Spruch:
Die Revision des Nebenintervenienten ON 37 wird zurückgewiesen. Der Revision der beklagten Partei und des Nebenintervenienten ON 33 wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 6.502,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 384,-- und Umsatzsteuer von S 556,20) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerinnen sind je zur Hälfte Eigentümer des Hauses Am Ring 9 in Graz. Die am 15. Juli 1983 verstorbene Paula Maria W*** war Mieter der im zweiten Stock dieses Hauses gelegenen Wohnung, bestehend aus 4 Zimmern, Küche, Kabinett, Bad und Nebenräumlichkeiten im Ausmaß von rund 110 m 2 .
Mit ihrer am 21. Oktober 1983 eingebrachten Aufkündigung kündigten die Klägerinnen der Verlassenschaft nach Paula Maria W*** diese Wohnung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von einem Monat zum 31. Dezember 1983 unter ausdrücklicher Anführung der Kündigungsgründe nach § 19 Abs 1 und § 19 Abs 2 Z 5 und Z 11 MG mit der Begründung auf, die aufgekündigte Wohnung diene nach dem Tod der bisherigen Mieterin nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen. Die Zweitklägerin habe seit ihrer Eheschließung im Jahr 1936 in Rumänien gelebt und sei seit dem Ende des zweiten Weltkrieges bemüht gewesen, nach Österreich zurückzukehren. Erst vor kurzem sei ihr eine Ausreise aus Rumänien in die BRD möglich gewesen. Sie habe daher ein dringendes, einem Notstand gleichkommendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung. Die Beklagte erhob fristgerecht Einwendungen. Sie und der ihr beigetretene Nebenintervenient wendeten im wesentlichen ein, daß die geltend gemachten Kündigungsgründe nicht gegeben seien. Die Beklagte sei nicht Mieterin der Wohnung und es fehle ihr daher die Passivlegitimation. Mieter der aufgekündigten Wohnung sei infolge Eintrittes in das Mietverhältnis der verstorbenen Mieterin der Nebenintervenient. Er sei der Enkelsohn der verstorbenen Mieterin, habe mit ihr im gemeinsamen Haushalt gewohnt und gewirtschaftet und habe ein dringendes Wohnbedürfnis an dieser Wohnung, zumal er am 26. April 1984 geheiratet habe und seit 20. November 1984 Vater eines Kindes sei. Ein allfälliger Eigenbedarf der Zweitklägerin an der aufgekündigten Wohnung sei selbstverschuldet. Im schriftlichen Mietvertrag mit der verstorbenen Mieterin sei eine dreimonatige Kündigungsfrist vereinbart worden. Die vorliegende Aufkündigung sei auch deshalb aufzuheben, weil sie nur unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist eingebracht worden sei. Das Erstgericht erkannte - im zweiten Rechtsgang - die Aufkündigung für wirksam und gab dem Räumungsbegehren der Klägerinnen statt.
Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Die beiden Klägerinnen sind seit dem Tod ihres Vaters am 1. Juni 1939 je zur Hälfte Eigentümer der beiden Häuser Am Ring 3 und Am Ring 9 in Graz.
Die Zweitklägerin zog 1936 nach Rumänien, wo sie bis 1981 lebte. Es gelang ihr nach langen Versuchen, 1981 Rumänien zu verlassen. Da sie Verwandtschaft in Nürtingen in der BRD hat, gelang es ihr, dort eine Mietwohnung zu erhalten. In den beiden Häusern in Graz war keine Wohnung frei. In Nürtingen bewohnt die Zweitklägerin seither auf Grund eines Mietvertrages eine im Dachgeschoß gelegene aus zwei kleinen Zimmern bestehende Wohnung ohne Badezimmer (aber mit Dusche ausgestattet). Von Anfang an hatte sie aber die Intention, in einem ihrer beiden Häuser in Graz wohnhaft zu werden. Da sie in Graz aufgewachsen ist, hängt sie sehr an dieser Stadt und möchte - nunmehr über 80-jährig - ihren Lebensabend hier verbringen. Von Rumänien aus zog sie deshalb zuerst in die BRD und nicht nach Österreich, weil sie in der BRD auf Grund eines Abkommens als rumänische Emigrantin eine Pension beziehen kann. Nunmehr ist ihr die Verlegung ihres Wohnsitzes von dort nach Graz möglich. Sie bezieht eine Pension in der Höhe von DM 1.260,-- und zahlt DM 250,-- Miete.
