Normen
ABGB §1165
ABGB §1295
ABGB §1313a
ABGB §1323
ABGB §1332
StarkstromwegeG §12
StarkstromwegeG §15
StarkstromwegeG §22
ABGB §1165
ABGB §1295
ABGB §1313a
ABGB §1323
ABGB §1332
StarkstromwegeG §12
StarkstromwegeG §15
StarkstromwegeG §22
Spruch:
Den Unternehmer, der auf Grund eines Werkvertrages Arbeiten auf einem Grundstück durchzuführen hat, trifft die vertragliche Nebenpflicht, Leitungsrechte im Luftraum über dem Grundstück vor Beschädigung zu bewahren; er haftet dem Berechtigten unmittelbar nach § 1313a ABGB
Wird eine unter Einsatz von Arbeitsleistungen montierte gebrauchte Sache beschädigt, so sind bei der Ermittlung des zu ersetzendenSchadens auch die Montagekosten um eine Abnützungsquote zu kürzen
OGH 29. April 1981, 1 Ob 714/80 (OLG Linz 3 R 43/80; LG Linz 7 Cg 331/77)
Text
Die klagende Partei ist Eigentümerin einer Hochspannungsleitung, in deren Nähe die erstbeklagte Partei im Oktober 1975 einen Güterweg baute, bei dessen Errichtung ein vom Zweitbeklagten gelenktes und dem Drittbeklagten gehörendes Raupenfahrzeug eingesetzt wurde. Dieses Fahrzeug ist nicht als Kraftfahrzeug im Sinne des KFG anzusehen. Am 16. Oktober 1975 legte der Zweitbeklagte mit diesem Raupenfahrzeug eine Fichte um, die beim Niederstürzen die Leitungsseile der Hochspannungsleitung berührte und durch einen Kurzschluß beschädigte. Zwischen der klagenden Partei und den drei beklagten Parteien bestehen keine vertraglichen Beziehungen.
Die österreichische Vorschrift für die Elektrotechnik betreffend Errichtung von Starkstromfreileitungen über 1 kV (ÖVE-L 11/1967 mit Nachtrag ÖVE-L 11 a/1969, die mit der dritten Durchführungsverordnung zum Elektrotechnikgesetz (ElTG) vom 1. Juli 1969, BGBl. 263/1969, laut Anhang A Z. 2 zu allgemein verbindlichen elektrotechnischen Sicherheitsvorschriften (§ 3 Abs. 3 ElTG) erklärt wurde) bestimmt in § 22 über die Abstände vom Gelände:
"22.2. Waldschneisen und einzelstehende Bäume und Sträucher grundsätzlich sollen Waldschneisen so angelegt und einzelstehende Bäume so weit geschlägert werden, daß die Leitungen der Gruppen II - IV durch Windbrüche, Windwürfe, Schlägerungen, Schneedruck auf Stamm oder Äste und dergleichen voraussichtlich nicht gefährdet werden. Der Höhenzuwachs der Bäume bis zur Endnutzung, die Bodenbeschaffenheit, Bestandverhältnisse und die vorherrschenden Windrichtungen sind zu berücksichtigen.
Folgende Mindestabstände dürfen nicht unterschritten werden. Sie gelten für den astfreien Raum, d. h., daß auch durch die Wipfel und Aste diese Abstände nicht unterschritten werden dürfen. Diese Abstände sind für die Leitungsgruppe I, wenn die Betriebssicherheit der Leitung dies erfordert, gegebenenfalls zu vergrößern (kranke, hängende oder flach wurzelnde Bäume, an Steilhängen oder Rutschhängen usw.).
Mindestabstände Angaben in m I II
III IV (1) seitlich der Leiter 3 4 5
6 (2) unterhalb der Leiter (2.1) im Regellastfall 3 4
5 6 (2.2) im Ausnahmslastfall 0.5 0.8 1.5
2.5
Für die Revision und Reparatur von Leitungen muß in Waldbeständen nötigenfalls durch entsprechende Schlägerungen und Ausästungen Vorsorge getroffen werden.
Der durch den seitlichen Abstand nach 22.2 (1) bestimmte Schutzraum ist oberhalb der Leiter auf volle Baumhöhe astfrei zu halten."
