Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen, die im Zuspruch von 5.157,96 EUR sA, in der Abweisung von 2.000 EUR sA sowie in der Feststellung des Nichtbestehens der eingewendeten Gegenforderungen bereits in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen aufgehoben.
Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung über das Teilbegehren von 17.193,20 EUR samt Zinsen sowie die Verfahrenskosten aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit schriftlichem Vertrag vom 2. 5. 1997 vermietete der durch seinen Vater vertretene Kläger der Beklagten ein in seinem Wohnungseigentum stehendes Geschäftslokal und räumte ihr das Recht auf Benützung einer Parkfläche auf einem angrenzenden Grundstück, das je zur Hälfte in seinem und dem Eigentum seiner Gattin steht, ein. Das Mietverhältnis begann am 1. 5. 1997 und wurde für die Dauer von zehn Jahren abgeschlossen. Nachdem es vor Vertragsablauf Gespräche über eine mögliche Verlängerung des Mietverhältnisses gegeben hatte, ersuchte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 16. 4. 2007 um Verlängerung des Vertrags bis Dezember 2007. Der Kläger brachte allerdings am 15. 5. 2007 eine Räumungsklage mit der Begründung ein, die Beklagte benütze das frühere Mietobjekt titellos, nachdem der Mietvertrag Ende April 2007 geendet hätte. Die Beklagte bestritt das Räumungsbegehren und wandte unter anderem ein, sie sei nicht passiv klagelegitimiert, weil ihr Einzelunternehmen in eine GmbH eingebracht worden sei. Der Kläger sei alleine nicht klageberechtigt, weil er nicht Alleineigentümer des Mietobjekts sei, zwischen den Streitteilen sei kein rechtswirksam durchsetzbarer Endtermin vereinbart worden; schließlich sei durch die unbeanstandete Annahme der nach dem 30. 4. 2007 erfolgten Mietzinszahlungen ein unbefristetes Mietverhältnis entstanden. Nachdem in der Tagsatzung vom 20. 6. 2007 ein bedingter Vergleich geschlossen worden war, in dem sich die Beklagte verpflichtete, das Geschäftslokal bis zum 31. 12. 2007 geräumt zu übergeben, und der Kläger diesen Vergleich widerrief, kam es zu keiner Übergabe. Diese erfolgte - noch während des anhängigen Räumungsprozesses - am 30. 4. 2008, unmittelbar nachdem die Verhandlung geschlossen worden war. Mit Urteil vom 28. 7. 2008, das mangels Anfechtung in Rechtskraft erwuchs, wurde dem Räumungsbegehren unter Ausspruch der Kostenersatzpflicht der Beklagten stattgegeben.
Der Kläger begehrte nun von der Beklagten unter anderem den Ersatz des ihm durch die verspätete Räumung entstandenen Schadens; Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der begehrte Mietzinsentgang für die Monate Mai 2008 bis Februar 2009 in Höhe von 17.193,20 EUR. Dazu brachte der Kläger im Wesentlichen vor, er wäre bei rechtzeitiger bzw früherer Räumung in der Lage gewesen, das Geschäftslokal an einen konkreten Interessenten zu vermieten (das für die Monate Februar bis April 2008 begehrte Benutzungsentgelt wurde bereits rechtskräftig zuerkannt). Die Beklagte habe auch Kenntnis von der beabsichtigten Weitervermietung des Objekts an diesen Interessenten gehabt.
