Spruch:
I. Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Übrigen bestätigt werden, werden dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts in seinen Punkten 2. und 3.b) wie folgt zu lauten hat:
„2. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 4.685 EUR samt 4 % Zinsen aus 4.625 EUR ab dem 19. 3. 2009 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
3.b) Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 1.415,41 EUR samt 4 % Zinsen aus 1.375 EUR ab dem 19. 3. 2009 zu bezahlen, wird abgewiesen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
II. Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 373,68 EUR (darin enthalten 62,28 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
und
Text
Begründung
Die Parteien sind verheiratet; ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Der Kläger ist schwedischer Staatsangehöriger, die Beklagte indonesische Staatsbürgerin. Der gewöhnliche Aufenthalt beider Parteien ist in Österreich. Der Ehe entstammt ein am 10. 4. 2001 geborener Sohn, mit dessen Obsorge allein der Kläger betraut ist. Die Beklagte darf ihr Recht auf persönlichen Verkehr zum gemeinsamen Kind nur im Rahmen eines Besuchercafs ausüben. Die Kosten dafür betragen 42 EUR in der Stunde. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte bezahlten je die Hälfte dieser Kosten und wendeten dafür monatlich je 168 EUR auf.
Der Kläger ist auch für einen am 7. 10. 2008 unehelich geborenen Sohn sorgepflichtig, dessen Vaterschaft er anerkannte.
Mit gerichtlichem Vergleich vom 20. 11. 2006 verpflichtete sich der Kläger, der Beklagten beginnend mit 1. 12. 2006 bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 600 EUR zu bezahlen sowie die Kosten von einer Stunde pro Woche für das Besuchercaf zu tragen. Als Unterhaltsbemessungsgrundlage wurde ein Nettoeinkommen des Klägers von 3.259,83 EUR zwölf Mal jährlich herangezogen. Weiters wurde im Vergleich vereinbart, dass die Beklagte berechtigt sei, bis zu 500 EUR im Monat zu verdienen, ohne dass dies ihren Unterhaltsanspruch mindern würde.
Der Kläger leistete der Beklagten - entsprechend dem Unterhaltsvergleich - von Juni 2008 bis einschließlich März 2009 jeweils einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 600 EUR (gesamt 6.000 EUR).
Mit einstweiliger Verfügung gemäß § 382a EO vom 13. 2. 2009 wurde die Beklagte verpflichtet, zum Unterhalt des gemeinsamen Kindes beginnend mit 1. 2. 2009 bis zur rechtskräftigen Beendigung des Unterhaltsfestsetzungsverfahrens einen vorläufigen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 112,70 EUR zu zahlen. Das Unterhaltsfestsetzungsverfahren betreffend Unterhaltsansprüche des gemeinsamen Kindes ist anhängig. Die Beklagte erbrachte über die vorläufigen Unterhaltsverpflichtungen hinausgehende Unterhaltsleistungen für das gemeinsame Kind, und zwar in den Monaten Februar und März 2009 jeweils insgesamt 169,05 EUR, im Juni 2009 insgesamt 280 EUR und in den Monaten Juli und August 2009 jeweils insgesamt 120 EUR.
Von 1992 bis 30. 11. 2008 war der Kläger bei der S***** AG ***** beschäftigt. Die Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgte einvernehmlich. Er erhielt anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung von netto 40.521,58 EUR ausbezahlt. Das zuvor bezogene monatliche Nettoeinkommen betrug durchschnittlich 3.535 EUR. Vom 23. 1. bis 1. 10. 2010 bezog der Kläger einschließlich des Familienzuschlags für zwei Personen Arbeitslosengeld von (täglich) 44,81 EUR.
Die Beklagte war von Mai 2008 bis Mai 2009 bei einer GmbH beschäftigt. Dieses Dienstverhältnis wurde einvernehmlich aufgelöst, weil das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet. Im Zeitraum Juni 2008 bis einschließlich April 2009 verdiente sie durchschnittlich monatlich 1.615 EUR. Der Bezug für Mai 2009 von 1.835,65 EUR wurde ihr bislang nicht ausbezahlt.
