Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.871,04 S (darin 811,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer einer Liegenschaft mit Wohnhaus in Brixen im Thale. Der Beklagte betreibt auf seiner unmittelbar benachbarten Liegenschaft ein Gasthaus. Unter dem Haus des Klägers befinden sich zwei Kellerräume, die lediglich - über einen schmalen Gang - vom Gasthaus des Beklagten erreichbar sind. Sie verfügen über alte Gewölbe und Wandstärken von 50 bis 55 cm. Aufgrund alter Rechte steht dem Beklagten das unentgeltliche Recht zu, diese Kellerräume zu benützen. Art und Zeitpunkt der Rechtseinräumung sind nicht feststellbar. Das Benützungsrecht unterliegt weder einer privatrechtlichen noch einer konkret ausgesprochenen öffentlich-rechtlichen Beschränkung. Die Kellerräume wurden und werden von den Gasthausbetreibern seit jeher als Lagerräume verwendet. Seit Beginn der 60-iger Jahre fanden jedoch zumindest einmal jährlich „Kaffeekränzchen“ bzw andere Veranstaltungen statt, die gegen 15,00 Uhr begannen und bis in die frühen Morgenstunden des folgenden Tags dauerten. Dabei wurde „teils im großen, teils im kleinen Kellerraum“ eine Schnapsbar errichtet und in deren Bereich getrunken und laut gesungen. Anfänglich wurde mit Ziehharmonika oder Gitarre musiziert, im Lauf der Zeit fanden auch Tonträger Verwendung. Für die Durchführung solcher Veranstaltungen lagen behördliche Genehmigungen - auch in Form von Verlängerungen der Sperrstunde - und Zustimmungserklärungen des Klägers bzw seiner Rechtsvorgänger nicht vor. Vom jeweiligen Gastwirt wurde auch nie um Erlaubnis gefragt. Neben „Kaffeekränzchen“ fanden und finden in den Kellerräumen auch „spontane Zusammenkünfte zum Umtrunk und Gesang“ statt. Zu solchen Treffen kam es teilweise auch im Zusammenhang mit Ballveranstaltungen im Gasthaus. Etwa seit den letzten 10 Jahren werden keine „Kaffeekränzchen“ mehr organisiert, es finden jedoch „sporadisch andere organisierte Veranstaltungen und auch private Zusammenkünfte, wo getrunken, gesungen, musiziert und teilweise auch Musik von Tonträgern gespielt wird“, statt. Die Kellerräume dienen derartigen Veranstaltungen seit 1983. Weder der Kläger noch einer seiner Rechtsvorgänger beschwerte sich beim Beklagten oder einem seiner Rechtsvorgänger, daß deren Benützung widerrechtlich erfolge bzw eine Lärmbelästigung verursachten. Bloß einmal vor etwa 10 bis 15 Jahren rügte der Kläger, als er sich gemeinsam mit anderen Personen in der Kellerbar aufgehalten hatte, die „von dort ausgehenden Lärmbelästigungen“ und rief Gendarmeriebeamte herbei, die dann für Ruhe sorgten. Später wurde unter anderem am 2.Dezember 1995 eine organisierte Veranstaltung in den Kellerräumen abgewickelt. Im kleinen Raum befand sich eine Schnapsbude. Dort wurde schließlich eine Stereoanlage in Betrieb genommen. Infolge der Stimmung der Feiernden, ihres Alkoholkonsums und der Musik aus der Stereoanlage war es derart laut, daß Gendarmeriebeamte - nach Verständigung durch den Kläger - zwischen 0,50 Uhr und 1,20 Uhr einschreiten und bei dieser Gelegenheit für Ruhe sorgen mußten. Der Lärm dauerte jedoch nach Abschluß des Gendarmerieeinsatzes fort, weil Gäste des Beklagten die Stereoanlage noch einige Male eingeschaltet hatten. Die Veranstaltung vom 2.Dezember 1995 nahm der Kläger überdies zum Anlaß, sich erstmals beim Bürgermeister zu beschweren.
