Spruch:
Die Revision der Nebenintervenientin wird zurückgewiesen.
Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:
Die drittbeklagte Partei ist schuldig, jegliche Belastung und Veräußerung der nachstehenden Anteile der Liegenschaft EZ ***** KG S***** zu unterlassen:
19/408 Anteile in BLNR 16, mit welchen Wohnungseigentum an der für Wohnzwecke genutzten Einheit 11,
19/408 Anteile in BLNR 17, mit welchen Wohnungseigentum an der für Wohnzwecke genutzten Einheit 12, und
16/408 Anteile in BLNR 18, mit welchen Wohnungseigentum an der für Wohnzwecke genutzten Einheit 13
untrennbar verbunden ist.
Die drittbeklagte Partei ist weiters schuldig, jegliche Vermietung, Verpachtung oder sonstige Gebrauchsnutzung dritter Personen in Ansehung der vorangeführten Miteigentumsanteile bzw Einheiten zu unterlassen.
Die drittbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei das Original des zwischen ihr und der klagenden Partei am 22. 11. 1994 geschlossenen Kaufvertrags über die oben angeführten Anteile der EZ ***** KG S***** zu übergeben.
Das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei S 483.840 samt 4 % Zinsen seit 17. 10. 1995 zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit S 257.236,34 (darin S 40.819,22 Umsatzsteuer und S 12.321 Barauslagen) bestimmten Prozeßkosten zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erst- und der Zweitbeklagte sind persönlich haftende Gesellschafter der drittbeklagten Partei. Letztere war aufgrund eines Kaufvertrags vom 4. 3. 1993 zu 395/408 Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG S*****. Mit Vertrag vom 22. 11. 1994 kaufte der Kläger von der drittbeklagten Partei 19/408 Anteile, weitere 19/408 Anteile und 16/408 Anteile der genannten Liegenschaft, mit welchen Wohnungseigentum an den Einheiten 11, 12 und 13 untrennbar verbunden ist.
Der Kläger begehrte von allen drei beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die Zahlung von S 483.840 sA; weiters erhob er gegen die drittbeklagte Partei das Begehren, Belastungen und Veräußerungen sowie jegliche Vermietung und Verpachtung oder sonstige Gebrauchsnutzung dritter Personen in Ansehung der vom Kläger erworbenen Miteigentumsanteile bzw Wohnungseinheiten zu unterlassen und ihm das Original des Kaufvertrags vom 22. 11. 1994 zu übergeben. Er habe für den Ankauf der Eigentumswohnungen S 860.000 bezahlt, in den Kaufverträgen sei allerdings nur ein Kaufpreis von S 500.000 genannt. Den Vertrag habe die Rechtsanwaltskanzlei Dr. W*****/Dr. U***** errichtet, wobei diese Rechtsanwälte dem Kläger zuvor nicht bekannt gewesen seien. Der Kläger habe S 571.540 bar bezahlt, der Restbetrag von S 288.460 sei nach Kreditgewährung durch die Nebenintervenientin an diese Rechtsanwälte überwiesen worden. Die drittbeklagte Partei habe sich vertraglich verpflichtet, die Liegenschaftsanteile - abgesehen vom Bestandrecht einer Dritten - vollkommen satz- und lastenfrei an den Kläger als Käufer zu übertragen. Dabei sei auch gewährleistet worden, daß keine sonstigen Rechte dritter Personen an den Liegenschaftsanteilen bestünden. Im Kaufvertrag sei vereinbart worden, daß der Kaufpreis von S 500.000 vom Käufer bei der Vertragserrichtung an Dr. W***** als Treuhänder zu übergeben sei, der unwiderruflich ermächtigt und verpflichtet worden sei, diesen Betrag nach Einverleibung des Eigentumsrechts für den Käufer an die Verkäuferin auszuzahlen. Die Verkäuferin habe sich zur Lastenfreistellung verpflichtet und der Treuhänder hätte diese aus dem ihm übergebenen Kaufpreis vornehmen sollen. Der Treuhänder habe den Kaufpreis aber nicht zur Lastenfreistellung verwendet, sondern "defraudiert". Dies sei von den beklagten Parteien zu vertreten. Eine Lastenfreistellung sei nur durch Bezahlung von insgesamt S 483.840 möglich. Die beklagten Parteien hätten diesen Betrag dem Kläger aus dem Titel der Gewährleistung bzw des Schadenersatzes zu bezahlen.
