Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt, einschließlich des bestätigten und des als unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Teiles, wie folgt zu lauten haben:
"Der Vater Günther F*****, ist schuldig, für den mj. Rene B*****, geboren am *****, S 2.250,-- an Sonderbedarf für die Maturavorbereitung binnen 14 Tagen zu Handen der Mutter Justina B*****, zu zahlen.
Das Mehrbegehren, an Sonderbedarf S 2.200,-- für ein Trainingslager, S 2.980,-- für einen Maturaanzug und S 6.630,-- für eine Maturareise zuzuerkennen, wird abgewiesen.
Der Vater wird von der mit Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 13.6.1995, 13 P 200/87-112, festgesetzten monatlichen Unterhaltsverpflichtung von S 4.200,-- für den Zeitraum vom 1.10.1995 bis einschließlich 30.5.1996 enthoben.
Text
Begründung
Der mj. Rene B***** ist das Kind des Günther F***** und der Justina B*****; er wurde durch nachfolgende Eheschließung seiner Eltern legitimiert. Die Ehe wurde mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 23.1.1986, 11 Cg 335/85, gemäß § 55a EheG geschieden. Das Kind verblieb in Obsorge der Mutter; der Vater wurde zuletzt zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 4.200,-- verpflichtet. Dieser Bemessung wurde ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters von rund S 19.500,-- im Zeitraum März 1993 bis einschließlich Februar 1994 zugrundegelegt.
Die Mutter beantragt, an Sonderbedarf S 11.810,-- zuzuerkennen, und zwar S 2.200,-- für ein Fußballtrainingslager, S 2.980,-- für einen Maturaanzug und S 6.630,-- für die Maturareise; am 13.7.1995 begehrte sie noch die Rückvergütung der Kosten des Maturavorbereitungskurses von S 2.250,--.
Der Vater sprach sich gegen den Antrag der Mutter aus. Er beantragt, die Unterhaltszahlung für die Zeit des Präsenzdienstes vom 1.10.1995 bis 30.5.1996 einzustellen.
Die Mutter hielt dem Antrag des Vaters entgegen, daß sich ihr Sohn täglich nach Dienstschluß und auch an den Wochenenden zu Hause aufhalte; er brauche sowohl für die Freizeit als auch für das Fußballtraining und die Meisterschaftsspiele Privatkleidung und Verköstigung. Außerdem müsse die Unfall-(Kranken-)Versicherung, die wegen seiner sportlichen Betätigung unbedingt erforderlich sei, weitergezahlt werden. Um eine Schlechterstellung zu vermeiden, sei ein Unterhaltsbetrag von mindestens S 1.200,--, also der Differenzbetrag zwischen dem Heeres-Sold von S 3.000,-- und dem Unterhaltsbetrag von S 4.200,--, erforderlich.
Das Erstgericht wies die Anträge der Mutter zur Gänze ab. Es befreite den Vater von seiner Unterhaltsverpflichtung mit Wirkung ab 1.10.1995 bis auf weiteres.
Die Mutter verdiene monatlich durchschnittlich S 20.900,-- netto, der Vater durchschnittlich S 17.700,--. Die als Sonderbedarf begehrten Leistungen seien zum Teil durch den Unterhalt gedeckt, zum Teil seien sie nicht notwendig. Der Minderjährige werde vom Bundesheer voll versorgt und erhalte dazu noch monatlich S 3.000,--. Daß er Leistungen des Bundesheeres teilweise nicht in Anspruch nehme, könne nicht dem Vater zur Last fallen.
Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Unterhalt für die Zeit des Präsenzdienstes auf S 1.200,-- herabsetzte und an Sonderbedarf S 2.250,-- zuerkannte. Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Der statistische Regelbedarf Minderjähriger im Alter zwischen 15 und 19 Jahren betrage ab 1.7.1995 S 4.210,--, vorher habe er S 4.110,-- betragen. Bei einem - nach Hinzurechnung nicht berechtigter Abzüge anzunehmenden - Einkommen des Vaters von S 17.884,-- ergebe sich eine Unterhaltsverpflichtung von rund S 4.000,--. Sonderbedarf könne daher nur für die zur Sicherung des Schulabschlusses notwendigen Maturavorbereitungskosten zuerkannt werden. Damit werde die Leistungsfähigkeit des Vaters nicht überschritten. Kosten der Sport- und Freizeitgestaltung sowie Kleidungskosten seien aus dem Unterhalt zu bestreiten. Die Kosten der Maturareise seien ein Luxussonderbedarf; sie könnten in einem die Prozentkomponente übersteigenden Ausmaß nicht gewährt werden.
