European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00639.90.0116
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird in seinem abändernden Teil (Punkt 2.) dahin abgeändert, daß in diesem Umfang der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Begründung:
Die Ehe der Eltern des Kindes wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3. Oktober 1986, GZ 2 Sch 52/86-4, einvernehmlich aufgelöst. Die Obsorge für das Kind steht der Mutter zu. Der Vater war aufgrund des pflegschaftsbehördlich genehmigten Scheidungsvergleiches zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 2.000 S verpflichtet, die mit Beschluß des Erstgerichtes vom 11. Juli 1988 (ON 35) ab 1. Mai 1988 auf monatlich 1.500 S herabgesetzt wurde. Über das Vermögen des Vaters wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 14. Dezember 1988, AZ 4 S 110/88, der - noch anhängige - Konkurs eröffnet. Zur Deckung des Unterhaltes des Vaters und seiner Familie - er ist nach Wiederverheiratung für seine einkommenslose Gattin und einen am 13. April 1988 geborenen Sohn sorgepflichtig - werden dem Vater, der über ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 26.900 S verfügt, vom Masseverwalter aus der Konkursmasse derzeit monatlich 4.800 S überlassen; zusätzlich werden die Wohnungsmiete von 4.500 S, die Krankenversicherung von 1.200 S sowie der für das Kind festgesetzte Unterhalt von 1.500 S (aus der Masse) bezahlt.
Am 16. März 1989 begehrte das Kind die Anhebung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters auf monatlich 4.500 S ab 1. Dezember 1988. Der Vater sprach sich dagegen aus, weil er aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage (Konkurs) nicht in der Lage sei, einen höheren Betrag als bisher zu leisten.
Das Erstgericht erhöhte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. Dezember 1988 auf monatlich 3.500 S und wies das Mehrbegehren rechtskräftig ab. Der Konkurs über das Vermögen des unterhaltspflichtigen Vaters hindere die Erhöhung des Unterhaltsbetrages nicht. Bei der Unterhaltsbemessung sei vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen auszugehen, wobei Exekutionen die Bemessungsgrundlage nicht verringern könnten. Ob der festgesetzte Unterhalt aufgrund der derzeitigen Verhältnisse des Vaters in vollem Ausmaß hereingebracht werden könne, sei in diesem Verfahren nicht zu prüfen.
Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rekurses des Vaters, der die Abweisung des gesamten Erhöhungsbegehrens anstrebte, den erstgerichtlichen Beschluß, soweit er den Zeitraum vor dem 1. Jänner 1989 betrifft, in seinem stattgebenden Teil als nichtig auf und stellte fest, daß das Unterhaltsverfahren, soweit es einen Erhöhungsbetrag von 2.000 S monatlich zum Gegenstand habe, für den Zeitraum vor dem 1. Jänner 1989 unterbrochen sei. Im übrigen änderte es den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß die monatliche Unterhaltsleistung ab 1. Jänner 1989 nur auf monatlich 2.000 S - statt 3.500 S - angehoben wurde; den (ordentlichen) Revisionsrekurs ließ es zu. Zum hier relevanten Teil seiner Entscheidung vertrat die zweite Instanz im wesentlichen die Auffassung, daß zwar eine durch Einzelexekutionen beim Unterhaltspflichtigen bewirkte Einkommensverminderung im allgemeinen die Unterhaltsverpflichtungsgrundlage und damit den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht schmälern könnte, dies aber für den Konkurs nicht gelte, weil hier die Verpflichtung des Gemeinschuldners und seiner Familie, somit auch des Kindes, zu einer bescheidenen Lebensführung (§ 5 KO) bestünde. Dem entspreche nur ein Betrag von monatlich 2.000 S.
Der Revisionsrekurs des Kindes strebt die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses für den Zeitraum ab 1. Jänner 1989 an. Die Teilabweisung eines Unterhaltsbetrages von monatlich 1.000 S durch die erste Instanz, die Nichtigerklärung des Verfahrens für den Zeitraum vor dem 1. Jänner 1989 und die teilweise Unterbrechung des Außerstreitverfahrens durch die zweite Instanz ist rechtskräftig, sodaß der Oberste Gerichtshof zur Frage der Zulässigkeit einer Unterbrechung eines außerstreitigen Unterhaltserhöhungsverfahrens infolge Konkurseröffnung über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen nicht Stellung nehmen kann.
Rechtliche Beurteilung
Dem Revisionsrekurs kommt Berechtigung zu.
Nach § 1 Abs 3 KO können aus dem Gesetz gebührende Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Konkurseröffnung nur geltend gemacht werden, soweit der Gemeinschuldner als Erbe des Unterhaltspflichtigen haftet; dies ist hier nicht der Fall. Sonst ist nach § 1 Abs 1 und 3 KO bei gesetzlichen Unterhaltsansprüchen zu unterscheiden, ob Rückstände für die Zeit vor Konkurseröffnung oder laufender Unterhalt für die Zeit während des Konkurses verlangt wird (Bartsch-Pollak3 I 33); erstere sind Konkursforderungen und nach Maßgabe der KO zu behandeln, wogegen gesetzliche Unterhaltsansprüche, auch des Kindes (§§ 140 bis 142 ABGB), für die Zeit nach Konkurseröffnung - die allein Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sind - keine Konkursforderungen sind und daher auch während des Konkursverfahrens gegen den Gemeinschuldner anhängig gemacht und fortgesetzt werden können (EFSlg. 55.956, 42.768, 37.593; JBl 1977, 272; Petschek-Reimer-Schiemer, System 102 ff; Bartsch-Pollak aaO, I 72; Heil, Insolvenzrecht Rz 30). Dies gilt nicht nur für erstmals gegen den Gemeinschuldner erhobene Unterhaltsforderungen, sondern auch für das Begehren auf Erhöhung des bisherigen gesetzlichen Unterhalts (EFSlg 50.423). In jenen Bereichen, die das zur Konkursmasse gehörende Vermögen nicht betreffen (wie im Fall des § 5 KO), ist nicht der Masseverwalter, sondern ausschließlich der Gemeinschuldner selbst verfügungsberechtigt und allein zum Einschreiten legitimiert (SZ 52/30, SZ 46/52; Petschek-Reimer-Schiemer aaO, 229).