Die beklagten Parteien wendeten ein, der Treuhänder sei im ausschließlichen Interesse des Klägers tätig geworden. Der Kläger habe den Treuhänder benannt, die beklagten Parteien hätten bis dahin weder Dr. W***** noch Dr. U***** gekannt. Obwohl der Kaufpreis noch nicht bezahlt gewesen sei, sei dem Kläger das Kaufobjekt übergeben worden. Der für die Käufer tätige Treuhänder hätte die Lastenfreistellung aus dem Kaufpreis vornehmen sollen. Für die Interessen der beklagten Parteien sei die Treuhandfunktion Dris W***** weder erforderlich noch geboten gewesen. Sie seien nicht in der Lage, eine Lastenfreistellung vorzunehmen, weil ihnen der Kaufpreis nicht zugekommen sei. Das pflichtwidrige Verhalten des Treuhänders sei dem Risikobereich des Klägers zuzuordnen. Diesem sei eine Räumungsklage deshalb angedroht worden, weil der Kaufpreis nicht bezahlt worden sei. Aus letzterem Grund bestehe auch keine Verpflichtung zur Herausgabe der Kaufvertragsurkunde.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt.
Es stellte fest, der Kaufpreis sei zwischen dem Kläger und einem Makler, der dem Kläger auch die beiden Rechtsanwälte als Vertragsverfasser empfohlen habe, ausgehandelt worden. Der Kläger habe keine Einwendungen gegen Dr. W***** als Vertragsverfasser gehabt; er sollte daher mit der Abwicklung des Kaufs betraut werden. Den Kredit der Nebenintervenientin habe ebenfalls der Makler vermittelt. Die erste Kontaktaufnahme zwischen den Parteien sei erst anläßlich der Kaufvertragsunterfertigung in der Kanzlei des Vertragsverfassers erfolgt. Im Vertrag sei vereinbart worden, daß der Kaufpreis von S 500.000 (in Wahrheit S 860.000) vom Käufer bei der Vertragserrichtung an den Treuhänder gezahlt werde, wobei der Treuhänder unwiderruflich ermächtigt und verpflichtet worden sei, den Betrag nach Einverleibung des Eigentumsrechts für den Käufer an die Verkäuferin auszuzahlen. Schon vor der Vertragsunterfertigung habe der Kläger dem Makler S 360.000 bar übergeben; an wen der Makler diesen Betrag weitergeleitet habe, sei nicht feststellbar. Jedenfalls aber sei dem Treuhänder ein Betrag von S 500.000 als Kaufpreis zugekommen. Dr. W***** habe weder die Lastenfreistellung vorgenommen, noch den Restkaufpreis an die beklagten Parteien überwiesen. Er habe die ihm zugekommenen Geldbeträge unterschlagen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, beide Vertragsparteien seien damit einverstanden gewesen, daß Dr. W***** den Kaufpreis von S 500.000 zu treuen Handen entgegennehme und unwiderruflich ermächtigt und verpflichtet werden sollte, nach Einverleibung des Eigentumsrechts für den Käufer diesen Betrag an die Verkäuferin auszuzahlen. Damit sei eine mehrseitige Treuhand zustandegekommen. Der Kläger habe alle auf seiner Seite erforderlichen Schritte zur Vertragserfüllung gesetzt. Gemäß § 905 Abs 2 ABGB trage er die Gefahr des zufälligen Verlusts (auch einer Veruntreuung) nur bis zur Zahlung, er müsse also im Fall des zufälligen Untergangs nicht noch einmal zahlen. Die beklagten Parteien hätten gegen den Treuhänder bereits einen unmittelbaren und von keiner weiteren Bedingung abhängigen Anspruch auf Ausfolgung zumindest des Restbetrags, der sich nach Lastenfreistellung ergeben habe, gehabt. "Das Risiko und die Gefahr" seien somit bereits auf die beklagten Parteien übergegangen gewesen. Der zur Lastenfreistellung erforderliche Betrag von S 483.840 sei demnach dem Kläger zuzusprechen. Das Unterlassungsbegehren sei berechtigt, weil die reelle Gefahr bestehe, daß die drittbeklagte Partei die Liegenschaftsanteile neuerlich veräußere, belaste, vermiete oder verpachte. Infolge der Erfüllung des Kaufvertrags durch den Kläger habe er auch das Recht auf Ausfolgung der Urschrift dieses Vertrags.
