Normen
ABGB §33
ABGB §37
ABGB §338
ABGB §823
ABGB §824
ABGB §1392
TEG §12 Abs1
TEG §12 Abs2
ZPO §1
ZPO §267Abs1
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ABGB §823
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TEG §12 Abs1
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ZPO §1
ZPO §267Abs1
Spruch:
Für die Todeserklärung und die Beweisführung des Todes gilt das Heimatrechtsstatut des Verschollenen zum letzten Zeitpunkt, zu dem er nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat
Für einen mit Erbschaftsklage gestellten Anspruch auf eine in Österreich gelegene Liegenschaft eines Ausländers ist österreichisches Recht anzuwenden
Vor Zustellung der Erbschaftsklage kann Schlechtgläubigkeit desjenigen, der auf Grund eines Einantwortungsbeschlusses im Grundbuch als Eigentümer einer Liegenschaft eingetragen wurde, nur angenommen werden, wenn nachgewiesen wird, daß er positive Kenntnis hatte, daß ihm ein Erbrecht nicht zustehe
Die Frage, ob ein international-privatrechtlicher Tatbestand vorliegt oder vorliegen könnte, ist von Amts wegen nur dann zu prüfen, wenn sich aus der Aktenlage Anhaltspunkte dafür ergeben
Die bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes ohne Bestehen materiellrechtlicher Beziehungen ist dem österreichischen Recht fremd
Bloß unsubstantiiertes Bestreiten des Vorbringens des Gegners im Prozeß ist als Geständnis anzusehen
OGH 16. Jänner 1974, 1 Ob 211/73 (OLG Wien 5 R 100/73, LGZ Wien 37 b Cg 121/71)
Text
Sabetai M geboren 1880 gestorben am 8. Mai 1943 im Konzentrationslager Auschwitz, wohin er von Saloniki aus deportiert worden war, war Kaufmann jüdischen Glaubens in Saloniki er und seine Ehefrau Ida M, geborene N (1887 bis 1932), waren die Eltern des am 23. Jänner 1915 geborenen Dino M. Ida M und ihr Bruder Saul Guido N (1883 bis 1949) waren die beiden Kinder des Alberto N (1858 bis 1907) und seiner Ehefrau Irene (1857 bis 1929). Saul Guido N war in erster Ehe mit Corinna F (1882 bis 1930) und seit 1931 mit Elena D (geboren 1908), der nunmehrigen Nebenintervenientin auf Seite des Klägers, verheiratet. Der Kläger selbst entstammt der Ehe des Saul Guido N mit Corinna F; weitere Kinder hatte Saul Guido N nicht. Der Klager wäre nach dem Gesetz zu drei Achteln und Elena D zu einem Achtel Erbe nach Dino M, falls dieser seinen Vater Sabetai M überlebte.
Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innere Stadt-Wien, vom 22 Juli 1948, 19 A 255/48, wurde der Nachlaß des am 8. Mai 1943 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung verstorbenen Sabetai M erblasserischen Nichten und Neffen, darunter zu einem Drittel dem Beklagten dem Sohn der 1941 verstorbenen Esther C, einer Schwester des Sabetai M, eingeantwortet. Zum Nachlaß gehorten die Liegenschaften EZ 1500 KG A, EZ 167, 382 und 2987 KG L sowie EZ 1303 KG D; bei diesen Liegenschaften wurde für den Beklagten jeweils das Eigentumsrecht zu einem Drittel bücherlich einverleibt. Das Verlassenschaftsgericht war dabei davon ausgegangen, daß nach der Entscheidung des Landgerichtes Saloniki vom 27 Juni 1946 Nr. 1978/46, der Erblasser und sein Sohn Dino M am 8. Mai 1943, Dino M aber vor seinem Vater, verstorben seien. Es war daher auch der Nachlaß nach Dino M mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt-Wien vom 22. Juli 1948, 19 A 412/48, zunächst dem Nachlaß seines Vaters Sabetai M eingeantwortet worden.