In den beiden Häusern der Klägerinnen Am Ring sind sämtliche Wohnungen an Altmieter unter Mieterschutz vermietet. Die letzte Vermietung einer frei gewordenen Wohnung erfolgte 1971 im Haus Am Ring 3.
Die Erstklägerin wohnt in diesem Haus in einer Dreizimmerwohnung mit Küche und Nebenräumlichkeiten. Sie ist 93 Jahre alt. Ihre Lebensgewohnheiten sind im Rahmen dieser Wohnung völlig auf Alleinwohnen ausgerichtet. Sie wäre zufolge ihres hohen Alters und ihrer Lebensgewohnheiten kaum in der Lage, mit der Zweitklägerin gemeinsam in dieser Wohnung zu wohnen.
Die beiden Klägerinnen haben aus den beiden Häusern relativ minimale Einkünfte. Nach Einführung des MRG dürften sie je ca. S 10.000,-- jährlich an Einkünften aus den beiden Häusern erhalten. Der Nebenintervenient wohnte ursprünglich bei seinen Eltern in deren Wohnung in der Dr. Robert Graf-Straße. Wegen der beengten Verhältnisse zu Hause kaufte ihm sein Vater eine Eigentumsgarconniere in der Eisteichgasse 29 a, wobei sich der Nebenintervenient an den Kosten geringfügig beteiligte. Er zog 1979 in diese Wohnung und wohnte in der Folge dort. Zu dieser Zeit begann er mit dem Verlagsgewerbe, das er in dieser Garconniere ausübte. Die Einrichtung der Garconniere besteht vorwiegend aus Einbauschränken und Einbaumöbeln, insbesondere aus Regalen und Regalwänden, die alle für Bürozwecke verwendbar waren.
Nach dem Tod seines Großvaters im April 1983 zog der Nebenintervenient zu seiner Großmutter in die aufgekündigte Wohnung. Der Haushalt wurde gemeinsam geführt. Der Nebenintervenient hat sehr oft gekocht oder die Mahlzeiten gebracht und meistens Mahlzeiten für beide aufgewärmt. Auch seine Großmutter hat gekocht, meistens Kleinigkeiten oder Kaffee. Die Mahlzeiten wurden meistens gemeinsam eingenommen. Die Wäsche wurde teilweise von der Mutter des Nebenintervenienten und teilweise von seiner Schwester gewaschen; teilweise betätigte er auch selbst die Waschmaschine in der aufgekündigten Wohnung. Zumeist sorgte er aus seinen Mitteln für die gemeinsame Haushaltsführung, weil er günstig bei Metro einkaufen konnte.
Die Wohnung in der Eisteichgasse verwendete er nur mehr für Bürozwecke. Sie hat ein Flächenausmaß von 39 m 2 und besteht aus einem Vorraum, einem schmalen Raum, den er für Zwecke eines von ihm betriebenen Buffets verwendet, aus einer zu einer Kleinstküche (Kleinstraum) abgeteilten Kochnische und einem ca. 20 bis 25 m 2 großen versetzten ehemaligen Wohn- und Schlafraum. Das Bett und seine Fahrnisse aus der Wohnung in der Eisteichgasse brachte der Nebenintervenient nach dem Tod seiner Großmutter in die aufgekündigte Wohnung. Zuvor hatte er diese Möbel im Keller gelagert. Der Nebenintervenient führte drei Betriebe, und zwar einen Verlag und einen Würstelstand; ferner übt er eine Seminartätigkeit aus bzw. hält er Kurse aus dem Bereich Verkaufstraining und Rhetorik ab.
Der Hausverwaltung hat er die Aufnahme des Gewerbebetriebes in der Wohnung in der Eisteichgasse noch nicht angezeigt. Er hat ihr auch nicht bekanntgegeben, daß dieses Objekt nur mehr zu Geschäftszwecken verwendet wird.
