OGH 1Ob115/19x

OGH1Ob115/19x23.10.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der antragstellenden Parteien 1. Verlassenschaft nach dem am ***** 2018 verstorbenen L*****, zuletzt *****, und 2. M*****, beide vertreten durch die Greiml und Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft (OG), Graz, gegen den Antragsgegner Wasserverband L*****, vertreten durch die Kaan Cronenberg & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Graz, wegen Festsetzung einer Entschädigung nach § 34 Abs 4 WRG iVm § 117 Abs 4 WRG, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 12. April 2019, GZ 2 R 19/19k‑109, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 26. September 2018, GZ 17 Nc 341/11t‑98, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00115.19X.1023.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts mit Ausnahme der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem Rekursgericht vorbehalten.

 

Begründung:

Mit Verordnung des Landeshauptmanns von Steiermark vom 29. Juli 1988, mit der ein Grundwasserschongebiet zum Schutze der Wasserversorgungsanlage des Wasserverbandes E***** bestimmt wird und Wirtschaftsbeschränkungen im Bereich des Grundwasserschongebiets angeordnet werden (LGBl 1988/61), wurde in vier Gemeinden ein Grundwasserschongebiet zum Schutz der genannten Wasserversorgungsanlage festgelegt. Mit der weiteren Verordnung des Landeshauptmanns vom 21. 11. 1990, mit der ein Grundwasserschongebiet zum Schutze der Wasserversorgungsanlagen des Wasserverbandes E***** bestimmt wird (LGBl 1990/88), wurden ebenfalls Nutzungsbeschränkungen der im Schongebiet gelegenen Grundstücke angeordnet. Diese Verordnung wurde mehrmals novelliert, nämlich durch LGBl 1998/93, LGBl 2006/47, LGBl 2007/17, LGBl 2008/31 und zuletzt LGBl 2009/14. Gemäß § 11 der Verordnung des Landeshauptmanns vom 20. 5. 2015, mit der ein Regionalprogramm zum Schutz bestimmter Grundwasserkörper erlassen und Schongebiete bestimmt werden (LGBl 2015/39), trat diese Schongebietsverordnung (LGBl 1990/88 in der Fassung LGBl 2009/14) mit 1. 1. 2016 außer Kraft.

Der mittlerweile verstorbene L***** beantragte am 7. 10. 2008 als Eigentümer bestimmter Grundstücke bei der Bezirkshauptmannschaft eine Entschädigung für alle Nachteile, die ihm durch „neue Bewirtschaftungsauflagen“ im „Wasserschongebiet E***** LGBl 61/1988 und Novellen (letzte LGBl 47/2006)“ entstehen. Die Antragsgegnerin ist der in dieser Verordnung genannte Wasserverband.

Mit Bescheid vom 12. 10. 2010 verpflichtete die Wasserrechtsbehörde den Wasserverband zur Leistung einer Entschädigung für Erschwernisse und Mindererträge aus der Bewirtschaftung seiner Grundstücke (aufgrund der Verordnung des Landeshauptmanns LGBl 1990/88 „in der Fassung LGBl 14/2009“) von 1.984,85 EUR pro Jahr, wobei der rückständige Entschädigungsbetrag (für den Zeitraum bis 2010) mit 5.954,55 EUR festgesetzt wurde.

Der Wasserverband rief gegen diese Entscheidung am 6. 12. 2010 das Gericht an und begehrte die Zurück- bzw Abweisung des Entschädigungsantrags.

Die Zweitantragstellerin erwarb aufgrund eines am 26. 1. 2010 abgeschlossenen Übergabevertrags (die Einverleibung im Grundbuch wurde am 16. 12. 2010 beantragt) das Eigentum an einem Teil der im Schongebiet gelegenen und vom Entschädigungsantrag sowie dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft betroffenen Liegenschaften. Das Erstgericht ging davon aus, dass es durch diesen Eigentumserwerb – hinsichtlich der davon betroffenen Liegenschaften – zu einem Eintritt der Zweitantragstellerin in das Verfahren kam, was von den Parteien unbekämpft blieb.