Die drei beschädigten Phasenseile gehören zur Gruppe I. Die Freihaltung der Schutzstreifen wurde von den Leuten der klagenden Partei jährlich kontrolliert. Stichprobenweise Überprüfungen ergaben die ordnungsgemäße Durchführung dieser Kontrollen auch im Unfallsbereich.
Im Oktober 1976 wurden die seit 1927 in Verwendung gewesenen, jetzt im Handel überhaupt nicht mehr erhältlichen, zu 50 bis 60% verschmorten Tiegelgußstahlseile durch entsprechende Aluminiumstahlseile ersetzt. Die Lebensdauer dieser Seile hätte 60, möglicherweise auch 70 Jahre betragen, sodaß die Abnützungsquote im Zeitpunkt der Beschädigung 80% betrug. Die Firma E verrechnete der klagenden Partei laut Rechnung vom 17. November 1976 für den Austausch der beschädigten Seile im westlichen Spannfeld I (Schadensbereich) angemessene Preise für Material, Montage, Transporte und Bauleitung von 151 547 S zuzüglich Umsatzsteuer von 18%, abzüglich eines Nachlasses von 2.5% und eines Skontos von weiteren 2%. Die klagende Partei erneuerte auch die Seile im östlichen Spannfeld II, doch sind die hiefür verrechneten Beträge in der genannten Summe nicht inbegriffen.
Die klagende Partei begehrte zuletzt Zahlung von 175 062 S für die Anschaffung und Montage neuer Leiterseile sowie Ersatz der Kosten der provisorischen Instandsetzung der Leitung mit der Begründung, daß der Zweitbeklagte die Beschädigung der Leitung durch unvorsichtigen Einsatz des Raupenfahrzeuges verschuldet habe. Die erstbeklagte Partei und den Drittbeklagten treffe ein Auswahl- und Überwachungsverschulden.
Die beklagten Parteien beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Die erstbeklagte Partei wendete ein, sie habe dem Drittbeklagten den Auftrag erteilt, einen neuen Forstweg auszuschieben. Der Drittbeklagte habe sich zur Erfüllung dieses Auftrages seines Dienstnehmers, des Zweitbeklagten, bedient, sodaß ein Auswahlverschulden der erstbeklagten Partei nicht in Betracht komme. Zur Überwachung des Lenkers des Raupenfahrzeuges sei sie nicht verpflichtet gewesen. Zweit- und Drittbeklagte wendeten ein, daß das Raupenfahrzeug auf Grund eines Mietvertrages eingesetzt worden sei; der Zweitbeklagte sei an die Weisungen des Oberförsters der erstbeklagten Partei Rudolf H gebunden gewesen und habe darauf vertrauen dürfen, daß dieser als Forstfachmann die Gefährlichkeit des Umschiebens von Bäumen richtig beurteilen könne. Den Drittbeklagten treffe kein Auswahlverschulden, da der Zweitbeklagte ein außerordentlich tüchtiger und zuverlässiger Raupenfahrer sei. Die erstbeklagte Partei hätte die klagende Partei von den Schlägerungsarbeiten verständigen müssen.
Sämtliche beklagten Parteien wendeten ein, daß sich die klagende Partei den Vorteil anrechnen lassen müsse, den sie aus der Erneuerung der bereits zu 80% abgenutzten alten Leiterseile erzielt habe.