Tatsächlich war mit Urteil des Landgerichtes Saloniki Nr. 1978/46 bestätigt worden, daß Dino M am 8. Mai 1943 einige Stunden vor Eintreffen des Zuges im Bahnhof von Auschwitz gestorben sei; bei Sabetai M ist es hingegen unbestritten, daß er Auschwitz noch lebend erreichte. In einem vom Beklagten eingeleiteten Einspruchsverfahren wurde jedoch das Urteil Nr. 1978/46 mit Urteil des Landgerichtes Saloniki vom 24. Juni 1956, Nr. 2035/56, außer Kraft gesetzt und nunmehr bestätigt, daß Dino M erst im Jahre 1944 in Birkenau (Polen) gestorben sei. Dieses Urteil wurde nach Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens, an dem die Streitteile dieses Prozesses beteiligt waren, mit Urteil des Oberlandesgerichtes Saloniki vom 17. Juni 1957, Nr. 355/57, bestätigt. Auf Grund des in Rechtskraft erwachsenen Urteils des Landgerichtes Saloniki Nr. 2035/56 wurde vom Sonderstandesamt Athen am 12. Feber 1962 ein Totenschein ausgestellt, in dem bestätigt wurde, daß Dino M im Jahre 1944 in Birkenau (Polen) verstorben sei.
Mit Sondervollmacht vom 7. Juni 1962 ermachtigte Elena D den Kläger, in ihrem Namen und für ihre Rechnung ihre Interessen wahrzunehmen, auch hinsichtlich ihrer rechtlichen Forderungen aus der Erbfolge nach ihrem am 18. November 1949 in Rom verstorbenen Ehegatten Guido N. Sie erklärte dem Sonderbevollmächtigten die weitestgehende vom Gesetz zugelassene Befugnis zu erteilen, damit er Anträge zeichnen und im Rahmen der Durchführung seines Mandates alles unternehmen könne, was von den zuständigen Behörden verlangt würde. Elena D erklärte daß sie
alle Maßnahmen ratifiziere, die ihr Sonderbevollmächtigter in Ausübung seiner Befugnisse ergreifen würde, ohne daß ihm Vollmachtsunzulänglichkeiten entgegengehalten werden konnten.
Die Reinerträgnisse aus den Nachlaßliegenschaften für die Zeit von 1952 bis 1971 betrugen insgesamt 2.050.799.01 S. Davon betrugen die Reinerträgnisse bis 1968 1.366.586.25 S, für 1969 27.680.74 S, für 1970 274.696.34 S und für 1971 437.197.16 S.
Der Kläger brachte im vorliegenden Prozeß vor, Sabetai und Dino M seien Griechen jüdischen Glaubens gewesen. Der Beklagte habe unter Berufung auf das Urteil des Landgerichtes Saloniki vom 27. Juni 1946, Nr. 1978, wahrheitswidrig behauptet, Dino M sei ebenfalls am 8. Mai 1943 auf dem Transport in das Konzentrationslager Auschwitz gestorben und habe seinen Vater nicht überlebt. In Wahrheit sei Dino M, wie durch Urteile griechischer Gerichte und den vom Sonderstandesamt Athen ausgestellten Totenschein erwiesen sei, erst im Jahre 1944 in Birkenau (Polen) gestorben. Nach vergleichsweiser Erledigung der Anspruche für die anderen Erben beantragte der Kläger das Urteil, der Beklagte sei schuldig, dem Kläger die Hälfte des auf den Beklagten entfallenden Drittels des österreichischen unbeweglichen Nachlasses des Sabetai M und des Dino M herauszugeben und daher einzuwilligen, daß das Eigentumsrecht des Klägers je zur Hälfte ob des je Drittelanteiles des Beklagten an den obgenannten Liegenschaften, sohin zu einem Sechstel der ganzen Liegenschaften, einverleibt werde. Die Klage wurde dem beklagten am 31. März 1961 in Saloniki zugestellt. Außerdem begehrt der Kläger seit 9. Mai 1972 in der nunmehrigen Höhe seit 31. Oktober 1972 die Bezahlung des Betrages von 341.799.83 S samt Anhang als ihm gebührender Teil der Ertragnisse der Wiener Liegenschaften seit 1952; seit 11. Jänner 1952 dem Zeitpunkt der Erhebung der Einspruchsklage gegen den Beklagten beim Landgericht Saloniki, sei der Beklagte unredlich im Sinne der §§ 824, 338 ABGB geworden. Die Hälfte des Nachlasses sei auf die Eltern des Sabetai M und deren Nachkommen, die andere auf die Eltern der Ida N und deren Nachkommen übergegangen. Dem Kläger gebürhten drei Achtel des Nachlasses, der Ehegattin des Saul Guido N Elena D ein Achtel des Nachlasses. Elena D stunde ein Achtel der streitgegenständlichen Liegenschaften zu, das der Kläger mit ihrer Zustimmung derzeit als ihr Treuhänder im eigenen Namen beanspruche.