Die Entschädigungswerber begehren die Zuerkennung einer Entschädigung in der Höhe, wie sie im – aufgrund der rechtzeitigen Anrufung des Gerichts gemäß § 117 Abs 4 WRG außer Kraft getretenen – Bescheid der Bezirkshauptmannschaft zugesprochen wurde. Sie stützen ihren Entschädigungsanspruch darauf, dass ihnen durch die in der Schongebietsverordnung normierten Bewirtschaftungs-beschränkungen – hinsichtlich ihrer im Schongebiet gelegenen Grundstücke – wirtschaftliche Nachteile entstanden seien. Insbesondere durch die in der Verordnung vorgeschriebene „hundertprozentige“ Winterbegrünung und die damit zusammenhängende Verpflichtung zum ausschließlichen Anbau von Maissorten, die vor dem 10. Oktober abreifen, komme es zu Ertragsminderungen, weil vor dem 10. Oktober abreifende Maissorten weniger Ertrag abwerfen als später abreifende Sorten. Aus der Verpflichtung zu einer „hundertprozentigen“ Winterbegrünung ergebe sich auch ein Mehraufwand aufgrund höherer Maschinen- und Arbeitskosten im Vergleich zu einer „normalen“ (40%igen) Winterbegrünung. Durch das Verbot der Ausbringung von Gärsubstraten aus Biogasanlagen sei Mineraldünger anzuschaffen, was ebenfalls Mehrkosten verursache; ebenso die erforderliche Lagerung der Gärsubstrate. Erlöseinbußen ergäben sich auch durch die in der Schongebietsverordnung normierten Obergrenzen für die Stickstoffdüngung bei Mais auf bestimmten Bodenarten. Ohne die in dieser Verordnung enthaltenen Beschränkungen wären die Entschädigungswerber im Rahmen einer ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung – also ohne wasserrechtliche Bewilligung, weil dadurch kein übermäßig hoher Nitratgehalt des Grundwasserkörpers bewirkt worden wäre – zur Ausübung der durch die Verordnung beschränkten Nutzungsrechte berechtigt gewesen. Da das Schongebiet zum Schutz der Wasserversorgungsanlage des Wasserverbands bestimmt worden sei, habe dieser (und nicht etwa der Bund oder [auch] andere Wasserberechtigte) die Antragsteller für die dadurch bewirkten Nutzungsbeschränkungen zu entschädigen.

Der Wasserverband entgegnete, für durch eine Schongebietsverordnung angeordnete Nutzungs-beschränkungen stehe generell kein Entschädigungsanspruch zu. Jedenfalls sei er nicht alleine entschädigungspflichtig, weil auch anderen Wasserberechtigten im Schongebiet die Vorteile der Verordnung (Schutz des Grundwassers) zugute kämen. Eine Entschädigung würde allenfalls auch nur insoweit in Betracht kommen, als den Entschädigungswerbern tatsächlich zustehende Rechte beeinträchtigt worden wären. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, weil diese auch ohne die in der Schutzgebietsverordnung enthaltenen Beschränkungen nicht zur Ausübung der davon betroffenen Nutzungen berechtigt gewesen wären, zumal sie die Grundwasserqualität mehr als bloß geringfügig beeinträchtigt hätten und daher über den bewilligungsfreien Rahmen einer ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung hinausgegangen wären. Darüber hinaus stehe auch keine Entschädigung für die Beeinträchtigung jener Rechte zu, auf deren Ausübung die Entschädigungswerber freiwillig (etwa durch Teilnahme am Österreichischen Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft: „ÖPUL“) verzichtet haben.

Das vom Wasserverband angerufene Erstgericht bestimmte die Entschädigung für Erschwernisse und Mindererträge aus der Bewirtschaftung der im Schongebiet gelegenen Grundstücke des Erstantragstellers für die Jahre 2008 bis 2010 mit insgesamt 1.440 EUR und für die Jahre 2011 bis 2015 mit insgesamt 205 EUR sowie für die Grundstücke der Zweitantragstellerin für die Jahre 2011 bis 2015 mit insgesamt 2.195 EUR und verpflichtete den Wasserverband zur Zahlung dieser Beträge.