Die Beklagte wandte zum Grund des Anspruchs ein, es treffe sie jedenfalls kein Verschulden an der Verzögerung der Räumung. Ihre Einwendungen im Räumungsprozess seien rechtlich fundiert gewesen und hätten mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden können. Dazu führte sie (wörtlich) Folgendes aus:
„Das Räumungsbegehren wurde von der beklagten Partei bestritten und kostenpflichtige Klagsabweisung beantragt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass betreffend das Grundstück 374/2 der Kläger und Fr. Dr. Anna Maria A***** notwendige und einheitliche Streitgenossen darstellen, sodass der Kläger diesbezüglich alleine nicht klagsberechtigt ist. Weiters, dass zwischen den Streitteilen rechtswirksam ein unbedingt durchsetzbarer Endtermin, insbesondere im Sinne des § 29 (1) Zif. 3 MRG nicht vereinbart worden ist. Es liege zwar ein schriftlicher Mietvertrag bezgl. des Geschäftslokales Top 3 im Erdgeschoss des Hauses ***** verbunden mit dem Mitbenutzungsrecht einer Parkfläche auf dem Grundstück 374/2 vor, doch sei der Mietvertrag weder vom Kläger, noch von Dr. Anna Maria A***** unterfertigt worden. Selbst dann, wenn man wider Erwarten annehmen sollte, dass hinsichtlich des Räumungsgegenstands ein unbedingt durchsetzbarer Endtermin zum 30. 04. 2007 vereinbart worden wäre, was ausdrücklich bestritten werde, so habe die Beklagte auch nach dem 30. 04. 2007 den Mietzins regelmäßig monatlich an den Kläger als Mietzins überwiesen, der von diesem unbeanstandet angenommen wurde. Allein damit wäre ein unbefristetes Mietverhältnis entstanden. Weiters wurde eingewendet, dass die Einzelfirma der Beklagten 2006 in B***** GmbH eingebracht worden ist. Wobei diese sei damit der Rechtsnachfolgerin der Beklagten. Seit dieser Zeit zahle die B***** GmbH an den Kläger auch die aus dem Mietverhältnis notwendigen Zahlungen, insbesondere den Mietzins. Dem Kläger sei dieser Umstand ausdrücklich bekannt. Einwendungen von Seiten des Klägers seien dagegen nicht erhoben worden. Die Beklagte sei sohin auch aus diesem Grunde passiv nicht legitimiert. Weiters wurde eingewandt, dass die Zahlungen des Mietzinses für den Zeitraum 01. 05. 1997 - 30. 09. 2002 durch die Beklagte und vom 01. 10. 2002 - 30. 09. 2005 durch die H***** OEG bzw. Gerold P***** vom 01. 07. 2005 - 30. 09. 2005 erfolgt sind und ab 01. 10. 2005 seien die Zahlungen durch die B***** GmbH erfolgt. Sämtliche Zahlungen seien vom Kläger angenommen und dagegen keine Einwände erhoben worden. Der Kläger sei ausdrücklich in Kenntnis der Rechtsnachfolgerin im Sinne des vorgenannten Vorbringens gewesen. § 12a MRG sei nicht anwendbar und zwar auf Grund des Datums der Baubewilligung für das gegenständliche Gebäude indem sich das Mietobjekt befinde. In der Folge hat das BG ***** mit Urteil vom 28. 07. 2008 dem Beklagtenvertreter am 30. 07. 2008 zugestellt, aus dem im Urteil ersichtlichen Gründen dem Räumungsbegehren stattgegeben. Das Urteil ist am 18. 09. 2008 in Rechtskraft erwachsen. Demnach war die beklagte Partei verpflichtet das Mietobjekt gem. Urteil des BG ***** frühestens mit 18. 09. 2008 zu räumen.“
Das Erstgericht wies das Schadenersatzbegehren ab. Die gerichtliche Bestreitung des Anspruchs ziehe nur dann Schadenersatzpflichten nach sich, wenn der Bestreitende bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen hätte können, dass die Prozessführung für ihn aussichtslos ist. Ein nach materiellen Regeln rechtswidriges Verhalten werde allerdings nicht schon dadurch gerechtfertigt, dass es in Gestalt von Verfahrenshandlungen gesetzt wird. Die Bestreitung des Räumungsanspruchs durch den (früheren) Bestandnehmer im Prozess sei im Zweifel nicht rechtswidrig; vielmehr spreche die Vermutung dafür, dass die Anrufung des Gerichts gutgläubig erfolgt sei. Die Beklagte habe im Räumungsverfahren unter anderem behauptet, dass ihre Einzelfirma in eine GmbH eingebracht worden und diese somit ihre Rechtsnachfolgerin gewesen