Der Beklagte behauptet unter Hinweis auf das Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens 19 A 255/48 des Bezirksgerichtes Innere Stadt-Wien und unter Berufung auf Zeugen Dino M sei vor seinem Vater gestorben.
Das Erstgericht gab beiden Klagebegehren statt. Da Dino M seinen Vater überlebt habe, sei das Vermögen seines Vaters seinem Nachlaß zugefallen. Der Nachlaß gebühre daher den gesetzlichen Erben des Dino M. Da dieser ohne Nachkommen verstorben sei könne die Hälfte der Erbschaft auf die Eltern des Vaters und ihre Nachkommen, die andere Hälfte auf die Eltern der Mutter und ihre Nachkommen (§ 738 ABGB). Der Kläger als Sohn des Bruders der Ida M habe Anspruch auf drei Achtel des Nachlasses und seine Stiefmutter Elena D, die Witwe des Vaters des Klägers, welche bis zu dessen Tod im Jahre 1949 in aufrechter Ehe mit ihm gelebt habe, auf ein Achtel des Nachlasses. Die Sondervollmacht seiner Stiefmutter berechtige den Kläger auch, ihren Anspruch imeigenen Namen auszuüben. Den Beklagten treffe damit die Verpflichtung zur bücherlichen Übertragung der ihm eingeantworteten Liegenschaftsanteile je zur Hälfte, aber auch zur Herausgabe der von ihm seit 1952 bezogenen halben Erträgnisse, da damals der Kläger den Anspruch auf die Erbschaft dadurch geltend gemacht habe, daß er die gerichtliche Feststellung verlangt habe, Dino M habe seinen Vater Sabetai M überlebt.
In seiner Berufung rügte der Beklagte lediglich, daß sich das Erstgericht an die Entscheidung der griechischen Gerichte gebunden erachtet habe und davon ausgegangen sei, daß Dino M erst im Jahre 1944 gestorben sei.
Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Maßgeblich sei, ob die von den griechischen Gerichten getroffene Entscheidung, auf deren Grundlage der Totenschein des Sonderstandesamtes Athen ausgestellt worden sei, dem Verfahren vor dem österreichischen Gericht zugrunde gelegt werden könne. Es handle sich dabei um in einem dem inländischen Verfahren zur Beweisführung des Todes ähnlichen Verfahren getroffene Entscheidung über den Personenstand. Für die Beweisführung des Todes gelte grundsätzlich das Personalstatut des Verschollenen. Die Entscheidung des Heimatstaates des Verschollenen sei daher anzuerkennen. Voraussetzung sei lediglich die Rechtswirksamkeit der Entscheidung im Heimatstaat und die Vereinbarkeit mit dem inländischen ordre public. Ob die Entscheidung der griechischen Gerichte und demgemäß die Beurkundung des Zeitpunktes des Todes des Dino und des Sabetai M vom österreichischen Gericht anzuerkennen und seiner Entscheidung zugrunde zu legen sei, hänge davon ab, ob die Behörden des Heimatstaates entschieden hätten. Feststellungen über die Staatsbürgerschaft des Dino und des Sabetai M fehlten; es lägen zwar Behauptungen des Klägers vor, doch sei ein Beweisverfahren nicht abgeführt worden. Das Erstgericht werde den Kläger anzuleiten haben, die erforderlichen Beweismittel zum Nachweis der Staatsbürgerschaft des Dino und des Sabetai M anzubieten. An dem Verfahren vor den griechischen Gerichten sei der Beklagte im übrigen beteiligt gewesen. Da der Rechtsstreit um in Österreich gelegene Liegenschaften gehe, sei im übrigen österreichisches Recht anzuwenden. Zu beachten sei auch, daß die bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes ohne Bestehen irgendwelcher materiellrechtlicher Beziehung dem österreichischen Recht fremd sei. Das Erstgericht werde mit den Parteien noch zu erörtern haben, auf welcher materiellrechtlichen Grundlage die Geltendmachung des Anspruches der Elena D durch den Kläger beruhe. Der Anspruch auf Herausgabe der Erträgnisse werde ebenfalls nach österreichischem Recht zu beurteilen sein. Von einer Schlechtgläubigkeit werde erst nach erlangter positiver Kenntnis, daß ihm ein Erbrecht nicht zustehe, gesprochen werden können.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers und der Nebenintervenientin mit dem Antrag, ihn aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen. Der Rekurs ist berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist nicht strittig, daß Sabetai M am 8. Mai 1943 im Konzentrationslager Auschwitz verstarb. Nur darüber, ob sein Sohn Dino M vor oder nach seinem Vater starb, gehen die Auffassungen der Streitteile auseinander. Es ist