Es ging davon aus, dass sich § 34 Abs 4 WRG auch auf die in § 34 Abs 2 WRG genannten Schongebietsverordnungen beziehe, sodass der Wasserverband als Wasserberechtigter und durch die Verbesserung der Wasserqualität aufgrund der Schongebietsverordnung im Vergleich zu anderen Wasserberechtigten überwiegend Begünstigter zur Entschädigung verpflichtet sei. Bei der Beurteilung, inwieweit die Entschädigungswerber ihre Grundstücke aufgrund der Beschränkungen durch die Schongebietsverordnung nicht auf die Art oder in dem Umfang nutzen konnten, wie es ihnen ohne diese Verordnung aufgrund bestehender Rechte zugestanden wäre, legte das Erstgericht die Schongebietsverordnung in der zum 15. 11. 2010 gültigen Fassung zugrunde und prüfte einerseits, ob es durch die darin enthaltenen Bewirtschaftungs-beschränkungen zu einer Einschränkung der (wasserrechtlich) bewilligungsfreien Bodenbewirtschaftung gekommen sei; andererseits berücksichtigte es auch bestehende Nutzungsbeschränkungen durch die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das Aktionsprogramm zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen („Aktionsprogramm Nitrat“) sowie durch die freiwillige Teilnahme der Entschädigungswerber am ÖPUL. Die Teilnahme an diesem Agrarförderprogramm erachtete das Erstgericht deshalb als relevant, weil es sonst aufgrund der im Zuge dieses Programms bezahlten Prämien für freiwillige Nutzungsbeschränkungen zu einer Doppelentschädigung käme.

Insgesamt erachtete das Erstgericht für die in der Schongebietsverordnung vorgesehene Vorverlegung des Erntetermins bei Mais eine jährliche Entschädigung von 88 EUR und für den Mehraufwand für die spätere Beseitigung der Gründecke bei Mais und Ölkürbis von jährlich 392 EUR als angemessen (Gesamtentschädigung pro Jahr daher 480 EUR). Weitere durch die Schongebietsverordnung verursachte Beschränkungen bestehender Nutzungsrechte der Entschädigungswerber nahm es (unter Berücksichtigung der bereits durch ihre Teilnahme am ÖPUL und der Aktionsprogramme Nitrat eingeschränkten „bestehenden Rechte“) nicht an.

Das Rekursgericht gab dem auf Zuerkennung einer Entschädigung von insgesamt 15.878,80 EUR für die Jahre 2008 bis 2015 „im Sinne des Bescheides der BH“ gerichteten Rekurs der Entschädigungswerber nicht Folge. Dem Rekurs des Wasserverbands gab es hingegen Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass es den Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung zur Gänze abwies. Dabei ging es davon aus, dass sich die in § 34 Abs 4 WRG normierte Entschädigungspflicht nicht nur auf „Schongebietsbescheide“ nach § 34 Abs 1 WRG, sondern auch auf eine hier zu beurteilende Schongebietsverordnung gemäß § 34 Abs 2 WRG beziehe. Da der Wasserverband als Wasserberechtigter Anlass zur Erlassung der Schongebietsverordnung gegeben habe, habe er den Entschädigungswerbern diejenigen Nachteile zu ersetzen, die ihnen dadurch entstanden sind, dass sie ihre Grundstücke im Schongebiet nicht auf die Art und in dem Umfang nützen konnten, wie ihnen dies ohne die in der Schongebietsverordnung auferlegten Beschränkungen aufgrund bestehender Rechte möglich gewesen wäre. Dabei seien sowohl Beschränkungen zu berücksichtigen, wie sie sich aus dem WRG ergeben, als auch Nutzungsbeschränkungen durch das „Aktionsprogramm Nitrat“ sowie aufgrund der Teilnahme der Antragsteller am ÖPUL. Da gerade die landwirtschaftliche Stickstoffdüngung Ursache der hohen Nitratbelastung des Grundwassers im Schongebiet gewesen sei und die Schongebietsverordnung das Ziel gehabt habe, die Grundwasserqualität für Zwecke der Trinkwassergewinnung vor einer weiteren Nitratbelastung zu schützen, sei den Landwirten durch die in dieser Verordnung normierten Nutzungsbeschränkungen (Vorverlegung des Erntetermins für Körnermais; Verpflichtung zur Anlegung einer winterharten Gründecke vom 10. Oktober bis zum Frühjahrsanbau) keine dem Gleichheitsgrundsatz widersprechende wirtschaftliche Belastung im Interesse der Allgemeinheit auferlegt worden. Diese würden vielmehr selbst von einem sauberen Trinkwasser profitieren. Im Hinblick darauf sei der ihnen durch die Schongebietsverordnung entstandene Vermögensnachteil (480 EUR pro Jahr für 7,977 Hektar Grund; sohin rund 60 EUR pro Hektar und Jahr) als derart geringfügig anzusehen, dass er kein gleichheitswidriges und daher zu entschädigendes „Sonderopfer“ zugunsten der Allgemeinheit darstelle.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zu den Rechtsfragen zulässig, „wer in einem Entschädigungsverfahren aufgrund einer Schongebietsverordnung als Wasserberechtigter dem Außerstreitverfahren beizuziehen ist und ob eine (relativ) geringfügige, dem Schutz des Trinkwassers vor Verschmutzung mit Nitrat dienende Eigentumsbeschränkung durch eine Schongebietsverordnung die Ablehnung einer Enteignungsentschädigung für Landwirte rechtfertigt, die dem Grundwasser durch Stickstoffdüngung Nitrat zuführen“.

