OGH 15Os78/22t

OGH15Os78/22t5.12.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Dezember 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Mag. Seidenschwann als Schriftführerin in der Strafsache gegen * E* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Mai 2022, GZ 61 Hv 23/22f‑189b, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00078.22T.1205.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * E* jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 12 dritter Fall, 15 StGB; § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./) und nach § 28a Abs 1 sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in W*

I./ zur vorschriftswidrigen Ausfuhr von Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus dem Ausland und anschließenden Einfuhr des Suchtgifts nach Österreich beigetragen, indem er „gemeinsam mit Mittätern“ in wiederholten Angriffen Suchtgift im Ausland bestellte und sodann den Transport des Suchtgifts nach Österreich mitorganisierte, wobei es zum Teil (I./3, US 14) beim Versuch der Ausfuhr blieb, und zwar

1./ im Februar 2021 zur Ausfuhr von 1.450 Gramm Kokain (901 Gramm Cocain Reinsubstanz; 60,67‑fache Grenzmenge) aus Nigeria und anschließenden Einfuhr des Suchtgifts über Deutschland nach Österreich durch den Suchtgiftkurier * W*, der am 15. Februar 2021 bei der Einreise am Flughafen Wien‑Schwechat mit dem Suchtgift betreten und festgenommen wurde;

2./ im April 2021 zur Ausfuhr von 1.187,4 Gramm Kokain (889,6 Gramm Cocain Reinsubstanz; 59,31‑fache Grenzmenge) aus Äthiopien und anschließenden Einfuhr des Suchtgifts nach Österreich durch den Suchtgiftkurier * O*, der am 28. April 2021 bei der Einreise am Flughafen Wien‑Schwechat mit dem Suchtgift betreten und festgenommen wurde;

3./ im Juli 2018 zur Ausfuhr von 2.040 Gramm Kokain (Reinheitsgehalt 25 % Cocain) aus Martinique durch den Suchtgiftkurier * O*, der es über Paris nach Wien transportieren hätte sollen, aber am Flughafen Aimé Césaire in Le Lamentin/Martinique mit dem Suchtgift betreten und festgenommen wurde;

II./ durch die unter Punkt I./ angeführten Handlungen den Suchtgiftkurieren vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge verschafft.

Nach § 19a Abs 1 StGB wurde das sichergestellte Mobiltelefon der Marke Nokia konfisziert (US 3).

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die (vgl ON 203, 214 und ein Nachhangstück vom 10. Oktober 2022) auf § 281 Abs 1 Z 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Weshalb (allein) mit Blick auf die zu I./2./ getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte mit entsprechendem Vorsatz zur Ausfuhr einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge Suchtgifts aus Äthiopien und dessen Einfuhr nach Österreich beitrug (US 4 f), die Subsumtion unter (ohnehin bloß) ein Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./) rechtsfehlerhaft sein sollte, legt die auf „sachlich nicht gerechtfertigte … echte Konkurrenz“ und eine „nicht nur typische, sondern sogar notwendige Begleittat“ (durch mit der Einfuhr gleichzeitig einhergehender Ausfuhr) Bezug nehmende Subsumtionsrüge (Z 10) nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (RIS‑Justiz RS0116569). Im Übrigen handelt es sich bei der Ein‑ und Ausfuhr von Suchtgift um (gleichwertige) Begehungsformen des insoweit als alternatives Mischdelikt angelegten § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG, sodass die Bekämpfung nur einer der beiden als verwirklicht angesehenen Alternativen von vornherein ins Leere geht (vgl RIS‑Justiz RS0114037 [T1], RS0115527).

[5] Ebenso lässt der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Behauptung, der dem Schuldspruch zu I./ zugrunde liegende Beitrag zur Ein‑ und Ausfuhr (§ 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG) von Suchtgift umfasse auch das Verschaffen (§ 28a Abs 1 sechster Fall SMG; II./) ein- und derselben Suchgiftmenge, eine Ableitung aus dem Gesetz vermissen (RIS‑Justiz RS0116569), weshalb der Unrechtsgehalt des Verschaffens (mit dem Ziel der Ein- und Ausfuhr nach Österreich) bereits von jenem der Aus- und Einfuhr von Suchtgift mitabgedeckt sein sollte (oder umgekehrt; vgl RIS‑Justiz RS0118871 [insb T7 und T8]; RS0131468).

[6] Entgegen der Sanktionsrüge liegt Nichtigkeit des Konfiskationserkenntnisses iSd § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO nicht vor. Da dieser Fall des § 281 Abs 1 StPO auf keinen Sachverhaltsbezug abstellt, folgt daraus definitionsgemäß auch keine Pflicht zu allfälliger Sachverhaltsfeststellung. Das bloße Fehlen rechtlicher Erwägungen zur Strafbemessung zieht ebenso wenig eine Nichtigkeit nach sich. Nichtigkeitsrelevant ist nur die erkennbar (rechts‑)fehlerhafte Beurteilung von Strafzumessungstatsachen (RIS‑Justiz RS0130616 [T1]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 680 f, 691), während jede andere Kritik an einer Ermessensentscheidung nur mit Berufung erfolgen kann (vgl 15 Os 187/15m mwN). Dass das Erstgericht, das sich insoweit auf § 19a StGB stützte (US 15), die Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Gänze unterlassen hätte (vgl RIS‑Justiz RS0088035 [T7]), wird bloß (spekulativ) behauptet. Zudem nennt die Beschwerde auch keine Verfahrensergebnisse, die eine schlechthin unverständliche Vernachlässigung maßgeblicher rechtlicher Gesichtspunkte erkennen ließen.

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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