Der Nebenintervenient hat im Lauf des Verfahrens geheiratet. Seine Gattin wohnt nun mit dem gemeinsamen Kind bei ihm in der aufgekündigten Wohnung.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, primäre Voraussetzung für den Kündigungsgrund des Eigenbedarfes im Sinne des § 30 Abs 2 Z 8 MRG sei ein dringender Eigenbedarf im Sinne eines Notstandes. Dieser sei in Ansehung der Zweitklägerin zu bejahen. Der Nebenintervenient habe zum Zeitpunkt der Aufkündigung über eine eigene Wohnung verfügt, in der er bis zu seinem Zuzug zu seiner Großmutter voll wohnversorgt gewesen sei. Bereits vor seinem Zuzug zu seiner Großmutter habe er in dieser Wohnung auch schon seine geschäftliche Tätigkeit entwickelt. Unter diesen Umständen erscheine es, abgestellt auf den Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung, eher gerechtfertigt und zumutbar, den allenfalls eintrittsberechtigten Nebenintervenienten auf diese Wohnmöglichkeit zu verweisen, als der Zweitklägerin die Möglichkeit der Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses in der aufgekündigten Wohnung zu verweigern.
Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 60.000,--, aber nicht S 300.000,-- übersteigt und daß die Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, daß die Klägerinnen in Wahrheit die Kündigungsgründe des § 30 Abs 1 und des § 30 Abs 2 Z 5 und Z 8 MRG geltend machten. Die Dauer der maßgeblichen Kündigungsfrist könne bei der vorliegenden einheitlichen Kündigung für den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG (und auch nach § 30 Abs 1 MRG) nicht anders beurteilt werden als für den des § 30 Abs 2 Z 8 MRG, unbeschadet der Frage, inwieweit diese Kündigungsgründe gleichzeitig geltend gemacht werden könnten. Das Berufungsgericht sei an seine rechtliche Beurteilung in dem im ersten Rechtsgang ergangenen Aufhebungsbeschluß, wonach nicht die vertragliche, sondern die gesetzliche Kündigungsfrist maßgebend sei, gebunden.
Das Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 1 MRG sei zu verneinen. Die Generalklausel habe nicht die Aufgabe, fehlende Merkmale der Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG zu ersetzen, sondern diene dazu, vom Gesetz sonst nicht erfaßte, aber an Gewicht den Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 MRG gleichwertige Sachverhalte gleichzusetzen. Eine Aufkündigung nach § 30 Abs 1 MRG sei daher nur zulässig, wenn anstelle der fehlenden Voraussetzungen eines Tatbestandes nach § 30 Abs 2 MRG solche zusätzliche Umstände gegeben seien, daß der gesamte Sachverhalt an Wichtigkeit den im § 30 Abs 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründen gleichkomme. Davon könne aber hier keine Rede sein, da die Klägerinnen die für eine Kündigung nach § 30 Abs 1 MRG maßgeblichen Tatsachen nicht angeführt, also diesen von ihnen geltend gemachten Kündigungsgrund nicht einmal individualisiert und damit der Bestimmung des § 33 Abs 1 MRG nicht entsprochen hätten.
Nach dem festgestellten Sachverhalt liege aber auch der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 8 MRG nicht vor. Das Erfordernis des dringenden Eigenbedarfes als ein auf Seite des Vermieters eingetretener Notstand, der die unabweisliche Notwendigkeit der ehesten Beseitigung dieses Zustandes begründe und der nicht anders als durch Auflösung des bestehenden Mietverhältnisses behoben werden könne, sei auch dort streng auszulegen, wo kein Bedarf des Mieters entgegenstehe. Von einem solchen Notstand der Zweitklägerin könne im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. Unbeschadet der Frage, ob der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 8 MRG neben dem des § 30 Abs 2 Z 5 MRG