Das Berufungsgericht wies sämtliche Begehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Nach dem Inhalt des Kaufvertrags sei der Treuhänder ermächtigt gewesen, den nach Lastenfreistellung verbleibenden Kaufpreisrest nach der Einverleibung des Eigentumsrechts für den Käufer an die Verkäuferin auszuzahlen. Die Eigentumseinverleibung sei nicht erfolgt, die für die Auszahlung gesetzte Bedingung sei demnach nicht eingetreten. Damit habe sich die Veruntreuung durch den Treuhänder noch nicht in der Risikosphäre der empfangsberechtigten Verkäuferin "abgespielt", denn diese habe noch keinen Anspruch auf Ausfolgung von Geld gegen den Treuhänder.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Nebenintervenientin ist verspätet erhoben; die Revision des Klägers ist nur teilweise berechtigt.
1. Zur Revision der Nebenintervenientin:
Das Urteil des Berufungsgerichts wurde dem Klagevertreter am 13. 10. 1998 und sodann - aufgrund einer gesonderten Verfügung des Erstgerichts - am 16. 11. 1998 auch dem Vertreter der Nebenintervenientin zugestellt. Auch für den - nicht streitgenössischen - Nebenintervenienten beginnt jedoch die Rechtsmittelfrist schon mit der Zustellung der Entscheidung an die Hauptpartei zu laufen. Die gesonderte Zustellung der Berufungsentscheidung an die Nebenintervenientin konnte daher keine eigene Rechtsmittelfrist in Gang setzen (4 Ob 588/89; SZ 58/130; JBl 1979, 34; SZ 50/136). Die erst am 14. 12. 1998 zur Post gegebene Revision der Nebenintervenientin ist demnach zurückzuweisen.
Die Kosten der zu dieser Revision von den beklagten Parteien erstatteten Revisionsbeantwortung, in der sie auf die Verspätung hinwiesen, sind dem Kläger als Hauptpartei aufzuerlegen (8 Ob 504/86; EvBl 1974/71). Allerdings gebührt für die Verfassung der Revisionsbeantwortung nur 50 % Einheitssatz, so daß die Kosten der Revisionsbeantwortung lediglich mit S 24.581,25 zu bestimmen sind.
2. Zur Revision des Klägers:
Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor: In der Tat sind dem Kläger die Kaufobjekte auch nach dem Vorbringen der beklagten Parteien (Klagebeantwortung, S. 3) bereits übergeben worden, doch erweist sich das Zahlungsbegehren selbst bei Bedachtnahme auf die "körperliche Übergabe der streitgegenständlichen Miteigentumsanteile" - wie noch näher auszuführen sein wird - als nicht berechtigt, sodaß dem behaupteten Verfahrensmangel gar keine Relevanz zukommen könnte.
