OGH 1Ob185/20t

OGH1Ob185/20t20.10.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** U*****, vertreten durch Dr. Thomas Herzka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 13.524,24 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. Mai 2020, GZ 14 R 39/20p‑23, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 23. Jänner 2020, GZ 33 Cg 19/18h‑19, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00185.20T.1020.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 913,80 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist ein behaupteter Amtshaftungsanspruch des Klägers aus seiner unterbliebenen Ernennung auf den im Juli 2016 ausgeschriebenen Arbeitsplatz eines Referatsleiters und stellvertretenden Leiters der Generalstabsabteilung 3 einer bestimmten Dienststelle. Der Kläger war in diesem Bewerbungsverfahren bestgereiht, seiner Ernennung wurde jedoch seitens des Bundeskanzleramts nicht zugestimmt. Der Arbeitsplatz wurde nicht besetzt, im Juni 2018 (mit zusätzlichen Anforderungen) neu ausgeschrieben und erst nach einer Höherbewertung (von M BO 2/7 auf M BO 1) infolge eines neuen Organisationsplans mit 1. 4. 2019 mit einem Bewerber besetzt, der den FH‑Masterstudienlehrgang Militärische Führung absolviert hatte. Der Kläger verfügt nicht über eine solche Ausbildung; er nahm von einer Bewerbung Abstand. Er hatte im Juni 2017 am Aufnahmeverfahren für einen Studienplatz für den Masterstudienlehrgang teilgenommen, die Aufnahmeprüfung aber nicht bestanden.

Das Berufungsgericht gab der vom Kläger gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil erhobenen Berufung nicht Folge und führte zusammengefasst aus, dass die Nichtbesetzung des Arbeitsplatzes nach der ersten Ausschreibung seitens des zuständigen Bundesministeriums in Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt im Hinblick auf die bereits geplante Organisationsänderung und damit einhergehende Höherbewertung des Arbeitsplatzes einen nachvollziehbaren sachlichen Grund gehabt habe. In der Unterlassung der Stellenbesetzung nach der ersten Ausschreibung liege daher kein amtshaftungsbegründender Ermessensmissbrauch. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision gemäß § 508 Abs 3 ZPO nachträglich für zulässig, weil es zur Frage, ob ein Ausschreibungsverfahren, in dem bereits ein Kandidat bestgereiht worden sei, im Hinblick auf eine erst geplante Organisationsänderung und damit einhergehende Höherbewertung des Arbeitsplatzes abgebrochen werden dürfe, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung gebe.

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (nachträglichen) Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) – wegen des Fehlens einer für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Begründung der Zurückweisung des Rechtsmittels kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

1. Grundsätzlich besteht weder auf die Ernennung zur Begründung eines öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnisses noch auf Ernennungen im Dienstverhältnis (Überstellungen, Beförderungen) ein Rechtsanspruch. Gemäß § 15 Abs 1 Ausschreibungsgesetz 1989 hat der Bewerber keinen Rechtsanspruch auf Betrauung mit der ausgeschriebenen Funktion oder dem Arbeitsplatz. Auch das BDG 1979 begründet keinen subjektiven, öffentlich‑rechtlichen Anspruch auf die Verleihung einer Planstelle (1 Ob 210/11f mwN).

Wenngleich kein subjektives Recht auf Beförderung besteht, können aus einer unterbliebenen Beförderung aber Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, wenn das Unterbleiben auf einen Missbrauch der eingeräumten Befugnisse oder auf einen Verstoß gegen tragende Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung zurückzuführen ist (RIS‑Justiz RS0102403; RS0112461). Ob ein solcher (Ermessens‑)Missbrauch vorliegt, kann nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RS0102403 [T7]; RS0112461 [T3, T8]).

2.1. Der Kläger wurde nach der ersten Ausschreibung bestgereiht und auch von der dafür zuständigen Dienststelle zur Versetzung an den ausgeschriebenen Arbeitsplatz (Beförderung) vorgeschlagen. Die beantragte Versetzung scheiterte nur daran, dass das Bundeskanzleramt nicht zustimmte. Gemäß § 3 Abs 1 BDG (Besetzung von Planstellen) in der Fassung BGBl I 2003/130 bedurften die Besetzung einer Planstelle und die Antragstellung hiefür der vorherigen Zustimmung des Bundeskanzlers.