Das Erstgericht verurteilte alle drei beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 138 078.24 S samt Anhang. Die Abweisung des Mehrbegehrens von 36 983.76 S samt Anhang blieb unbekämpft. Es stellte fest: Der Oberförster der erstbeklagten Partei Rudolf H habe mit Zustimmung des Obmanns der erstbeklagten Partei dem Drittbeklagten den Auftrag erteilt, den bereits trassierten Weg mit der Schubraupe auszuschieben. Der Drittbeklagte habe hierauf den Zweitbeklagten beauftragt, diese Arbeit zum vereinbarten Zeitpunkt durchzuführen. Auch in vorangegangenen Jahren sei der Drittbeklagte öfters von der erstbeklagten Partei mit der Durchführung derartiger Arbeiten beauftragt worden, die dann gleichfalls vom Zweitbeklagten unter Aufsicht des Rudolf H zu dessen voller Zufriedenheit durchgeführt worden seien. Der Zweitbeklagte sei hiebei immer nur an die Anordnungen des Rudolf H gebunden gewesen. Der Drittbeklagte selbst sei nie auf der Baustelle der erstbeklagten Partei gewesen. Zwischen der erstbeklagten Partei und dem Drittbeklagten sei immer nach Stundensätzen abgerechnet worden. Der Zweitbeklagte sei schon seit mehr als 20 Jahren beim Drittbeklagten beschäftigt und habe als erstklassiger und verläßlicher Raupenfahrer gegolten. Rudolf H und der Zweitbeklagte hätten die auszuschiebende, bereits von Arbeitern der erstbeklagten Partei ausgeschlägerte Trasse an Ort und Stelle besichtigt und besprochen, was zu tun sei. Rudolf H habe die Durchführung dieser Arbeiten überwacht, indem er mit dem Zweitbeklagten den jeweiligen Arbeitsvorgang besprochen - und die Arbeiten stundenweise beaufsichtigt habe. Der Zweitbeklagte sei an die Anordnungen des Rudolf H gebunden gewesen. Rudolf H habe keine technischen Kenntnisse von der Bedienung der Raupe gehabt. Er habe dem Zweitbeklagten lediglich gesagt, was zu machen sei, aber nicht, wie es zu machen sei. Als der Zweitbeklagte mit dem Ausschieben des Forstweges fertig gewesen sei, habe ihm Rudolf H den Auftrag erteilt, einen Flinzhügel ("Flinz" laut Duden[17], 277, ein Mineral), dessen Material sich für die Beschotterung des Weges eignete, samt Bäumen wegzuschieben. Der Zweitbeklagte und Rudolf H seien nach der Besichtigung zum Ergebnis gekommen, daß diese Arbeit ohne Gefahr für die Starkstromleitung durchgeführt werden könne; der Zweitbeklagte habe sich aber hiebei auf die Kenntnisse des Rudolf H verlassen. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, zuerst die auf dem Flinzhügel stehenden Bäume mit der Motorsäge umzuschneiden und erst dann die Baumstrünke zu entfernen. Rudolf H habe dies aber deswegen nicht getan, weil er angenommen habe, daß sich die Arbeit mit der Raupe rascher bewerkstelligen lasse. Der Zweitbeklagte habe auch privat mit der Raupe gearbeitet, hiebei aber noch nie einen Baum weggeschoben, weil ihm dies immer zu gefährlich erschienen sei. Vorhandene Bäume seien immer vorher umgeschnitten worden, er habe dann nur die verbliebenen Wurzelstöcke mit der Raupe entfernt. Beim Abschieben einer Fichte sei deren Wurzelstock abgerissen, sodaß sie Richtung Starkstromleitung gefallen sei und diese berührt habe, was zum Zusammenschlagen der Phasenseile und dadurch zum Kurzschluß geführt habe. Diese Fichte sei in einer seitlichen Entfernung von 7 bis 9 m vom nächstgelegenen Phasenseil der Kraftleitung gestanden und 13 bis 14 m hoch gewesen. Sowohl Rudolf H als auch dem Zweitbeklagten sei es bekannt gewesen, daß vor der Durchführung von Schlägerungsarbeiten in der Nähe von elektrischen Leitungen das zuständige Elektrizitätsversorgungsunternehmen (dessen Außenstelle) verständigt werden müsse. Geschehe dies, so treffe das Personal des Elektrizitätsversorgungsunternehmens die notwendigen Anordnungen. Die klagende Partei hätte, wenn trotz Anwesenheit ihres Aufsichtspersonals ein Schaden an den Leitungen entstanden wäre, keinen Schadenersatz verlangt. Rudolf H, der in früheren Fällen das Elektrizitätsversorgungsunternehmen verständigt habe, habe es hier nicht für notwendig erachtet, weil er meinte, "es könne ohnedies nichts passieren". Der Zweitbeklagte habe keine Verständigung vorgenommen, weil dies nicht seine Aufgabe gewesen sei.