geltend gemacht werden könne, sei daher ein dringender Eigenbedarf nicht gegeben. Die Frage der Interessenabwägung und ob diese sich überhaupt auf den Eintrittsberechtigten beziehen könne, sei daher nicht zu erörtern. Der Nebenintervenient sei aber auch in den Mietvertrag seiner verstorbenen Großmutter nicht eintrittsberechtigt gewesen. Nach den getroffenen Feststellungen habe zwar der nach § 30 Abs 2 Z 5 (§ 14 Abs 3) MRG zwischen der Mieterin und ihrem Enkel erforderliche gemeinsame Haushalt im Zeitpunkt des Todes der Mieterin bestanden. Es habe aber in der aufgekündigten Wohnung kein gemeinsamer Haushalt des Klägers und seiner Gattin im Zeitpunkt der Aufkündigung bestanden, sodaß schon aus diesem Grund ein Eintrittsrecht der Gattin des Klägers und des gemeinsamen Kindes nicht vorliege und damit ein nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG beachtlicher dringender Wohnbedarf der beiden letztgenannten Personen zu verneinen sei. Entscheidende Bedeutung komme dem Umstand zu, ob von einem dringenden Wohnbedürfnis des Nebenintervenienten gesprochen werden könne. Ein solches sei nur dann anzunehmen, wenn die Belassung des beim Tod des bisherigen Mieters bestandenen Zustandes unabweislich notwendig sei. Das Wohnbedürfnis des Angehörigen sei nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Todes zu beurteilen; nachträgliche Änderungen seien nur zu berücksichtigen, soweit sie schon damals für die nächste Zeit zu erwarten gewesen seien. Ein dringendes Wohnbedürfnis sei demnach zu verneinen, wenn dem nahen Angehörigen eine andere Wohnung zur Verfügung stehe. Die rechtliche Gleichwertigkeit werde beim Vorhandensein einer Eigentumswohnung im Regelfall zu bejahen sein. Ein Eintrittsrecht gemäß § 30 Abs 2 Z 5 MRG stehe nur dann zu, wenn die unabweisliche Notwendigkeit bestehe, den anderwärts in rechtlich gleichwertiger Weise nicht gedeckten Wohnbedarf des Eintrittsberechtigten zu befriedigen. Dem Umstand allein, daß der eintrittsberechtigte nahe Angehörige nach dem Tod seines Großvaters im April 1983 in die aufgekündigte Wohnung gezogen sei, dort seither wohne und die ihm gehörige im Wohnungseigentum stehende in der Eisteichgasse gelegene 39 m 2 große Garconniere nur mehr für Bürozwecke und zum Zweck des Betriebes eines Buffets verwendet habe, vermöge die Annahme eines dringenden Wohnbedürfnisses im aufgezeigten Sinne nicht zu rechtfertigen. Besondere Umstände, die eine unabweisliche oder doch dringende Notwendigkeit begründeten, daß der Nebenintervenient in der aufgekündigten Wohnung wohnhaft bleibe, seien nicht dargetan worden. Es sei auch nicht behauptet worden, daß schon im Zeitpunkt des Todes der Mieterin die Gründung einer Familie durch den Nebenintervenienten beabsichtigt gewesen sei. Im Fall der Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG sei zu entscheiden, ob einem nahen Angehörigen nach dem Tod des bisherigen Mieters der Eintritt in ein geschütztes Bestandverhältnis geboten werden müsse. In einem solchen Fall sei die Anlegung eines strengen Maßstabes gerechtfertigt und das Eintrittsrecht nur anzunehmen, wenn die unbedingte Notwendigkeit bestehe, die Wohnversorgung des nahen Angehörigen zu sichern. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO begründete das Berufungsgericht damit, daß die Entscheidung von der Lösung der Rechtsfrage abhänge, ob im Fall des Todes des Mieters Wohnungsmietverträge zu den gesetzlichen oder den vertraglichen Fristen gekündigt werden könnten und ob die Kündigungsgründe nach § 30 Abs 1 und § 30 Abs 2 Z 5 und Z 8 MRG gleichzeitig geltend gemacht werden könnten; zu diesen Fragen fehle eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.