sei. Die Beklagte hätte bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht erkennen müssen, dass die darauf gestützte Einwendung ihrer fehlenden Passivlegitimation aussichtslos gewesen ist. Ihr sei im damaligen Beweisverfahren der Beweis für die Einbringung allerdings nicht gelungen, da sich dieses Vorbringen alleine auf die Einvernahme eines Zeugen gestützt habe. Auch eine Aussage des Klägers, nach der ihr Sohn das Lokal zu einem bestimmten Zeitpunkt von seiner Mutter übernommen habe, lasse die Einwendung der mangelnden Passivlegitimation zwar zweifelhaft, jedoch nicht aussichtslos erscheinen. Da die Beklagte den Räumungsanspruch somit nicht schuldhaft [zu ergänzen wohl: zu Unrecht] bestritten habe, bestehe die Schadenersatzforderung nicht zu Recht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und erklärte die Revision letztlich für zulässig. Wer aus vertretbaren Gründen glauben dürfe, dass er sich nicht in Verzug befindet, handle nicht schuldhaft. Es entspreche ständiger Judikatur, dass nur bei mutwilliger, also dem die Räumungsverpflichtung zu Unrecht Bestreitenden als Verschulden zuzurechnender, Prozessführung gehaftet werde. Eine schuldhafte Prozessführung liege seitens der Beklagten aber nicht vor. Sie habe aus vertretbaren Gründen glauben dürfen, sich nicht mehr in Verzug zu befinden, nachdem der Kläger auf ihr Ersuchen um Verlängerung des Mietverhältnisses bis Dezember 2007 nicht geantwortet, im Mietvertrag mit der vorgesehenen Nachmieterin ausdrücklich festgehalten habe, dass die Beklagte das Geschäftslokal bis spätestens 31. 12. 2007 räumen würde, und mit der Beklagten in der ersten Streitverhandlung im Räumungsverfahren einen bedingten Vergleich mit einer Räumungsverpflichtung bis zum 31. 12. 2007 abgeschlossen habe. Der Kläger habe die Beklagte auch vor Einbringung der Räumungsklage nicht aufgefordert, das Bestandobjekt rechtzeitig, nämlich bis zum 30. 4. 2007, zu übergeben. Es könne daher keine Rede davon sein, dass die Beklagte von ihrer mangelnden Berechtigung, das Bestandobjekt über April 2007 hinaus zu benützen, gewusst hätte, oder dass ihr insoweit zumindest grobe Fahrlässigkeit zu unterstellen wäre. Wer mit sachlichen Gründen einen Prozess führe, handle noch nicht schuldhaft, sodass ihn nicht die Verpflichtung zur Leistung von Schadenersatz treffe. Auch das erstattete Vorbringen zur fehlenden Einhaltung der erforderlichen Schriftform für den vereinbarten Endtermin habe allenfalls für zweifelhaft, aber keineswegs für aussichtslos gehalten werden müssen. Der Kläger habe im Verfahren erster Instanz auch nie konkret behauptet, geschweige denn nachgewiesen, dass die Beklagte den Vorprozess schuldhaft (rechtswidrig) geführt habe. Dass sich die Räumung des Bestandobjekts letztlich über den 31. 12. 2007 hinaus verzögerte, weshalb der Mietvertrag zwischen dem Kläger und der vorgesehenen Nachmieterin aufgelöst wurde, habe sich der Kläger selbst zuzuschreiben, weil er den Räumungsvergleich widerrufen hat. Es hätte ihm bewusst sein müssen, dass er sich dadurch selbst der Möglichkeit begab, bis 31. 12. 2007 über einen rechtskräftigen Räumungstitel zu verfügen. Da der geltend gemachte Schadenersatzanspruch am fehlenden Verschulden der Beklagten scheitere, erübrigten sich Feststellungen zur Kausalität, Adäquanz und Schadenshöhe.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, wen die Beweislast für eine schuldhafte Führung eines Räumungsprozesses bzw für eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Gerichts trifft, uneinheitlich sei. Überdies sei unklar, wie die vom Obersten Gerichtshof auch betreffend die Bestreitung eines aus ein einem Mietvertrag resultierenden Räumungsanspruchs generell angenommene Vermutung, dass die Anrufung des Gerichts gutgläubig erfolge, mit § 1298 ABGB in Einklang zu bringen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig. Sie ist mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.