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß Schutz- und Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter am Vertrag nicht beteiligter Personen anzunehmen seien, wenn die objektive Auslegung des Vertrages ergebe, daß der Schutz des Dritten im Interesse der Parteien liege. Bei Bejahung dieser Schutz- und Sorgfaltspflichten würde der Drittbeklagte für den Zweitbeklagten als seinen Gehilfen gemäß § 1313a ABGB haften, wenn er in Ausführung des ihm von der erstbeklagten Partei erteilten Auftrages der klagenden Partei als Eigentümer der Starkstromleitung Schaden zufüge. Der Drittbeklagte hafte dann der klagenden Partei als Geschäftsherr vertraglich, während der Zweitbeklagte als Erfüllungsgehilfe nur deliktisch hafte. Die klagende Partei treffe die Beweislast dafür, daß die rechtswidrige Beschädigung durch den Erfüllungsgehilfen schuldhaft erfolgt sei. Im vorliegenden Fall seien in Erfüllung des Werkvertrages Arbeiten in unmittelbarer Nähe der Starkstromleitung der klagenden Partei durchgeführt worden. Der Schutz der klagenden Partei als Eigentümerin dieser Anlage sei daher objektiv erkennbar im Interesse der erstbeklagten Partei und des Drittbeklagten gelegen. Der Zweitbeklagte hafte deliktisch, weil er sich der Gefährlichkeit der zum Unfall führenden Tätigkeit bewußt gewesen sei und in unmittelbarer Nähe einer Starkstromleitung mit besonderer Vorsicht und Sorgfalt hätte vorgehen müssen, um ein Abreißen des Wurzelstockes und ein Fallen des Baumes Richtung Starkstromleitung zu verhindern. Es entschuldige ihn nicht, daß er sich auf die Kenntnisse des Oberförsters der erstbeklagten Partei verlassen habe. Allenfalls hätte er den Auftrag gar nicht durchführen dürfen. Die erstbeklagte Partei hafte, weil sie die Sorgfalts- und Schutzpflicht gegenüber der klagenden Partei durch Unterlassung der Verständigung von den Schlägerungsarbeiten sowie durch mangelnde Beaufsichtigung des Zweitbeklagten verletzt habe. Der Oberförster der erstbeklagten Partei hätte den Auftrag zum Umreißen der Bäume auf dem Flinzhügel überhaupt nicht geben dürfen, sondern diese Bäume zuerst mit der Motorsäge abschneiden lassen müssen. Ein Mitverschulden der klagenden Partei sei zu verneinen, da der für Waldschneisen vorgeschriebene Mindestabstand im Sinne des § 22 Abs. 2 ÖVE-L 11/1967 eingehalten worden sei. Der Abzug von 80% aus dem Titel der Vorteilsausgleichung ("neu für alt") habe nur von den Materialkosten in Höhe von 35 812 S, nicht aber von den reinen Arbeitsleistungen stattzufinden, was unter Berücksichtigung der übrigen Rechnungsposten zu einem Zuspruch von 138 078.24 S führe.
Das Berufungsgericht wies auf Grund der Berufungen der beklagten Parteien das gegen die erstbeklagte Partei und den Drittbeklagten gerichtete Klagebegehren zur Gänze ab und verurteilte den Zweitbeklagten unter Abweisung des Mehrbegehrens zur Zahlung von 40 216.69 S samt Anhang.
Das Berufungsgericht teilte die Ansicht des Erstgerichtes, daß der Zweitbeklagte der klagenden Partei deliktisch hafte. Von einem erfahrenen Raupenfahrer könne erwartet werden, daß er sich der Gefährlichkeit des Umschiebens von Bäumen im Bereich einer Hochspannungsleitung bewußt sei und derartige Arbeiten entweder überhaupt ablehne oder doch so vorsichtig ausführe, daß ein Schaden für fremdes Eigentum vermieden werde. Der Zweitbeklagte habe sich auf die Meinung des Oberförsters Rudolf H nicht verlassen dürfen, sondern die Entscheidung, ob und wie der Baum mit dem Raupenfahrzeug umgeschoben werden könne, als verantwortlicher Lenker selbst treffen müssen. Er habe damit rechnen müssen, daß ein 13 bis 14 m hoher Baum beim Wegschieben mit dem Raupenfahrzeug auch in eine andere als die gewünschte Richtung und demnach auch in die Richtung der nur 7 bis 9 m entfernten Hochspannungsleitung fallen könne. Hingegen liege eine Haftung der erstbeklagten Partei und des Drittbeklagten aus einem Vertrage mit Schutzwirkungen zugunsten der klagenden Partei nicht vor.