Die Vorinstanzen beurteilten die Rechtsbeziehungen des Vertragserrichters zu den Kaufvertragsparteien zutreffend als mehrseitige Treuhand. Eine solche liegt vor, wenn der Treuhänder mehrere Interessen zu wahren hat, und zwar einerseits das Interesse des Käufers an der widmungsgemäßen Verwendung des Kaufpreises zur Lastenfreistellung und der Verbücherung seines Eigentumsrechts und andererseits das Interesse der Verkäuferin an der Lastenfreistellung und der Auszahlung des Restkaufpreises. Im vorliegenden Fall diente die Treuhandabwicklung dem Interesse beider Vertragsparteien, die nach den Feststellungen den Treuhänder auch gemeinsam bestellt hatten. Die Verkäuferin sollte sich dessen gewiß sein können, daß der Kaufpreis zur Lastenfreistellung verwendet werde und der Restbetrag nach Einverleibung des Eigentumsrechts des Käufers für sie zur Verfügung stehe. Im Interesse des Käufers sollte sichergestellt werden, daß der Kaufpreis auch tatsächlich zur Lastenfreistellung verwendet und sein Eigentumsrecht schließlich einverleibt werde. Der Oberste Gerichtshof hat sich schon mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, wer die Gefahr des zufälligen Verlusts (worunter auch der Fall der Veruntreuung durch den Treuhänder subsumiert wird) trägt. Er vertritt dabei in seit der Entscheidung SZ 26/206 ständiger Rechtsprechung die Ansicht, das Risiko habe derjenige Treugeber zu tragen, der nach den festgestellten Umständen des Treuhandverhältnisses schon einen Anspruch auf Ausfolgung des Geldes gegen den Treuhänder gehabt hätte. Mehrfach hat das Höchstgericht auch schon ausgesprochen, nach der Regel des § 905 Abs 2 ABGB trage der Schuldner die Gefahr des zufälligen Verlusts (auch der Veruntreuung durch den Treuhänder) nur bis zur Zahlung in der vereinbarten Weise. Bei zufälligem Verlust müsse der Schuldner nicht noch einmal zahlen (zu all dem EvBl 1998/176 mwN).
Die Auffassung, die Veruntreuung durch den Treuhänder gehe bei mehrseitiger Treuhandschaft zu Lasten jenes Treugebers, dem im Zeitpunkt der Veruntreuung das Treugut auszufolgen gewesen wäre, wird von der Lehre zum Teil abgelehnt (Graf in ÖBA 1997, 27 ff; derselbe in RdW 1991, 283; Thurnherr, Grundfragen des Treuhandwesens 80 ff). Zweifelsohne ist - wie der Oberste Gerichtshof bereits in den Entscheidungen EvBl 1998/176 und ÖBA 1998, 884 zum Ausdruck brachte - die von einem Teil des Schrifttums geforderte gemeinsame Risikotragung aller Treugeber überdenkenswert, legt es doch das beiderseitige Interesse der Treugeber an der Abwicklung des Kaufvertrags nahe, diese auch mit dem Risiko gemeinsam zu belasten. Ebenso wie schon in der Entscheidung EvBl 1998/176 muß die Frage, ob das Veruntreuungsrisiko in den Fällen gemeinsamer Betrauung des Treuhänders grundsätzlich von allen Treugebern gemeinsam zu tragen sei, auch hier aus folgenden Erwägungen nicht abschließend beurteilt werden:
Dem Kaufvertrag zufolge durfte die Auszahlung des Restkaufpreises nach Abzug der für die Lastenfreistellung erforderlichen Beträge erst nach Einverleibung des Eigentumsrechts des Käufers erfolgen. Vor diesem Zeitpunkt hatte die Verkäuferin somit noch keinen Anspruch auf Ausfolgung des Treuguts, so daß der Verlust noch nicht in ihrem Vermögen eingetreten ist. Nach den von der Rechtsprechung zu § 1311 ABGB entwickelten Kriterien trägt somit nicht die Verkäuferin das Veruntreuungsrisiko, sondern müßte der Käufer den Schaden tragen. Dieser hat aber die Zahlung in der vereinbarten Weise (Erlag beim Treuhänder) vorgenommen, also seine Hauptleistungspflicht vereinbarungsgemäß erfüllt, so daß auch er nach der von der Rechtsprechung angewendeten Gefahrtragungsregel des § 905 Abs 2 ABGB nicht das Risiko der Veruntreuung zu tragen hat. Läßt sich aber der durch den Verlust des Treuguts aufgetretene Schaden nicht dem Vermögen eines der Treugeber zuordnen, so trifft er im Zweifel - mangels anderslautender Vereinbarung - beide Treugeber gleich.