Dieses Urteil des Berufungsgerichtes wurde Dr. Hans Günther Medwed, der nach der Aktenlage (ON 2 und ON 3) sowohl die Beklagte als auch den Nebenintervenienten vertritt (der Nebenintervenient wird noch zusätzlich von Dr. Gerald Kleinschuster vertreten, siehe ON 3), am 9. Juli 1985 zugestellt. Am 12. September 1985 wurde beim Erstgericht eine Revision gegen dieses Urteil überreicht (ON 33), in der im Rubrum nur die Beklagte als Revisionswerber bezeichnet ist und in der eingangs erklärt wird, daß die Beklagte durch ihren ausgewiesenen Vertreter Dr. Medwed Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhebt. Die folgenden Revisionsausführungen (geltend gemacht wird der Revisionsgrund der "unrichtigen rechtlichen Beurteilung") werden aber ausdrücklich im Namen der Beklagten und des Nebenintervenienten erstattet; der ausdrücklich von der Beklagten und vom Nebenintervenienten gestellte Revisionsantrag lautet auf Abänderung des angefochtenen Urteiles im Sinne der Aufhebung der Aufkündigung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Am Ende des Rechtsmittels werden als Rechtsmittelwerber die Beklagte und der Nebenintervenient angeführt. Die Kläger haben zu diesem Rechtsmittel eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Unzulässigkeit der Revision behaupten und beantragen, der Revision keine Folge zu geben, allenfalls sie als "unzuverlässig" zurückzuweisen. Am 29. Oktober 1985 wurde das Urteil des Berufungsgerichtes (über dessen Auftrag) an Dr. Gerald Kleinschuster (als Vertreter des Nebenintervenienten) zugestellt. Am 26. November 1985 wurde beim Erstgericht eine Revision des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Berufungsgerichtes überreicht (ON 37), mit der der Revisionsgrund der "unrichtigen rechtlichen Beurteilung" geltend gemacht wird; der Nebenintervenient beantragt hier die Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichtes im Sinne der Aufhebung der Aufkündigung; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Die Klägerinnen haben zu diesem Rechtsmittel eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Unzulässigkeit dieser Revision des Nebenintervenienten behaupten und den Antrag stellen, dieses Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, allenfalls ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Nebenintervenienten ON 37 ist zurückzuweisen. Abgesehen davon, daß der Lauf der Revisionsfrist schon durch die Zustellung des Urteiles des Berufungsgerichtes an den Vertreter des Nebenintervenienten Dr. Medwed am 9. Juli 1985 ausgelöst wurde, sodaß die am 26. November 1985 überreichte Revision des Nebenintervenienten jedenfalls verspätet ist, wurde die Revision ON 33, wie sich aus der obigen Darstellung ihres Inhaltes ergibt, nicht nur von der Beklagten, sondern auch vom Nebenintervenienten eingebracht und ist dadurch, zumal in der Revision des Nebenintervenienten ON 37 andere Anfechtungsgründe nicht geltend gemacht werden, das Rechtsmittelrecht des Nebenintervenienten konsumiert. Mit Recht weisen die Kläger in ihrer zur Revision des Nebenintervenienten ON 37 erstatteten Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit dieses Rechtsmittels hin. Dieses Rechtsmittel war daher zurückzuweisen.
Die Revision der Beklagten und des Nebenintervenienten ON 33 ist entgegen der in der Revisionsbeantwortung der Kläger vertretenen Ansicht zulässig. Die Bewertung des Streitgegenstandes durch das Berufungsgericht im Sinne des § 500 Abs 2 Z 2 und Z 3 ZPO ist unanfechtbar und bindend (siehe dazu Petrasch in ÖJZ 1983, 201). Bei den Rechtsfragen, bezüglich welcher das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, handelt es sich um solche im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO.
Sachlich ist die Revision aber nicht berechtigt.
Die Revisionswerber versuchen in ihrem Rechtsmittel zunächst unter Berufung auf Würth-Zingher, MRG 2 , § 14 Anm. 1 und Fenyves in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz 330, darzutun, daß im Anwendungsbereich des § 14 Abs 1 MRG die besondere Kündigungsmöglichkeit des § 1116 a ABGB für Wohnungsmieten zu den gesetzlichen Terminen und Fristen - ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen - beseitigt sei.
Zu dieser Rechtsfrage liegt, soweit überschaubar, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor.
Der erkennende Senat vermag der von den genannten Autoren vertretenen Rechtsansicht nicht zu folgen.
Vor Inkrafttreten des MRG war die Rechtslage die, daß ein Mietvertrag über eine Wohnung nach dem Tod des Mieters ohne Rücksicht auf die vereinbarte Kündigungsfrist unter Einhaltung der im § 560 ZPO normierten gesetzlichen Kündigungsfrist - wenn für ihn die Kündigungsschutzbestimmungen des Mietengesetzes galten, nur bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes und nur gerichtlich - aufgekündigt werden konnte. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß die Vorschrift des § 1116 a ABGB als Ausnahme von der Bestimmung des § 560 Abs 1 Z 1 ZPO angesehen wurde (siehe dazu ua. MietSlg. XV/6 und 7).
