OGH 1Ob11/95

OGH1Ob11/9525.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Franz-Erwin K*****, und 2. Willibald K*****, beide vertreten durch Dr.Franz Meißnitzer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 225.000,-- sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 16.Jänner 1995, GZ 5 R 130/94-26, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 28.April 1994, GZ 9 Cg 2/93-19, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 10.477,50 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Notariatsakt vom 16.7.1958 schenkte der Großvater der Kläger deren Vater (seinem Sohn) ein Grundstück auf den Todesfall. Zugleich verpflichtete er sich, diese Liegenschaft nicht ohne Zustimmung des Geschenknehmers zu veräußern und zu belasten, wobei festgehalten wurde, daß sich dieses Recht nur auf den Grund und Boden, nicht aber auf den bestehenden Holzbestand beziehe. Zur Sicherstellung bewilligte der Großvater der Kläger in der für das geschenkte Grundstück neu zu eröffnenden Grundbuchseinlage die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten des Vaters der Kläger. In diesem Sinne wurde das Belastungs- und Veräußerungsverbot auch einverleibt. Der Vater der Kläger verstarb am 8.11.1963. Im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens schlossen die gesetzlichen Erben, die Witwe und die damals noch minderjährigen Kläger, ein Erbübereinkommen. Die Kläger erhielten zur vollen Befriedigung ihrer Erbansprüche zu gleichen Teilen den Anspruch ihres Vaters aus dem Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 16.7.1958 auf Übereignung der Liegenschaft im Schätzwert von S 32.305,20 (Wert je Kind S 16.152,60). Es wurde festgehalten, daß dieser Anspruch schulden- und lastenfrei auf die beiden minderjährigen Kinder übergehe, während die Witwe den gesamten übrigen Nachlaß samt Last und Vorteil in ihr Alleineigentum, die Schulden, die Todfallskosten sowie die Gerichts- und Gerichtskommissionsgebühren in ihr persönliches und ausschließliches Zahlungsversprechen übernahm und sich verpflichtete, die minderjährigen Kinder in Ansehung der von ihr zur Zahlung übernommenen Nachlaßverbindlichkeiten vollkommen klag- und schadlos zu halten. Die Summe der von der Mutter der Kläger übernommenen Passiven betrug S 34.271,80, der Wert der der Mutter der Kläger zugewiesenen Aktiven insgesamt S 36.739,25 (AS 13 f in AZ A 126/63 des BG Murau). Eine Sicherung des von den Klägern übernommenen Anwartschaftsrechtes aus dem Schenkungsvertrag auf den Todesfall erfolgte nicht.

Am 18.3.1990 verstarb der Großvater der Kläger. Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung nach ihm schlossen die Kläger als Rechtsnachfolger nach ihrem Vater aus dem Schenkungsvertrag vom 16.7.1958 ein Erbübereinkommen, wonach sie an die übrigen Erben S 200.000,- (je Kläger S 100.000,- -) zahlten. Weiters zahlten sie zur Abdeckung des auf der ihrem Vater geschenkten Liegenschaft eingetragenen Pfandrechtes an ein Geldinstitut je S 112.500,- -. Nach Ausstellung einer entsprechenden Löschungsquittung wurde für die Kläger - mangels Vorliegens einer Unbedenklichkeitsbescheinigung - auf der Liegenschaft die Vormerkung des Eigentumsrechtes je zur Hälfte bewilligt. Letztere erfuhren erst im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens nach ihrem Großvater im August 1990, daß die ihnen im Erbweg zugekommene Liegenschaft belastet worden war.

Die Kläger begehrten die Verurteilung der beklagten Partei zum Ersatz des von ihnen zur Abdeckung des einverleibten Pfandrechtes bezahlten Betrags von je S 112.500,-- aus dem Titel der Amtshaftung. Das Pflegschaftsgericht habe es unterlassen, für eine entsprechende Absicherung ihres Anwartschaftsrechtes auf unbelastete Übertragung der auf den Todesfall geschenkten Liegenschaft zu sorgen. Der Geschenkgeber hätte eine Belastung der Liegenschaft nicht vornehmen können, wäre zu ihren Gunsten ein Belastungs- und Veräußerungsverbot von Amts wegen bewirkt worden. Durch die Löschung des zugunsten ihres Vaters einverleibten Verbots ohne anderweitige Besicherung ihres Anwartschaftsrechtes sei der Schaden erst ermöglicht worden. Die Kläger hätten infolge Vermögenslosigkeit ihres Großvaters zum Zeitpunkt dessen Todes keine Möglichkeit, einen Schadenersatzanspruch gegen dessen Erben durchzusetzen. Es wäre nötig gewesen, die „Erbansprüche“ der zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters minderjährigen Kläger mündelsicher anzulegen, jedenfalls aber hätte das Erbübereinkommen nicht in der damals gewählten Form abgeschlossen werden dürfen.

Die beklagte Partei wendete ein, das dem Vater der Kläger im Schenkungsvertrag eingeräumte Belastungs- und Veräußerungsverbot hätte mangels Vererblichkeit zugunsten der Kläger nicht durchgesetzt werden können. Die Ansprüche der Kläger seien verjährt, weil nach deren Vorbringen der Schaden bereits im Jahre 1964 durch die behaupteten Unterlassungen des Erstgerichtes eingetreten sei.