Der – entgegen der Ansicht des Revisionsrekursgegners rechtzeitige – Revisionsrekurs der Entschädigungswerber (dessen Anfechtungserklärung sich auch auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 12. 4. 2019 zu 2 R 18/19p bezieht, die Revisionsrekursausführungen betreffen aber nur den Beschluss dieses Gerichts vom gleichen Tag zu 2 R 19/19k, weshalb allein dieser Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist) ist zulässig und

berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1. Entgegen der Auffassung des Revisionsrekursgegners sieht § 30 Abs 3 EisbEG in der geltenden Fassung (iVm § 117 Abs 6 WRG) auch für Revisionsrekurse gegen die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung (sowie für die Revisionsrekursbeantwortung in einem solchen Fall) eine Frist von vier Wochen vor (vgl 1 Ob 31/17s).

1.2. Der Revisionsrekursgegner meint, dass § 30 Abs 3 EisbEG hier nicht in der geltenden eine vierwöchige Rechtsmittelfrist gewährenden Fassung, sondern in der eine bloß vierzehntägige Rechtsmittelfrist vorsehenden Fassung vor der Novellierung durch BGBl 2003/112 anzuwenden sei. Er begründet dies damit, dass sich die Antragsteller auf eine Eigentumsbeschränkung durch die Verordnung vom 21. 11. 1990 (LGBl 1990/88) gestützt hätten. § 30 EisbEG in der geltenden Fassung sei aufgrund der Übergangsbestimmung des § 48 Abs 3 EisbEG aber nur auf Verfahren anzuwenden, bei denen der „Antrag auf Enteignung“ nach dem 31. 12. 2004 bei der Behörde eingelangt ist.

Dem ist entgegenzuhalten, dass im vorliegenden Fall gar kein „Antrag auf Enteignung“ gestellt, sondern vielmehr eine Entschädigung für Eigentumseingriffe durch eine Verordnung begehrt wurde. Davon abgesehen wurde der Entschädigungsantrag auch nicht auf einen Eingriff durch die Schongebietsverordnung in ihrer ursprünglichen Fassung vom 21. 11. 1990 (LGBl 1990/88), sondern auf Nutzungsbeschränkungen durch die Novelle LGBl 2006/47 gestützt, sodass § 30 Abs 3 EisbEG in seiner aktuellen Fassung anzuwenden ist. Sowohl der Revisionsrekurs als auch der Rekurs (dessen Verspätung der Revisionsrekursgegner ebenfalls behauptet) wurden daher rechtzeitig erhoben.

2. Das Rekursgericht verneinte einen Verfahrensmangel durch unterlassene Beiziehung sämtlicher Bezieher von Grundwasser im Bereich der Schongebietsverordnung. Die von ihm (dennoch) als erheblich angesehene (verfahrensrechtliche) Frage, wer dem (erstinstanzlichen) Entschädigungsverfahren als Wasserberechtigter im Sinn des § 34 Abs 4 WRG beizuziehen gewesen wäre, wird von keiner der Parteien im Revisionsrekursverfahren angesprochen.