Zum selben Ergebnis käme man aber auch bei Berücksichtigung der Lehrmeinungen Grafs und Thurnherrs. Beide weisen zu Recht darauf hin, daß die Vertragspartner Risken, die die Vertragsdurchführung bedrohen, auch nach vertraglich festgelegten Kriterien aufteilen könnten. Ist dies der Fall und haben die Parteien eine Vereinbarung über die Risikotragung für den Fall des Verlusts oder einen von ihnen nicht verschuldeten Zufall getroffen, so trifft das Schadensereignis den durch die Vereinbarung bestimmten Vertragspartner. Welcher dies ist, kann erforderlichenfalls auch durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelt werden. Sie führt zur Ergänzung des Vertrags um jene Vereinbarung, die redliche und vernünftige Parteien getroffen hätten, wenn sie den dann tatsächlich eingetretenen Fall des Verlusts bedacht hätten. Dabei müßte mangels anderer - hier nicht vorliegender - Anhaltspunkte wohl davon ausgegangen werden, daß redliche und vernünftige Vertragspartner einen durch Zufall aufgetretenen Verlust des Treuguts gleichteilig getragen hätten. Die ergänzende Vertragsauslegung führte somit im vorliegenden Fall ebenso wie die Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zu einer gleichteiligen Risikotragung der Treugeber (zu all dem schon EvBl 1998/176). Für die Risikoverteilung wird von Graf (aaO) als erheblich angesehen, wer den Treuhänder namhaft gemacht hat. In einem Fall, in dem die Kaufvertragsparteien bei Bestellung des (mehrseitigen) Treuhänders keinerlei Einwand gegen dessen Person erhoben haben, kann es nicht von Bedeutung sein, wer - rein zufällig - die Person des Treuhänders, deren Integrität nicht in Zweifel stand, benannt hat. Das ist für die Risikoverteilung in einem solchen Fall somit ohne ausschlaggebende Bedeutung.
Dennoch kann im vorliegenden Fall dem Zahlungsbegehren des Klägers auch kein Teilerfolg beschieden sein: Auf den Titel des Schadenersatzes kann er es schon deshalb nicht stützen, weil es an einem Verschulden der beklagten Parteien mangelt. Wenngleich die Zusage der Lastenfreiheit den Verkäufer gemäß § 928 ABGB zur Gewährleistung verpflichtet, sodaß dieser die Mängelbehebung durch Ersatz der zur Lastenfreistellung erforderlichen Kosten schuldet (NZ 1995, 129), und wenngleich dem Käufer gegen den mit der Verbesserung säumigen Verkäufer auch schon vor der Vornahme der Verbesserung ein Anspruch auf den für diese aufzuwendenden Betrag zusteht, sofern der Verkäufer zur Verbesserung aufgefordert wurde und dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachgekommen ist (MietSlg 32.117), gebricht es dem Begehren des Klägers doch am Zutreffen einer Anspruchsvoraussetzung: Er hat - ausgehend von der weiter oben erörterten Risikoverteilung - die Hälfte des von ihm beim Treuhänder zu erlegenden Betrags noch nicht geleistet und ist damit seiner Verpflichtung zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises nicht nachgekommen. Die Liegenschaftsanteile von den im Punkt III des Kaufvertrags angeführten Lasten (Pfandrechte) freizustellen, hat sich die Verkäuferin im Vertrag verpflichtet; dort wurde aber auch festgehalten, daß die Lastenfreistellung durch den Vertragsverfasser (als Treuhänder) "aus dem Kaufpreis" erfolgt (Punkt III. 2.). Ist aber die Lastenfreistellung aus dem Kaufpreis vorzunehmen, so setzt dies dessen Entrichtung voraus, namentlich wenn mit dem - als schon entrichtet anzusehenden - Teilbetrag die zugesicherte Lastenfreistellung - wie hier - noch gar nicht bewerkstelligt werden könnte. Dementsprechend wird der Kläger als Käufer seiner Verpflichtung zur Zahlung des noch auf ihn entfallenden Teils des Kaufpreises zur Gänze nachzukommen haben; erst dann wird "aus dem Kaufpreis" die von der Verkäuferin zugesicherte vollständige Lastenfreistellung zu erfolgen haben.