Ab dem Wintersemester 2008/2009 absolvierte die Beklagte einen dreisemestrigen berufsbegleitenden Masterstudiengang an einer Fachhochschule. Sie bezog vom 26. 5. bis 12. 10. 2009 Arbeitslosengeld in der Höhe von täglich 25,75 EUR. Seit 1. 4. 2010 bezieht sie Notstandshilfe von täglich 1,51 EUR.
Nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses gelang es der Beklagten, die der deutschen Sprache „nur mäßig mächtig“ ist, trotz zahlreicher Bemühungen und Bewerbungen nicht, wieder einen Arbeitsplatz zu finden. Aus berufskundlicher Sicht gibt es für sie auch bei intensivster Arbeitsplatzsuche aufgrund der Arbeitsmarktlage unter Berücksichtigung ihrer Qualifikation und ihres Alters bis Ende 2011 keine „Arbeitsplatzrealisierungsmöglichkeit“.
Der Kläger stellte das Feststellungsbegehren, dass die Beklagte ab 1. 4. 2009 keinen Unterhaltsanspruch gegen ihn habe, und forderte von ihr die Rückzahlung von 6.100,41 EUR seit 19. 3. 2009. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, bei ihm sei von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von 3.260 EUR auszugehen, während die Beklagte seit Juni 2008 durchschnittlich monatlich rund 1.640 EUR verdiene. Die Beklagte leiste einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 112,70 EUR für das gemeinsame Kind, sodass für die Zeit bis einschließlich Februar 2009 der Abzug für die Sorgepflicht für den gemeinsamen Sohn 8 % und danach 6 % betrage. Weiters sei ab 1. 11. 2008 die weitere Sorgepflicht des Klägers für ein uneheliches Kind mit einem zusätzlichen Abzug von 4 % zu berücksichtigen. Die Beklagte habe seit 1. 6. 2008 keinen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kläger und sei auch verpflichtet, die erhaltenen Unterhaltsleistungen von 6.000 EUR für den Zeitraum Juni 2008 bis März 2009 samt kapitalisierter Zinsen bis 18. 3. 2009 von 100,41 EUR zurückzuzahlen, weil sie die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verschwiegen habe. Sie habe ihren Unterhaltsanspruch auch verwirkt, weil sie bis zur Festsetzung des einstweiligen Unterhalts Anfang Februar 2009 keinen Unterhalt für den gemeinsamen Sohn geleistet habe. Sie habe ihr Beschäftigungsverhältnis absichtlich aufgegeben und sei daher auf ihr bisheriges Einkommen anzuspannen.
Die Beklagte wendete nur ein, ihr monatliches Nettoeinkommen habe von Juni 2008 bis Februar 2009 1.580 EUR betragen und sie könne ab März 2009 lediglich 1.100 EUR verdienen. Aufgrund eines Studiums sei es ihr nicht möglich und zumutbar, mehr als 25 Wochenstunden zu arbeiten.
Das Erstgericht stellte fest, dass die Beklagte für April 2009 keinen über 35 EUR hinausgehenden Unterhaltsanspruch gegen den Kläger habe (1.), verpflichtete sie, dem Kläger 4.625 EUR sA zu bezahlen (2.), und wies die Mehrbegehren, es werde festgestellt, dass die Beklagte für April 2009 überhaupt keinen sowie ab 1. 5. 2009 keinen Unterhaltsanspruch gegen den Kläger habe (3.a), und die Beklagte schuldig sei, dem Kläger weitere 1.475,41 EUR sA zu bezahlen (3.b), ab. Rechtlich führte es aus, dass nach § 18 Abs 1 Z 2 IPRG österreichisches Recht anzuwenden sei. Die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses durch die Beklagte und das daraus erzielte Einkommen rechtfertige grundsätzlich die Neubemessung ihres Unterhaltsanspruchs ab Juni 2008. Auszugehen sei von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage des Klägers von 3.535 EUR (infolge der auf die Folgemonate aufzuteilenden Abfertigung auch über den 30. 11. 2008 hinaus) und einem zu berücksichtigenden Einkommen der Beklagten von Juni 2008 bis April 2009 von monatlich 1.615 EUR sowie von Juni 2009 bis September 2010 von 785 EUR. Aufgrund der konkurrierenden Sorgepflichten habe die Beklagte für den Zeitraum Juni 2008 bis einschließlich Oktober 2008 einen Unterhaltsanspruch von 36 % des gemeinsamen Einkommens abzüglich ihres Eigeneinkommens (somit monatlich 240 EUR), ab November 2008 von 32 % des gemeinsamen Einkommens abzüglich ihres Eigeneinkommens und in der Zeit, in der sie kein anrechnungsrelevantes Einkommen erziele, von 25 % des Einkommens des Klägers. Für die Zeit von November 2008 bis April 2009 ergebe sich ein Unterhaltsanspruch von lediglich monatlich 35 EUR. Die vom Kläger begehrte Verdoppelung des Abzugs für den gemeinsamen Sohn sei nicht berechtigt. Die Beklagte sei ab Juni 2008 leistungsfähig; sie könne auch rückwirkend zu einer entsprechenden Unterhaltsleistung für den gemeinsamen Sohn verpflichtet werden. Der vom Pflegschaftsgericht festgesetzten vorläufigen Unterhaltsverpflichtung sei die Beklagte nachgekommen. Weiters habe sie zum Teil auch höhere Geldleistungen erbracht.
