Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Im Jahre 1997 lieferte die klagende Partei dem Ehemann der Beklagten, der ein Erdbewegungsunternehmen betrieb, Baumaterialien. Der hiefür in Rechnung gestellte Betrag von S 241.530,26 wurde nicht bezahlt. Über ein entsprechendes Zahlungsbegehren der klagenden Partei erging gegen den Ehemann der Beklagten ein Versäumungsurteil; die auf Grund dessen geführte Fahrnisexekution blieb ergebnislos. Am 28. 5. 1998 übermittelte die klagende Partei der zuständigen Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung; am 19. 8. 1998 kam es zur Verurteilung des Ehemanns der Beklagten wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida; dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil lag zu Grunde, dass der Ehemann der Beklagten seit April 1996 seine Zahlungsunfähigkeit fahrlässig herbeigeführt und ab Sommer 1997 bis August 1998 die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelt oder geschmälert habe.
Mit Brief vom 22. 6. 1998, also noch vor seiner strafrechtlichen Verurteilung, schlug der Ehemann der Beklagten dem Klagevertreter vor, er wolle die aushaftende Schuld in monatlichen Raten S 10.000 begleichen. Die klagende Partei erklärte sich mit diesem Vorschlag nur für den Fall einverstanden, dass entsprechende Sicherheiten (Zession von Forderungen oder Haftungsübernahmen durch taugliche Bürgen) beigebracht würden. Nach einer weiteren telefonischen Kontaktaufnahme übermittelte der Klagevertreter dem Ehemann der Beklagten eine im Sinne dessen Vorschlags vorbereitete Ratenvereinbarung, in der ein Anerkenntnis der Forderung im Gesamtbetrag von S 295.457,44, deren monatliche Abstattung in Raten S 10.000 bei Terminsverlust und die Übernahme der Haftung der Beklagten als Bürgin und Zahlerin vorgesehen waren. Der Ehemann der Beklagten forderte diese zur Unterfertigung der Verpflichtungserklärung auf, wobei er ihr bedeutete, er brauche einen Bürgen, sonst müsse er "ins Gefängnis".
Die Beklagte war sich bei der Unterschriftsleistung bewusst, dass sie dann für eine Schuldsumme von etwa S 300.000 haften werde. Sie nahm an, dass sich die Lage des Unternehmens ihres Ehemanns in weiterer Folge bessern werde, und sie hätte die Erklärung nicht unterfertigt, sofern ihr Ehemann nicht erklärt hätte, er würde für den Fall der Nichtbeibringung eines Bürgen "ins Gefängnis" kommen. Die Beklagte war zur Zeit der Unterfertigung der Bürgschaftserklärung (am 5. 8. 1998) als Stubenmädchen beschäftigt und verdiente monatlich etwa S 12.000 netto. Im Unternehmen ihres Ehemanns war sie nicht tätig, sie hatte in dessen finanzielle Gebarung auch keinen Einblick. Die Eheleute wohnten im Haus der Eltern des Ehemanns der Beklagten; beide hatten keine Sorgepflichten. Die Beklagte verfügte über keine Ersparnisse und hatte keine Schulden. Zur gemeinsamen Wirtschaft trug ihr Ehemann kaum noch etwas bei. Von der klagenden Partei bzw deren Rechtsvertreter wurden die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beklagten nicht überprüft.
Mit Beschluss vom 31. 3. 1999 wurde über das Vermögen des Ehemanns der Beklagten der Konkurs eröffnet.
Die klagende Partei begehrte von der Beklagten auf Grund deren Haftung als Bürgin und Zahlerin die Zahlung von S 295.457,44 samt 11 % Zinsen seit 16. 8. 1998.