Das Berufungsgericht verneinte einen Amtshaftungsanspruch des Klägers. Er habe kein konkretes Vorbringen erstattet, warum er die seitens des Bundeskanzleramts verweigerte Zustimmung zu seiner Versetzung als willkürlich erachte. Die Tatsache, dass nach der ersten Ausschreibung auch kein anderer Kandidat zum Zug gekommen sei und das Bundeskanzleramt ausdrücklich keinen Einwand gegen die weitere vorläufige Dienstzuteilung des Klägers auf den ausgeschriebenen Arbeitsplatz gehabt habe, zeige deutlich, dass die nicht erteilte Zustimmung zur Versetzung nicht gegen den Kläger persönlich gerichtet gewesen, sondern im Zusammenhang mit den – durchaus schon konkreten – Plänen für eine Aufwertung dieses Arbeitsplatzes gestanden sei. In der ersten Ausschreibung sei bereits der Hinweis enthalten gewesen, dass sich aufgrund der bevorstehenden Neustrukturierung eine Änderung in der Bewertung des ausgeschriebenen Arbeitsplatzes ergeben könnte. Dass das Bundesministerium in Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt nach der ersten Ausschreibung die Stelle nicht besetzt habe, habe einen nachvollziehbaren sachlichen Grund gehabt. Auch wenn die Organisationsänderung und damit eine Höherbewertung des Arbeitsplatzes erst im Jänner 2019 verfügt worden und mit 1. 4. 2019 in Kraft getreten sei, seien die Pläne jedenfalls schon so weit konkretisiert gewesen, dass in der Nichtvornahme der Stellenbesetzung nach der ersten Ausschreibung, insbesondere der Nichtbetrauung des Klägers, kein amtshaftungsbegründender Ermessensmissbrauch gelegen sein könne. Diese Beurteilung ist nicht korrekturbedürftig.

2.2. Der Kläger kann keine Vorschrift nennen, aus der sich die Pflicht ergibt, die ausgeschriebene Stelle überhaupt und bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu besetzen (vgl 1 Ob 131/15v: kein Rechtsanspruch auf ungesäumte Entscheidung über die Bewerbung), noch eine Norm, die gegen die neuerliche Ausschreibung des Arbeitsplatzes im Hinblick auf die vorgesehene Höherbewertung spricht. Entgegen seiner Meinung ist die zweite Ausschreibung keine nachträgliche Änderung der ersten, sondern ein eigenständiges Bewerbungsverfahren. Der Kläger brachte in der Klage selbst vor, seine definitive Versetzung sei nicht möglich gewesen, weil aus organisatorischen und budgetrechtlichen Gründen das zuständige Bundeskanzleramt Versetzungen auf höherwertige Arbeitsplätze nicht bewilligt habe. Er argumentiert auch in der Revision nicht, dass der Bundeskanzler seine Zustimmung willkürlich oder rechtsmissbräuchlich nicht erteilt hätte und geht auf die Rechtsausführungen des Berufungsgerichts zu § 3 Abs 1 BDG aF nicht ein. Erfolgt aber aus einem plausiblen sachlichen Grund – der geplanten Höherbewertung des Arbeitsplatzes – anlässlich der ersten Ausschreibung keine Besetzung der Stelle, kann der Kläger daraus keinen Amtshaftungsanspruch ableiten.

3.1. Im Jahr 2017 informierte ein Dienstvorgesetzter den Kläger von der Möglichkeit eines dreimonatigen Nachgraduierungskurses, mit dem er den FH‑Masterstudienlehrgang absolvieren könne („vereinfachte Nachgraduierung“), und gab ihm den Rat, diesen zu absolvieren. Der Kläger nahm auch am Aufnahmeverfahren teil, bestand dieses jedoch nicht. Zu diesem Zeitpunkt war die zweite Ausschreibung noch nicht veröffentlicht.

Das Berufungsgericht erkannte keine Verpflichtung der Dienstvorgesetzten, den Kläger darauf hinzuweisen, dass er die Aufnahmeprüfung für den Studienplatz bestehen müsse, um die von ihm angestrebte Stelle zu erhalten, sei doch zu diesem Zeitpunkt die Stelle noch gar nicht wieder ausgeschrieben gewesen. Zudem sei der Kläger zur Aufnahmeprüfung angetreten, um seine Chance für die Erlangung der angestrebten Stelle zu verbessern; offensichtlich habe er sich nach dem erfolglosen Aufnahmeverfahren damit abgefunden, dass er nicht über die nunmehr geforderte höherwertige Qualifikation verfüge, habe er sich doch auf die Neuausschreibung der Stelle nicht mehr beworben. Auch diese Rechtsansicht ist nicht korrekturbedürftig.

3.2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es habe entgegen der Ansicht des Klägers keine Verpflichtung der Dienstvorgesetzten bestanden, ihn darauf hinzuweisen, dass er die Aufnahmeprüfung für den Studienplatz bestehen müsse, um die angestrebte Stelle zu erhalten, zumal die Stelle noch gar nicht ausgeschrieben war, ist nicht korrekturbedürftig. Zudem wies das Berufungsgericht darauf hin, dass der Kläger zur Prüfung gerade deshalb angetreten sei, um seine Chancen auf die Erlangung der angestrebten Stelle zu verbessern. Dazu führt die Revision nichts aus.

4. Dass den Entscheidungen zu 1 Ob 278/04w und 1 Ob 167/16i kein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt, führte bereits das Berufungsgericht aus. Dass der Sachverhalt der letztgenannten Entscheidung mit dem gegenständlichen „nicht deckungsgleich“ ist, gesteht der Kläger zu, behauptet jedoch nur allgemein, dass die dort „ausformulierten tragenden Grundsätze der Rechtsordnung ohne weiteres“ auch auf den gegenständlichen Fall zu übertragen seien, womit er aber keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt.

5. Die Revision ist daher mangels Darlegung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die fehlende Zulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers hingewiesen.

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