aber ebenfalls unbestritten, daß das Landgericht Saloniki mit seinem rechtskräftigen Urteil Nr. 2035/56 sein zunächst dem Verlassenschaftsverfahren A 255/48 des Bezirksgerichtes Innere Stadt-Wien zugrunde gelegtes gegenteiliges Urteil Nr. 1978/46 außer Kraft setzte und sodann bestätigte, daß Dino M erst im Jahre 1944 gestorben ist, in welchem Sinne sodann auch das nach griechischem Recht hiefür zuständige Sonderstandesamt Athen am 12. Feber 1962 einen in diesem Sinne lautenden Totenschein ausstellte.
Die Todeserklärung und die Beweisführung des Todes betreffen den Personenstand des Verschollenen (SZ 27/202). Für die Todeserklärung und die Beweisführung des Todes (oder eine ähnliche Institution des ausländischen Rechtes) gilt daher das Personal- bzw. das Heimatrechtsstatut des Verschollenen (JBl. 1961, 367; SZ 28/11, SZ 25/86; dem entspricht auch Art. 6 des geltenden, allerdings erst am 23. Feber 1946 - Reg.Bl. 1946 I, 761 - in Kraft getretenen griechischen Zivilgesetzbuches, wonach sich die Verschollenheit nach dem Heimatrecht richtet; siehe hiezu Gogos, Das Zivilgesetzbuch in Griechenland) in dem letzten Zeitpunkt, in dem er nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat (Mänhart, Das internationale Personen- und Familienrecht Österreichs, 71; Gschnitzer, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechtes, 49; Wolff in Klang[2] I/1, 173;
Sabaditsch, Verschollenheit, Todeserklärung und Beweisführung des Todes 42 und in Rechtslexikon, Todeserklärung, Blatt 3/1;
Ehrenzweig[2] I/1, 106; Walker, IPR[5], 213, 219; Bolla, Grundriß des österr. IPR, 30; vgl. auch Raape, IPR[5], 192; Kegel, IPR[3], 220). In Übereinstimmung damit geht der zwischenstaatliches Recht betreffende § 12 des österreichischen Todeserklärungsgesetzes 1950 davon aus daß zur Todeserklärung grundsätzlich das Gericht des Heimatstaates zuständig ist. Daraus folgt aber, wie das Berufungsgericht bereits richtig ausführte, daß die über einen Ausländer von dem nach seinem Heimatrecht zuständigen Gericht ausgesprochene Todeserklärung bzw. der von ihm als erbracht angesehene Beweis des Todes in Österreich anzuerkennen ist; die österreichischen Gerichte haben keineswegs die Möglichkeit, die bereits vorliegende Entscheidung des Heimatstaates durch eine andere zu ersetzen (SZ 27/202; vgl. auch Gschnitzer, Bürgerliches Recht, 50; Schwimann in JBl. 1961, 369; Sabaditsch, Todeserklärung, 43; Köhler, IPR[3], 50). Wurde hingegen ein Ausländer nicht von seinem Heimatstaat, sondern von einem dritten Staat für tot erklärt, ist die Frage der Anerkennung dieser Todeserklärung nach dem Recht des Heimatstaates zu beurteilen (Raape IPR[3], 193).