Dem Drittbeklagten könne nicht vorgeworfen werden, daß er es unterlassen habe, den Zweitbeklagten entsprechend zu unterrichten und ihm die Weisung zu erteilen, das Fällen von Bäumen an dieser Stelle überhaupt abzulehnen oder nur unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen durchzuführen. Es sei nicht erwiesen, daß der Drittbeklagte vom Wegschieben der Bäume im Bereich der Hochspannungsleitung wußte. Dem Drittbeklagten wäre ein Verschulden an dem eingetretenen Schaden nur insofern anzulasten, als er nicht für eine ausreichende Leitungs- und Überwachungsorganisation gesorgt hätte. Dieser Vorwurf könne ihm im Hinblick darauf, daß sich der Zweitbeklagte schon seit 20 Jahren als verantwortungsbewußter Raupenfahrer bewährt habe, nicht gemacht werden. Bei der Berechnung des Schadens sei vom Zeitwert der montierten Hochspannungsleitung auszugehen. Bei der Ermittlung dieses Wertes sei auch der Wert der Arbeitsleistungen zu berücksichtigen. Da sich der Zeitwert der beschädigten Leitungen nicht habe feststellen lassen, sei der Schaden unter Anwendung des § 273 Abs. 1 ZPO zu ermitteln und unter Berücksichtigung der Abnützungsquote von 80% mit 20% des Neuerrichtungswertes festzusetzen, was eine Schadenssumme von 40 216.69 S ergebe.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Zweitbeklagten nicht Folge. Der Revision der klagenden Partei gab er insofern Folge, als er auch den Drittbeklagten zur ungeteilten Hand mit dem Zweitbeklagten zur Bezahlung des Betrages von 40 216.69 S verurteilte; im übrigen gab er der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Zweitbeklagte sieht im § 22 der ÖVE-L 11/1967 ("Österreichische Vorschrift für die Elektrotechnik" betreffend Errichtung von Starkstromfreileitungen über 1 kV) eine Schutznorm für die Durchführung von Schlägerungen in der Nähe von Starkstromleitungen. Er ist der Ansicht, daß das Umschieben der Fichte nicht im Bereich der in dieser Schutzvorschrift normierten Abstände erfolgt sei. Daraus, daß er außerhalb der von dieser Schutznorm festgelegten Schutzzone gearbeitet habe, ergebe sich denknotwendig, daß dort keine Gefahrenlage bestanden habe.
Der Revisionswerber übersieht damit, daß § 22 der zitierten Norm Mindestabstände festlegt, die bei der Errichtung von Starkstromleitungen vom jeweiligen Gelände und insbesondere in Waldschneisen von den angrenzenden Bäumen einzuhalten sind, daß aber diese elektrotechnische Sicherheitsvorschrift keine Aussage darüber enthält (und auch gar nicht enthalten kann), in welchem Bereich durch das Fällen von Bäumen Leitungen gefährdet werden können. Hiefür legt die Norm keine bestimmten "Schutzzonen" fest. Daß aber bei dem Abschieben der Fichte die Gefahr bestand, daß der stürzende Baum die Starkstromleitung berühren werde, ist evident, stand doch die 13 bis 14 m hohe Fichte nur 7 bis 9 m vom nächsten Phasenseil entfernt; diese Gefahr war auch für den Beklagten erkennbar. Eine Feststellung, wie hoch die Leiterseile gespannt waren, ist entbehrlich. Da der Baum beim Umstürzen die Leitung berührte, steht fest, daß er sich im unmittelbaren Gefahrenbereich befunden haben muß.