Der Kläger begehrte die Verurteilung des Beklagten, in den Kellerräumen „gastgewerbliche Veranstaltungen bzw private Unterhaltungsveranstaltungen (Parties) abzuhalten und dort Musik zu spielen“ zu unterlassen. Neben diesem Hauptbegehren erhob er noch folgende Eventualbegehren:
a) Der Beklagte habe insbesondere im kleineren Kellerraum gewerbliche bzw private Veranstaltungen (Parties) und „dort Musik zu spielen“ soweit zu unterlassen, als der Kläger infolge der deshalb durch Gelächter, Geschrei, Gesang und Musik verursachten Lärmentwicklung in seiner Ruhe gestört werde;
b) der Beklagte habe insbesondere im kleineren Kellerraum gewerbliche bzw private Veranstaltungen (Parties), „dort Musik zu spielen“ und dadurch etwa durch Gelächter, Geschrei, Gesang und Musik Lärm hervorzurufen zu unterlassen;
c) der Beklagte habe die nächtliche Ruhe des Klägers störenden Lärm in den beiden Kellerräumen in der Zeit von 21,00 Uhr bis 6,00 Uhr zu unterlassen.
Vorgebracht wurde, daß der Beklagte lediglich berechtigt sei, die Kellerräume als Lagerräume zu nutzen. Die Abwicklung von Veranstaltungen sei daher unzulässig. Überlaute Musik, Geschrei und Gesang in diesen Räumen verursachten eine empfindliche Störung der Nachtruhe des Klägers und seine Familie.
Der Beklagte wendete ein, die Kellerräume aufgrund bestehender Rechte nach seinem jeweiligen Bedarf verwenden zu dürfen. Deshalb sei auch die Durchführung gastgewerblicher Veranstaltungen und sonstiger geselliger Zusammenkünfte erlaubt. Eine Widmung, den Kellerbereich nur als Lagerraum zu nutzen, bestehe nicht. In den Kellerräumen hätten seit jeher Veranstaltungen mit Musik, Gesang, Umtrunk und lauten Unterhaltungen stattgefunden. Deren Lärmpegel entspreche dem „gewöhnlichen Maß für die örtlichen Verhältnisse“.
Das Erstgericht wies das Haupt- und die Eventualbegehren ab. Das Recht auf Nutzung der beiden Kellerräume sei als ungemessene Dienstbarkeit, die nicht auf „Lagerzwecke“ beschränkt sei, zu qualifizieren. Den Berechtigungsumfang bestimmten daher die jeweiligen Bedürfnissen des herrschenden Guts. Schranken für die Rechtsausübung ergäben sich jedoch aus der ursprünglichen Bewirtschaftungsart des herrschenden Guts. Die Anpassung an die fortschreitende technische Entwicklung ohne eine unzumutbare Mehrbelastung des dienenden Guts sei erlaubt und deshalb keine Verletzung des § 484 ABGB durch unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit. Da in den Kellerräumen zumindest seit Beginn der 60-iger Jahre immer wieder Veranstaltungen stattfänden und „diese damals in etwa dieselbe Lärmentwicklung aufwiesen wie heute“, sei im Ersatz der Ziehharmonikaspieler durch Tonträger weder eine Dienstbarkeitserweiterung noch eine Mehrbelastung des dienenden Guts zu erblicken.
Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Haupt- und der Eventualbegehren zu a) und b). Es erkannte den Beklagten jedoch schuldig, in den beiden Kellerräumen „die nächtliche Ruhe des Klägers störenden Lärm in der Zeit von 21,00 Uhr bis 6,00 Uhr zu unterlassen“, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsggenstands 50.000 S übersteige, und ließ die ordentliche Revision zu. Nach dessen Ansicht machte der Kläger sowohl einen Eigentumsfreiheitsanspruch gemäß § 523 ABGB als auch einen nachbarrechtlichen Unterlassungsanspruch gemäß § 364 ABGB geltend. Die nachbarrechtliche Haftung komme jedoch nur in Betracht, wenn der Nachbar mangels eines anderen Rechtstitels „in die durch §§ 364 ff ABGB gesetzten Schranken gewiesen werden soll“. Ein solcher Anspruch scheide hier deshalb aus, weil der Beklagte die Kellerräume aufgrund einer „Rechtseinräumung“ benütze. Dieses Recht sei als ungemessene Dienstbarkeit zu qualifizieren, fehle es doch an einer eindeutigen Bestimmung ihres Ausmaßes durch den Erwerbstitel. Der Berechtigungsumfang einer solchen Dienstbarkeit richte sich nicht nach dem Bedürfnis des herrschenden Guts im Zeitpunkt ihrer Begründung, sondern nach dem jeweiligen Bedürfnis im Rahmen der ursprünglichen oder vorhersehbaren Art der Ausübung. Diese werde durch den ursprünglichen Bestand und die ursprüngliche Bewirtschaftungsart beschränkt. Der Gebrauch des dienenden Guts dürfe an die fortschreitende technische Entwicklung angepaßt werden, solange dieses nicht erheblich schwerer belastet bzw unzumutbar beeinträchtigt werde. Ob eine ungemessene Dienstbarkeit unzulässig erweitert worden sei, ergebe sich aus den Umständen des Einzelfalls. Dabei diene die Rechtsprechung zu § 364 ABGB als Maßstab. Sollte die Benützung der Kellerräume ursprünglich auf Lagerzwecke beschränkt gewesen sein, sei die Dienstbarkeit durch „unwidersprochene Ausübung während einer Zeitdauer von mindestens 30 Jahren und damit durch Ersitzung auf die Abhaltung von Unterhaltungsveranstaltungen privater und gewerblicher Art ausgedehnt“ worden. In der Verwendung von Tonträgern zur Musikgestaltung liege keine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit, sei doch darin nur eine Anpassung an die fortschreitende technische Entwicklung zu erblicken. Obgleich der Eigentümer des herrschenden Guts in Ausübung der Dienstbarkeit „zulässigerweise Unterhaltsveranstaltungen privater und gewerblicher Art mit dem damit gewöhnlich verbundenen Lärm abhalten“ könne, sei die Entfaltung eines die Zimmerlautstärke übersteigenden Lärms als unzumutbare Beeinträchtigung des Eigentümers des dienenden Grundstücks anzusehen, wenn dieser dadurch in seiner Nachtruhe gestört werde. Eine derartige Lärmentwicklung während der Zeit der Nachtruhe (21 bzw 22 Uhr bis 6 Uhr) sei daher als gemäß § 484 ABGB unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit zu qualifizieren. Einem solchen Verhalten könne der Eigentümer des dienenden Guts mit einem Unterlassungsbegehren entgegentreten, weshalb dem dritten Eventualklagebegehren stattzugeben gewesen sei. Dieses sei hinreichend bestimmt, weil die Art der verbotenen Immission und deren Ausgangsort präzise bezeichnet worden seien. Eine Störung der Nachtruhe liege immer dann vor, wenn die objektiv gegebene Erhöhung des Grundgeräuschpegels zu einer Belästigung normal empfindender Menschen führe, sodaß deren Ruhe- und Schlafbedürfnis wesentlich gestört werde. Eine solche Beeinträchtigung der Nachtruhe des Klägers durch ungebührlichen Lärm ergebe sich aber aus den Tatsachenfeststellungen. Überdies bestehe Wiederholungsgefahr, die immer dann anzunehmen sei, wenn - wie hier - ein Zustand fortbestehe, der keine Sicherung gegen weitere Rechtsverletzungen biete.