War Dino M griechischer Staatsbürger, wovon das Erstgericht offenbar ausging, sind die österreichischen Gerichte also, wie auch das Berufungsgericht ausführte, an die griechische Entscheidung über den Zeitpunkt des angenommenen Todes des Dino M gebunden. Die von Schwimann geforderte Einschränkung, daß die ausländische Bestimmung mit dem österreichischen ordre public vereinbar sein müsse (vgl. dazu auch Kegel, IPR[3], 220), ist für den vorliegenden Fall ohne praktische Bedeutung, da in Griechenland etwa das gleiche Recht wie in Österreich gilt (vgl. neben Art. 6 ZGB, die Regelungen über den Beweis des Todes Art. 37 bis 39 ZGB und über die Verschollenheit Art. 40 bis 50 ZGB; siehe dazu auch Stefanopoulos, Voraussetzungen der Erbfolge nach griechischem Recht, in ZfRV 1967, 94).
Das Berufungsgericht meint nun, daß die Frage der Staatsburgerschaft des Sabetai und des Dino M noch geklärt werden müsse. Diese Klärung hält das Berufungsgericht aus rechtlichen Gründen für notwendig, wurde diese Frage doch vom Berufungsgericht aufgegriffen, ohne daß die Berufung einen Mangel geltend gemacht hätte, was bei einem Verfahrensmangel unzulassig und ebenfalls bekämpfbar wäre. Sie kann daher vom Obersten Gerichtshof unter allen Umständen noch überprüft werden. Es ist nun aber Standpunkt der Rechtsprechung, daß zwar die Frage, ob ein international-privatrechtlicher Tatbestand vorliegt oder vorliegen könnte, von Amts wegen zu prüfen ist, aber doch nur dann, wenn sich aus der Aktenlage Anhaltspunkte dafür ergeben (JBl. 1971, 39). Von einer ständig in Österreich lebenden Person wird nun aber in einem nicht nach Grundsätzen der Amtswegigkeit zu rührenden Beweisverfahren nicht ohne besonderen Anlaß geprüft werden müssen, ob sie Inländer sei. Gleiches muß aber auch für einen im Ausland lebenden Ausländer geltend. Nach der Aktenlage war Sabetai M Kaufmann in Saloniki, sein Sohn Dino wurde dort geboren und war offenbar auch ständig dort wohnhaft. Sabetai und Dino M starben nur deswegen in Polen, weil sie dorthin durch die deutsche Besatzungsmacht deportiert worden waren. Der Kläger behauptete ausdrücklich, beide seien Griechen jüdischen Glaubens gewesen; diesem Vorbringen wurde vom Beklagten kein ausdrückliches gegenteiliges Vorbringen entgegengesetzt er beschränkte sich auf eine formalhafte Bestreitungswendung. Die ergangenen Entscheidungen der griechischen Gerichte nahmen niemals auf einen internationalprivatrechtlichen Tatbestand Bezug, gingen also offensichtlich und nach der Begründung ihrer Entscheidungen unwidersprochen davon aus, daß Sabetai und Dino M griechische Staatsbürger gewesen waren. In der standesamtlichen Todesurkunde der im Jahre 1932 verstorbenen, in Italien geboren gewesenen Ehegattin des Sabetai M und Mutter des Dino M (da M, heißt es ausdrücklich, daß sie griechische Staatsangehörige war. Dies spricht dafür, daß auch ihr Ehemann die griechische Staatsbürgerschaft besaß, und beides wiederum dafür, daß dies auch für ihrem Sohn zutraf. Die Berufung behauptete denn auch mit keinem Wort, Sabetai und Dino M seien nicht Griechen gewesen. Unter diesen Umständen besteht nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes kein Anlaß, das erstgerichtliche Verfahren durch Erhebungen zu ergänzen, ob Dino M etwa doch nicht Grieche gewesen sein könnte. Selbstverständlich gilt dies auch für Sabetai M, dessen Todestag überhaupt nicht strittig ist. Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man Holzhammer, Zivilprozeßrecht/Erkenntnisverfahren 164, 194 folgt, der die Bestimmung des § 267 Abs. 1 ZPO überzeugend dahin interpretiert, daß bloßes unsubstantiiertes Bestreiten als Geständnis anzusehen sei.
Der Oberste Gerichtshof billigt die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß österreichisches Recht als sogenannte "lex rei sitae" (§§ 300 ABGB, 22 AußStrG) nicht nur dann anzuwenden ist, wenn Erbansprüche bezüglich in Österreich gelegener Liegenschaften eines Ausländers im Verlassenschaftsverfahren geltend gemacht werden, sondern auch dann, wenn sie im Wege einer Erbschaftsklage verfolgt werden (EvBl. 1961/233 und die dort zitierte Judikatur; Ehrenzweig[2] I/1, 120). Steht die Erbfolgeordnung danach zugunsten des Klägers aber bereits fest - im vorliegenden Fall spielen Testamentsformfragen bzw. das diesbezügliche Konventionsrecht (BGBl. 1963/295) keine Rolle -, ist die Rechtssache bezüglich der ihm selbst zugefallenen Liegenschaftsanteile spruchreif. Der im § 22 AußstrG normierte Vorbehalt zugunsten anderweitiger staatsvertraglicher Regelungen kommt in diesem Belang keinesfalls zum Tragen, da sich der laut JABl. 1951, 42 wieder anzuwendende Additionalartikel vom 12. Juni 1856 zu dem am 4. März 1835 mit Griechenland geschlossenen Handels- und Schiffahrtstrakte (RGBl. 1856/169) nur auf die Behandlung beweglicher Nachlässe bezieht.
