Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Antrag der beklagten Parteien auf Zuerkennung von Rechtsmittelkosten wird abgewiesen.
Text
Begründung
Mit übergabsvertrag vom 27. Juli 1977 hat die Klägerin den beiden Beklagten die Liegenschaft EZ 171 II Katastralgemeinde Uderns gegen eine Leibrente, Einräumung des lebenslangen Wohnrechtes sowie Holzlieferungs- und andere Verpflichtungen übergeben; das Eigentum der Beklagten und die als Gegenleistung eingeräumten Rechte der Klägerin wurden auch verbüchert.
Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an der genannten Liegenschaft. Die Beklagten seien ihrer vertraglichen Verpflichtung, der Klägerin die erforderliche Pflege angedeihen zu lassen, auch nach Setzung einer Nachfrist nicht nachgekommen. Die Klägerin sei deshalb vom übergabsvertrag zurückgetreten und verlange nun die bücherliche Rückabwicklung des Vertrages.
Ihren erst im Zuge des Rechtsstreits gestellten Antrag, den Streit im Grundbuch anzumerken, wies das Erstgericht ab. Eine solche Anmerkung sei nur bei Behauptung der Verletzung bücherlicher Rechte des Klägers, nicht aber auch bei Geltendmachung schuldrechtlicher Ansprüche auf den Erwerb bücherlicher Rechte zulässig. Die Klägerin mache jedoch nur einen solchen obligatorischen Anspruch geltend. Das Rekursgericht bewilligte der Klägerin die Streitanmerkung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige. Es sei zwar richtig, daß ein schuldrechtlicher Anspruch die Streitanmerkung nicht rechtfertige, eine solche Anmerkung werde aber stets auch dann bewilligt, wenn die Einverleibung infolge ursprünglicher Nichtigkeit oder auch nur wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtstitels angefochten werde. Die Klägerin begehre die Aufhebung des übergabsvertrages und sinngemäß auch die Löschung des Eigentumsrechtes der Beklagten, weshalb die Voraussetzungen für die begehrte Streitanmerkung vorlägen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Beklagten ist berechtigt.
Vorauszuschicken ist, daß der Beschluß des Erstgerichtes, mit welchem über den Antrag auf Bewilligung der Streitanmerkung entschieden wurde, ein Grundbuchsbeschluß ist, weshalb sich die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nach § 126 GBG richtet (NZ 1984, 69 ua). Daher ist auf den Beschluß des Rekursgerichtes § 528 Abs 2 ZPO nicht anzuwenden, so daß die Bewertung des Streitgegenstandes durch das Gericht zweiter Instanz entbehrlich war.
Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 44/38; EvBl 1971/43; SZ 43/75 uva) kann eine auf § 61 Abs 1 GBG gestützte Streitanmerkung bei bloß obligatorischen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden Ansprüchen nicht bewilligt werden, selbst wenn der Anspruch auf den Erwerb eines bücherlichen Rechtes gerichtet ist (RZ 1977/28 ua). Eine solche Streitanmerkung setzt die Geltendmachung eines dinglichen Rechtes, zumindest aber eines Rechtes voraus, das dinglichen Rechten auf Grund besonderer Bestimmungen gleichgehalten wird (SZ 44/38), und ist nur dann zu bewilligen, wenn der Kläger in seinem bücherlichen Recht verletzt zu sein behauptet (ImmZ 1978, 256 ua).
Richtig ist zwar, daß die Rechtsprechung die Streitanmerkung gemäß § 61 Abs 1 GBG bisweilen auch damit begründet hat, daß die Einverleibung wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtstitels, auf dem sie beruhte, als ungültig angefochten wurde (SZ 43/75; SZ 37/78; SZ 14/207 ua; Bartsch, Grundbuchsrecht 7 , 523), doch handelte es sich dabei stets um Fälle der vertraglichen Rückabwicklung, die auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (ex tunc) zurückwirken sollten, oder um solche der Beseitigung rechtlich unzulässiger Eintragungen, so daß der Anfechtende tatsächlich in einem bücherlichen Recht, das durch den nichtigen Rechtsvorgang scheinbar beendet oder eingeschränkt worden war, verletzt zu sein behauptete. So wurde die Streitanmerkung bewilligt, weil der Rechtstitel der Einverleibung als Scheingeschäft angefochten wurde (SZ 37/78; SZ 14/207), weil schon in der Klage behauptet worden war, daß das einverleibte Recht nicht als Dienstbarkeit verbücherungsfähig sei (EvBl 1958/122), oder weil das Begehren auf Löschung der angefochtenen Eintragung auf § 25 oöROG gestützt war, wonach im Falle einer bei Vertragsabschluß nicht vorhersehbaren Umwidmung der Kaufliegenschaft in Bauland die Aufhebung des Vertrages und die Herstellung des vorigen Standes verlangt werden kann (8 Ob 513/85). Hingegen wurden die Voraussetzungen für die Streitanmerkung nach § 61 Abs 1 GBG verneint, wenn die Löschung des bücherlichen Rechtes wegen eines erst nach rechtswirksamer Eintragung eingetretenen Umstandes, zum Beispiel bei Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks (SZ 26/135), Aufhebung von Ehepakten (SZ 10/321; SZ 5/186; SZ 2/61) oder bei Kompensation der pfandgesicherten Forderung mit einer erst später entstandenen Gegenforderung (SZ 43/75), begehrt wurde. Ein übergabsvertrag kann - wenn überhaupt (SZ 50/166; SZ 45/112 uva) - als Dauerschuldverhältnis (JBl 1981, 88) im Abwicklungsstadium lange nach Durchführung der übergabe nur mit Wirkung ab der Auflösungserklärung (ex nunc) aufgelöst werden; damit wird aber die Gültigkeit der Eintragung selbst nicht bestritten. Das Begehren auf Rückübertragung des Eigentums ohne gleichzeitige Bestreitung der Gültigkeit der Einverleibung kann jedoch nicht zum Gegenstand einer Streitanmerkung nach § 61 Abs 1 GBG gemacht werden (SZ 5/60; 4 Ob 574/69).
Demzufolge ist der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen. Da dem Grundbuchsverfahren ein Anspruch auf Ersatz der Verfahrenskosten fremd ist, ist der Antrag auf Zuerkennung von Revisionsrekurskosten abzuweisen (EvBl 1971/43 ua).
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