3.1. Nach § 34 Abs 1 WRG kann die Wasserrechtsbehörde (in bestimmten Fällen die Bezirksverwaltungsbehörde) zum Schutz von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen, entsprechende Schutzgebiete bestimmen und – nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen – auch den Betrieb bestehender Anlagen und Unternehmungen im notwendigen Ausmaß einschränken. Gemäß Abs 2 dieser Bestimmung kann der Landeshauptmann zum Schutz der allgemeinen Wasserversorgung mit Verordnung bestimmen, dass in einem näher zu bezeichnenden Gebiet (Schongebiet) Maßnahmen, welche die Beschaffenheit, Ergiebigkeit oder Spiegellage des Wasservorkommens zu gefährden vermögen, vor ihrer Durchführung der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen sind oder der wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen, oder nicht oder nur in bestimmter Weise zulässig sind.

3.2. Gemäß § 34 Abs 4 WRG ist, wer nach den „vorstehenden Bestimmungen“ (unter anderem) seine Grundstücke nicht auf die Art oder in dem Umfang nutzen kann, wie es ihm aufgrund bestehender Rechte zusteht, dafür vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen. Bereits aus dem Wortlaut dieser Norm („nach den vorstehenden Bestimmung en “) ergibt sich, dass eine Entschädigungspflicht nicht nur (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) bei einem Eingriff in bestehende Rechte durch einen Schutzgebietsbescheid nach § 34 Abs 1 WRG besteht, sondern auch bei Anordnungen gemäß Abs 2 leg cit durch eine Schongebietsverordnung (vgl Lindner in Oberleitner / Berger , WRG 4 Rz 15: „verordnete wie bescheidmäßig verfügte Nutzungsbeschränkungen“; B. Raschauer , Kommentar zum Wasserrecht [1993] § 34 Rz 13). Auch nach dem Zweck der Entschädigungspflicht, das einem Grundeigentümer sowohl nach Abs 1 als auch Abs 2 im Interesse des (Trink‑)Wasserschutzes abverlangte Sonderopfer auszugleichen (vgl zu diesem Entschädigungszweck bei Enteignungen bzw Eigentumsbeschränkungen etwa 3 Ob 204/15v; 8 Ob 113/15y), kann es – entgegen der Auffassung der Revisionsrekursgegnerin – nicht darauf ankommen, in welcher öffentlich-rechtlichen Rechtsform (Bescheid oder Verordnung) eine Nutzungsbeschränkung angeordnet wird, zumal auch Schutzgebietsbescheide im öffentlichen Interesse von Amts wegen erlassen werden können (vgl VwGH Ro 2014/07/0021; 2010/07/0096). Schließlich ging auch der Verfassungsgerichtshof in seinem (im Akt erliegenden) Beschluss vom 26. 2. 2019 zu G 311/2018 davon aus, dass es keinen (im Gesetzesprüfungsverfahren vorgebrachten) Bedenken begegnet, wenn der Gesetzgeber gleichermaßen für Wasserschutzgebiete gemäß § 34 Abs 1 WRG wie für Wasserschongebiete nach Abs 2 leg cit eine angemessene Entschädigung gemäß § 117 WRG vorsieht.

