OGH 15Os96/19k

OGH15Os96/19k17.10.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Oktober 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jukic als Schriftführerin in der Strafsache gegen Maria S***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 29. April 2019, GZ 52 Hv 47/18f‑60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00096.19K.1017.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen Freispruch von einem weiteren Tatvorwurf enthält, wurde Maria S***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie in E***** und anderen Orten Österreichs Bestandteile ihres Vermögens dem Zugriff ihrer Gläubiger entzogen und deren Verbleib verschwiegen, sohin beiseite geschafft, und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger, nämlich zumindest des DI Ernest N***** und des Rechtsanwalts Dr. Gottfried F*****, vereitelt, und zwar durch Barbehebung von ihren im Urteil näher bezeichneten Konten und Verbergen

1./ am 5. September 2014 von 150.000 Euro (R***** III);

2./ am 17. September 2014 von 17.000 Euro (R***** I);

3./ am 7. Oktober 2014 von 18.000 Euro (R***** IV).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Voranzustellen ist, dass allfällige Unklarheiten, die durch die Art der Rechtsmittelausführung (hier: keine Differenzierung zwischen Mängel‑ und Tatsachenrüge – Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO) zu Lasten der Beschwerdeführerin gehen (RIS‑Justiz RS0100183).

Dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider wurden die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 6) im Urteil gar wohl auf Beweisergebnisse gestützt (US 9 f). Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit ist deren Ableitung aus dem äußeren Geschehen, aus dem Wissen der Angeklagten um ihre Schulden und ein anhängiges Zivilverfahren, um dessen Ausgang sie sich nicht weiter kümmerte, aber auch aus der festgestellten Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf eines Hauses für andere Zwecke als zur Schuldentilgung nicht zu beanstanden.

Dass aus von der Beschwerde hervorgehobenen, im Urteil erwähnten Aspekten des Geschehens für die Angeklagte günstigere Schlüsse möglich gewesen wären, bewirkt keine Nichtigkeit iSd § 281 Abs 1 Z 5 oder Z 5a StPO.

Es ist auch kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) darin zu erblicken, dass die Tatrichter in Bezug auf einen weiteren Tatvorwurf aufgrund näher beschriebener Umstände bei der Ummeldung eines PKW nicht von einem (bedingten) Vorsatz der Angeklagten auf Gläubigerschädigung ausgingen (US 7, 9) und insoweit einen Freispruch fällten (US 2), während sie hinsichtlich der vom Schuldspruch erfassten Transaktionen (die den Erlös aus dem Verkauf eines Hauses betrafen; US 5 f) entsprechenden Vorsatz bejahten (US 6, 9 f).

Schließlich wird auch mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz keine Nichtigkeit aus Z 5 oder Z 5a des § 281 Abs 1 StPO aufgezeigt (RIS‑Justiz RS0102162).

Weder mit dem Hinweis auf ihre Verantwortung, auf Angaben des Privatbeteiligten oder auf die Meinung der Insolvenzverwalterin zu einem allfälligen Zusammenhang zwischen den inkriminierten Transaktionen und dem Zivilprozess noch mit der Berufung auf ihre Gemütsverfassung im Tatzeitraum oder auf ihre grundsätzlich erklärte Bereitschaft, ihre (bloß der Höhe nach bestrittenen) Schulden beim Privatbeteiligten zu begleichen, gelingt es der Angeklagten, erhebliche Bedenken (Z 5a) gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen hervorzurufen.

Indem die Beschwerdeführerin die Beweismittel vielmehr einer eigenständigen Wertung unterzieht und daraus zu anderen, von jenen der Tatrichter abweichenden Schlussfolgerungen zur subjektiven Tatseite gelangt, bekämpft sie – in unzulässiger Weise – die dem Schöffengericht vorbehaltene Beweiswürdigung.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet die den Schuldspruch betreffenden Konstatierungen zum Vorsatz der Angeklagten (US 6) und beruft sich zu dessen Bekämpfung auf jene Feststellungen, die (ausschließlich) zu dem vom Freispruch umfassten Tatvorwurf getroffen wurden (US 9). Damit bringt sie den herangezogenen (materiell‑rechtlichen) Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung (RIS‑Justiz RS0099810).

Dass die getroffenen Konstatierungen zur Gemütsverfassung der Angeklagten im Tatzeitraum und zu ihrem Motiv für die – nicht dem Gläubigerfonds zugute gekommene – Verwendung der inkriminierten Beträge (US 9) einem Schuldspruch nach § 156 Abs 1 StGB entgegenstehen sollen, behauptet die Beschwerde bloß, ohne dies unter Berücksichtigung der im Urteil weiters getroffenen Feststellungen zum (bedingten) Vorsatz (US 6) aus dem Gesetz abzuleiten (RIS‑Justiz RS0116565).

Mangels eines Schuldspruchs wegen grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 StGB kann das auf diesen Tatbestand bezogene Rechtsmittelvorbringen dahinstehen.

Die Darstellung der Diversionsrüge (Z 10a) ist – unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 198 StPO – auf der Basis der Urteilsfeststellungen methodisch korrekt zu entwickeln (RIS-Justiz RS0124801).

Indem die Nichtigkeitswerberin auf ihre – nunmehrige – Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme verweist, vernachlässigt sie die Tatsache, dass sie in der Hauptverhandlung einen tatbestandsmäßigen Vorsatz stets bestritten hat (US 9 f iVm ON 56 S 3 f, 36 f und ON 59 S 3 f, 7, 10). Indem sie solcherart nicht vom (gesamten) Urteilssachverhalt ausgeht, bringt sie den angesprochenen Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS‑Justiz RS0116823).

Da die Diversionsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, erübrigt sich ein Eingehen auf die für das Nichtvorliegen „schwerer Schuld“ und das Fehlen von spezialpräventiven Diversionshindernissen eintretenden Ausführungen des Rechtsmittels.

Im Übrigen macht dieses mit der Behauptung, im vorliegenden Einzelfall würden auch generalpräventive Erfordernisse einer Diversion nicht entgegenstehen, auch nicht deutlich, weshalb bei wiederholter vorsätzlicher Vermögensverringerung mit einem Gesamtschaden von deutlich über der Hälfte der (qualifizierenden) Wertgrenze des § 156 Abs 2 StGB und damit einhergehendem hohen sozialen Störwert eine Bestrafung nicht geboten sein sollte, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (vgl etwa 11 Os 37/19d; 15 Os 124/18a).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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