Da die Revisionsgegnerin (zutreffend) nicht in Frage stellt, dass eine Schadenersatzpflicht des sich materiell rechtswidrig Verhaltenden nach ständiger Rechtsprechung dann besteht, wenn er sich trotz erkennbarer Aussichtslosigkeit in den Prozess eingelassen hat und auch fahrlässiges Verhalten haftungsbegründend ist, wenn der eingenommene Prozessstandpunkt bei gehöriger Sorgfalt für aussichtslos gehalten werden musste, erübrigt es sich, auf diese Rechtsfragen (vgl dazu nur RIS-Justiz RS0022840) näher einzugehen, auch wenn in der Rechtsprechung die Fälle des eigenständigen zivilrechtlichen Delikts der rechtsmissbräuchlichen (erkennbar aussichtslosen) - zumindest potentiell schädigenden - Prozessführung und der in einem Prozess fortgesetzten Verletzung vertraglicher Pflichten nicht immer ausreichend auseinandergehalten werden (ausführlich dazu Lovrek, Schadenersatz für Prozesshandlungen im Wohnrecht, wobl 2000, 281 ff). Hier geht es darum, ob der Beklagten der (subjektive) Vorwurf zu machen ist, sie hätte bei pflichtgemäßer Sorgfalt ihre Räumungsverpflichtung erkennen und dieser entsprechen müssen, anstatt sich auf einen erkennbar aussichtslosen Prozess einzulassen.
Zu Unrecht vermeint die Revisionsgegnerin allerdings, es treffe stets den Geschädigten die [Behauptungs- und] Beweislast dafür, dass sich der Schädiger im Hinblick auf die Erfolgsaussichten seiner (im Prozess vertretenen) Rechtsansicht im soeben dargestellten Sinn schuldhaft verhalten hat. Vielmehr haben sowohl das Berufungsgericht als auch der Revisionswerber aufgezeigt, dass auch eine Reihe von Entscheidungen existiert, in denen der Oberste Gerichtshof bei einem vertragswidrigen Verhalten eines Vertragspartners, das nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen dem § 1298 ABGB zu unterstellen ist, aussprach, es ändere sich auch dann nichts an der Beweislastverteilung nach dieser Gesetzesstelle, wenn dieses Verhalten - hier die Verweigerung der nach dem Vertrag geschuldeten Rückgabe des Bestandobjekts - im Prozess fortgesetzt wird (so etwa 7 Ob 583/92; 7 Ob 115/97f = wobl 1998/160 [abl Iro]).
Nach Auffassung des erkennenden Senats ist dieser Judikaturlinie jedenfalls in jenen Fällen zu folgen, in denen der eingetretene Schaden darauf beruht, dass der schädigende Vertragspartner eine vertragliche (Erfolgs-)Verbindlichkeit verletzt, und zwar ungeachtet dessen, ob sein rechtswidriges - in der Regel in einer Unterlassung bestehendes - Verhalten ohne Konnex zu einem Prozess stattfindet oder ob dieses in einem (regelmäßig vom Gegner angestrengten) Prozess fortgesetzt wird, in dem der Schädiger (weiterhin) zu Unrecht die Rechtsauffassung vertritt, er sei zu dem von ihm geforderten Verhalten nicht verpflichtet. In diesem Sinne wurde etwa in der Literatur gerade zur Bestreitung einer tatsächlich bestehenden Räumungsverpflichtung vertreten, eine Sonderbehandlung des in Verzug befindlichen Schuldners nur deshalb, weil sich der Verzug (auch) in Verfahrenshandlungen manifestiere, sei durch nichts gerechtfertigt, zumal die Rechtswidrigkeit in der Unterlassung der zeitgerechten Bewirkung der Leistung und nicht etwa in der Bestreitung in einem Verfahren liege; auch wenn der Mieter erst nach Durchführung eines Räumungsprozesses räumt, müsse der Vermieter nur die Kausalität und den Schadenseintritt behaupten und beweisen, der Mieter hingegen die mangelnde Vorwerfbarkeit seines rechtswidrigen Verhaltens (Lovrek aaO ua mit Hinweis auf M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozeß 100 f; vgl auch Reischauer in Rummel³ II/2a § 1305 ABGB Rz 6). Anderes gelte nur für jene Fälle, in denen eine Schädigung ausschließlich durch eine Verfahrenshandlung bewirkt werde.