Die Beklagte behauptete die Unwirksamkeit bzw Nichtigkeit des Bürgschaftsvertrags wegen Sittenwidrigkeit und Irreführung; auf den Vertrag seien die Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) anzuwenden. Zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Bürgschaftserklärung habe ein klares Missverhältnis zwischen Verpflichtung und Leistungsfähigkeit bestanden. Die klagende Partei habe die Zwangslage und Unerfahrenheit der Beklagten ausgenützt. Jedenfalls hätte sich die klagende Partei von der Tauglichkeit der Haftung der Beklagten als Bürgin überzeugen müssen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der klagenden Partei sei keine Irreführung der Beklagten anzulasten; die Bürgschaft sei auch nicht sittenwidrig. Die Haftungserklärung sei vom Ehemann der Beklagten und nicht von der klagenden Partei veranlasst worden. Diese habe das Bürgenrisiko weder verharmlost noch psychischen Druck auf die Beklagte ausgeübt. Erkundigungen über die Tauglichkeit der Beklagten als Bürgin und die näheren Umstände der Bürgschaftserklärung könnten von der klagenden Partei nicht gefordert werden. Demnach sei die Bürgschaftsverpflichtung wirksam.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Schon die Vernachlässigung der im § 25c KSchG normierten Informations- und Warnpflicht führe zur Klagsabweisung. Diese Aufklärungspflicht diene primär dazu, den Sicherungsgeber über die in der Person des Hauptschuldners gelegenen Umstände aufzuklären, die ein besonderes Risiko der Interzession begründeten. Die klagende Partei hätte die Beklagte auf die wirtschaftliche Lage deren Ehemanns selbst dann hinweisen müssen, wenn diese dessen finanzielle Situation gekannt hätte. Die im § 25c KSchG normierte Informationspflicht diene der Risikoverringerung und der nachdrücklichen Warnung eines Interzedenten. Eine Information, inwiefern die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners erwarten ließe, dass die Haftung des Interzedenten schlagend werde, sei unbedingt nötig. Die klagende Partei habe mit der Beklagten aber nicht Kontakt aufgenommen und sie nicht über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Ehemanns aufgeklärt, obwohl sie von der Erfolglosigkeit ihrer Exekutionsschritte gegen den Ehemann der Beklagten ebenso wie von der Konkursreife dessen Unternehmens Kenntnis gehabt habe und diese Umstände sie auch zur Übermittlung einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft bewogen hätten. Der klagenden Partei sei also bekannt gewesen, dass der Hauptschuldner die Verbindlichkeit nicht erfüllen werde. Die mangelnde Information der Beklagten über diesen Umstand stelle eine Verletzung der Warn- und Aufklärungspflicht dar, was zur Haftungsbefreiung der Beklagten führe. Es könne nicht angenommen werden, dass die Beklagte auch in Kenntnis der wirtschaftlichen Lage ihres Ehemanns die Mithaftung als Bürgin und Zahlerin übernommen hätte.
Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Voraussetzungen dafür, den Interzessionsvertrag als sittenwidrig zu buerteilen, sind dessen inhaltliche Missbilligung, die Missbilligung der Umstände seines Zustandekommens infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit des Interzedenten sowie die Kenntnis bzw fahrlässige Unkenntnis dieser Faktoren durch den Gläubiger. Im Zeitpunkt der Haftungsübernahme müssen alle diese Voraussetzungen erfüllt sein, um die in mancher Hinsicht dem Wucherverbot nachgebildete Sittenwidrigkeit des Vertrags bejahen zu können (8 Ob 320/99p; SZ 71/117 ua). Die inhaltliche Missbilligung