinsen hinausgehender Schaden kann vielmehr nur nach den allgemeinen Regeln des Schadenersatzes geltend gemacht werden, die Verschulden voraussetzen (Koziol - Welser a.a.O., 187).
Damit ist aber für den Beklagten nichts gewonnen. Nach der Beweislastregel des § 1298 ABGB obliegt es nämlich ihm, zu behaupten und zu beweisen, daß ein Verschulden und damit ein Haftungsgrund (subjektiver Verzug) nicht vorliege (Gschnitzer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil 27; Ehrenzweig a.a.O., 191; Schey, Die Obligationsverhältnisse I, 107). Dieser Beweis wird bei Übernahme einer vertraglichen Verpflichtung, deren Erfüllung von einer Bedingung abhängt, ohne daß diese zum Vertragsinhalt gemacht wurde, in aller Regel unerbringlich sein, weil derjenige, der sich zu einer vertraglichen Leistung unbedingt verpflichtet, bereits bei Abschluß des Vertrages beurteilt haben muß, ob er zu dieser Leistung im Zeitpunkt der vereinbarten Erfüllung auch in der Lage sein wird, also schon schuldhaft handelt, wenn er diese Verpflichtung eingeht, obwohl er die Ungewißheit der Erfüllbarkeit kennt oder kennen muß (vgl. RZ 1972, 14; SZ 5/53 u. a.; Koziol, Österr.
Haftpflichtrecht[2] I, 332; Reischauer in ZVR 1978, 129, 138). Tritt also die Bedingung nicht ein, hat er es zu vertreten, daß er sie nicht zum Vertragsinhalt machte (§ 920 ABGB). Dies gilt natürlich besonders dann, wenn die Zahlung einer Vertragsstrafe bei nicht zeitgerechter Erfüllung vereinbart wurde, also eindeutig erkennbar war, daß der Vertragspartner allergrößten Wert auf genaue Einhaltung des Vertrages legt und möglicherweise überhaupt nur deswegen mit dem Abschluß des Vertrages einverstanden war, weil er weiß, daß entweder zeitgerecht erfüllt oder bei nicht zeitgerechter Erfüllung sein Schaden auf Grund der vereinbarten Vertragsstrafe ersetzt wird. Es ist daher auch einhellige Rechtslehre, daß der bloße vom Schuldner allenfalls nicht vorhergesehene Mangel an Geldmitteln, die er zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit aufwenden müßte, als Entschuldigungsgrund nicht ausreicht (Ehrenzweig a.a.O., 301; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 484).
Vom Verpflichteten ist nur der zufällige gänzliche Untergang im Sinne des § 1447 ABGB nicht mehr zu vertreten (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 484, 494; vgl. EvBl. 1974/162). Der bloße Mangel an Zahlungsmitteln ist aber regelmäßig nicht als endgültige Leistungsunmöglichkeit zu werten (1 Ob 580/79; Koziol - Welser a. a.O., 185; Pisko - Gschnitzer in Klang[2] VI, 549 f.). Ein Haftungsgrund im Sinne des § 1336 ABGB ist daher gegeben. Dies gilt auch hier: Der Beklagte verfügte bei Vertragsabschluß nicht über die zur Herstellung des von ihm zu errichtenden Bauwerkes erforderlichen Mittel. Er hoffte, sich diese wie in anderen Fällen im Wege der öffentlichen Wohnbauförderung verschaffen zu können. Er unterließ es aber, die tatsächliche Erlangung der Förderungsmittel zur Bedingung des Vertrages zu machen, obwohl die Gewißheit der Erlangung nicht bestand. Er übernahm damit das Risiko, daß die im Ermessen einer Gebietskörperschaft stehende Gewährung von billigen Wohnbaukrediten infolge Anspannung der Finanzlage sich verzögern kann, in seinen vertraglichen Haftungsbereich und erreichte möglicherweise erst dadurch die Zustimmung des Klägers zum Vertragsabschluß. Er wußte schließlich, daß der Kläger größten Wert darauf legte, daß das zu errichtende Geschäftslokal ihm möglichst bald zur Verfügung stand; es mußte ihm aber auch klar sein, daß durch eine Verzögerung der Übergabe für den Kläger finanzielle Nachteile entstehen mußten. Der Beklagte hat daher durch Zahlung einer Vertragsstrafe dafür einzustehen, daß er, obwohl er die Gewährung der öffentlichen Wohnbauförderung nicht zur Bedingung für die zeitgerechte Vertragserfüllung gemacht hatte, sich nicht rechtzeitig die Mittel zur termingerechten Erfüllung des Vertrages, die unter Umständen auch durch bloße Herstellung der Geschäftsräume, die ohnehin nicht gefördert werden konnte, geschehen hätte können, verschaffte.
Die Rechtssache ist aber noch nicht spruchreif. Der Beklagte, ein Baumeister, ist kein Kaufmann. Gegenstand der Tätigkeit eines Bauunternehmers ist nicht die Weiterveräußerung der zu diesem Zweck erworbenen eigenen oder die Bearbeitung fremder beweglicher Sachen, sondern die Lieferung eines unbeweglichen Bauwerkes (6 Ob 513/79; 2 Ob 522/78; Brunner, Sind Bauunternehmer Kaufleute? in JBl. 1963, 28 ff.; Schlegelberger - Hildebrandt - Steckhan, HGB[5] I, 22; Brüggemann in GroßkommHGB[3] I, 124; Hämmerle - Wünsch, Handelsrecht[3], 116 FN 14). Daß dem Beklagten etwa als Baumaterialienhändler dennoch Kaufmannseigenschaft zukomme, wurde von dem dafür beweispflichtigen Kläger (HS 5245; SZ 39/128 u. a.) nicht vorgebracht und von den Tatsacheninstanzen nicht festgestellt. Die Vorschrift des § 348 HGB findet daher auf den Beklagten keine Anwendung. Der Beklagte bestritt den Anspruch auf Bezahlung eines Vergütungsbetrages dem Gründe nach. Darin liegt aber nach ständiger Rechtsprechung auch das Begehren auf Mäßigung der Konventionalstrafe nach § 1336 Abs. 2 ABGB, die bei Vertragsabschluß nicht abbedungen werden kann (JBl. 1976, 487; RZ 1974/42; SZ 37/13 u. a.; Koziol - Welser a.a.O., 176). Eine solche Herabsetzung ist möglich, wenn dem Beklagten der Beweis gelingt, daß der dem Kläger erwachsene Schaden unverhältnismäßig geringer ist als der bedungene Vergütungsbetrag (RZ 1976/90; SZ 42/57 u. a.). Die Untergrenze des Mäßigungsrechtes ist dabei immer die Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens (EvBl. 1980/65; RZ 1976/90; SZ 42/57; SZ 32/28 u. a.).
Zur Prüfung, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Konventionalstrafe gegeben sind, ist eine Verhandlung in erster Instanz notwendig.
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