Auch die Revisionsgegnerin vermag nicht nachvollziehbar darzustellen, warum es sachgerecht sein sollte, auch in den an sich § 1298 ABGB unterfallenden Situationen einer Vertragsverletzung die Behauptungs- und Beweislast je nachdem unterschiedlich zu verteilen, ob es um eine Schädigung außerhalb eines Prozesses geht oder ob das rechtswidrige Verhalten - idR der Verzug - durch entsprechende (objektiv unrichtige) Einwendungen in einem Zivilverfahren fortgesetzt wird. Dieser Ansatz würde im Übrigen zu dem eigenartigen Ergebnis führen, dass bis zur Einleitung des Prozesses § 1298 ABGB anzuwenden wäre, ab dem Zeitpunkt der Beteiligung des Schädigers am Verfahren die Behauptungs- und Beweislast für die das Verschulden begründenden Tatsachen hingegen den Gegner träfe, obwohl es doch stets um die gleiche Frage geht, nämlich darum, ob dem rechtswidrig handelnden Vertragspartner deshalb ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann, weil er zu Unrecht die Auffassung vertreten hat, er sei zu dem von ihm geforderten Verhalten materiellrechtlich nicht verpflichtet. Nach Auffassung des erkennenden Senats trifft der der Beweislastumkehr des § 1298 ABGB zu Grunde liegende Gedanke beide Fallgruppen gleichermaßen. Ein Vertragspartner, dessen rechtswidriges Verhalten feststeht, soll aufgrund der Sonderbeziehung zum Geschädigten die Obliegenheit haben, Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, die ein mangelndes Verschulden am vertragswidrigen Verhalten begründen, wenn er sich auf einen solchen Ausnahmefall berufen will. Typischerweise hat auch nur er ausreichenden Einblick in die konkreten Umstände, die zur Vertragsverletzung geführt haben, wogegen der geschädigte Vertragspartner in der Regel auf bloße Spekulationen darüber angewiesen wäre. Das gilt genauso für jene Fälle, in denen das rechtswidrige Verhalten im Prozess fortgesetzt und in diesem mit Argumenten bestritten wird, die sich schließlich als unrichtig erweisen. Auch hier ist regelmäßig nur die betreffende Prozesspartei in der Lage, nachvollziehbar darzulegen, warum sie in vertretbarer Weise der Auffassung sein durfte, ihre Argumente könnten doch stichhaltig sein, was insbesondere für Einwendungen gilt, die ohne detaillierte Sachverhaltsgrundlage erhoben werden. Der teilweise in der Judikatur (etwa 1 Ob 523/78 = MietSlg 30.240) vertretenen Auffassung, die Bestreitung des Räumungsanspruchs durch den (früheren) Bestandnehmer im Prozess sei im Zweifel nicht rechtswidrig, vielmehr spreche die Vermutung dafür, dass die „Anrufung“ des Gerichts gutgläubig erfolgte, ist daher nicht zu folgen. In den von § 1298 ABGB erfassten Fällen ändert sich an der Behauptungs- und Beweislast des Schädigers für das fehlende Verschulden des rechtswidrig Handelnden auch dann nichts, wenn dieses Verhalten in einem Prozess gesetzt (oder fortgesetzt) wird.
