European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E126206
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.096,56 EUR (darin 182,76 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Begründung:
Das Erstgericht wies die Begehren des Klägers auf Verpflichtung des Beklagten zur Unterlassung jeglicher weiteren Nutzung seines Grundstücks zu Grundwasser‑ und Quellfassungszwecken und jeder direkten Entnahme von Wasser „aus der Grundfläche“ seines Grundstücks, auf Entfernung der vom Beklagten auf seinem Grundstück im Juni 2016 neu errichteten Grundwasserquellfassungsanlage samt Absperrdeckel und Schloss sowie allen dazu verlegten Leitungen und auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands infolge Rechtsmissbrauchs und schikanöser Klagsführung ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und führte rechtlich insbesondere aus, dass das Erstgericht die Klagsführung zutreffend als rechtsmissbräuchlich qualifiziert habe. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige, und erklärte die Revision nachträglich gemäß § 508 Abs 3 ZPO doch für zulässig, weil nicht auszuschließen sei, dass nach § 2 Steiermärkisches Einforstungs‑Landesgesetz 1983 die „verfahrensgegen-ständliche Nutzung des Klagsgrundstücks zur Bauführung 'Sanierung Grundwasserquellfassungsanlage'“ der Genehmigung der Agrarbehörde bedurft hätte.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Kläger erhobene Revision ist entgegen dem – gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung der Revision auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
1. Das Recht des Grundeigentümers wird durch das Verbot der schikanösen Rechtsausübung beschränkt (RIS‑Justiz RS0010395). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist Rechtsmissbrauch nicht nur dann anzunehmen, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen oder überwiegenden Grund der Rechtsausübung bildet, sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Missverhältnis besteht, wenn also das unlautere Motiv der Rechtsausübung das lautere Motiv eindeutig überwiegt (RS0026265 [T8]; 1 Ob 134/06x mwN). Legt ein Geschehen die Vermutung einer Schädigungsabsicht nahe, so ist es Sache dessen Urhebers, für sein Verhalten einen gerechtfertigten Beweggrund zu behaupten und zu beweisen (RS0117937).
Das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Rechtsmissbrauchs hängt immer von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab (RS0110900; vgl RS0026265 [T12]). Deren Würdigung im Lichte der Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO auf, wenn dem angefochtenen Urteil insofern eine zu korrigierende Fehlbeurteilung anhaften sollte (1 Ob 134/06x mwN). Das ist hier nicht der Fall.
2. Die Parteien sind verwandt und Eigentümer benachbarter Liegenschaften. Mit dem im September 1997 geschlossenen Dienstbarkeitsvertrag sollte der damals bestehende „status quo“ rechtlich abgesichert werden. Bereits damals waren eine Wasserversorgungsanlage bestehend aus einer Quellfassung (vermeintlich allein) auf der Liegenschaft des Beklagten sowie Wasserleitungen samt Bassin auf der Liegenschaft des Klägers errichtet. Dem Beklagten wurde das Recht auf Belassung und Betreibung der Wasserleitungen eingeräumt, dem Kläger das Recht auf Entnahme des Überwassers aus dem Bassin. Tatsächlich befand sich damals die Quellfassung zum Teil auf der Liegenschaft des Klägers.
2016 beabsichtigte der Beklagte eine (erforderliche) Neufassung der Quelle. Im Vorfeld besprach er dies mit dem Kläger, der damit ausdrücklich einverstanden war. Zwischen den Parteien wurde besprochen, dass ein Grundstückstausch dergestalt erfolgen soll, dass jene Fläche, mit der das Haus des Klägers das Grundstück des Beklagten in Anspruch nimmt (Grenzüberbau), gegen eine noch nicht exakt feststehende Fläche des Klägers neben der Garage des Beklagten (also im Bereich der Quellfassung) getauscht werden soll. Der Kläger erklärte sich auch ausdrücklich damit einverstanden, dass das Aushubmaterial auf seinem Grundstück gelagert werden könne. Die neue Quellfassung war erforderlich, weil die Wasserqualität nicht mehr der Trinkwasserverordnung und dem Stand der Technik entsprach. Durch die neue Quellfassung erfolgte eine Anpassung an den Stand der Technik. Sie befindet sich nunmehr ausschließlich auf dem Grundstück des Klägers und dient dem Hauptwasserbezug sowohl der Liegenschaft des Beklagten als auch jener des Klägers. Der Kläger war bei den von einer Fachfirma durchgeführten Arbeiten anwesend, untersagte diese nicht und gab dem Baggerfahrer auch noch Anweisungen, wie dieser im Zuge des Zuschüttens und Wiederherstellens des Hanges die Geländeform angleichen soll. Zum beabsichtigten Tausch der Grundstücksflächen kam es letztlich nicht, weil die Parteien über die Festlegung der Tauschfläche im Bereich der Garage (= Bereich der Quellfassung) keine Einigung erzielten.