des Bürgschaftsvertrags resultiert - wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannte - aus dem groben Missverhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit der beklagten Bürgin und dem Verpflichtungsumfang: Die Beklagte verfügte bloß über ein monatliches Nettoeinkommen von etwa S 12.000 und konnte - wie noch näher zu erörtern sein wird - bestenfalls auf ein Vermögen in Form eines PKWs zurückgreifen. Dass diese Umstände bei einer in monatlichen Raten S 10.000 abzuzahlenden Schuld von etwa S 295.000 zuzüglich erheblichen Zinsen ein krasses Missverhältnis zwischen Haftungsumfang und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit bedeuten, bedarf keiner näheren Begründung. Dagegen mangelt es an dem für das weiter oben umschriebene Sittenwidrigkeitsurteil unerlässliche Element der der klagenden Partei anzulastenden verdünnten Entscheidungsfreiheit der Beklagten. Diese hätte nämlich nach den Feststellungen den Bürgschaftsvertrag ohne die Erklärung ihres Ehemanns, er würde für den Fall der Nichtbeibringung der Bürgschaft ins Gefängnis kommen, keinesfalls unterfertigt. Die Beklagte trug sich zunächst mit der Absicht, die ihr vorgelegte Vertragsurkunde mit den darin festgehaltenen Verpflichtungen nicht zu unterfertigen. Ihr Wille wurde erst durch die Ankündigung ihres Ehemanns, ihm drohe sonst das Gefängnis, in eine andere Richtung gelenkt, was - wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführte - nicht der klagenden Partei angelastet werden kann. Diese war nicht einmal in Kenntnis der Beeinflussung der Beklagten durch deren Ehemann; selbst fahrlässige Unkenntnis dieser Umstände fällt ihr nicht zur Last: Die "verdünnte Entscheidungsfreiheit" der Beklagten wurde allein von deren Ehemann herbeigeführt. Hat dieser aus eigenem Antrieb die Willensbildung der Beklagten in die von ihm gewünschte Richtung gelenkt, so kann er insoweit auch nicht als "Vermittler oder Bote" der klagenden Partei angesehen werden. Andere Umstände, die die Entscheidungsfreiheit der Beklagten eingeengt hätten, wurden weder behauptet noch festgestellt. Demnach kann die von der Beklagten übernommene Bürgschaft im Sinne der vom Obersten Gerichtshof entwickelten Judikatur (SZ 71/117; ÖBA 1999, 647; ÖBA 1999, 830; JBl 1998, 36; SZ 68/64 uva) nicht von vornherein als sittenwidrig beurteilt werden.
Zu Recht hat aber das Berufungsgericht indes der von der klagenden Partei vernachlässigten Informations- und Warnpflicht Bedeutung beigemessen:
Mit der Novelle 1997 wurden dem Konsumentenschutzgesetz Schutzbestimmungen für Interzedenten als § 25c eingefügt. Dieser hat folgenden Wortlaut:
Tritt ein Verbraucher einer Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garant bei (Interzession), so hat ihn der Gläubiger auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird. Unterlässt der Unternehmer diese Information, so haftet der Interzedent nur dann, wenn er seine Verpflichtung trotz einer solchen Information übernommen hätte.
Der Gesetzgeber hat diese Regelung auf solche Verträge beschränkt, die der Interzedent als Verbraucher eingeht. Ob der Hauptschuldner Verbraucher oder Unternehmer ist, spielt keine Rolle. Die Beklagte, die im Unternehmen ihres Ehegatten überhaupt nicht tätig war, ist zweifelsohne als Verbraucherin zu beurteilen, war sie doch anderweitig als Stubenmädchen berufstätig. § 25c KSchG würde aber selbst für den Fall ihrer Mitwirkung im Betrieb ihres Ehemanns auf sie Anwendung finden (Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer KSchG Rz 4 zu § 25c).