Was die aktive Klagslegitimation des Klägers zu dem seiner Stiefmutter Elena D gebührenden Achtelanteil des Nachlasses betrifft, ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß nach der herrschenden Rechtsprechung die bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes ohne Bestehen irgendwelcher materieller Rechtsbeziehungen dem österreichischen Recht fremd ist (SZ 42/105 u. a.; ebenso auch, wie vom Berufungsgericht zitiert, Heller - Berger - Stix, 233 und Fasching III, 98). Für die Klageführung durch den Kläger kann auch die von Elena D gefertigte Sondervollmacht nicht ausreichen, weil der Kläger nach ihrem Inhalt Ansprüche nur in ihrem Namen geltend machen kann. Es liegt darüber hinaus aber die konkrete Prozeßbehauptung des Klägers vor, er sei Treuhänder seiner Stiefmutter. Wesensmerkmal der im österreichischen Recht im einzelnen nicht geregelten, aber zufolge des in Österreich geltenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit möglichen Treuhandschaft (SZ 26/156) ist es aber, daß der Treuhänder eigene Rechte ausübt (EvBl. 1972/19 und 122; SZ 25/249 u. a; Kastner in JBl. 1948, 306; Stanzl in Klang[2] IV/1, 789). Die Treuhand ist von der direkten Stellvertretung abzugrenzen; der Bevollmächtigte handelt im fremden Namen und für fremde Rechnung, der Treuhänder hingegen im eigenen Namen und für fremde Rechnung (EvBl. 1972/19; Kastner in JBl. 1949, 90), die zweckgebundene Beschränkung der Verfügungsgewalt des Treuhänders wirkt nicht gegen Dritte (EvBl. 1972/19; Kastner in JBl. 1948, 306). Dem Berufungsgericht ist nun insoweit beizutreten, daß allein die Tatsache der Nebenintervention grundsätzlich noch kein ausreichender Hinweis dafür sein muß, daß der Nebenintervenient damit mit allen Schritten der Partei, der der Nebenintervenient beigetreten ist, einverstanden ist. Der Nebenintervenient will aber doch den Sieg der Partei, der er beitrat, herbeiführen. Elena D will daher, daß der Kläger im vollen Umfang, also auch hinsichtlich ihres Achtels, obsiege. Die Nebenintervenientin ließ sich zudem durch den gleichen Rechtsanwalt wie der Kläger vertreten, ohne daß sie durch ihn ein von dem des Klägers abweichendes Vorbringen erstatten ließ. Es müßte also volle Willensübereinstimmung darüber bestehen, daß der Kläger auch den Anteil der Elena D für sich begehren kann. In der Behauptung der bestehenden Treuhand liegt aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes auch die Behauptung der materiellrechtlichen Übertragung des Anspruches der Elena D an den Kläger. Wenn nun auch der Beklagte in seiner Berufung die aktive Klagslegitimation des Klägers hinsichtlich des Anteiles der Elena D nicht bestritt, bestand auch für das Berufungsgericht kein Anlaß, eine nähere Prüfung der Voraussetzungen für die behauptete Treuhandschaft des Klägers anzuordnen.
Keiner Ergänzung des Verfahrens bedarf es auch zur Frage, inwieweit der Beklagte nicht nur die Liegenschaftsanteile selbst, sondern auch deren Erträgnisse seit dem Jahre 1952 herausgeben muß. Hiezu ist er verpflichtet, wenn er unredlich war (§§ 824, 335 ABGB) oder nach dem Willen des Gesetzgebers selbst bei bestehender Redlichkeit (vgl Schey - Klang in Klang; II, 101; Gschnitzer, Sachenrecht, 125) gleich einem unredlichen Besitzer behandelt wird (§§ 824, 338 ABGB). Das Erstgericht führte zum Herausgabeanspruch aus, daß der Kläger den Anspruch auf die Erbschaft dadurch geltend gemacht habe, daß er (im Jahre 1952) die gerichtliche Feststellung verlangt habe, Dino M habe seinen Vater Sabetai M überlebt. Die Berufung des Beklagten hat zwar jede Ausführung zu dieser Frage unterlassen; wird aber unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht, hat das Rechtsmittelgericht die rechtliche Beurteilung nach allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu prüfen (JBl. 1971, 39; RZ 1969