Der Minderjährige sei während des Präsenzdienstes nicht selbsterhaltungsfähig, weil ihm durch das Fußballtraining und die Unfall- und Krankenzusatzversicherung ein besonderer Mehraufwand entstehe. Daß er Leistungen des Bundesheeres nicht in Anspruch nehme, könne hingegen nicht zu Lasten des Vaters gehen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof zur Frage fehlt, ob Mehraufwendungen durch sportliche Betätigung die Selbsterhaltungsfähigkeit während des Präsenzdienstes hindern; er ist auch teilweise berechtigt.
Der Revisionsrekurswerber verweist darauf, daß der Minderjährige ohnedies krankenversichert sei und daher keine Zusatzversicherung brauche. Wolle er sich dennoch versichern, so könne er die Prämien aus seinem Einkommen als Präsenzdiener zahlen. Die Kosten des Maturavorbereitungskurses seien kein Sonderbedarf.
In der Entscheidung 7 Ob 541/93 = ÖA 1993, 146 = RZ 1994/64 = EFSlg
71.541 hat der Oberste Gerichtshof die Auffassung vertreten, daß Präsenzdiener bei durchschnittlichen Lebensverhältnissen selbsterhaltungsfähig sind. In dem der zitierten Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Minderjährige als Präsenzdiener neben den Sachleistungen (unentgeltliche Unterbringung, Verpflegung, Bekleidung, medizinische Versorgung, sozialversicherungsrechtlicher Deckungsanspruch) noch Anspruch auf einen monatlichen Barbezug von mindestens S 1.830,--. Derzeit beträgt der Barbezug S 3.000,-- monatlich. Mit dem vom Rekursgericht zuerkannten Unterhaltsbetrag von S 1.200,-- monatlich erhielte der Minderjährige demnach einen Betrag, der dem bisher festgesetzten Geldunterhalt entspricht, so daß die Sachleistungen des Bundesheeres bei der vom Rekursgericht vertretenen Auffassung im Ergebnis völlig unberücksichtigt blieben.
Allfällige zusätzliche Wohnungskosten, die durch die Aufrechterhaltung der bisherigen Wohnmöglichkeit entstehen, wurden weder im zitierten noch im vorliegenden Fall behauptet. Daß die bloß teilweise Inanspruchnahme von Leistungen des Bundesheeres nicht zu Lasten des Unterhaltspflichtigen gehen kann, haben bereits die Vorinstanzen richtig erkannt. An Mehraufwendungen bleibt daher nur die Unfall-(Kranken-)Versicherung, die der Minderjährige als Fußballspieler abgeschlossen hat. Der Minderjährige hat nicht angegeben, wie hoch die monatliche Prämie ist; es ist aber anzunehmen, daß sie jedenfalls weit unter seinem Sold von monatlich S 3.000,-- liegt. Auch wenn ihm als unfallgefährdeten Fußballspieler nicht zumutbar sein mag, die Versicherung aufzukündigen, hindert die Belastung mit den Prämien - bei den hier gegebenen durchschnittlichen Lebensverhältnissen - seine Selbsterhaltungsfähigkeit nicht.
Sonderbedarf ist jener Bedarf, der sich aus der Berücksichtigung der beim Regelbedarf bewußt außer acht gelassenen Umstände des Einzelfalles ergibt. Sonderbedarf ist grundsätzlich nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu befriedigen (Pichler in Rummel, ABGB2 § 140 Rz 3 mwN; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 9 mwN).
Der Oberste Gerichtshof hat die Kosten für Sprachferien als Sonderbedarf zuerkannt, wenn die Teilnahme zur Sicherung des Schulabschlusses notwendig oder aber doch angezeigt erscheint. Voraussetzung ist aber, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners nicht überschritten werden (1 Ob 585/90 = SZ 63/81 = ÖA 1991, 100 = EFSlg 61.903; s auch 8 Ob 509/95).
Die Teilnahme an einem Maturavorbereitungskurs ist zur Sicherung des Schulabschlusses jedenfalls angezeigt. Der nur für den Minderjährigen sorgepflichtige Vater ist aufgrund seines Einkommens auch in der Lage, eine einmalige zusätzliche Unterhaltsleistung von S 2.250,-- zu erbringen.
Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben.
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