Denjenigen Gläubiger, der bis zum Zeitpunkt der Interzession erkennt oder erkennen muss, dass der Hauptschuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird, trifft eine Informationspflicht. Er hat den interzedierenden Verbraucher auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners auch dann hinzuweisen, wenn dieser über die finanzielle Situation des Hauptschuldners Bescheid weiß, was gerade bei Angehörigen häufig der Fall ist. Dies soll das Risiko des Einstehenmüssens für eine (materiell) fremde Schuld verringern und den Interzedenten nachdrücklich warnen: Die Auskunft soll dem Interzedenten die wirtschaftlichen Gründe des Gläubigers vor Augen führen, aus denen dieser neben der Haftung des Hauptschuldners auf der Haftung einer weiteren Person besteht. Demzufolge hat der Gläubiger den Interzedenten darüber zu informieren, inwiefern die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners erwarten lässt, dass dieser seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht (vollständig) erfüllen wird, sodass die Haftung des Interzedenten schlagend wird (Apathy in Schwimann ABGB2 Rz 3 zu § 25c KSchG; Graf, Verbesserter Schutz vor riskanten Bürgschaften, in ÖBA 1995, 776; 311 BlgNR 20. GP, 25). Unbestrittenermaßen hat die klagende Partei mit der Beklagten vor deren Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung nicht Kontakt aufgenommen und sie nicht über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse des Hauptschuldners aufgeklärt. War sie in Kenntnis von der Erfolglosigkeit ihrer exekutionsrechtlichen Maßnahmen gegen den Ehegatten der Beklagten und befand sie bereits die Übermittlung einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft als notwendig, so liegt der Schluss nahe, dass sie befürchte, der Ehemann der Beklagten werde seine Verbindlichkeit zumindest nicht vollständig erfüllen; jedenfalls hätte sie dies erkennen müssen (vgl Apathy aaO Rz 4 zu § 25c KSchG). Dazu kommt, dass die klagende Partei als Gläubigerin einer bereits bestehenden Verbindlichkeit selbst aktiv wurde, um die Einbeziehung der Interzedentin in das Schuldverhältnis zu erreichen, was prima facie darauf hinweist, dass die klagende Partei die Einbringung der Forderung beim Hauptschuldner als nicht gesichert ansah (vgl Kosesnik-Wehrle aaO Rz 8 zu § 25c).
Der Interzedent wird von seiner Haftung trotz unterbliebener Information und Warnung nur dann nicht befreit, wenn er seine Verpflichtung ungeachtet entsprechender Information und Warnung übernommen hätte. Dies zu beweisen, obliegt dem Gläubiger (Apathy aaO Rz 6 zu § 25c KSchG; Kosesnik-Wehrle aaO Rz 18 zu § 25c). Dem Berufungsgericht zufolge ist der klagenden Partei der Beweis nicht gelungen, dass die Beklagte auch bei entsprechender Information und Warnung die Mithaftung als Bürgin und Zahlerin in dem Umfang, wie sie aus der Erklärung (Beilage A) ersichtlich ist, übernommen hätte. Die Feststellung der Vorinstanzen, die Beklagte hätte diese Erklärung nicht unterfertigt, hätte ihr Ehemann die ihm drohende Haft nicht ins Spiel gebracht, lässt für sich entgegen der Ansicht der klagenden Partei nicht auch die Schlussfolgerung zu, es sei für sie unmaßgeblich gewesen, ob der Hauptschuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen werde. Es ist den vorinstanzlichen Feststellungen zufolge ohne weiteres denkbar, dass die Beklagte die Unterfertigung der Erklärung - hätte ihr Ehegatte von der ihm drohenden Haft nicht gesprochen -, allein oder vor allem deshalb verweigert hätte, weil ihr die wirtschaftliche Situation des Hauptschuldners vor Augen geführt und die Wahrscheinlichkeit ihrer Inanspruchnahme auf diese Weise bewusst gemacht worden wäre.
Den Ausführungen der Revisionswerberin, es sei ihr nicht zumutbar gewesen, der Warnpflicht nachzukommen, ist entgegenzuhalten, dass § 25c KSchG die Verpflichtung des Gläubigers zur Information bzw Warnung des Interzedenten unmissverständlich statuiert.