Der Revision ist demnach insoweit, als sie das Zahlungsbegehren betrifft, unabhängig von der unstrittig bereits erfolgten (tatsächlichen) Übergabe des Kaufgegenstands ein Erfolg zu versagen.
Das (zulässigerweise verdeutlichte) Begehren auf Ausfolgung der Kaufvertragsurkunde ist hingegen berechtigt. Der Kaufvertrag kam gültig zustande und ist nach wie vor aufrecht. Die Lastenfreistellung spielt für die Frage der Übergabe des Kaufvertrags (und damit die Einverleibung des Eigentumsrechts) noch keine Rolle, weil der Kläger damit die belastete Liegenschaft erwirbt und zunächst mehr als die Hälfte der ihm insgesamt zukommenden Lasten zu tragen hat. Um den durch den Verlust des Treuguts aufgetretenen - im vorliegenden Fall von beiden Treugebern zu tragenden - Schaden auszugleichen, hat der Kläger allerdings die Möglichkeit, nach Einverleibung seines Eigentumsrechts die Hälfte des für die Lastenfreistellung erforderlichen Betrags im Rahmen der Gewährleistung zu verlangen. Dabei wird zu beachten sein, daß der Erst- und der Zweitbeklagte nur insoweit zur (Mit-)Haftung herangezogen werden könnten, als sie als persönlich haftende Gesellschafter der drittbeklagten Partei für die diese treffenden Verpflichtungen einzustehen haben (so schon zu einem gleich gelagerten Fall EvBl 1998/176).
Auch das Unterlassungsbegehren des Klägers erweist sich als berechtigt:
Die drittbeklagte Partei bestreitet gar nicht, dem Kläger eine Räumungsklage angedroht zu haben; als Grund hiefür führt sie die Nichtzahlung des Kaufpreises ins Treffen (Seite 9 des Ersturteils). Es steht fest, daß ein wirksamer, wenngleich in vielen Punkten noch zu erfüllender Kaufvertrag vorliegt, an den auch die drittbeklagte Partei gebunden ist. Droht sie mit einer Räumungsklage, so ist tatsächlich zu befürchten, daß sie Verfügungen über den Kaufgegenstand treffen könnte, die dem Erwerb des Kaufgegenstands durch den Kläger hinderlich sein könnten. Eine konkrete Gefährdung des Klägers ist entgegen der Ansicht der drittbeklagten Partei schon deshalb zu bejahen.
Der Revision des Klägers ist demnach im Umfang dessen Unterlassungs- und Herausgabebegehrens Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 2 und 50 ZPO. Der Kläger selbst hat das Unterlassungsbegehren mit S 10.000 und sein Herausgabebegehren mit S 5.000 bewertet; dem steht das Zahlungsbegehren im Betrag von S 483.840 gegenüber, in dessen Umfang er unterlegen ist. Er hat also nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil seines Anspruchs, dessen Geltendmachung überdies besondere Kosten nicht veranlaßte, obsiegt, so daß ihm die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen sind. Für die Revisionsbeantwortung gebührt allerdings bloß ein 50 %iger Einheitssatz.
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