Die Revision des Beklagten ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Bei der „ungemessenen“ Dienstbarkeit, deren Art und Umfang durch den Erwerbstitel nicht eindeutig bestimmt ist (Petrasch in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 484), sind - im Rahmen der ursprünglichen oder vorhersehbaren Art ihrer Ausübung - die jeweiligen Bedürfnisse des Berechtigten für den Umfang des Rechts maßgeblich (1 Ob 2419/96h; 1 Ob 642/95 = JUS Z 2106; JBl 1990, 584; SZ 60/160; SZ 55/125; SZ 52/99; Klang in Klang2 II 564; Petrasch aaO). Dessen Schranken ergeben sich aus dem ursprünglichen Bestand und der ursprünglichen Benützungsart, wobei eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit in einer erheblich schwereren Belastung des dienenden Guts zu erblicken ist (SZ 60/160; SZ 55/125; SZ 54/154; Klang in Klang aaO; Petrasch aaO). Solange die ungemessene Dienstbarkeit innerhalb ihrer Schranken ausgeübt wird, fehlt es jedenfalls an einer - gemäß § 484 ABGB unzulässigen - eigenmächtigen Erweiterung. Soweit dürfen die Modalitäten ihrer Ausübung auch der fortschreitenden technischen Entwicklung angepaßt werden (1 Ob 2419/96h; 1 Ob 642/95 = JUS Z 2106; 1 Ob 551/93 = JUS Z 1442 [soweit nicht veröffentlicht]; SZ 60/160). Der dadurch hervorgerufene Widerstreit der Parteiinteressen ist - geleitet vom Grundsatz einer gemäß § 484 ABGB möglichst schonenden Dienstbarkeitsausübung - nach Billigkeitsgrundsätzen zu lösen (1 Ob 642/95 = JUS Z 2106 [soweit nicht veröffentlicht]; SZ 55/125; SZ 54/154; SZ 53/149; Petrasch aaO).
Aufgrund der bereits rechtskräftigen Abweisung des Haupt- und der ersten beiden Eventualbegehren ist geklärt, daß die streitverfangene Kellerdienstbarkeit nicht auf Lagerzwecke beschränkt ist, sondern auch der Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen dient. Im Revisionsverfahren stellt sich daher nur mehr die Frage nach den Schranken dieses Sachenrechts. Eine nachbarrechtliche Haftung des Beklagten kommt dagegen, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, schon deshalb nicht in Betracht, weil die Regelungen der §§ 364 ff ABGB die Rechtsausübung des Nachbarn nur mangels anderer Rechtstitel begrenzen (SZ 67/211; SZ 58/121; SZ 56/94); im vorliegenden Fall geht es dagegen um die Schranken der Ausübung einer Dienstbarkeit aufgrund „alter Rechte“. Dem Gericht zweiter Instanz ist auch darin beizupflichten, daß die Rechtsprechung zu § 364 Abs 2 ABGB für die Bestimmung der Schranken erlaubten Lärms in Ausübung einer ungemessenen Dienstbarkeit - eine solche ist nach den Grundsätzen der einleitenden Rechtsausführungen auch hier anzunehmen - nutzbar gemacht werden kann. Der Oberste Gerichtshof sprach bereits aus, daß der Beurteilungsmaßstab für Lärmbeeinträchtigungen nicht davon abhänge, ob über ein unmittelbar auf das Gesetz gestütztes Klagebegehren gegen den Störer oder über ein solches gegen den Vertragspartner auf Vertragszuhaltung zu entscheiden ist. Welche Lärmbeeinträchtigung ein Vertragspartner noch zu dulden habe, sei durch analoge Anwendung der Grundsätze des § 364 Abs 2 ABGB zu klären (3 Ob 2413/96s [hier bezogen auf das Verhältnis Mieter/Vermieter] = RdU 1997, 90 [Wagner]). Das hat jedenfalls dann zu gelten, wenn der Störer keine weitergehenden Rechte für sich in Anspruch nehmen kann, ist doch auch der nachbarrechtliche Anspruch nach § 364 Abs 2 ABGB ein besonderer Anwendungsfall der negatorischen Klage gemäß § 523 ABGB (SZ 63/3 mzwN).
Den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die der Erregung störenden Lärms entgegenwirken sollen, kommt für die Beurteilung ortsüblicher Immissionen zur Nachtzeit besondere Bedeutung zu, kann doch nicht angenommen werden, daß die Verursachung von Lärm, der die Nachtruhe stört, das den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht überschreite und die ortsübliche Benutzung von Wohnungen nicht beeinträchtige, obwohl eine derartige Lärmerregung nach einschlägigen polizeilichen Vorschriften verboten und mit Strafe bedroht ist (SZ 67/138 = JBl 1995, 107 = RdU 1995, 91 [Kerschner] = ImmZ 1995, 78 = MietSlg 46.018).