Mit dem Inkrafttreten des MRG ist eine formelle Derogation der Vorschrift des § 1116 a ABGB nicht erfolgt (§ 58 Abs 3 MRG). Aber auch eine materielle Derogation dieser Gesetzesbestimmung durch die Vorschriften des MRG ist nicht erkennbar. Mit den im § 14 MRG enthaltenen Vorschriften wurden nur der bereits aus § 1116 a erster Satz ABGB hervorgehende Grundsatz der Vererblichkeit des Mietrechtes wiederholt (§ 14 Abs 1 MRG) und im übrigen Regeln über eine Sonderrechtsnachfolge in das Hauptmietverhältnis über eine Wohnung nach dem Tod des Hauptmieters getroffen; der im § 30 Abs 2 Z 5 MRG normierte Kündigungsgrund entspricht inhaltlich vollkommen dem des § 19 Abs 2 Z 11 MG. Aus dem Wortlaut dieser Gesetzesbestimmungen läßt sich keinesfalls der Schluß ziehen, daß mit ihrem Inkrafttreten die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 1116 a zweiter Satz ABGB beseitigt werden sollte. Auch aus den Gesetzesmaterialien ist eine dahingehende Absicht des Gesetzgebers keinesfalls abzuleiten. Der Ausschußbericht (880 Blg.NR 15. GP 4) beschäftigt sich nur mit der Verkürzung der Eintrittsfrist des Lebensgefährten. In den Erläuternden Bemerkungen zum § 11 der Regierungsvorlage (425 Blg.NR 15. GP 38, 42) wird lediglich ausgeführt, daß die in Aussicht genommene Regelung dem § 19 Abs 2 Z 11 MG entspricht. Eine Begründung dafür, warum nur der erste Satz des § 1116 a ABGB in § 14 MRG (§ 11 des Entwurfes) aufgenommen wurde, findet sich in den Erläuternden Bemerkungen nicht. In der Lehre wurde dies noch als Teil des ursprünglichen Vorhabens des Gesetzgebers, einen "allgemeinen Teil" des Wohnrechtes zu schaffen, verstanden (vgl. Fenyves aaO und Call, Mietrecht 47 f.). All dies ist ein eindeutiges Indiz dafür, daß sich die Absicht des Gesetzgebers bei Erlassung des MRG darauf beschränkte, bezüglich der Hauptmietrechte an Wohnungen materiellrechtliche Regeln über deren Vererblichkeit, über eine Sonderrechtsnachfolge im Fall des Todes des Hauptmieters aufzustellen und den schon im § 19 Abs 2 Z 11 MG normierten Kündigungsgrund aufrecht zu erhalten. Daß aber die Absicht des Gesetzgebers dahin gegangen wäre, durch die Erlassung der diesbezüglichen Vorschriften des MRG die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 1116 a ABGB zweiter Satz ABGB, die ja mit derartigen Regelungen inhaltlich nichts zu tun hat, sondern sich nur auf die einzuhaltende Kündigungsfrist bezieht und insoweit, wie bereits ausgeführt, nichts anderes als eine Ausnahme von der Vorschrift des § 560 Abs 1 Z 1 ZPO darstellt, auszuschließen, ist somit weder dem Gesetzeswortlaut noch dem erklärten Willen des Gesetzgebers noch dem Regelungszweck der im MRG getroffenen Bestimmungen zu entnehmen. Insbesondere ist der im MRG getroffenen Regelung nicht zu entnehmen, daß die Absicht des Gesetzgebers im Gegensatz zur vorher bestehenden Rechtslage dahin gegangen wäre, nunmehr im Fall des Todes des Mieters einer Wohnung bei Fehlen einer eintrittsberechtigten Person sowohl dem Vermieter als auch der Verlassenschaft des Mieters eine längere als die (bisher geltende) gesetzliche Kündigungsfrist und damit die längere Aufrechterhaltung eines zumindest von einem Teil nicht gewollten Mietverhältnisses aufzudrängen.
Der erkennende Senat vermag daher der Ansicht der eingangs genannten Autoren und der Revisionswerber nicht zu folgen und kommt übereinstimmend mit dem Berufungsgericht zu dem Ergebnis, daß die Klägerinnen berechtigt waren, aus Anlaß des Todes der Hauptmieterin das Bestandverhältnis im Sinne des § 1116 a ABGB unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist aufzukündigen.
