OGH 1Ob1542/93

OGH1Ob1542/9322.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Pflegschaftssache mj. Marina G*****, vertreten durch die Mutter Astrid S*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Klaus M*****, vertreten durch Dr. Gerold Hirn, Dr. Burkhart Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 5. Februar 1993, GZ 2 b R 15/93-61, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 12. Jänner 1993, GZ 2 P 188/90-58, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß des Rekurses des Vaters Klaus M***** wird der Akt dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, für die Minderjährige einen Kollisionskurator zu bestellen und diesem unter Setzung einer entsprechenden Frist aufzutragen, innerhalb dieser Frist zu erklären, ob er das bisherige Verfahren als Vertreter der Minderjährigen genehmigt.

Text

Begründung

Die Mutter, die gemäß § 166 ABGB die Obsorge für die außer der Ehe geborene Minderjährige ausübt, hat am 5.9.1992 geheiratet. Die Minderjährige lebt seit 1989 mit der Mutter und deren nunmehrigem Ehegatten sowie dem in der Ehe geborenen Halbbruder im gemeinsamen Haushalt. Der Ehemann der Mutter will der Minderjährigen seinen Familiennamen geben. Der leibliche Vater hat sich dagegen ausgesprochen. Über Antrag der Mutter ersetzte das Erstgericht die mangelnde Zustimmung des Vaters zur Namensgebung gemäß § 165b Abs. 2 ABGB.

Dem dagegen erhobenen Rekurs des Vaters gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Aus Anlaß des Revisionsrekurses des Vaters war vorerst zu prüfen, ob die Minderjährige im bisherigen Verfahren überhaupt rechtswirksam vertreten war. Dies ist zu verneinen.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 165a Abs. 2 ABGB bedarf die Namensgebung außer der Zustimmung der Mutter unter anderem auch jener des gesetzlichen Vertreters des Kindes. Da die Mutter auch gesetzliche Vertreterin des Kindes ist (§§ 166, 144 ABGB), ist zu untersuchen, ob die begehrte Namensgebung jenen Geschäften zuzurechnen ist, die gemäß § 271 ABGB die Ernennung eines besonderen Kurators erforderlich machen. Der Ausdruck „Geschäfte“ im § 271 ABGB ist weit auszulegen: Voraussetzung ist, daß im konkreten Fall ein Widerstreit zwischen den Interessen des Pflegebefohlenen und seines gesetzlichen Vertreters besteht. Ein derartiger Widerstreit ist unter anderem dann anzunehmen, wenn der gesetzliche Vertreter in so nahen Beziehungen zu einer an dem Geschäft beteiligten Person steht, daß seine Unbefangenheit zweifelhaft sein kann (SZ 53/136; Ehrenzweig, System2 II/2, 341). Im Fall einer Namensgebung durch den Ehemann der Mutter gemäß § 165a ABGB kann die Mutter, die gleichzeitig auch gesetzlicher Vertreter des Kindes ist, nicht als unbefangen angesehen werden. Es besteht daher eine Kollision und damit die Notwendigkeit einer Kuratorbestellung nach § 271 ABGB (3 Ob 502/88). An diesem Erfordernis hat sich auch durch das KindRÄG und die dadurch bewirkte Stärkung der Rechtsstellung der unehelichen Mutter nichts geändert (RZ 1993/51; Pichler in Rummel ABGB2 §§ 165a bis 165c Rdz 4).

So wie die Nichtigkeitsgründe des § 477 ZPO (SZ 43/228; SZ 44/180; SZ 49/156 ua) gelten auch die Bestimmungen der §§ 6 und 7 ZPO sinngemäß im Verfahren außer Streitsachen (SZ 49/156; SZ 55/24). Aus Anlaß des vorliegenden Rekurses war daher zunächst zu versuchen, durch Bestellung eines Kollisionskurators eine Sanierung des Mangels der gesetzlichen Vertretung zu erreichen. Erst nach Vorliegen der Erklärung des Kurators, das bisherige Verfahren zu genehmigen oder nach fruchtlosem Verstreichen der dafür gesetzten Frist kann über den Rekurs meritorisch entschieden werden.

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