Daß der Oberförster Rudolf H gegenüber dem Zweitbeklagten die
Ansicht äußerte, das Wegschieben der Fichte könne gefahrlos
erfolgen, und daß er es auch nicht für erforderlich gehalten hatte,
das Elektrizitätsversorgungsunternehmen von diesen Arbeiten zu
verständigen, entschuldigt den Zweitbeklagten, der als Baggerfahrer
darüber zu entscheiden hatte, ob er eine solche Arbeit ohne Gefahr
für die Starkstromleitung durchführen könne, nicht. Der
Zweitbeklagte hatte bisher eine derartige Arbeit nie durchgeführt,
weil er sie für zu gefährlich gehalten hatte. Dem Berufungsgericht
ist daher darin zu folgen, daß sich der Zweitbeklagte als erfahrener
Raupenfahrer der besonderen Gefahr, die mit dem Umschieben eines so
hohen Baumes mit Hilfe der Raupe verbunden war, hätte bewußt sein müssen, und daß er daher verpflichtet gewesen wäre, die Durchführung dieser Arbeit überhaupt abzulehnen oder sie jedenfalls mit ganz besonderer Vorsicht auszuführen.
Die klagende Partei stützte ihre Schadenersatzforderung gegen den Drittbeklagten zunächst nur auf ein Verschulden bei der Auswahl und Überwachung des Zweitbeklagten, stellte dann aber auch außer Streit - und machte dies damit auch zum Teil ihres Prozeßstandpunktes und - vorbringens -, daß zwischen der erstbeklagten Partei und dem Drittbeklagten ein Vertragsverhältnis bestand. Ein weiteres Tatsachenvorbringen, aus dem die Behauptung einer Haftung des Drittbeklagten aus einem Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter abzuleiten wäre, mußte die klagende Partei unter diesen Umständen nicht erstatten. Es ist vielmehr auf Grund dieses Vorbringens eine Frage der rechtlichen Beurteilung, ob und inwieweit der Drittbeklagte auf Grund seines Vertrages mit der erstbeklagten Partei auch die klagende Partei zu schützen hatte und dieser damit unmittelbare Schadenersatzansprüche gegen den Drittbeklagten zustehen.
Es ist heute in Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannt, daß Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht nur zwischen den Vertragspartnern, sondern auch gegenüber dritten Personen bestehen, die zwar aus dem Vertrag nicht unmittelbar berechtigt sind, aber der vertraglichen Leistung nahestehen (Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter). Begünstigte Personen in diesem Sinn sind Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsabschluß voraussehbar war und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigte oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet ist. In diesen Fällen wird den dritten Personen die Geltendmachung eines eigenen Schadens aus fremdem Vertrag zuerkannt (SZ 51/169; JBl. 1979, 37; JBl. 1978, 479; SZ 49/14; SZ 48/23; SZ 47/72; SZ 46/121;
SZ 43/236; EvBl. 1969/216; JBl. 1963, 570; JBl. 1960, 386 u. a.;
Wilburg, ZBl. 1930, 648; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 236;
Bydlinski, JBl. 1960, 359 ff.; Koziol - Welser[5] I, 255; Koziol, Haftpflichtrecht II, 70 f.). Der Kreis der geschützten Sachen, die dritten Personen gehören, ist entsprechend jenem der begünstigten Personen abzugrenzen. Die Sachen müssen entweder in Kontakt mit der Hauptleistung kommen oder die Hauptleistung an ihnen selbst vorgenommen werden oder es muß der Vertragspartner an ihnen ein eigenes Interesse haben oder es müssen ihn selbst Sorgfaltspflichten gegenüber diesen Sachen treffen (JBl. 1978, 479; SZ 47/72; SZ 46/121; Bydlinski a.a.O., 364; Koziol, Haftpflichtrecht a.a.O.). Der Schuldner haftet solchen geschützten Personen für Pflichtverletzungen seiner Gehilfen nach § 1313a ABGB und nicht nur nach § 1315 ABGB (VersR 1978, 167; SZ 47/72; SZ 46/121 u. a.;
Koziol, Haftpflichtrecht II, 262; Koziol - Welser a.a.O.).
Von diesen Grundsätzen ging auch das Berufungsgericht aus, vertrat jedoch unter Berufung auf die Entscheidung ZVR 1978/265 die Ansicht, daß ein besonderes Naheverhältnis zwischen der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei fehle. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.