Was die weitere Frage anlangt, ob der Bestandgeber im Fall des Todes des Mieters einer den Kündigungsschutzbestimmungen des MRG unterliegenden Wohnung auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG beschränkt ist oder auch andere gesetzliche Kündigungsgründe geltend machen kann, so liegt auch dazu, soweit überschaubar, oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vor.
Dem Gesetz ist eine Beschränkung auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG nicht zu entnehmen und es wird dem Vermieter daher grundsätzlich freistehen, welchen Kündigungsgrund er geltend machen will. Macht er aber wie im vorliegenden Fall gegen die Verlassenschaft nach dem verstorbenen Mieter neben dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG noch andere Kündigungsgründe geltend und wird das Vorliegen des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 5 MRG mit der Behauptung eines dringenden Wohnbedürfnisses einer eintrittsberechtigten Person bestritten, dann muß notwendigerweise zunächst über diesen Kündigungsgrund abgesprochen werden. Denn entweder liegt keine Sonderrechtsnachfolge im Sinne des § 14 Abs 2 und Abs 3 MRG vor - dann ist die gegen die Verlassenschaft des verstorbenen Mieters gerichtete Aufkündigung als wirksam zu erkennen, ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Kündigungsgründe bedürfte - oder es liegt eine solche Sonderrechtsnachfolge vor - dann sind nicht nur die Voraussetzungen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG nicht gegeben, sondern dann ist auch die Verlassenschaft des verstorbenen Mieters in Ansehung der übrigen Kündigungsgründe nicht passiv klagslegitimiert. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht über den geltend gemachten Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG abgesprochen.
Was letztlich die Beurteilung des dringenden Wohnbedürfnisses des Nebenintervenienten im Sinne des § 30 Abs 2 Z 5 MRG anlangt, ist das Berufungsgericht im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes davon ausgegangen, daß die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Eintrittsrechtes die Beklagte trifft (MietSlg. 31.428, 31.429, 33.372, 33.377 ua.), daß bei der Beurteilung des dringenden Wohnbedürfnisses der eintrittsberechtigten Person von den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Todes des Mieters auszugehen ist und nachträgliche Änderungen nur insoweit zu berücksichtigen sind, als sie schon zum Zeitpunkt des Todes des Mieters für die nächste Zeit zu erwarten waren (MietSlg. 21.545, 23.404, 31.410 ua.) und daß ein dringendes Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen nur dann zu bejahen ist, wenn die unabweisliche Notwendigkeit besteht, den anderwärts in rechtlich gleichwertiger Weise nicht gedeckten Wohnbedarf des Eintrittsberechtigten zu befriedigen (MietSlg. 24.329, 31.411, 33.373 (7) ua.).
Wenn das Berufungsgericht in Anwendung dieser in ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vertretenen rechtlichen Grundsätze, ausgehend von den im vorliegenden Einzelfall gegebenen Umständen, zu dem Ergebnis kam, daß das dringende Wohnbedürfnis des Nebenintervenienten an der aufgekündigten Wohnung im Sinne des § 30 Abs 2 Z 5 MRG hier zu verneinen sei, liegt darin nicht die Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), sondern nur die Beurteilung der ausschließlich im vorliegenden Einzelfall festgestellten besonderen Umstände unter Heranziehung der dargestellten rechtlichen Grundsätze. Eine wesentliche Verkennung der Rechtslage ist dabei dem Berufungsgericht nicht vorzuwerfen. Im Rahmen einer Zulassungsrevision ist die Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes nur möglich, wenn die unrichtige Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes geltend gemacht wird, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukommt (§ 503 Abs 2 ZPO). Da dies bezüglich der Beurteilung der Frage, ob das dringende Wohnbedürfnis des Nebenintervenienten nach den ausschließlich im vorliegenden Einzelfall festgestellten Umständen zu bejahen ist oder nicht, nicht zutrifft, kann im Rahmen einer Zulassungsrevision zur Lösung dieser Frage durch das Berufungsgericht nicht Stellung genommen werden. Der Revision der Beklagten und des Nebenintervenienten ON 33 mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte und der Nebenintervenient haben die Kosten ihrer erfolglosen bzw. unzulässigen Rechtsmittel selbst zu tragen. Der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Revisionsbeantwortungen der Kläger ist nur der Beklagten, nicht aber ihrem Nebenintervenienten aufzuerlegen (EvBl 1974/71; 6 Ob 816/81; 3 Ob 701/82; 8 Ob 597/85 ua.).
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