Das Gericht erster Instanz erkannte die beklagte Partei schuldig, den Klägern je S 25.095,-- samt 4 % Zinsen seit 25.7.1993 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von je S 87.405,-- samt 4 % Zinsen seit 1.10.1990 sowie das Zinsenmehrbegehren wies es ab. Das zugunsten des Vaters der Kläger verbücherte Belastungs- und Veräußerungsverbot sei als höchstpersönliches Recht nicht vererblich. Im Unterbleiben der Erwirkung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots zugunsten der beiden Kläger liege demnach keine Rechtsverletzung des Pflegschafts- bzw. Verlassenschaftsgerichtes. Eine solche erblickte es aber in der Unterlassung der mündelsicheren Anlegung der „Erbansprüche“ der zur Zeit des Erbanfalls nach ihrem Vater minderjährigen Kläger. Der Schaden, der jeweils im halben Wert der dem Vater der Kläger geschenkten Liegenschaft (S 16.152,60) bestünde, sei durch Organe der beklagten Partei rechtswidrig und schuldhaft zugefügt worden. Der Betrag sei entsprechend aufzuwerten (mündelsichere Anlegung!), und ergebe sich demnach ein Schaden von S 75.286,- -, für den zu gleichen Teilen die beklagte Partei, die Mutter der Kläger und der im Verlassenschaftsverfahren eingeschrittene Kollisionskurator verantwortlich seien.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab; die Revision wurde für zulässig erklärt.

Das Gericht zweiter Instanz ging davon aus, daß der geltend gemachte Schaden den Klägern erst im August 1990 bekannt geworden sei, weshalb mit der am 24.6.1993 eingebrachten Klage die Dreijahresfrist des § 6 Abs.1 AHG gewahrt worden sei. Die Klagsansprüche seien nicht verjährt. Das Veräußerungs- und Belastungsverbot sei kein Vermögensobjekt, sondern stelle ein höchstpersönliches und nicht verwertbares Recht dar. Demnach sei es auch auf seiten des Berechtigten (hier: des Vaters der Kläger) nicht vererbbar. Im Erbwege sei lediglich das Anwartschaftsrecht in Ansehung der geschenkten Liegenschaft auf die Kläger als Erben nach ihrem Vater übergegangen, nicht aber die zugunsten des Vaters der Kläger grundbücherlich einverleibte Sicherung. Zur neuerlichen Einräumung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots durch den Großvater der Kläger zu deren Gunsten habe kein erzwingbarer Rechtsanspruch bestanden, weshalb das Unterbleiben der Durchsetzung der Einräumung eines solchen Rechtes gegen den Großvater der Kläger seitens der Organe des Verlassenschafts- und Pflegschaftsgerichtes keine Rechtsverletzung darstelle. Auch aus dem Abschluß des Erbübereinkommens bzw. dessen Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht sei eine Rechtsverletzung nicht abzuleiten. Mündelsicher anzulegen sei Mündelgeld; unbewegliches Gut könne nur im Notfall oder zum offenbaren Vorteil eines Minderjährigen mit Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes und in der Regel nur mittels öffentlicher Versteigerung veräußert werden. Eine derartige Vorgangsweise scheide schon deshalb aus, weil der Großvater der Kläger bis zu seinem Todestag Eigentümer der streitverfangenen Liegenschaft geblieben sei. Das Erbübereinkommen habe zum damaligen Zeitpunkt für die Kläger günstig erscheinen müssen. Die Mutter der Kläger habe nämlich als weitere Erbberechtigte auf ihre Anteilsrechte an der ihrem verstorbenen Gatten geschenkten Liegenschaft verzichtet und sämtliche Passiven mit der Verpflichtung zur Schad- und Klagloshaltung der Kläger übernommen.