Die Vorinstanzen erachteten die Klagebegehren auf Unterlassung, Entfernung der neuen Quellfassungsanlage und Wiederherstellung der ursprünglichen Anlage als rechtsmissbräuchlich und schikanös. Der Kläger habe sich mit der ihm vor Beginn der Durchführung der Arbeiten bekanntgegebenen Quellfassungssanierung ausdrücklich einverstanden erklärt. Die Parteien hätten in diesem Zusammenhang einen Tausch von Grundstücksflächen besprochen und der Kläger habe sich auch damit einverstanden erklärt, dass Aushubmaterial auf seinem Grundstück abgelagert werden könne. Der Beklagte habe aufgrund dieser Erklärungen davon ausgehen dürfen, dass er die Erlaubnis habe, im Zuge der Quellsanierung den vom besprochenen Grundstückstausch betroffenen Teil des Grundstücks des Klägers zu verwenden. Der Kläger sei auch in Kenntnis des Umstands gewesen, dass für die Quellfassungssanierung allenfalls auch sein eigener Grund (die zum Tausch vorgesehene Fläche) in Anspruch genommen werde. Er habe nicht nur positive Kenntnis vom Umfang der Arbeiten (Quellfassungssanierung) gehabt, sondern von Beginn an auch von der möglichen Inanspruchnahme von– vom besprochenen Tausch umfassten – Teilen seines Grundstücks. Er beziehe aus der Quelle für seine Liegenschaft ebenfalls das Hauptwasser. Für ihn ergäben sich aus der Herstellung einer dem Stand der Technik entsprechenden Quellfassungsanlage mit einem dem Stand der Technik entsprechenden größeren Speichervolumen keine Nachteile, womit die Klagsführung als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren und das Klagebegehren abzuweisen sei. Diese Beurteilung wird vom Kläger in der Revision nicht konkret bekämpft und ist auch nicht zu beanstanden. Argumente, wonach seine Rechtsausübung nicht missbräuchlich wäre, zeigt er nicht auf.
3. Zwar ist die Liegenschaft des Klägers im Grundbuch großteils als „Wald“ ausgewiesen, jedoch steht nicht fest, dass die Grundwasserquellfassungsanlage auf einem „zur Waldkultur gewidmeten Boden“ (vgl § 1 Abs 1 Z 3 Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald‑ und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten [WWSGG]; § 1 Abs 1 Z 3 Steiermärkisches Einforstungs‑Landesgesetz 1983, LGBl 1983/1 [StELG 1983]) errichtet worden wäre. Selbst wenn – wie der Kläger meint – ein von diesen Gesetzen erfasstes Nutzungsrecht („Einforstungsrecht“) zu beurteilen wäre, hätte die Agrarbehörde auch außerhalb eines Verfahrens zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung mit Ausschluss des Rechtswegs über die Frage des Bestands von Nutzungsrechten und über die Frage, welche Liegenschaften berechtigt und verpflichtet sind, zu entscheiden (§ 33 Abs 2 WWSGG; § 48 Abs 2 StELG 1983). Wenn der Kläger mit der Anwendung von § 2 StELG 1983 argumentiert, übersieht er offenbar, dass bei Streitigkeiten über den Bestand oder Nichtbestand von solchen Nutzungsrechten der Rechtsweg unzulässig wäre (vgl RS0126194).
Da die Rechtsverfolgung des Klägers infolge seiner Zustimmung zur Sanierung der Quellfassung (zumindest) rechtsmissbräuchlich erfolgte, stellt sich weder die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage, noch die vom Kläger angeschnittene Frage einer „redlichen Bauführung gemäß § 418 Satz 3 ABGB“, die er im Hinblick auf die behauptete erforderliche Zustimmung der Agrarbehörde nach § 2 Abs 2 StELG 1983 wie auch auf das Fehlen einer allenfalls erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung nach § 10 Abs 2 WRG nicht als gegeben ansieht. Auf einen allfälligen außerbücherlichen Eigentumserwerb des Bauführers an der Baufläche nach § 418 Satz 3 ABGB kommt es nicht an, wenn die Klagebegehren auch ohne einen solchen wegen Rechtsmissbrauchs abzuweisen sind, weil der Kläger der Quellfassungssanierung ausdrücklich zustimmte und in Kenntnis des Umstands war, dass dafür allenfalls auch sein eigener Grund (die zum Tausch vorgesehene Fläche) in Anspruch genommen wird.
4. Erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO werden vom Kläger nicht aufgezeigt. Die Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers hingewiesen.
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