Vorauszuschicken ist zunächst, daß sich aus der Art des zwischen der erstbeklagten Partei und dem Drittbeklagten abgeschlossenen Vertrages durchaus derartige Schutzpflichten ergeben konnten. Gegenstand des vom Drittbeklagten übernommenen Auftrages war es nicht, der erstbeklagten Partei eine Raupe mit Fahrer zur beliebigen Verwendung zur Verfügung zu stellen, sondern einen trassierten Forstweg der erstbeklagten Partei auszuschieben. Er hatte daher, ob er sich nun selbst an Ort und Stelle über den Umfang des auszuführenden Werkes informierte oder dies seinem Raupenfahrer überließ, für den Arbeitserfolg einzustehen. Dies gilt auch für die an Ort und Stelle erfolgte Erweiterung des erteilten Auftrages (Abschieben eines Flinzhügels zur Gewinnung von Schottermaterial für den auszuschiebenden Weg), die nichts Ungewöhnliches betraf. Daß das Entgelt vereinbarungsgemäß nach einem Stundensatz zu entrichten war, ist nur für die Bestimmung der Höhe des Werklohns von Bedeutung. Da der Drittbeklagte das Gerät, mit dem er die Arbeit durchführte, nicht der erstbeklagten Partei zur eigenen Verwendung überließ, sondern den Arbeitserfolg mit Hilfe seines Dienstnehmers herbeizuführen hatte, liegt keine Sachmiete (bei der der Vermieter für den vom Mieter selbst herbeigeführten Arbeitserfolg nicht verantwortlich wäre), sondern ein Werkvertrag vor (vgl. SZ 49/48), aus dem sich Schutzpflichten zugunsten Dritter ergeben konnten.
Das vom Drittbeklagten übernommene Werk war zum Teil unter einer Starkstromfreileitung durchzuführen, die den Forstweg in einem Winkel von etwa 30 Grad überquerte. Damit geriet eine auf dem Gründe der erstbeklagten Partei befindliche, aber als elektrische Leitungsanlage im Eigentum der klagenden Partei (vgl., auch wenn diese Gesetze nicht unmittelbar anzuwenden sind, § 22 Abs. 1 StarkstromwegeG 1968, BGBl. 70/1968, bzw. § 20 Abs. 1 BGBl. 71/1968) stehende Anlage, ein Leitungsrecht (vgl. § 12 Abs. 1 lit. b StarkstromwegeG 1968 bzw. oö. StarkstromwegeG 1970, LGBl. 1/1971) und damit ein einer Dienstbarkeit inhaltlich gleiches dingliches Recht der klagenden Partei (vgl. §§ 15 des Gesetzes; Klang in seinem Komm.[2] II, 577; Gschnitzer, Sachenrecht, 143) in den unmittelbaren Gefahrenbereich dieser Arbeiten. Die erstbeklagte Partei war verbunden (§ 472 ABGB) dafür Sorge zu tragen, daß bei der Durchführung der Arbeit auch keine Beschädigung der über ihren Grund führenden Starkstromleitung und damit keine Beeinträchtigung der Leitungsrechte der klagenden Partei eintrete. Die objektive Auslegung des Werkvertrages muß zum Ergebnis führen, daß den Drittbeklagten bei der Durchführung der übernommenen Arbeiten die vertragliche Nebenpflicht traf, ebenso für den Schutz der über den Grund der erstbeklagten Partei laufenden Starkstromleitung zu sorgen. Soweit die Entscheidung ZVR 1975/265 ohne nähere Begründung eine andere Rechtsauffassung vertrat, kann ihr nicht gefolgt werden. Der Drittbeklagte hat vielmehr für das Verschulden des Zweitbeklagten bei der Beschädigung der Starkstromleitung gemäß § 1313a ABGB mitzuhaften.
Nicht berechtigt ist die Revision der klagenden Partei, soweit sie sich gegen die Schadensberechnung durch das Berufungsgericht mit der Ansicht wendet, es müsse berücksichtigt werden, daß der eventuelle Vorteil, den sie bei vollem Ersatz der Montagekosten durch das zeitliche Hinausschieben der Erneuerung der Leitung erziele, dadurch abgegolten werde, daß sie sich zur Verbilligung der Montagekosten entschlossen habe, auch ein zweites, beim Unfall nicht beschädigtes Spannfeld mit neuen Phasenseilen zu versehen.
