OGH 17Ob8/09i

OGH17Ob8/09i12.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Griss als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred B*****, vertreten durch Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei i***** GmbH, *****, vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wels, wegen Unterlassung (Streitwert 32.702,77 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 3.633,65 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Jänner 2009, GZ 1 R 144/08i-117, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Die Lehre von der Äquivalenz dehnt den Schutzbereich eines Patents auf solche Benutzungshandlungen aus, die zwar im Anspruch nicht genannt sind, die aber von Sinn und Zweck der Erfindung (= Erfindungsgedanke) durch Verwendung gleichwirkender Austauschmittel Gebrauch machen (17 Ob 6/08v = RIS-Justiz RS0123521). Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für Gebrauchsmuster (vgl 4 Ob 155/03b = ÖBl 2004, 37 - Gleitschichtkühler im Zusammenhang mit einer „verschlechterten Ausführungsform").

1.2. Die für eine äquivalente Benützung einer patentierten Erfindung erforderliche Gleichwirkung bedeutet, dass das Austauschmittel dieselbe technische Wirkung erzielen muss, die das im Patentanspruch beschriebene Lösungsmittel nach der Lehre des Klagepatents erreichen soll. In den Schutzbereich eines Patents fallen damit auch Ausführungsformen, deren Elemente ganz oder zum Teil von der patentgemäßen Ausführungsform abweichen, sofern die ausgetauschten den beschriebenen Elementen patentrechtlich äquivalent sind. Ob Äquivalenz vorliegt, ist in erster Linie eine Rechtsfrage (17 Ob 6/08v mwN).

1.3. Nach dem festgestellten Sachverhalt ist am Gebrauchsmuster des Klägers gegenüber vorbekannten Wasserkühlern neu, dass die Kühlflüssigkeit zwischen planen Platten durchgeführt und auf diese Weise eine laminare (turbulenzfreie) Strömung erreicht wird, deren einzelne Strömungsfäden sich nicht überschneiden und keine übermäßigen Wirbel auftreten lassen, wodurch sich ein Gleitschichteffekt (Feststoffeigenschaften einer Flüssigkeit bei trotzdem gutem Transferverhalten, vgl Beil./C S 4) ergibt. Dem Eingriffsgegenstand Beil/.5 liegt dieselbe Funktionsweise zugrunde, weil auch dort - trotz vier Stegen auf der ebenen Deckplatte - die zwischen zwei Platten fließende Kühlflüssigkeit keinem vorgegebenen eingefrästen Strömungskanal folgt, sondern sich im Strömungsraum - abgesehen von den Bereichen der Stege - auf der gesamten Plattenoberfläche verteilen kann.

Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen die beim Eingriffsgegenstand zur Problemlösung angewendeten Mittel als prinzipiell gleichwirkend jenen des Gebrauchsmusters beurteilt und einen Gebrauchsmustereingriff bejaht hat, hat es die zuvor aufgezeigten Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung im Rahmen des ihm offenstehenden Ermessensspielraums fehlerfrei auf den Einzelfall angewendet.

2.1. Die Berechtigung des Begehrens auf Urteilsveröffentlichung hängt davon ab, ob an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß ein schutzwürdiges Interesse besteht; diese Frage hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen (RIS-Justiz RS0079737). Eine längere Prozessdauer hindert die Stattgebung des Urteilsveröffentlichungsbegehrens nicht, wenn noch künftige Nachteile für den Kläger oder „Vorteile" für den Beklagten aus der zu Recht beanstandeten Wettbewerbshandlung zu besorgen sind. Die längere Dauer eines Verfahrens darf nämlich keine Prämie für den unterliegenden Teil in der Richtung bilden, dass infolge längerer Zeitdauer von einer Urteilsveröffentlichung Abstand zu nehmen wäre (4 Ob 50/05i mwN).

2.2. Dass der Kläger im Sicherungsverfahren die zur Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung auferlegte Sicherheitsleistung nicht erlegt hat, lässt - entgegen der in der Zulassungsbeschwerde vertretenen Auffassung - noch keine zwingenden Rückschlüsse auf ein fehlendes Veröffentlichungsinteresse zu. Auch ist das Berufungsgericht unbekämpft davon ausgegangen, dass sich der Eingriffsgegenstand - wenn auch in abgewandelter Form - noch auf dem Markt befindet.

Ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung des Urteils nach den Umständen des Falles zur Aufklärung des Publikums geboten ist, begründet im Übrigen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042967).

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