Dennoch kommt der Revision der klagenden Partei Berechtigung zu:
Nach § 25c zweiter Satz KSchG bleibt die Haftung des Interzedenten nur dann bestehen, wenn er seine Verpflichtung auch nach vollständiger Information übernommen hätte. Es soll also dem Gläubiger die Möglichkeit eröffnet werden, sich auf die fehlende Kausalität seiner Pflichtwidrigkeit (unterlassene oder fehlerhafte Hinweise) zu berufen (P. Bydlinski, Die Sittenwidrigkeit von Haftungsverpflichtungen, in ZIK 1995, 135 [139]). Demgemäß muss es dem Gläubiger aber auch offen stehen, zu behaupten und zu beweisen, dass der Interzedent bei entsprechender Information bzw Warnung nur eine geringere Verpflichtung auf sich genommen hätte; insoweit ist die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung unscharf (P. Bydlinski aaO). Aus dem Sinn des zweiten Satzes des § 25c KSchG ist somit zu schließen, dass der Interzedent im Falle des Unterbleibens der gesetzlich vorgeschriebenen Information von seiner Verbindlichkeit befreit ist, wenn bzw soweit er sie bei ordnungsgemäßer Mitteilung nicht bzw nur zum Teil eingegangen wäre; seine Verbindlichkeit bleibt bis zur Höhe dieser "geringeren Verpflichtung" wirksam (Apathy aaO Rz 6 zu § 25c KSchG; Schwarzenegger, Der aktuelle Ministerialentwurf zur Novellierung des KSchG, in JAP 1996/97, 51 [60]). In den problematischen Fällen von Angehörigenbürgschaften - wie hier - ist Anknüpfungspunkt der inhaltlichen Missbilligung die übermäßige Haftung, die den Bürgen im Verhältnis zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit überfordert. Gerade diese Überforderung gilt es, gewissermaßen durch "geltungserhaltende Reduktion" des Verpflichtungsumfangs zu vermeiden; die Haftung ist daher auf ein vertretbares Maß zu reduzieren (8 Ob 253/99k; Rabl, Sittenwidrige Bürgschaften vermögensschwacher Angehöriger, in ecolex 1998, 8 [11]).
Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Rechtssache noch nicht als spruchreif. Mangels ausreichender Feststellungen kann nicht verlässlich beurteilt werden, welche Verpflichtung die Beklagte bei Vorliegen der dem § 25c KSchG entsprechenden Informationen übernommen hätte. Aus der Feststellung, sie hätte die Erklärung nicht unterfertigt, hätte ihr Ehegatte nicht die ihm sonst angeblich drohende Haft ins Spiel gebracht, kann noch nicht abgeleitet werden, dass sie dann doch nicht eine andere - geringere - Haftung übernommen hätte, um wenigstens mitzuhelfen, die Zahlungsverpflichtungen ihres Ehemanns zu tilgen. Gerade bei Angehörigenbürgschaften ist Derartiges gar nicht unwahrscheinlich: Stellt man in Rechnung, dass die mit Unterhaltspflichten nicht belastete Beklagte über ein monatliches Nettoeinkommen von S 12.000 verfügte und schuldenfrei war, war sie auch bei realistischer Betrachtung in der Lage, für geringere als die in der Bürgschaftsverpflichtung festgelegten Ratenzahlungen bzw für eine geringere Gesamtsumme bzw zu anderen Bedingungen, die nicht unbedingt mit jenen des Hauptschuldners korrelieren müssen, einzustehen. Da die klagende Partei vorbrachte, der Vertrag sei keinesfalls nichtig und die Interzedentin hafte trotz unterlassener Information, ist damit auch als vorgebracht anzusehen, dass die Bürgschaftsverpflichtung zumindest zum Teil, nämlich in einem der Leistungsfähigkeit der Beklagten im Zeitpunkt deren Verpflichtungserklärung nicht unangemessenen Umfang (vgl SZ 68/64), wirksam und die Haftung der Interzedentin insoweit zu bejahen sei; jedenfalls wird das im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien zu erörtern sein (§ 182 ZPO).
Das Erstgericht wird demnach festzustellen haben, welche Verpflichtung die Beklagte gegebenenfalls trotz Unterlassung der nach § 25c KSchG gebotenen Information eingegangen wäre. In diesem Zusammenhang wird auch zu klären sein, ob die Beklagte - wie festgestellt - tatsächlich über kein Vermögen verfügte, zumal sie - wie die Revisionswerberin zu Recht aufzeigt - selbst aussagte, sie und ihr Ehegatte ("wir") hätten über einen damals neuwertigen PKW verfügt (S 4 und 6 des Protokolls vom 18. 10. 1999). Aus dem Umstand, dass die Beklagte und deren Ehemann im Haus der Schwiegereltern der Beklagten wohnten, lässt sich allerdings nicht ohne weiteres ableiten, dass kein Mietzins gezahlt werden musste. Derartiges Vorbringen wurde in erster Instanz nicht erstattet.
In diesem Sinne sind in Stattgebung der Revision die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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