4.1. § 34 Abs 4 WRG normiert eine Entschädigungspflicht des „Wasserberechtigten“. Mit diesem Begriff ist („nach den vorstehenden Bestimmungen“) der Betreiber einer durch Bescheid geschützten Wasserversorgungsanlage (§ 34 Abs 1 WRG) oder der durch Verordnung geschützte Träger der „allgemeinen“ (idR kommunalen oder regionalen) Wasserversorgung (§ 24 Abs 2 WRG) gemeint, dessen Wasserversorgungsanlage Anlass für eine Maßnahme nach § 34 WRG gegeben hat (Lindner [aaO Rz 17] spricht in diesem Zusammenhang vom „Großwasserversorger“ und B. Raschauer [aaO Rz 14] vom „Wasserversorgungsunternehmen“). Dies wird vom Revisionsrekursgegner für Nutzungsbeschränkungen durch Schutzgebietsbescheide gemäß § 34 Abs 1 WRG nicht in Frage gestellt. Die Entschädigungspflicht desjenigen, der Anlass zu einer behördlichen Nutzungsbeschränkung zum Schutz des (Grund‑)Wassers gegeben hat, kann aber auch bei im Verordnungsweg nach § 34 Abs 2 WRG normierten Wasserschongebieten zumindest dann nicht zweifelhaft sein, wenn die Verordnung nicht den Schutz der gesamten (Grund-)Wasserversorgung in einem bestimmten Gebiet bezweckt, sondern zugunsten einer bestimmten Wasserversorgungsanlage erlassen wurde. Ob das angestrebte Ziel des (Grund‑)Wasserschutzes durch Erlassung eines Schutzgebietsbescheids nach § 34 Abs 1 WRG (im Fall eines kleinräumigen Schutzbereichs) oder einer Schongebiets-verordnung nach Abs 2 leg cit (im Fall eines größeren Einzugsgebiets) verfolgt wird, kann für die – primär teleologisch zu beantwortende – Frage, ob eine Entschädigungspflicht besteht und welcher „Wasserberechtigte“ nach Abs 4 leg cit entschädigungspflichtig ist, keine Rolle spielen.

4.2. Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus dem Titel der Verordnung, auf welche die Antragsteller ihre Entschädigungsansprüche stützen („Verordnung […], mit der ein Grundwasserschongebiet zum Schutze der Wasservorgungsanlagen des Wasserverbandes E***** bestimmt wird“; LGBl 1990/88; der Verordnungstitel wurde mit Novelle vom 21. 3. 2006, LGBl 2006/47, geändert in „Verordnung […], mit der ein Grundwasserschongebiet zum Schutz der Wasserversorgungsanlage des Wasserverbandes L***** bestimmt wird“), dass ausschließlich die Wasserversorgungsanlage des genannten Wasserverbands und nicht etwa (auch) die (vereinzelte) Hausbrunnenversorgung geschützt werden sollte. Dies kommt auch in § 1 („Geltungsbereich“) der Verordnung klar zum Ausdruck; dass auch die Nutzer von Hausbrunnen von den den Grundeigentümern auferlegten Beschränkungen profitieren können, stellt eine bloße Reflexwirkung dar, die die klare Zielrichtung der Verordnung nicht erweitert. Die Rechtsform der Verordnung wurde hier ersichtlich deshalb gewählt, weil sich das Schongebiet über vier Gemeinden erstreckt und daher eine größere Fläche von den Wasserschutzmaßnahmen betroffen ist. Dies ändert aber nichts daran, dass nur die Wasserversorgungsanlage des Antragsgegners Anlass zu den Maßnahmen gemäß § 34 Abs 2 WRG gegeben hat, sodass dieser – auch wenn er die getroffenen Schutzmaßnahmen nicht angeregt hat – zur Entschädigung nach § 34 Abs 4 WRG verpflichtet ist.

5.1. Zur Höhe der Entschädigung ist zunächst allgemein darauf hinzuweisen, dass – weil es sich bei den Anordnungen nach § 34 WRG um keine Zwangsrechte im Sinne der §§ 60 und 63 WRG handelt – die Bestimmungen der §§ 4 bis 7 EisbEG, auf die § 118 Abs 1 WRG (nur) hinsichtlich der Zwangsrechte verweist, keine Anwendung finden (Lindner aaO § 34 E 2 mwN der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs). Es besteht daher kein umfassender Entschädigungsanspruch, wie er § 4 EisbEG zu Grunde liegt, wonach alle durch die Enteignung bedingten vermögensrechtlichen Nachteile (also insbesondere die Minderung des Verkehrswerts des betroffenen Grundstücks) zu ersetzen sind. Vielmehr ist nach § 34 Abs 4 WRG nur dafür eine Entschädigung zu leisten, dass der Grundeigentümer sein im Wasserschutz- bzw -schongebiet gelegenes Grundstück nicht auf die Art oder in dem Umfang nutzen kann, wie es ihm aufgrund bestehender Rechte zusteht. Nach der Rechtsprechung ist dabei allerdings jede mögliche Nutzung zu entschädigen, die dem Anspruchsberechtigten infolge des Eingriffs verwehrt bleibt, soweit sie bei dessen Anordnung zulässig (und durch etwa erforderliche behördliche Bewilligungen gedeckt) war (

RS0082579).