Zu Recht weist der Revisionswerber nun darauf hin, dass der Beklagten ausgehend vom festgestellten Sachverhalt und ihren Prozessbehauptungen der Beweis fehlenden Verschuldens nicht gelungen ist. Dabei ist besonders darauf hinzuweisen, dass die Beklagte 14 Tage vor dem vertraglich vereinbarten Ablauf des Mietvertrags den Kläger um eine Verlängerung bis Jahresende ersucht hat. Daraus ist abzuleiten, dass sie jedenfalls zu diesem Zeitpunkt noch die - zutreffende - Rechtsansicht vertrat, der Kläger sei Vermieter, sie sei Mieterin und der Vertrag ende vereinbarungsgemäß am 30. 4. 2007. Dass die Beklagte später aus vertretbaren Erwägungen der Ansicht sein hätte dürfen, all dies könne nun mit Aussicht auf Erfolg in Frage gestellt werden, hat sich im Verfahren nicht ergeben:
Die Einwendung, es sei im schriftlichen Mietvertrag ein Endtermin nicht wirksam vereinbart worden, war an den Haaren herbeigezogen. Nach den Feststellungen wurde der Mietvertrag auf Seiten des Vermieters vom Vater des Klägers in dessen Namen unterfertigt. Die Beklagte hat das Bestehen einer Vollmacht auch nicht in Zweifel gezogen und ist von einem an sich wirksamen Mietvertrag ausgegangen. Wie es in Einklang zu bringen sein sollte, zwar den schriftlichen Mietvertrag, nicht aber die darin enthaltene Vereinbarung über den Endtermin als wirksam anzusehen, bleibt vollkommen unerfindlich.
Ähnliches gilt für den Einwand, der Kläger sei nicht allein klageberechtigt, weil auch seine Gattin Miteigentümerin jenes Grundstücks ist, auf dem sich die mitvermietete Parkfläche befunden hat. Bei einem Mietvertrag handelt es sich um ein obligatorisches Rechtsgeschäft, in dem sich der Vermieter verpflichtet, dem Mieter für die vorgesehene Zeit die ungehinderte Benützung des Mietobjekts zu verschaffen. Dies ist im vorliegenden Fall unbestrittenermaßen auch geschehen. Ob der Vermieter selbst Eigentümer des Bestandobjekts oder aber aus sonstigen Gründen berechtigt und in der Lage ist, dem Mieter den Gebrauch des Mietobjekts zu gewähren, ist ohne Bedeutung. Waren aber nun Vertragsparteien des Mietvertrags allein die in der schriftlichen Urkunde als Vermieter und Mieterin genannten Personen (vgl dazu nur RIS-Justiz RS0013785), war der Kläger auch alleine dazu legitimiert, von der Beklagten die Räumung des Bestandobjekts nach Ablauf des Mietvertrags zu verlangen. Warum darüber vernünftige Zweifel bestehen könnten, ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung auch nicht einmal angedeutet.
Der Einwand, die Beklagte sei nicht passiv klagelegitimiert gewesen, weil sie ihre Mieterstellung durch Einbringung ihrer „Einzelfirma“ in eine GmbH verloren habe, hätte - wie dargelegt - schon deshalb einer besonderen Begründung bedurft, weil die Beklagte ja noch rund zwei Wochen vor Beendigung des Mietvertrags im eigenen Namen um eine Verlängerung ersucht und dabei in keiner Weise angedeutet hatte, dass sie nicht mehr Mieterin wäre. Auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt diese Einbringung vor sich gegangen sein sollte, hat die Beklagte im Vorprozess ebenso wenig konkretisiert wie ihre Behauptung, der Kläger hätte von dieser Einbringung Kenntnis gehabt. Auch im vorliegenden Verfahren blieb jegliches konkretes Vorbringen in diese Richtung aus. Aus dem Umstand, dass sich die Beklagte im Vorverfahren gar nicht ernstlich bemühte, die behauptete Einbringung nachzuweisen und etwa nicht einmal ihre eigene Parteienvernehmung als Beweismittel anbot, kann der Schluss gezogen werden, dass sie selbst in keiner Weise von der Richtigkeit dieser Prozesseinwendung überzeugt war. Darüber hinaus übersieht die Beklagte offenbar, dass sie im Falle einer tatsächlich stattgefundenen Einbringung, die zu einer Vertragsübernahme geführt hätte, jedenfalls verpflichtet gewesen wäre, den Kläger als ihren bisherigen Vertragspartner darüber unmissverständlich zu informieren. Dass sie dies getan hätte bzw auf welche Weise der Kläger sonst verlässliche Kenntnis davon erlangt haben sollte, wurde nie konkret dargelegt.
