Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der eheliche Vater der drei nun bereits volljährigen Kinder (Michaela, Günther und Barbara) bezog als Berufsoffizier 1996 ein monatliches Durchschnittseinkommen von 59.700 S und 1997 ein solches von 52.120 S und ist noch für seine geschiedene Ehegattin sorgepflichtig. Günther bezog nach Abschluss seiner HTL-Ausbildung in den Monaten Juli und August 1997 Einkünfte als Ferialpraktikant und absolvierte vom 29. September 1997 bis 28. Mai 1998 den Grundwehrdienst beim Bundesheer. Dabei erhielt er einen "Sold" (gemeint: ein Monatsgeld gemäß §§ 3, 11 HeeresgebührenG 1995 BGBl 422/1992 idF BGBl 259/1995, im folgenden nur HGG) von 3.005 S, seit 15. Jänner 1998 3.064 S. Vom 7. Jänner bis 28. Mai 1998 war er "Dauerheimschläfer".
Das Erstgericht bestimmte die vom Vater zu erbringenden Unterhaltsleistungen an seine drei Kinder in näher genannter Höhe und führte - soweit hier relevant - aus, für die Zeit des Präsenzdienstes sei Günther als selbsterhaltungsfähig anzusehen, weil er in dieser Zeit Anspruch auf unentgeltliche Unterbringung und Verpflegung durch das österreichische Bundesheer (gehabt) habe.
Die zweite Instanz verpflichtete den Vater - soweit hier relevant - zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 2.000 S an seinen Sohn Günther während dessen Präsenzdienstes. Wenn auch ein Großteil der elementaren Unterhaltsbedürfnisse (Verpflegung, Unterkunft, Dienstkleidung und medizinische Versorgung) des Präsenzdieners von dritter Seite gedeckt würde und die nur teilweise Inanspruchnahme von Leistungen des Dritten nicht zu Lasten des Unterhaltspflichtigen gehen könne, sei im vorliegenden Fall unter Bedachtnahme auf das Einkommen des Vaters, seine weiteren Sorgepflichten und den von Günther bezogenen "Sold" von rund 3.000 S sowie der anteiligen Wohnungskosten ein verbleibender Restunterhaltsanspruch von monatlich 2.000 S angemessen. Auch bei intakter Familie würde dem Präsenzdiener ein derartiger Betrag als monatliches Taschengeld zur Verfügung gestellt werden.
Das Rekursgericht erachtete den ordentlichen Revisionsrekurs als zulässig, weil Rspr des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Selbsterhaltungsfähigkeit eines Präsenzdieners bei überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen fehle.
Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 140 Abs 1 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse ihrer Kinder nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Bei der Unterhaltsbemessung kommt es vor allem auf die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten an; es ist aber auch die konkrete Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Einen Anhaltspunkt dafür, nach welchen Kriterien der Beitrag der Eltern zu ermitteln ist, gibt das Gesetz durch Verknüpfung der Bedürfnisse des Kindes mit den Lebensverhältnissen der Eltern (1 Ob 2307/96p = SZ 70/8 = JBl 1997, 383 = ÖA 1998, 19 mwN uva). Der Unterhaltsanspruch eines Kindes mindert sich gemäß § 140 Abs 3 ABGB insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist. Wie der erkennende Senat als verstärkter Senat in seiner Entscheidung SZ 65/114 dargelegt hat, lassen sich für die Ermittlung jenes Einkommens, mit dem der Minderjährige alle seine Bedürfnisse bestreiten kann, keine allgemein gültigen Regeln aufstellen; für einfache Lebensverhältnisse kann aber der ASVG-Richtsatz als Richtschnur gelten (so auch die folgende stRspr, zB SZ 70/8 ua). Zur Frage der Selbsterhaltungsfähigkeit eines Präsenzdieners (Wehrpflichtiger iSd HGG) nahm der Oberste Gerichtshof bereits in den Entscheidungen 6 Ob 530/93 (EFSlg 72.611 in einem Unterhaltsvorschussfall), 7 Ob 541/93 (RZ 1994/64 = ÖA 1993, 146) und 4 Ob 517/96 (RZ 1997/16 = ÖA 1998, 15) Stellung und gelangte - zusammengefasst - zum Ergebnis, der - unterhaltsberechtigte - Präsenzdiener sei angesichts der vom Bundesheer bezogenen Geld- und Sachleistungen (§§ 3, 12, 13, 16 HGG) "bestenfalls bei durchschnittlich zu wertenden Lebensverhältnissen" als selbsterhaltungsfähig anzusehen (vgl dazu auch Schwimann, Unterhaltsrecht2 83 mwN). Zuletzt hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung SZ 70/8 ausgeführt, lebe der Antragsteller vor Antritt des Präsenzdienstes in einfachen Verhältnissen und verfüge er unter Berücksichtigung des Monatsgelds und der ihm vom Bund zukommenden Sachleistungen über ein Einkommen, das den bei einfachen Lebensverhältnissen maßgeblichen Ausgleichszulagenrichtsatz übersteige, dann habe er durch den Antritt des Präsenzdienstes mit der dadurch eintretenden, bloß vorübergehenden Einkommensminderung seine Selbsterhaltungsfähigkeit nicht verloren. Zur Frage, ob das Kind mit der Ableistung des Präsenzdiensts auch bei überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen seiner Eltern selbsterhaltungsfähig werde, wurde ausdrücklich nicht Stellung bezogen.
