Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die anwaltlich vertretene Klägerin und Ablehnungswerberin ist selbst Rechtsanwältin. In dem aufgrund deren "Sachverhaltsdarstellung" wegen des Verdachts des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt gegen die Vorsteherin des Bezirksgerichts Mariazell und andere Personen eingeleiteten Strafverfahren gab der Präsident des Landesgerichts Leoben den Befangenheitsanzeigen von neun Strafrichtern dieses Gerichts mit Beschluß vom 4.November 1997 "Folge" und übertrug "das anhängige Vorerhebungsverfahren" seinem "in Strafsachen tätigen Präsidenten". Es waren aber nicht alle Befangenheitsanzeigen dieser Richter mit einem kollegialen Naheverhältnis zur Vorsteherin des Bezirksgerichts Mariazell begründet. Einzelne dieser Anzeigen bezogen sich auf ein kollegiales Naheverhältnis zu einem anderen Richter, gegen den als Verdächtiger im Strafverfahren ebenfalls Vorerhebungen geführt werden.
Im Schriftsatz vom 21.November 1997, GZ 2 Nc 83/97g-6, lehnte die Klägerin den "Senatsvorsitzenden Richter Dr.Peter Ferstl sowie sämtliche nach der Geschäftsverteilung ... in Zivilsachen zuständigen Senatsmitglieder" des Landesgerichts Leoben wegen Befangenheit ab, erhob gleichzeitig Rekurs gegen einen Beschluß dieses Gerichts vom 3.November 1997 und machte als Ablehnungsgrund geltend, daß sich alle "in Strafsachen tätigen Richter des Landesgerichts Leoben in einem Verfahren" gegen die Vorsteherin des Bezirksgerichts Mariazell wegen "kollegialer Kontakte" für befangen erklärt hätten. Da deshalb "nachweislich besondere kollegiale Kontakte zur Gerichtsvorsteherin des BG Mariazell und gleichzeitig Richterin des BG Bruck/Mur zur gesamten Richterschaft des Landesgerichts Leoben in Strafsachen" bestünden, stehe fest, "daß solche auch zu jener des Landesgerichts Leoben in Zivilsachen" gegeben seien, "noch dazu, wo solche Kontakte auch mehrfach beobachtet" worden "und aus den Entscheidungen" Umstände "ersichtlich" seien, die - mangels eines derartigen Akteninhalts - "außerhalb des Akts zur Kenntnis gebracht worden" seien.
Das Landesgericht Leoben erteilte der Klägerin mittels "Verfügung" vom 24.November 1997 den Auftrag, diesen Ablehnungsantrag "durch nähere Angaben dahin zu verbessern", welche bestimmten Richter - neben dem ohnehin namentlich genannten - befangen sein und "worin ... substantielle Anhaltspunkte für eine unsachliche Voreingenommenheit oder einen sonstigen Ausdruck von Befangenheit" liegen sollen.
Die Klägerin erklärte im Schriftsatz vom 27.November 1997, es bedürfe "keiner weiteren namentlichen Benennung der in dieser Causa nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter", und machte als weiteren Befangenheitsgrund geltend, die abgelehnten Richter des Landesgerichts Leoben hätten in einem Exekutionsverfahren und "in Urteilen einfach Gesetze nicht angewandt" und gesetzwidrig entschieden.
Im Schriftsatz vom 3.Dezember 1997 lehnte die Klägerin wieder alle "nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter des LG Leoben als Rekursgericht" wegen Befangenheit ab und bekämpfte gleichzeitig einen Beschluß des Bezirksgerichts Mariazell im Verfahren C 1/96 s. Die geltend gemachten Gründe entsprechen inhaltlich jenen, die bereits in den Schriftsätzen vom 21. und 27.November 1997 ausgeführt wurden.
Im Schriftsatz vom 17.Dezember 1997 lehnte die Klägerin "die nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter" des Landesgerichts Leoben als "Ablehnungs- und Berufungsgerichts" ab und erhob gleichzeitig Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Mariazell vom 12.November 1997 in der Rechtssache C 1/96 s. Die Ablehnungsgründe stimmen auch in diesem Fall inhaltlich mit jenen überein, die schon in den Schriftsätzen vom 21., 27. und 3.Dezember 1997 angeführt wurden.
Die nach der Geschäftsverteilung für die Entscheidung über Ablehnungsanträge und Rechtsmittel in Zivilsachen in Betracht kommenden neun Richter des Landesgerichts Leoben erklärten, nicht befangen zu sein.