Die Bestimmung des Art VIII EGVG 1950 ist nicht mehr Bestandteil der österreichichischen Rechtsordnung; die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten der „Wahrung des öffentlichen Anstands“ und der „Abwehr ungebührlicherweise störenden Lärms“ ist seit der B-VG - Novelle 1974 BGBl 444 Landessache. Mit dem Inkrafttreten dieser Novelle am 1.Jänner 1975 wurden die nicht schon zuvor aufgehobenen Teile des Art VIII Abs 1 lit a EGVG zu Landesrecht transformiert und sodann in allen Ländern durch besondere gesetzliche Regelungen ersetzt (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren12 23). Gemäß § 1 Abs 1 Tir Landes-PolizeiG LGBl 1976/60 idF LGBl 1993/4 ist es verboten, störenden Lärm zu erregen. Die Erregung solchen Lärms ist nach § 4 Abs 1 dieses Gesetzes eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe zu ahnden ist. Bei Vorliegen erschwerender Umstände kann gemäß § 4 Abs 2 dieses Gesetzes auch der Verfall der zur Tatbegehung verwendeten Gegenstände ausgesprochen werden, wenn diese dem Täter oder einem Mitschuldigen gehören.
Ungebührlicher störender Lärm ist aufgrund der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn der Lärm nach seiner Art bzw Intensität das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen geeignet ist und dessen Erregung nicht dem beim Zusammenleben von Menschen gebotenen Verhalten entspricht, also jene Rücksichtnahme vermissen läßt, die allgemein vorausgesetzt werden darf. Es genügt, daß die Lärmerregung objektiv - somit von unbeteiligten Personen - als störend und ungebührlich empfunden werden kann. Es kommt demnach nicht bloß auf die Lautstärke an. Zu beachten sind auch die Häufigkeit, Dauer und Zeit der Beeinträchtigung. Lärm bestimmter Intensität wird nämlich mitunter tagsüber noch nicht, wohl aber zur Nachtzeit von unbeteiligten Personen im besonderen Maß als störend empfunden (SZ 67/138 mN aus der Rsp des VwGH).
Es kann, obgleich soweit gesetzliche Vorschriften fehlen, als Richtschnur dienen, daß die Bevölkerung vorwiegend die Zeit von 22 bis 6 Uhr für die Nachtruhe in Anspruch nimmt. Innerhalb dieses Zeitraums sind selbst mit der üblichen Benützung der Räume verbundene lärmerregende und die Nachtruhe anderer Personen störende Verrichtungen zu unterlassen, sofern solche wegen der beruflichen Tätigkeit des Verursachers nur während einer Zeit vorgenommen werden könnten, in der die übrigen Hausbewohner nach allgemeinem Brauch Anspruch auf Ruhe haben. Auch die Tatsache, daß ein möglicherweise sonst zulässiges Geräusch infolge der Bauart des Hauses (namentlich mangelnder Schalldichtheit) weitergeleitet wird, geht zu Lasten des Lärmerregers (SZ 67/138 mwN).
Wird die Nachtruhe von Personen - wie hier jene des Klägers - in einer Wohngegend empfindlich gestört, ist darin also jedenfalls keine ortsübliche Immission mehr zu erblicken (RdU 1997, 90 [Wagner]; SZ 67/138). Der Beklagte versucht dem mit dem Argument zu begegnen, es sei eine derartige Intensität des Veranstaltungslärms am 2.Dezember 1995 gar nicht erwiesen. Es steht allerdings fest, daß die Gendarmerie damals nach Verständigung durch den Kläger zwischen 0,50 Uhr und 1,20 Uhr „für Ruhe sorgte“. Aufgrund der Rechtslage nach dem Tiroler Landes-Polizeigesetz war dieses Einschreiten jedoch nur nach Erregung ungebührlich störenden Lärms gerechtfertigt. Ein allenfalls rechtswidriges Verhalten von Gendarmerieorganen wurde im Verfahren erster Instanz nicht behauptet. Es fehlt auch an Tatsachenfeststellungen, die einen solchen Schluß auch nur im entferntesten rechtfertigen könnten. In der Revision wird bloß darauf verwiesen, „die Einschaltung der Gendarmerie“ sei selbst „aus nichtigem Anlaß möglich“. Darunter versteht der Beklagte offenbar die Erregung ungebührlich störenden Lärms, wären doch sonst Abhilfemaßnahmen durch die Gendarmerie gar nicht in Betracht gekommen. Schon deshalb ist davon auszugehen, daß die Nachtruhe des Klägers vom 2. auf den 3.Dezember 1995 unter Heranziehung des erörterten objektiven Maßstabs infolge Lärmverursachung in den Kellerräumen erheblich beeinträchtigt war. Soweit stellen sich daher - entgegen der Ansicht des Beklagten - keine Beweislastprobleme. Es sind aber auch die in der Revision behaupteten Feststellungsmängel nicht gegeben, sind doch der genaue Schallpegel in der Wohnung des Klägers, dessen subjektives Empfinden und die nähere Art der Störgeräusche aufgrund der dargestellten Rechtslage nicht maßgeblich.