Die Revision der Kläger ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 364c ABGB verpflichtet ein vertragsmäßiges (oder letztwilliges) Veräußerungs- oder Belastungsverbot hinsichtlich einer Sache oder eines dinglichen Rechtes nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger. Gegen Dritte wirkt es dann, wenn es zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern, Wahl- oder Pflegeeltern oder deren Ehegatten begründet und im öffentlichen Buche eingetragen wurde. Die Zulassung einer vertragsmäßigen Ausdehnung der sich aus dem Belastungs- und Veräußerungsverbot ergebenden Verpflichtung auf die Erben und sonstigen Rechtsnachfolger des ersten Eigentümers widerspräche dem vom Gesetz angestrebten Zweck, Kredit und Verkehr im allgemeinen vor einer Hemmung durch Belastungs- und Veräußerungsverbote zu bewahren (NZ 1994, 285; SZ 25/95; 5 Ob 12/94; 3 Ob 100/86; Wolff, Grundriß des österreichischen bürgerlichen Rechts4 233). Das Belastungs- und Veräußerungsverbot stellt als solches kein Vermögensobjekt dar, sondern ist ein höchstpersönliches und nicht verwertbares Recht, das mit dem Ableben des Berechtigten oder mit dem Tod des Belasteten oder der Veräußerung der Sache erlischt (SZ 66/31; 14 Os 174/93 = JUS extra 1994/1507; SZ 53/6; SZ 17/156; vgl SZ 61/11). Folgt man dieser herrschenden Ansicht, die in der klaren Absicht des Gesetzgebers, alle durch persönliche Bindung privatrechtlich begründeten Veräußerungsverbote im Interesse der Verkehrsfreiheit zeitlich zu beschränken (vgl NZ 1982, 171), ihre Stütze findet, dann kann in dem Umstand, daß das Pflegschafts- und Verlassenschaftsgericht im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung nach dem Vater der Kläger keine Veranlassung sah, trotz Erkennens der Problematik ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten der beiden damals minderjährigen Kläger zu erwirken, keine Rechtsverletzung erblickt werden. Die Einräumung eines derartigen Rechts zugunsten der Kläger wäre nämlich nicht durchsetzbar gewesen. Selbst wenn man die gegenteilige Ansicht Kraliks (in Ehrenzweig, Erbrecht3 11; ebenso 3 Ob 530/85; dagegen Welser in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 531; Koziol - Welser II9 287, Eccher in Schwimann, ABGB Rz 15 zu § 531) teilte, ein vertragliches oder letztwilliges Veräußerungs- oder Belastungsverbot sei aktiv vererblich, würde es an dem gemäß § 1 Abs.1 AHG erforderlichen Organverschulden mangeln, wäre die Rechtsauffassung, das dem Vater der Kläger eingeräumte Belastungs- und Veräußerungsverbot stelle ein höchstpersönliches Recht dar, das durch den Tod des Berechtigten erloschen sei, im Lichte der zitierten Judikatur doch zumindest vertretbar (Schragel, AHG2 Rz 147).

Auch in dem Umstand, daß das Pflegschafts- bzw. Verlassenschaftsgericht das im Verlassenschaftsverfahren nach dem Vater der Kläger abgeschlossene Erbübereinkommen genehmigte, kann kein schuldhaft rechtswidriges Verhalten der Organe der beklagten Partei erblickt werden. Vorweg ist festzuhalten, daß die Kläger gar nicht aufzeigen, in welcher Form das Erbübereinkommen hätte geschlossen werden sollen; sie weisen lediglich darauf hin, daß dieses Übereinkommen für sie (letztlich) nicht günstig gewesen sei. Nun ist aber zu beachten, daß nicht nur die Kläger gesetzliche Erben nach ihrem Vater waren, sondern auch deren Mutter, zur (Mit-)Erbin berufen war, und dieser ein Anteil an dem den Klägern zugestandenen Anwartschaftsrecht betreffend die dem Vater der Kläger auf den Todesfall geschenkte Liegenschaft zustand. Bezieht man das - schwer zu bewertende - Anwartschaftsrecht nicht in die Aktiven des Inventars nach dem verstorbenen Vater der Kläger ein, dann errechnet sich deren Gesamtwert mit S 36.739,25, der vor allem aus dem Wert einer Liegenschaft und dessen Zubehör besteht. Mit dem Erbübereinkommen sollte der Mutter der Kläger „freie Hand in der Wirtschaftsführung“ gegeben werden (AS 5 in AZ A 126/63 des BG Murau), was zweifelsohne auch im Interesse der beiden Kläger lag, war doch eine nicht unbeträchtliche Schuldenlast von S 34.271,80 abzustatten (AS 5 und AS 14 im zuvor zitierten Akt). Die Mutter hat sämtliche Nachlaßverbindlichkeiten, die nahezu gleich hoch wie die von ihr übernommenen Aktiven waren, zur alleinigen Bezahlung unter Schad- und Klagloshaltung der Kläger übernommen. Es wäre den damals minderjährigen Klägern weder möglich gewesen, einen Teil der aushaftenden Schulden zurückzuzahlen, noch wäre eine Vereinbarung in diesem Sinne, daß sich die Kläger zur Rückzahlung eines Teils der Schulden verpflichteten, pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen gewesen. Es lag vielmehr durchaus im Interesse der Kläger, ihnen keine Lasten aufzubürden, sondern das Anwartschaftsrecht an der zuvor ihrem Vater geschenkten Liegenschaft zu übertragen. Immerhin hatte diese Liegenschaft ein Ausmaß von 10 ha 76 a und 84 m2 (siehe AS 41 in AZ A 126/63 des BG Murau) und repräsentierte einen Wert von S 32.305,20 (AS 13 f des genannten Aktes), der also mehr als doppelt so hoch war als jener der Mutter der Kläger zugekommenen Liegenschaft; auch war nach dem Aktenstand zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbübereinkommens nicht konkret zu befürchten, daß der Großvater der Kläger die Liegenschaft belasten werde; derartiges wurde von den Klägern auch gar nicht behauptet. In der Genehmigung dieses Erbübereinkommens ist demnach kein amtshaftungspflichtiges Verhalten von Organen der beklagten Partei zu erblicken.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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