Nach § 5 Abs 1 KO hat der Gemeinschuldner keinen Anspruch auf Unterhalt aus der Masse; er wird vielmehr darauf verwiesen, diesen selbst zu erwerben. Aus den Einkünften aus eigener Tätigkeit oder aus unentgeltlichen Zuwendungen an den Gemeinschuldner während des Konkurses hat der Masseverwalter dem Gemeinschuldner soviel zu überlassen, als es zu einer bescheidenen Lebensführung für ihn und seine gesetzlich Unterhaltsberechtigten unerläßlich ist. Fehlen solche Einkommensquellen, so hat der Masseverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses dem Gemeinschuldner und seiner Familie aus der Masse den Unterhalt im gleichen Ausmaß zu gewähren, wie er dem Gemeinschuldner aus eigenem Erwerb zu überlassen wäre (§ 5 Abs 2 KO). Dieser überlassene Teil scheidet erst dadurch, daß er dem Gemeinschuldner vom Masseverwalter zur Deckung seines und seiner gesetzlichen Unterhaltsberechtigten Unterhalt überlassen wird (SZ 55/140, SZ 39/38, SZ 28/86; Bartsch-Pollak aaO, 63) aus der Masse aus und wird konkursfreies Vermögen, über das der Gemeinschuldner weiterhin verfügungsberechtigt bleibt. Da der gegenüber dem Gemeinschuldner Unterhaltsberechtigte keinen eigenen Anspruch auf Gewährung des Unterhalts aus der Masse hat (WBl 1987, 315), obliegt es dem Gemeinschuldner, vom Masseverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses eine Erhöhung des gewährten Unterhaltes zu erwirken, wenn der ihm bereits zuerkannte Betrag zur Deckung des für eine bescheidene Lebensführung für ihn und seine Familie unerläßlich Notwendige nicht (mehr) ausreicht. Wenn ein derartiger Antrag nach § 5 KO vom Gemeinschuldner gestellt wird, haben die zuständigen Konkursorgane darüber zu befinden, ob ihm angesichts einer erhöhten gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Kind aus einer früheren Ehe und auch dessen Verpflichtung zu einer bescheidenen Lebensführung dennoch ein höherer, auch den sogenannten Durchschnittsbedarf übersteigenden Unterhalt aus Massemitteln zu gewähren ist. Die Leistungen an die Unterhaltsberechtigten können jedenfalls sowohl im Fall des § 5 Abs 1 KO als auch des Abs 2 leg.cit. empfindlich gemindert werden (Bartsch-Heil, Grundriß4 Rz 193).
Auf die Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung des Kindes gegenüber seinem Vater übt diese konkursrechtliche Maßnahme aber keinen Einfluß. Dies gilt nicht nur für die Frage, ob diese Ansprüche während des Konkurses im Prozeßweg (oder wie hier im Außerstreitweg) durchgesetzt werden können, sondern auch für die Unterhaltsbemessung. Die Unterhaltsbemessungsgrundlage erfährt, wie der erkennende Senat bereits in der E EFSlg 37.593 in einem vergleichbaren Fall dargelegt hat, durch eine Konkurseröffnung keine Änderung. Auch bei der Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung eines Gemeinschuldners ist es somit unerheblich, ob es dem Unterhaltsberechtigten dann gelingt, die zugesprochenen Unterhaltsbeiträge tatsächlich einbringlich zu machen (EFSlg 37.593).
Bei der Unterhaltsbemessung für ein Kind sind vor allem dessen Bedürfnisse und die konkrete Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Daß ein monatlicher Unterhalt von 3.500 S dem Bedarf des Kindes und der Leistungsfähigkeit des Vaters angesichts dem vom Vater in seinem Rekurs nicht bekämpften Monatsnettoeinkommen von rund 26.900 S unter Berücksichtigung seiner Sorgepflichten nicht entspräche, behauptete der Vater nicht. Nach dem Inhalt seines Rekurses gegen den erstgerichtlichen Beschluß sei er mit 30.Juni 1989 aus dem Unternehmen ausgeschieden; sein Bruttogehalt betrage seit 1. Juli 1989 (nur mehr) 16.000 S. Diese Umstände sind hier nicht relevant, weil sie Umstände nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz (15. Juni 1989) betreffen. Der weitere Rekursvortrag des Vaters, das Gehalt sei mit 1.März 1989 um 5.000 S brutto reduziert worden, betrifft zwar einen vor der erstgerichtlichen Beschlußfassung liegenden Umstand, rechtfertigt aber deshalb nicht eine Reduzierung des Unterhaltes, weil der Vater nach dem Inhalt der Lohnbestätigung seines Dienstgebers im ersten Halbjahr 1989 netto 139.817 S, monatlich somit 23.303 S, ins Verdienen brachte und angesichts seiner sonstigen Sorgepflichten ein monatlicher Unterhalt von 3.500 S seiner Leistungsfähigkeit entspricht.
Demgemäß ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.
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