Geradezu mutwillig war schließlich die Einwendung, ein unbefristetes Mietverhältnis wäre dadurch entstanden, dass der Kläger auch nach dem 30. 4. 2007 den von der Beklagten regelmäßig monatlich überwiesenen Mietzins unbeanstandet angenommen habe. Abgesehen davon, dass sich die Beklagte mit diesem Vorbringen in Widerspruch zu ihrer Behauptung setzt, die Überweisung der Mietzinse sei zuletzt durch die GmbH erfolgt, ist in keiner Weise nachvollziehbar, warum es durch die Annahme der Zahlungen zum Entstehen eines (neuen?) Mietverhältnisses hätte kommen können. Dass der Kläger die eingelangten Geldbeträge behalten hat, lässt sich leicht damit erklären, dass er naturgemäß nicht gewillt war, die Weiterbenützung des Mietobjekts nach Beendigung des Vertrags ohne jegliche Vergütung zu dulden, wobei auch kein Zweifel daran bestehen kann, dass ihm Ansprüche auf bereicherungsrechtliches Benützungsentgelt zustanden. Darüber hinaus hat er mit der Einbringung der Räumungsklage rund zwei Wochen nach Ablauf des Mietvertrags mit nicht zu überbietender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass er von einer endgültigen Beendigung des Vertrags ausgeht und keinesfalls mit einer Verlängerung oder der Begründung eines neuen Mietvertrags einverstanden ist. Unter diesen Umständen wäre die Annahme der Beklagten, ein Mietvertrag habe auch nach dem 30. 4. 2007 bestanden, gänzlich unvertretbar.
Letztlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass das Gesamtverhalten der Beklagten den Schluss nahe legt, dass es ihr nicht um die sachliche Klärung strittiger Rechtsstandpunkte im Prozess, sondern vielmehr darum ging, das Bestandobjekt länger zu nützen, als dies der vertraglichen Vereinbarung entsprach. So hat sie den Vorprozess - etwa im Zusammenhang mit der behaupteten Einbringung ihres Einzelunternehmens in eine GmbH - keineswegs konsequent und zielstrebig geführt, weshalb es insoweit zu einer Negativfeststellung kommen musste. Darüber hinaus erfolgte die Räumung des Objekts noch während des in erster Instanz anhängigen Verfahrens und es blieb auch das klagestattgebende Urteil einschließlich der die Beklagte belastenden Kostenentscheidung unbekämpft. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Beklagte zwar nach Vorliegen des Urteils offenbar überzeugt war, ihre Räumungsverpflichtung zu Unrecht bestritten zu haben, während des Verfahrens hingegen ohne Verschuldensvorwurf der Ansicht sein hätte dürfen, das Klagebegehren sei unberechtigt.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann dem Kläger keinesfalls vorgeworfen werden, er hätte durch den Widerruf des bedingten Vergleichs gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Auch nach dem Vergleichswiderruf oblag es allein der Beklagten ihrer Räumungsverpflichtung so rasch wie möglich nachzukommen. Der Kläger musste auch nicht damit rechnen, dass die Beklagte nach dem Vergleichswiderruf ihr rechtswidriges Verhalten fortsetzen würde; ebenso wenig steht fest, dass im Falle der Rechtswirksamkeit des Vergleichs - mit dem der Kläger weitgehend auf seine Kostenersatzansprüche verzichtet hätte - tatsächlich eine Räumung bis Ende des Jahres 2007 erfolgt wäre, wovon das Berufungsgericht aber ersichtlich ausgeht; Derartiges hat nicht einmal die Beklagte selbst behauptet.
Das Berufungsgericht hat ausgehend von seiner vom erkennenden Senat nicht geteilten Rechtsansicht, es mangle am Verschulden der Beklagten, ausgeführt, dass sich Feststellungen zur Kausalität, Adäquanz und Schadenshöhe erübrigten. Da dies bei Bejahung des Schadenersatzanspruchs dem Grunde nach aber nicht der Fall ist, wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren die erforderlichen Feststellungen zu treffen und über das noch zur Beurteilung anstehende Klagebegehren neuerlich zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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