5.2. Die vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht, dass für die (von den Vorinstanzen angenommenen) Nutzungseinschränkungen der Antragsteller deshalb keine Entschädigung zustehe, weil der daraus abgeleitete Vermögensschaden von jährlich 480 EUR zu gering sei, um im Hinblick auf den auch in deren Interesse liegenden Zweck der Nutzungsbeschränkungen (Milderung der von der Landwirtschaft ausgehenden Auswirkungen auf das Grundwasser) als gleichheitswidriges – und daher zu entschädigendes – „Sonderopfer“ zu gelten, steht im Widerspruch zu dieser Rechtsprechung. Zwar kann eine „vernünftige wirtschaftliche Betrachtungsweise“ in Einzelfällen dazu führen, dass bloß geringfügige Beeinträchtigungen noch kein entschädigungspflichtiges Sonderopfer sind (vgl 5 Ob 555/77). Davon kann bei dem von den Vorinstanzen zugrunde gelegten Vermögensnachteil von 480 EUR pro Jahr aber auch dann nicht gesprochen werden, wenn man diesen Betrag in Relation zur Größe der von der Schutzgebietsverordnung betroffenen Grundstücksfläche (hier rund 8 Hektar) setzt. Es überzeugt auch nicht, ein entschädigungspflichtiges „Sonderopfer“ deshalb zu verneinen, weil auch die Entschädigungswerber ein Interesse an einer verbesserten Trinkwasserqualität haben, kommt doch der Vorteil eines sauberen Trinkwassers sämtlichen Wasserbeziehern zugute, wogegen die Nutzungsbeschränkungen nur Landwirte mit (agrarisch bewirtschafteten) Liegenschaften im Schongebiet treffen.

6. Zur strittigen Frage, ob – wovon die Vorinstanzen ausgingen – auch freiwillig eingegangene Nutzungsbeschränkungen aufgrund einer Teilnahme am ÖPUL die „bestehenden Rechte“ der Entschädigungswerber einschränken, sodass für solche freiwilligen Beschränkungen nicht noch zusätzlich eine Entschädigung nach § 34 Abs 4 WRG zu leisten ist, ist zunächst anzumerken, dass es entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber nicht darauf ankommt, ob eine gemäß § 34 Abs 4 WRG zustehende Entschädigung eine Prämie nach dem ÖPUL ausschließt (nach dem Revisionsrekursvorbringen ist dies zwar nun nach dem ÖPUL 2015, nicht hingegen dem ÖPUL 2007 explizit vorgesehen). Es ist vielmehr nur zu prüfen, ob (umgekehrt) eine ÖPUL‑Prämie die Entschädigung nach § 34 Abs 4 WRG ausschließt.

Dies ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs der Fall, weil auch freiwillig eingegangene Nutzungsbeschränkungen bei der Bemessung der Entschädigung jedenfalls dann in dem Sinn, dass dann kein „bestehendes Recht“ iSd § 34 Abs 4 WRG angenommen und in ein solches daher nicht eingegriffen werden kann zu berücksichtigen sind, wenn der Grundeigentümer für den Verzicht auf bestimmte Nutzungsmöglichkeiten wie hier ein Entgelt (eine Prämie) erhält. In diesem Fall erfordert neben dem Wortlaut des § 34 Abs 4 WRG, der nicht danach differenziert, ob sich der Umfang „bestehender Rechte“ aus dem Gesetz oder aus einer freiwillig, aber gegen eine Prämie eingegangenen (vertraglichen) Verpflichtung ergibt, vor allem der Gesetzeszweck (Abgeltung einer durch die [Schutz‑]Maßnahme nach § 34 WRG verursachten Nutzungseinschränkung, die ohne diese Maßnahme nicht bestanden hätte) eine Berücksichtigung der freiwilligen Nutzungsbeschränkung. Jedes andere Verständnis würde dem Gesetzgeber unterstellen, er wolle den Grundeigentümern „Doppelentschädigungen“ zukommen lassen, wovon nicht ausgegangen werden kann.