Das Oberlandesgericht Graz gab den Ablehnungsanträgen nicht statt und erwog in rechtlicher Hinsicht, ein Richter könne gemäß § 19 Z 2 JN nur abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliege, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die "genauen Umstände" für die behauptete Befangenheit eines Richters seien "zugleich mit der Ablehnung geltend zu machen". Bestreite der Richter, befangen zu sein, seien die Ablehnungsgründe vom Ablehnungswerber glaubhaft zu machen. Die "pauschale Ablehnung eines ganzen Senats oder eines Gerichtshofs" sei unzulässig und daher unbeachtlich. Eine Mehrzahl an Richtern könne "nur durch die Ablehnung jedes einzelnen von ihnen sowie durch Angabe detaillierter konkreter Ablehnungsgründe in Ansehung eines jeden einzelnen Richters erfolgreich abgelehnt werden". Eine allenfalls unzutreffende Rechtsansicht eines Richter sei kein tauglicher Ablehnungsgrund. Letzteres gelte auch für "die bloß subjektive Besorgnis der Befangenheit eines Richters". Die Klägerin habe die namentliche Benennung der abgelehnten Richter des Landesgerichts Leoben abgelehnt. Deshalb sei "keine Prüfung der einzelnen Ablehnungsgründe für jeden einzelnen Richter" möglich. Die Behauptung, es hätten "sich die zuständigen Strafrichter für befangen" erklärt, weshalb "auch alle weiteren Richter" des Landesgerichts Leoben befangen sein müßten, genüge - mangels Schlüssigkeit - nicht "zur Glaubhaftmachung eines Befangenheitsgrunds". Ein Strafverfahren "wider einen Kollegen und ein Rechtsmittelverfahren", in dem "die Entscheidung eines Kollegen überprüft" werde, seien nicht vergleichbar. Im Strafverfahren wegen des Verdachts des Mißbrauchs der Amtsgewalt werde - anders als in zivilrechtlichen Rechtsmittelverfahren - auch über das berufliche Fortkommen des Kollegen entschieden. Im übrigen bestehe an der "Unbedenklichkeit" der Erklärung der abgelehnten Richter, in der jede Befangenheit verneint werde, kein Zweifel.
Das Oberlandesgericht Graz ersuchte das Landesgericht Leoben um Zustellung seiner Entscheidung. Dieses Gericht veranlaßte sodann die Zustellung. Am 3.März 1998 ging eine Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses dem anwaltlichen Vertreter der Ablehnungswerberin zu, der in der Folge den an das Landesgericht Leoben adressierten "Revisionsrekurs" am 17.März 1988 zur Post gab. Das Rechtsmittel langte am 18.März 1998 beim Adressatgericht ein.
Der Rekurs ist verspätet.
Rechtliche Beurteilung
Das Ablehnungsverfahren unterliegt, soweit nicht die §§ 19 bis 25 JN Sonderregelungen enthalten, den Vorschriften jenes Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgte (1 Ob 2153/96s; 3 Ob 560/90; SZ 54/96). Hier handelt es sich zum einen um Ablehnungsanträge in einem Zivilprozeß, zum anderen um einen Ablehnungsantrag im Ablehnungsverfahren aus Anlaß eines streitigen Verfahrens, sodaß auf die Abwicklung des Rekursverfahrens und die Rechtsmittelfrist die §§ 520 Abs 1 und 521 ZPO anzuwenden sind. Die Rechtsmittelfrist beträgt im Falle eines einseitigen Rekursverfahrens - wie hier - vierzehn Tage. Sie beginnt mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des anzufechtenden Beschlusses. Gemäß § 520 Abs 1 ZPO ist der Rekurs durch Überreichung der Rechtsmittelschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Beschluß angefochten wird. Rekurse gegen Entscheidungen eines Gerichts zweiter Instanz sind jedoch beim Gericht erster Instanz einzubringen. Der Rekurs gegen einen Beschluß, mit dem einem Ablehnungsantrag nicht stattgegeben wurde, ist nach herrschender Ansicht immer bei dem Gericht einzubringen, das in der Ablehnungssache erkannte (SZ 13/108 = ZBl 1931/220; Fasching, Kommentar I 211 und IV 419; Mayr in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 4 zu § 24 JN).
Unter Zugrundelegung dieser Rechtslage entschied das Oberlandesgericht Graz in den vorliegenden Ablehnungssachen nicht als Gericht zweiter Instanz, sondern - nach funktionellen Kriterien - als Gericht erster Instanz. Die Rechtsmittelwerberin hätte daher ihren Rekurs gegen den Beschluß dieses Gerichts vom 5.Februar 1998, womit ihren Ablehnungsanträgen nicht stattgegeben wurde, beim Oberlandesgericht Graz einbringen müssen.
Wird ein Rechtsmittel an ein unzuständiges Gericht adressiert, so muß es als Voraussetzung seiner Rechtzeitigkeit noch innerhalb der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht einlangen, weil die Tage des Postwegs nur dann nicht in die Frist eingerechnet werden, wenn das Rechtsmittel an das zuständige Gericht gerichtet war (2 Ob 128/97f; RZ 1990/109; EFSlg 49.410 uva; Kodek in Rechberger aaO Rz 7 vor § 461). Hier langte der an das Landesgericht Leoben adressierte und am 17.März 1998 zur Post gegebene Rekurs erst am 18.März 1998 - also schon nach Ablauf der Rechtsmittelfrist von vierzehn Tagen am 17.März 1998 - beim unzuständigen Gericht ein.
Der Rekurs ist daher als verspätet zurückzuweisen, was gemäß § 523 ZPO bereits vom Oberlandesgericht Graz auszusprechen gewesen wäre.
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