Der Kläger habe der Beklagten von Juni 2008 bis März 2009 4.625 EUR zu viel Unterhalt geleistet [5 x 360 EUR zuzüglich 5 x 565 EUR]. Da die Beklagte einen gutgläubigen Verbrauch der Unterhaltszahlungen nicht behauptet habe und ein solcher auch nicht vorliege, habe sie diesen Betrag dem Kläger zurückzuzahlen. Die Nebenforderung (kapitalisierte Zinsen) bestehe nicht zu Recht, weil die gesetzlichen Zinsen erst ab Geltendmachung (Klagseinbringung) zustünden. Das Feststellungsbegehren sei nur für den Monat April 2009 und insofern auch nur für die 35 EUR übersteigende Unterhaltsverpflichtung berechtigt.
Das Berufungsgericht gab den von beiden Parteien erhobenen Berufungen nicht Folge und ließ die ordentliche Revision zu. Die vom Kläger begehrte „Verdoppelung des Abzugs“ wegen seiner Sorgepflicht für den gemeinsamen Sohn sei nicht berechtigt. Der Entscheidung 1 Ob 117/02s liege ein atypischer Sachverhalt zu Grunde, wofür hier Anhaltspunkte fehlten. Für jedes neben der „geschiedenen“ Ehefrau unterhaltsberechtigte Kind sei ein Abzug in der Höhe von 4 % vorzunehmen. Der „endgültige“ Unterhaltsanspruch des gemeinsamen Kindes gegenüber der Beklagten sowie Lohnsteuerrückerstattungsbeträge der Beklagten seien nicht relevant. Der Kläger behaupte im Zeitraum 1. 6. 2008 bis 1. 4. 2009 eine (endgültige) Unterhaltspflicht der Beklagten gegenüber dem gemeinsamen Sohn in der Höhe des Regelbedarfs, weshalb gerade nicht vom Vorliegen atypischer Verhältnisse auszugehen sei. Da dem Kläger nur die gesetzlichen Zinsen ab Geltendmachung (Klagseinbringung) zustünden, sei sein Begehren auf kapitalisierte Zinsen nicht berechtigt. Das „festgestellte Verhalten“ der Beklagten habe nicht das ausreichende Gewicht einer Verfehlung „im Sinn des § 74 EheG“ erreicht, welche die Aufrechterhaltung des Unterhaltsanspruchs für den Verpflichteten „grob unbillig“ erscheinen lassen könnte. Da der Beklagten im Mai 2009 der Lohn von 1.835 EUR nicht zugekommen sei und nicht verifizierbar sei, ob die Einbringlichmachung jemals gelungen wäre, sei nicht vom Bezug eines Einkommens der Beklagten in dieser Höhe auszugehen. Das erstmalige Vorbringen der Beklagten, dass der im Unterhaltsvergleich festgesetzte „Freibetrag“ von 500 EUR „von ihrer Unterhaltsbemessungsgrundlage“ in Abzug gebracht hätte werden müssen, stelle eine unbeachtliche und unzulässige Neuerung dar.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil - soweit überblickbar - Rechtsprechung zur Frage fehle, ab wann zurückzuzahlende Unterhaltsleistungen zu verzinsen seien.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig und teilweise berechtigt. Die Revision der Beklagten ist nicht zulässig.
