European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00025.16I.0413.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus ihrem Anlass wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im
Einziehungserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zur Entscheidung an das Bezirksgericht Schladming verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ion N***** ‑ soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant ‑ des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 dritter und vierter Fall und § 15 StGB idF vor BGBl I 2015/112 (I./) und (unter anderem) des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1, 2 und 3 erster Fall StGB idF vor BGBl I 2015/112 (V./) schuldig erkannt.
Danach hat er
I./ (zusammengefasst und soweit von Relevanz) zwischen 22. August 2013 und 5. Februar 2014 in W***** und anderenorts im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit unbekannten Mittätern (§ 12 StGB) im Urteil konkretisierte fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von 35.172,15 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung „(auch) von schweren Einbruchsdiebstählen“ eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, den im Urteil genannten Gewahrsamsträgern durch Einbruch und Einsteigen in Gebäude und durch Aufbrechen von Behältnissen weggenommen und wegzunehmen versucht, und zwar unter anderem
4./a./1./ in der Nacht zum 5. Februar 2014 in S***** Rupert S***** und Ernst L***** 25.746,40 Euro Bargeld durch Einschlagen eines Fensters;
V./ (zu ergänzen: in der Nacht zum 13. Jänner 2014 in R*****) den Pkw „VW Transporter“ des Steirischen Skiverbands ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei er sich die Gewalt über das Fahrzeug durch Sperre mit einem durch Einbruchsdiebstahl widerrechtlich erlangen Schüssel verschaffte und „durch die Tat sämtliche Fensterscheiben ab der B‑Säule zerstörte, mithin am Fahrzeug einen Schaden in nicht näher bekannter, 3.000 Euro jedenfalls und 50.000 Euro nicht übersteigender Höhe verursachte“.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das gesamte Urteil gerichtete, aber nur zu I./4./a./1./ ausgeführte, auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Zwei Urteilsaussagen sind widersprüchlich, wenn sie nach den Kriterien logischen Denkens oder der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nebeneinander bestehen können. Im Sinn der
Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 270 Abs 2 Z 4 [§ 260 Abs 1 Z 1] StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen im Widerspruch zueinander stehen (RIS‑Justiz RS0119089; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 437 f).
Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung für den Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, die der Logik und Empirie widerspricht (vgl RIS‑Justiz RS0116732, RS0118317).
Indem die Mängelrüge (Z 5 dritter und vierter Fall) behauptet, es gäbe für die Feststellungen zu I./4./a./1./ „keine hinreichenden Gründe“ und diese stünden zur Verantwortung des Angeklagten und der Aussage des Zeugen S***** im Widerspruch, dem einige Tage vor dem Einbruch (nur) zwei vom Angeklagten verschiedene Personen aufgefallen seien, die sein Geschäft auskundschaften haben wollen, zeigt sie kein Begründungsdefizit im Sinn des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes auf.
Mit eigenen Überlegungen zu Ergebnissen der Spurenauswertungen bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung des Schöffengerichts lediglich nach Art einer ‑ im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen ‑ Schuldberufung.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) weckt mit dem Vorbringen zur Z 5 und mit dem Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten, wonach seine DNA nicht mit den an den Tatorten sichergestellten DNA‑Spuren übereinstimmen könne, keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz RS0118780).
Soweit der Nichtigkeitswerber ohne ein auf die übrigen Schuldsprüche bezogenes Vorbringen die Aufhebung des gesamten angefochtenen Urteils beantragt, war auf seine Beschwerde keine Rücksicht zu nehmen (§ 285 Abs 1, § 285a Z 2 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Aus ihrem Anlass war von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) wahrzunehmen, dass dem Erkenntnis auf Einziehung (§ 26 Abs 1 StGB) dreier Handsägen und eines Brecheisens (US 7) vom Angeklagten nicht geltend gemachte, ihm zum Nachteil gereichende Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO) anhaftet, weil Feststellungen zur (intendierten) Verwendung der Gegenstände zur Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung sowie zu ihrer besonderen Beschaffenheit zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen fehlen (RIS‑Justiz RS0121298).
Es war daher das Einziehungserkenntnis aufzuheben und insoweit die Verfahrenserneuerung in Form eines selbständigen Verfahrens vor dem
sachlich und örtlich zuständigen Bezirksgericht (§ 445 Abs 3, § 445a Abs 1 StPO) anzuordnen (§ 288 Abs 2 Z 3 letzter Satz StPO; vgl RIS‑Justiz
RS0100318 [T6]).
Anzumerken ist auch, dass das Erstgericht zu V./ die Qualifikation nach § 136 Abs 3 erster Fall StGB (idF vor BGBl I 2015/112) verfehlt angenommen hat. Nach den Konstatierungen haben der Angeklagte und die unbekannten Mittäter die Scheiben des Fahrzeugs erst eingeschlagen, nachdem sie letzteres in einem Waldstück abgestellt hatten (US 9), womit der (vorsätzlich) herbeigeführte Schaden nicht durch den unbefugten Gebrauch des Fahrzeugs entstand und ‑ mit Blick auf die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 9) ‑ echte Konkurrenz (hier:) von § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB und §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB (jeweils idF vor BGBl I 2015/112) anzunehmen gewesen wäre (Bertel in WK2 StGB § 136 Rz 40; Stricker SbgK § 136 Rz 97, 171).
Für eine Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bestand kein Anlass, weil die verfehlte Subsumtion auf den Strafrahmen keinen Einfluss hatte und bei der Strafbemessung nicht in Anschlag gebracht wurde (US 12 f), womit über die unrichtige Lösung der Rechtsfrage hinaus (vgl dazu Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 654 ff) eine konkrete Benachteiligung des Angeklagten nicht gegeben ist (RIS‑Justiz RS0113957; Ratz , WK‑StPO § 290 Rz 22 ff). An die fehlerhafte Subsumtion ist das Oberlandesgericht ‑ dem der Akt zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe vorerst zugeleitet wird (§ 285i StPO) ‑ bei seiner Berufungsentscheidung nicht gebunden (RIS‑Justiz RS0118870; Ratz , WK‑StPO § 290 Rz 27/1).
Die Kostenersatzpflicht, welche die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)