Der Beklagte berief sich in der Verhandlungstagsatzung am 24.September 1996 (ON 13) allerdings auch darauf, es habe in den Kellerräumen seit jeher Veranstaltungen mit Musik, Gesang, Umtrunk und lauten Unterhaltungen gegeben. Der aktuelle Lärmpegel entspreche daher dem „gewöhnlichen Maß“ (für die Ausübung der Dienstbarkeit) aufgrund der örtlichen Verhältnisse. Dazu stellte das Erstgericht fest, daß bei Veranstaltungen in den Kellerräumen anfänglich mit Ziehharmonika und Gitarre musiziert wurde. Erst im Laufe der Zeit kam es zur Verwendung von „Tonträgern“. Veranstaltungen wie am 2.Dezember 1995 - mit (nach dem gedanklichen Zusammenhang der Feststellungen anzunehmender) Musikwiedergabe über die Lautsprecher von Stereoanlagen - finden seit 1983 statt. Soweit das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung überdies ausführte, daß Veranstaltungen in den Kellerräumen schon „seit Beginn der 60-iger Jahre ... in etwa dieselbe Lärmentwicklung aufwiesen wie heute“, handelt es sich nicht um eine Feststellung mit selbständiger Aussagekraft, sondern lediglich um eine Wertung festgestellter Tatsachen, die für die rechtliche Beurteilung nicht von Bedeutung ist. Das Musizieren mit Ziehharmonika und Gitarre kann nämlich - wegen der erforderlichen Spielpausen - nicht dieselbe permanente Intensität und - infolge der durch die Natur des jeweiligen Instruments begrenzten Lautstärke - auch niemals denselben Schallpegel entfalten, den die Musikwiedergabe über die Lautsprecher einer Stereoanlage ermöglicht. Schon diese durch die konkreten Feststellungen nicht in Frage gestellten Tatsachen allgemeiner Lebenserfahrung widerlegen die - auf die erörterte Wertung des Erstgerichts gestützte - Ansicht des Beklagten, im Rahmen der bestehenden Dienstbarkeit das Recht ersessen zu haben, in den Kellerräumen Veranstaltungen abzuhalten, deren Lärmentwicklung Zimmerlautstärke übersteigt und die Nachtruhe des Klägers als Bewohner des dienenden Guts stört. Die Ersitzung des Rechts zu erheblichen Mehrbelastungen des dienenden Guts erfordert die Erfüllung aller rechtlichen Voraussetzungen, so vor allem auch den Ablauf der Ersitzungszeit (1 Ob 551/93). Diese ist, da die Verwendung von Stereoanlagen zur Musikwiedergabe erst 1983 einsetzte, jedenfalls noch nicht abgelaufen, überschreiten doch „Kaffeekränzchen“ mit Ziehharmonika- und Gitarremusik samt lautem Gesang in Kellerräumen eines Hauses mit alten Gewölben und Wandstärken von 50 bis 55 cm nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht notwendigerweise die Zimmerlautstärke. Gleiches gilt für private Treffen „zum Umtrunk und Gesang“.
