OGH 1Ob284/00x

OGH1Ob284/00x24.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1.) Mag. Dr. Andreas I*****, 2.) lic. iur. Marie-Claire I*****, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Parteien L*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Achammer, Mennel, Welte & Partner, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen S 50.000,-- sA, Unterlassung (Streitwert S 300.000,--) und Feststellung (Streitwert S 250.000,--), hier: Erlassung einer einstweiligen Verfügung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 13. Oktober 2000, GZ 2 R 198/00k-10, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Parteien wird gemäß den §§ 402 Abs 4, 78 EO, § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die geltend gemachten Anfechtungsgründe der Aktenwidrigkeit und Nichtigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Es ist ständige und gesicherte Rechtsprechung, dass die Klage gemäß § 364 Abs 2 ABGB ein Anwendungsfall der negatorischen Eigentumsklage ist, deren Begehren auf Unterlassung des Eingriffs geht. Das auf diese Gesetzesstelle gestützte Unterlassungsbegehren ist kein Handlungs-, sondern ein "Erfolgsverbot": Der Verpflichtete hat dafür zu sorgen, dass sein Nachbar nicht durch Immissionen beeinträchtigt wird; die Art, wie dies zu geschehen hat, bleibt dem Verpflichteten überlassen. Der Exekutionstitel richtet sich daher auf eine im materiellen Recht vorgezeichnete Verpflichtung zu dauerndem, künftigem, inhaltlich aber vom Verpflichteten zu bestimmendem Handeln. Soweit das Begehren auf sichernde Vorkehrungen gerichtet ist, darf keine bestimmte Einrichtung verlangt werden; die Auswahl der Schutzmaßnahmen muss vielmehr dem Beklagten überlassen bleiben (SZ 52/55; SZ 61/278; SZ 63/3; SZ 65/145; 6 Ob 1679/95; 6 Ob 40/97v; SZ 70/199 ua). Ein dennoch auf bestimmte Vorkehrungen - und sei es auch in Form der Unterlassung der Betriebsfortführung - zielendes Begehren stellt gegenüber dem Begehren auf Unterlassung von Emissionen ein aliud dar, dessen Stattgebung die Bestimmung des § 405 ZPO entgegenstünde (SZ 50/99; 1 Ob 658/82; SZ 61/278; SZ 65/145). Auf die Frage der behördlichen Genehmigung der Betriebsanlage kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (immolex 2001, 12).

Die Manuduktionspflicht des Gerichts gemäß § 182 Abs 1 ZPO hat sich nach dem ausdrücklichen gesetzlichen Auftrag im Rahmen des behaupteten Anspruchs zu bewegen. Die Anleitungspflicht ist im Anwaltsprozess keineswegs so weit gezogen, dass einer Partei die Möglichkeit eröffnet werden müsste, ihr Klagebegehren zu ändern (SZ 70/199).

Auch ein direkt auf die EMRK gestützter Unterlassungsanspruch müsste den dargestellten Erfordernissen gerecht werden, weil weder Art 2 noch Art 8 EMRK ein Hinweis darauf zu entnehmen ist, dass der Beklagte in der ihm zustehenden Wahl der Schutzmaßnahmen einzuschränken wäre.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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