Voranzustellen ist, dass § 18 IPRG das auf die „persönlichen Rechtswirkungen der Ehe“ anzuwendende Recht regelt. In den Anwendungsbereich der Bestimmung fällt insbesondere die Frage der Unterhaltsberechtigung während aufrechter Ehe (RIS-Justiz RS0106167). Da die Parteien kein gemeinsames Personalstatut haben (und hatten), ist gemäß § 18 Abs 1 Z 2 IPRG das Recht jenes Staats, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt gehabt haben, sofern ihn einer von ihnen beibehalten hat, anzuwenden. Ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben die Ehegatten in Österreich, sodass österreichisches Sachrecht anzuwenden ist, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten.
I. Zur Revision des Klägers:
1. Die von der Rechtsprechung zur Unterhaltsbemessung herangezogenen Prozentsätze stellen regelmäßig nur eine Orientierungshilfe dar (RIS-Justiz RS0047419 [T1]). Nach ständiger Rechtsprechung wird der Bemessung des Unterhalts des schlechter verdienenden Ehegatten als Orientierungshilfe ein 40%iger Anteil des gesamten Familiennettoeinkommens zu Grunde gelegt (RIS-Justiz RS0012492). Bei einer konkurrierenden Sorgepflicht für Kinder ist der Prozentsatz grundsätzlich um etwa 4 % pro Kind zu verringern (s ua RIS-Justiz RS0009547). Dieser Prozentsatz kann aber bei besonders atypischen Verhältnissen korrigiert werden, weil solche eine den tatsächlichen Verhältnissen angepasste individuelle Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage erfordern (3 Ob 2/98k mwN).
Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigt seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem gemeinsamen Sohn, mit dessen Obsorge er betraut ist, keine Verdoppelung des Abzugs von 4 %. Die Beklagte leistet seit Februar 2009 den gemäß § 382a EO festgesetzten vorläufigen Unterhaltsbeitrag sowie teilweise auch weitere Unterhaltszahlungen und ist hinsichtlich des davor liegenden - hier bis Juni 2008 relevanten - Zeitraums, betreffend den nach den erstinstanzlichen Feststellungen ein Unterhaltsfestsetzungsverfahren anhängig ist, infolge ihres damals erzielten Erwerbseinkommens leistungsfähig. Von einem Unterhaltsanspruch des gemeinsamen Sohnes gegenüber der Beklagten ab 1. 6. 2008 geht auch der Kläger in der Revision aus. Da die Ausmittlung der exakten Höhe dieser Unterhaltsverpflichtung der Beklagten gegenüber dem gemeinsamen Sohn für die Bemessung des Unterhalts der Ehegatten hier nicht maßgeblich ist, liegen schon aus diesem Grund (unabhängig vom fehlenden erstinstanzlichen Vorbringen) die in diesem Zusammenhang gerügten sekundären Feststellungsmängel nicht vor. Mangels atypischer Konstellation ist für den gemeinsamen Sohn von einem Abzug von 4 % vom Grundprozentsatz auszugehen.
2. Die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB ist zu bejahen, wenn die Geltendmachung und Gewährung eines Unterhaltsanspruchs wegen des Verhaltens des betreffenden Ehegatten als grob unbillig erschiene (RIS-Justiz RS0009766). Nach der Rechtsprechung rechtfertigen nur besonders krasse Fälle die Annahme einer Unterhaltsverwirkung des an sich unterhaltsberechtigten Ehegatten (RIS-Justiz RS0009759).
Dass die Beklagte ab Mai 2008 beschäftigt war und ihr daraus erzieltes Einkommen dem Kläger nicht bekannt gab, begründet den Kondiktionsanspruch des Klägers, führt aber nicht zu einem gänzlichen Verlust des Unterhaltsanspruchs. Gleiches gilt auch für den Umstand, dass die Beklagte im Zeitraum Juni 2008 bis Jänner 2009 bislang keine Unterhaltszahlungen für den gemeinsamen Sohn erbrachte. Die Beurteilung des Berufungsgerichts ist - auf der Grundlage von § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB - im Ergebnis zutreffend.
3. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen erhielt die Beklagte bislang den Lohn für Mai 2009 von 1.835,65 EUR von ihrem ehemaligen Arbeitgeber nicht ausbezahlt. Zutreffend haben die Vorinstanzen diesen „hypothetischen“ Betrag nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage für Mai 2009 einbezogen. Dass die Beklagte auf dem Gerichtsweg ihren Anspruch beim Arbeitgeber, der sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, erfolgreich durchsetzen hätte können, hat der Kläger nicht behauptet, sodass seine erstmals im Berufungsverfahren aufgestellten Behauptungen wegen des Neuerungsverbots (§ 482 ZPO) nicht zu beachten waren.
4. Der Kläger kann den der Beklagten - entsprechend seinem Begehren - für die Zeit von Juni 2008 bis einschließlich März 2009 geleisteten Unterhalt, den die Beklagte nicht gutgläubig verbrauchte, gemäß § 1431 ABGB zurückfordern. Abgesehen von den zuvor behandelten unberechtigten Einwänden bringt der Kläger zur Höhe des zugesprochenen Kapitals nichts vor.
Der Kläger hat - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - gegen die Beklagte, die bei der Kondiktion der von ihr zu Unrecht empfangenen Geldleistungen unabhängig vom Zeitpunkt des Eintritts des Verzugs zur Verzinsung des Kapitals verpflichtet ist, Anspruch auf gesetzliche Zinsen in der begehrten Höhe von 4 % (3 Ob 219/98x mwN). Er begehrte ausgehend vom zurückgeforderten Betrag von monatlich 600 EUR beginnend ab 1. 6. 2008 bis 18. 3. 2009 kapitalisierte 4 % Zinsen ab dem jeweiligen Monatsersten von insgesamt 100,41 EUR. Der unrechtmäßige Übergenuss an Unterhaltsleistungen der Beklagten betrug in den Monaten Juni 2008 bis Oktober 2008 jeweils 360 EUR und im Zeitraum November 2008 bis März 2009 monatlich 565 EUR. Die jeweiligen Tage des monatlichen Empfangs der Unterhaltsbeträge stehen nicht fest. Gemäß § 273 ZPO werden ausgehend von den Überzahlungen die berechtigten kapitalisierten Zinsen mit insgesamt 60 EUR festgesetzt.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher insofern abzuändern, dass dem Kläger auch der kapitalisierte Zinsenanspruch von 60 EUR zusteht.
Der geringfügige Revisionserfolg des Klägers im Nebenforderungsbereich hat weder gemäß § 43 Abs 1 ZPO eine Änderung der erstinstanzlichen noch gemäß § 43 Abs 2 und § 50 Abs 1 ZPO eine Abänderung der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts zur Folge. Der Beklagten stehen gemäß § 43 Abs 2 und § 50 Abs 1 ZPO die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu.
II. Zur Revision der Beklagten:
Die Beklagte macht nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, weshalb ihre Revision trotz Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen ist (RIS-Justiz RS0102059). Die Ausführungen können sich auf die Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
Dass die Parteien vor dem Erstgericht am 20. 11. 2006 einen von der Regel des § 94 ABGB abweichenden Unterhaltsvergleich schlossen, der sich nicht in der bloßen Konkretisierung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs erschöpft, hatte die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht. Erstmals im Berufungsverfahren behauptete sie - ebenso wie in ihrer Revision -, dass der im Vergleich vereinbarte „Freibetrag“ von 500 EUR bei der Berechnung des Rückersatzes des Unterhalts zu berücksichtigen sei. Zwar ist eine Änderung der rechtlichen Argumentation einer Partei bzw die Geltendmachung eines neuen Gesichtspunkts bei der rechtlichen Beurteilung auch im Rechtsmittelverfahren zulässig, sofern die hiezu erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet wurden (RIS-Justiz RS0016473 [T12]), jedoch hat die Beklagte kein Vorbringen erstattet, aus dem abgeleitet werden könnte, dass die Parteien tatsächlich einen „Freibetrag“ vereinbart hätten. Diese Frage ist allein aus dem Vergleichstext - ohne Kenntnis der Parteienabsicht - nicht zu lösen. Zutreffend hat daher das Berufungsgericht ihre erstmalige Argumentation in der Berufung mit einem „Freibetrag“ als unzulässige Neuerung beurteilt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Beklagten hingewiesen.
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