Überdies kann nur ein Recht ersessen werden, das nicht zwingenden Bestimmungen öffentlichen Rechts widerspricht. Da aber der vom Beklagten in Anspruch genommene Umfang der Berechtigung auch eine Lärmentwicklung wie am 2.Dezember 1995 umfaßt, diese jedoch gegen § 1 Abs 1 Tiroler Landes-PolizeiG verstieß, schiede eine Ersitzung soweit auch - mangels Fähigkeit des Gegenstands im Sinne des § 1460 ABGB - aus. Die Befugnisse aus einem beschränkt dinglichen Recht können nicht weiter reichen als der Umfang unbeschränkten Eigentums als des Vollrechts. Eine Befugnis, die der jeweilige Eigentümer des dienenden Guts im Falle unbelasteten Eigentums infolge zwingender Bestimmungen öffentlichen Rechts - hier zunächst gemäß Art VIII EGVG 1950 und später gemäß § 1 Abs 1 Tiroler Landes-PolizeiG - nicht hätte ausüben können, kann gegen ihn auch nicht ersessen werden. Auch die Abwägung widerstreitender Parteiinteressen im Sinne der einleitenden Rechtsausführungen zeitigt nicht das Ergebnis, der Dienstbarkeitsberechtigte dürfe in Ausübung seines dinglichen Rechts - nach Billigkeitsgrundsätzen - die Nachtruhe des Dienstbarkeitsverpflichteten stören. Der gegenteilige Standpunkt des Beklagten liefe geradezu auf die Bejahung einer durch die Voraussetzungen einer erholsamen Nachtruhe nicht begrenzten „Lärmerregungsservitut“ hinaus.
Soweit - so der Beklagte - die Erregung von Lärm in geringfügiger Überschreitung der Zimmerlautstärke bis zu einem bestimmten niedrigeren Schallpegel als am 2.Dezember 1995 noch nicht gegen § 1 Abs 1 Tir Landes-PolizeiG verstoßen und die Nachtruhe des Klägers nicht nachhaltig beeinträchtigt haben sollte, wäre es Sache des Beklagten gewesen, den Beweis anzutreten, daß die ungemessene Kellerservitut eine solche Lärmverursachung kraft Ersitzung erlaubte (Petrasch aaO Rz 10 zu § 523). Dieser Beweis wäre jedoch als mißlungen anzusehen, weil - wie bereits erwähnt - „Kaffeekränzchen“ mit Ziehharmonika- und Gitarremusik samt lautem Gesang und private Treffen „zum Umtrunk und Gesang“ unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Einzelfalls Zimmerlautstärke nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht notwendigerweise überschreiten müssen.
Der Revision ist aber auch nicht darin zu folgen, daß im angefochtenen Urteil der Geräuschpegel, bis zu dem der Kläger Immissionen zu dulden hätte, in konkreten Meßeinheiten auszusprechen gewesen wäre. Das Unterlassungsbegehren, dem das Berufungsgericht stattgab, genügt jenen Anforderungen, die vom erkennenden Senat in SZ 67/138 näher erörtert wurden. Daran ist festzuhalten. Dieser Ansicht wird in 3 Ob 2413/96s beigepflichtet (RdU 1997, 90 [Wagner]). Der 3.Senat kam im entschiedenen Anlaßfall schließlich nur deshalb zu einem anderen Ergebnis, weil das Berufungsgericht entgegen dem Klagebegehren nicht jenen Geräuschpegel in den Urteilsspruch aufgenommen hatte, dessen Überschreitung die beklagte Partei durch geeignete Maßnahmen verhindern sollte.
Wie sich aus den rechtlichen Erörterungen des erkennenden Senats ergibt, erkannte das Berufungsgericht alle entscheidungswesentlichen Rechtsfragen. Diese wurden auch zutreffend gelöst, weshalb der Revision ein Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist als Grundlage der Kostenbemessung nicht der Zweifelsstreitwert gemäß § 56 Abs 2 JN heranzuziehen. Der Kläger war mit einem seiner Eventualbegehren erfolgreich. Soweit ein solches Begehren - wie hier - nicht gesondert bewertet wird, entspricht dessen Streitwert jenem des Hauptbegehrens, der in der Klage angegeben wurde. Aus der unterlassenen Bewertung eines Eventualbegehrens läßt sich nämlich nur schließen, daß das Interesse des Klägers an dessen Durchsetzung nicht geringer ist, als jenes am bewerteten, jedoch gescheiterten Hauptbegehren war.
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