7.1. Die Entschädigungswerber stützen ihren Entschädigungsanspruch auf Eingriffe durch die Schongebietsverordnung in der Fassung der Novelle LGBl 2006/47. Dass sich durch nachfolgende Novellierungen weitere – nicht bereits durch die genannte Novelle eingetretene – Nutzungseinschränkungen ergeben hätten, wird von ihnen nicht behauptet; sie traten auch dem Vorbringen des Wasserverbands, dass sich durch die nachfolgenden Novellen (LGBl 2007/17, 2008/31 und 2009/14) für sie „nichts geändert habe“, nicht entgegentreten. Die Novelle LGBl 2006/47 trat (in den hier relevanten Teilen) am 1. 1. 2007 in Kraft. Dass die (freiwilligen) Nutzungseinschränkungen aufgrund des ÖPUL und die Beschränkungen durch das Aktionsprogramm Nitrat nicht bereits im Jahr 2007 bestanden hätten, behaupte(te)n die Entschädigungswerber weder in ihrem Revisionsrekurs, noch in erster Instanz, wo sie ihrer Argumentation (zum Sachverständigengutachten) das ÖPUL (2007) sowie das Aktionsprogramm Nitrat (2008) vielmehr ausdrücklich zugrunde legten. Soweit sie meinen, dass sich aus dem ÖPUL 2007 und dem Aktionsprogramm Nitrat 2008 für den „maßgebenden Zeitpunkt 2006“ keine für die Bemessung der Entschädigung relevanten Beschränkungen „bestehender Rechte“ ergeben konnten, ist dieser im Revisionsrekurs genannte „Zeitpunkt“ nicht nachvollziehbar, geht es doch um eine Entschädigung für Nutzungsbeschränkungen in den Jahren 2008 bis 2015. Hinsichtlich der Nutzungseinschränkungen aufgrund des Aktionsprogramms Nitrat behaupten sie auch gar nicht, dass sich aus den Fassungen 2003, 2008 und 2012 unterschiedliche – für das vorliegende Verfahren relevante – Nutzungseinschränkungen ergeben würden.

7.2. Ausgehend davon, dass die „bestehenden Rechte“ im Sinn des § 34 Abs 4 WRG richtigerweise (auch) auf Basis der freiwilligen Teilnahme der Antragsteller am ÖPUL sowie der Beschränkungen durch das Aktionsprogramm Nitrat zu beurteilen sind, nahmen die Vorinstanzen nur insoweit eine Einschränkung der Nutzungsrechte der Entschädigungswerber durch die Schongebietsverordnung (in der Fassung der Novelle LGBl 2006/47) an, als der Erntetermin bei Körnermais vom 15. Oktober eines Jahres auf den 10. Oktober vorverlegt und – was mit einem höheren Beseitigungsaufwand beim Einarbeiten verbunden ist – eine spätere Beseitigung der (Winter-)Gründecke vorgesehen wurde. Weshalb aufgrund dieser beiden Einschränkungen eine Entschädigung in der von der Bezirkshauptmannschaft zugesprochenen Höhe (1.984,85 EUR pro Jahr) zustehen soll, legen die Revisionsrekurswerber, die sich insoweit – also zur „Bemessung“ der durch die Schongebietsverordnung verursachten Nutzungseinschränkungen – nur (erfolglos) dagegen wenden, dass die Vorinstanzen dabei auch die Beschränkungen durch das ÖPUL und das Aktionsprogramm Nitrat berücksichtigten, nicht dar. Dem Revisionsrekurs ist daher (nur) insoweit Folge zu geben, als die Entscheidung des Erstgerichts (mit Ausnahme der von der Antragsgegnerin im Rekurs bekämpften Kostenentscheidung) wiederhergestellt wird.

8. Der Kostenvorbehalt beruht darauf, dass das Rekursgericht gemäß § 117 Abs 6 WRG iVm § 30 Abs 2 EisbEG die Kostenentscheidung einem gesonderten Beschluss nach rechtskräftiger Erledigung der Hauptsache vorbehielt (§ 24 Abs 1 EisbEG iVm dem sinngemäß anzuwendenden § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG).

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