Wenn eine gebrauchte Sache zerstört wird und - wie im gegenständlichen Fall - deren Naturalersatz durch eine wirtschaftlich gleichwertige gebrauchte Sache nicht möglich oder tunlich ist, ist gemäß § 1332 ABGB der Schaden, der durch leichte Fahrlässigkeit - eine grobe Fahrlässigkeit wird nicht behauptet - verursacht worden ist, nach dem gemeinen Werte, den die Sache zur Zeit der Beschädigung hatte, zu ersetzen (vgl. dazu Koziol, Haftpflichtrecht[3] I, 197; derselbe, Naturalersatz und Schadensberechnung beim Problem "neu für alt", JBl. 1965, 337 ff., insbesondere 342). Dies geschieht in der Regel dadurch, daß dem Geschädigten der Wert der neuen Sache zur Zeit der Beschädigung abzüglich einer verhältnismäßigen Abnützungsquote zu vergüten ist (SZ 37/165; SZ 35/87; ZVR 1964/100 u. a.). Zu ersetzen ist der Gebrauchswert, der sich nach Gebrauchsdauer und der noch möglichen Dauer der Benutzbarkeit richtet, zuzüglich der Kosten, die durch die vorzeitige Anschaffung einer neuen Sache entstehen (Koziol, Haftpflichtrecht[5] I, 219 und in JBl. 1965, 344 f.). Wird eine unter entsprechendem Einsatz von Arbeitsleistungen aufgestellte (montierte) Sache in dieser Lage beschädigt, so sind bei der Ermittlung des Vergütungsbetrages auch die Kosten der für die Aufstellung (Montage) notwendigen Arbeitsleistungen zu berücksichtigen, weil sich auch der Wert der hiefür erbrachten Arbeitsleistungen mit dem Näherrücken des Erneuerungstages verringert und die Montagekosten bei Ersetzung der vollständig abgenützten Sache neuerlich in vollem Umfang aufgewendet werden müssen (Koziol, Naturalersatz a.a.O., 343). Das Berufungsgericht nahm daher in Abkehr von der im EvBl. 1954/413 ausgesprochenen Ansicht den Abzug einer verhältnismäßigen Abnützungsquote zu Recht auch von den Arbeitsleistungen vor.
Die aus diesem Gründe eingetretene Verringerung des Schadenersatzanspruches der klagenden Partei ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht mit der Ersparnis zu verrechnen, die die klagende Partei nach ihrer Behauptung durch gleichzeitige Erneuerung eines zweiten, beim Unfall nicht beschädigten Spannfeldes erzielte. Die klagende Partei hätte zwar, die Richtigkeit ihrer Behauptung vorausgesetzt, anstelle der tatsächlichen Wiederinstandsetzungskosten bis zur Höhe des gemeinen Wertes der beschädigten Leitung allenfalls den Ersatz der angemessenen Kosten der Wiederinstandsetzung des beschädigten Spannfeldes allein (abzüglich der Amortisationsquote) und von durch die vorzeitige Anschaffung verursachten Mehrkosten verlangen können. Sie begehrte jedoch nicht den Ersatz des gemeinen Wertes der beschädigten Leitung bzw. das, was die Wiederinstandsetzung des beschädigten Spannfeldes allein gekostet hätte, sondern die (nach ihren Behauptungen niedrigeren) tatsächlichen Wiederherstellungskosten. Ihr Vorbringen in erster Instanz, sie habe zur Verbilligung der Reparatur auch ein zweites Spannfeld reparieren lassen, ist nicht als Begehren auf Ersatz des gemeinen Wertes der Reparatur des ersten Spannfeldes anzusehen; sie bezifferte die dadurch angeblich erzielte Verbilligung auch nicht und ging bei der Berechnung ihrer Ersatzforderung allein von der vorgelegten Reparaturrechnung und den darin ausgewiesenen Kosten für die Reparatur des ersten Spannfeldes aus. Bei Kürzung dieses Anspruches aus rechtlichen Gründen kann nicht der bei Prüfung des geltend gemachten Gründes abzuerkennende Betrag im Rechtsmittelverfahren gegen einen anderen nicht geltend gemachten Rechtsgrund ausgetauscht werden. Das Berufungsgericht legte daher der Schadensberechnung zutreffend die von der klagenden Partei ausschließlich geltend gemachten tatsächlichen Wiederherstellungskosten zugrunde.
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