52) Fasching IV 323). Die im Jahre 1952 erhobene Klage wurde nun vor einem griechischeri Gericht eingebracht und ging nicht auf Herausgabe der Erbschaft, sondern auf Klärung einer Vorfrage, nämlich des Todes des Dino M nach dem seines Vaters. Die Anordnung der §§ 338, 824 ABGB auf Behandlung des redlichen Besitzers als unredlich, welchen Bestimmungen im derzeit geltenden griechischen Recht die dem Art 1096 ff .. 1876 ZGB entsprechen, gelten aber nur für den Zeitraum ab Zustellung der Eigentumsklage (der Klage "auf richterlichen Ausspruch zur Zurückstellung der Sache"), bzw Erbschaftsklage, die im vorliegenden Fall am 31. März 1961 erfolgte, nicht einer sonstigen Klage. Demgemäß forderte der Kläger zunächst auch nur die Herausgabe der Erträgnisse ab dem Zeitpunkt der Zustellung der gegenständlichen Klage, der dabei allerdings versehentlich mit Dezember 1960 angeführt wurde. Die Bestimmung des § 338 ABGB besagt allerdings nicht, daß jemand im Einzelfall nicht auch schon vor Klagseinbringung als unredlicher Besitzer qualifiziert werden könnte (EvBl. 1971/328; Weiß in Klang[2] III 1074). Redlich war der Beklagte nur so lange, als er guten Gewissens ("aus wahrscheinlichen Gründen": § 326 ABGB) das Nichtbestehen eines Erbrechtes des Klägers, also das Nichtüberleben des Sabetai M durch Dino M, annehmen konnte. Eine Schlechtgläubigkeit des Beklagten kann aber nur angenommen werden, wenn, wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf Weiß in Klang[2] III, 1075 dalegte, nachgewiesen wird, daß der Beklagte positive Kenntnis hatte, daß ihm ein Erbrecht nicht zustehe (so auch Art 1877 ZGB). Bei der Undurchschaubarkeit der Ereignisse in Konzentrationslagern in den Jahren 1943 und 1944 könnte eine solche Schlechtgläubigkeit des Beklagten wohl nur angenommen werden, wenn der Beklagte die Unwahrheit der Aussagen, die zum Urteil des Landgerichtes Saloniki Nr. 1978/46 geführt hatten, gekannt hätte. Nun hat der Kläger zwar unsubstantiiert behauptet das Urteil des Landgerichtes Saloniki Nr. 1978/46 sei erschlichen worden, berief sich aber nur auf die beiden Entscheidungen des Landgerichtes Saloniki Nr. 2035/56 und des Oberlandesgerichtes Saloniki Nr. 355/57, die hierüber, insbesondere den Beklagten betreffend, nichts enthalten. Allein wesentlich ist aber ohnehin nur, daß der Kläger, als er späterhin konkret die Herausgabe der Erträgnisse ab einem vor der Zustellung der gegenständlichen Erbschaftsklage liegenden Zeitpunkt begehrte, seinen Anspruch nur auf die Behauptung stützte, der Kläger habe am 11. Feber 1952 die Ungültigerklärung des Urteiles Nr. 1978/46 des Landgerichtes Saloniki begehrt, der Beklagte sei deswegen mindestens ab 11. Feber 1952 unredlich im Sinne des § 338 ABGB geworden und daher zur Herausgabe der Erträgnisse ab 11. Feber 1952 verpflichtet. Dieses Vorbringen wurde nicht ergänzt. Der Kläger leitete damit auch seinen für die Zeit vor der Zustellung der Erbschaftsklage erhobenen Herausgabeanspruch letzten Endes doch nur aus der Bestimmung des § 338 ABGB ab und behauptete keineswegs eigenes positives Wissen des Beklagten von der Unwahrheit der dem Urteil Nr. 1978/46 des Landgerichtes Saloniki zugrunde liegenden Annahme, Dino M sei vor seinem Vater gestorben. Die gesetzliche Annahme der Unredlichkeit des Beklagten nach § 338 ABGB gilt aber, wie schon dargestellt wurde, nur für die gegenständliche Klage. Auch zum Anspruch auf Herausgabe der Erträgnisse ist die Sache also insoweit entscheidungsreif, als der Kläger nur die Erträgnisse der Liegenschaften ab Zustellung der Klage an den Beklagten (31. März 1961) begehren kann, nicht aber für die Zeit davor. Da die Erträgnisse der Höhe nach an sich nicht strittig sind, sondern nur eine feststellungsmäßige Abgrenzung zum 31. März 1961 fehlt wird das Berufungsgericht voraussichtlich unschwer selbst zu einer abschließenden Entscheidung kommen können.
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