Im vorliegenden Fall lebt der unterhaltspflichtige Vater, wie bereits die zweite Instanz zutreffend erkannte und im Rechtsmittel auch gar nicht in Frage gestellt wird, keineswegs in "einfachen" oder "bestenfalls durchschnittlichen", sondern in weit überdurchschnittlichen Verhältnissen. Dass die erwähnte Rspr in einem solchen Fall unanwendbar ist, ist evident, weil zufolge § 140 Abs 1 ABGB Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes nach ihren Kräften anteilig beizutragen haben: Der Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit sind im Hinblick auf das Kriterium der angemessenen Bedürfnisbefriedigung die Lebensverhältnisse des Kindes und seiner Eltern zugrundezulegen (ÖA 1994, 25 uva; Schwimann in Schwimann2, § 140 ABGB Rz 91 mwN aus der Rspr; ders, Unterhaltsrecht2 82 mwN in FN 950). Nur die Frage der Selbsterhaltungsfähigkeit des vom Elternhaus losgelöst lebenden volljährigen Kindes ist nach den bisherigen Lebensverhältnissen des Kindes zu beurteilen (1 Ob 288/98d = JBl 1999, 725).
Bei weit überdurchschnittlichen (materiellen) Lebensverhältnissen des Unterhaltsverpflichteten wird demnach das unterhaltsberechtigte, nicht vom Elternhaus losgelöst lebenden Kind, das seinen Präsenzdienst ableistet, durch den Erhalt der Sach- und Geldleistungen des Bundes im Rahmen des HGG nicht selbsterhaltungsfähig. Ob bei solchen Lebensverhältnissen ungeachtet der vom Bund erbrachten Geld- und Sachleistungen aber ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von 2.000 S an einen Präsenzdiener angemessen erscheint, ist keine, einer generellen richtungsweisenden Aussage des Obersten Gerichtshofs zugängliche, sondern im konkreten Einzelfall jeweils nach den Vermögensverhältnissen der betroffenen Personen (des unterhaltspflichtigen Vaters bzw des unterhaltsberechtigten Kindes) zu entscheidende Frage. Die Höhe des Beitrags von 2.000 S wird vom Rechtsmittel nicht in Zweifel gezogen. Es kann daher insoweit auf die zutreffenden Ausführungen der zweiten Instanz verwiesen werden (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Auch mit seinen übrigen im Rechtsmittel aufgezeigten Beschwerdepunkten ist der Vater auf die zutreffenden Ausführungen der zweiten Instanz zu verweisen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO):
Dass die Vorinstanzen die Reisegebühren sowie die Aufwandsentschädigung bloß mit dem halben Betrag in Ansatz brachten, begegnet keinen Bedenken. Der erkennende Senat hat bereits zu 1 Ob 635/95 ausgesprochen, "Reisekosten" seien in die Unterhaltsbemessungsgrundlage nur dann nicht einzubeziehen, wenn es sich bei ihnen um eine reine Aufwandsentschädigung handle. Daran ist festzuhalten. Damit besteht aber kein Hindernis, einen solchen Bezug zum Teil in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn kein solcher Befund zu erstellen ist.
Dass im Rekurs nur das vorliegende Tatsachenmaterial berichtigt oder ergänzt werden kann oder für unbewiesen gebliebene Behauptungen neue Beweise vorgebracht werden können, entspricht ebenso stRspr, wie es unzulässig ist, neue, von den bisherigen Behauptungen abweichende oder bisher noch überhaupt nicht aufgestellte Tatsachenbehauptungen vorzubringen oder gar neue oder vom bisherigen Begehren abweichende Anträge zu stellen (RIS-Justiz RS0006897).
Dem Rechtsmittel ist nicht Folge zu geben.
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