Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruchteil 1) und 2) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Konstantin K***** wurde mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch enthält, (1) "des Verbrechens" nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Deliktsfall SMG und (2) des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG schuldig erkannt.
Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider in Schärding am Inn und andernorts in der Zeit von Anfang November 2002 bis Mai 2003
1) Suchtgift in einer großen Menge, nämlich zumindest 3,5 kg Cannabisharz und 1 kg Cannabiskraut von Deutschland nach Österreich ein- und wieder nach Deutschland ausgeführt,
2) das zu Punkt 1 beschriebene Suchtgift besessen, damit es in Verkehr gesetzt werde.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlass der vom Angeklagten gegen den Schuldspruch aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon (§ 290 Abs 1 StPO), dass das Urteil mit Mängeln an Feststellungen zur großen Menge der von den Schuldsprüchen laut Punkt 1 und 2 erfassten Suchtgifte im Sinn des § 28 Abs 6 SMG sowie zur subjektiven Tatseite betreffend die Verbrechen der Ein- und Ausfuhr des Suchtgiftes behaftet ist (Z 9 lit a).
Der Schöffensenat hat festgestellt, dass der Angeklagte "in der Folge (offenbar ab November 2002) aus der Bundesrepublik Deutschland fünf Platten Cannabisharz von guter Qualität mit einem Gesamtgewicht von 1 kg und drei dünnere Platten Cannabisharz von etwas schlechterer Qualität sowie 1 kg Cannabiskraut nach Österreich verbrachte und in der Wohnung der Lisa H***** deponierte. Etwa im April 2003 importierte er von Holland über die Bundesrepublik Deutschland in einem Rucksack zwei Platten Cannabisharz im Gesamtgewicht von etwa 2 kg nach Schärding und deponierte auch dieses Suchtgift in der Wohnung der Lisa H*****. Er besaß dieses Suchtgift in der Absicht, um es in Verkehr zu setzen. Der THC-Gehalt dieses nach Österreich importierten Suchtgift übersteigt den Grenzwert von 20 g THC um ein Vielfaches. Der Angeklagte verbrachte das genannte Suchtgift in der weiteren Folge nach Berlin, wo er überwiegend wohnte" (US 3). Zum Reinheitsgehalt des Suchtmittels konstatierten die Tatrichter, dass der Angeklagte 3,5 kg Cannabisharz und 1 kg Cannabiskraut nach Österreich importiert hat, "wobei sicherlich die Feststellung gerechtfertigt ist, dass die Grenzmenge von 20 Gramm THC um ein Vielfaches überschritten worden ist, zumal die Zeugin H***** versichert hat, dass die drei dünnen Platten im Tresor von schlechterer Qualität gewesen sind als die fünf Platten Cannabisharz, die sich ebenfalls im Tresor befunden haben. Sohin ist auch die Feststellung gerechtfertigt, dass die fünf Platten Cannabisharz (gesamt 1 kg) im Tresor von guter Qualität gewesen sind. Im Zusammenhang mit den aus Holland importierten zwei Platten Cannabisharz im Gesamtgewicht von 2 kg kann sohin kein Zweifel darin bestehen, dass die Grenzmenge von 20 g THC um ein Vielfaches überschritten worden ist" (US 6).
Die bloße Nennung der (Gesamt-)Menge zum Faktum 1 im Urteilsspruch unter Hinzufügung der Bezeichnung "große Menge" im Zusammenhalt mit der Konstatierung deren guter bzw schlechterer Qualität und der Überschreitung der Grenzmenge von 20 g THC um ein Vielfaches vermag - unter Berücksichtigung der Annahme mehrerer (vgl oben) Taten - die Feststellung des konkreten, auf der Basis der Reinsubstanz zu bestimmenden Suchtgiftquantums nicht zu ersetzen, welches eine Beurteilung als große Menge im Sinn des § 28 Abs 6 SMG iVm der Suchtgiftmengenverordnung zu Grunde zu legen wäre (zuletzt 12 Os 3/03, 14 Os 22/03, 15 Os 82/03, 15 Os 134/03). Bei Vorliegen des geringsten THC-Gehaltes wäre zwar bei der insgesamt angenommenen Menge von 3,5 kg Cannabisharz (bei einem möglichen THC-Gehalt von 1 % bis 12 % - vgl Foregger/Litzka/Matzka, SMG VII Terminologie, 528) sowie des (hinzuzurechnenden) 1 kg Cannabiskrautes bei einem möglichen THC-Gehalt von 0,25 % (bis 8 % - vgl wiederum Foregger/Litzka/Matzka, SMG VII Terminologie, 528) die Grenzmenge jedenfalls überschritten (ca 37,5 g Reinsubstanz). Da der vorliegend in Rede stehende vierte Fall des § 28 Abs 2 SMG - bei entsprechendem Vorsatz in Bezug auf die Reinsubstanz des Wirkstoffs - stets, aber nicht nur dann erfüllt ist, wenn eine die jeweilige Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) erreichende Suchtgiftquantität durch einen Einzelakt einbzw ausgeführt wird sondern auch bei sukzessiver Ein/Ausfuhr mehrerer, für sich allein die Grenzmenge nicht erreichender Suchtgiftquanten, sind diese nur dann zu jeweils großen Mengen zusammenzurechnen, wenn der Wille (§ 5 StGB) des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasst. Auf diese Weise kann das Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG auch als tatbestandliche Handlungseinheit im Sinne einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung begangen werden (EvBl 1999/216, 2000/136, 2001/54; JBl 2001, 802, 13 Os 74/02, 13 Os 10/03, 15 Os 134/03). Da eine diesbezügliche Konstatierung dem Urteil erster Instanz nicht zu entnehmen ist (im Übrigen ebensowenig wie eine Feststellung über die maximale - allenfalls per se schon 20 g Reinsubstanz erreichende - Quantität einer der ein-/ausgeführten Teilmengen) mangelt es an der Feststellung entscheidender Tatsachen als mögliche Grundlage für eine Zusammenrechnung der Suchtgiftmengen zu I. Gleiches gilt für die Ausfuhr der genannten Suchtgiftmenge. Hier fehlt im Übrigen schon jegliche Konstatierung, ob diese in einem Einzelakt oder sukzessive erfolgt ist.
Da die (unter Verwendung des Gesetzeswortlautes) lediglich alle Tatbestandmerkmale enthaltende Formulierung des Urteilsspruchs die fehlenden Feststellungen nicht zu ersetzen vermag (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 580) und sonstige Annahmen zur subjektiven Tatseite dem Urteil nicht zu entnehmen sind, leidet das Urteil zu Punkt 1 im Übrigen auch am Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite. Mangels Konkretisierung, wann der Angeklagte welche Suchtgiftmengen in Schärding besessen hat, um sie in Verkehr zu setzen, lässt sich im Hinblick auf obige Erwägungen zur Frage der großen Menge des Suchtgiftes im Sinne der Bestimmung des § 28 Abs 6 SMG nicht beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Subsumtion der Taten unter § 28 Abs 1 SMG vorliegen.
Die Kassation des gesamten Schuldspruches war deshalb erforderlich, weil nach Aufhebung eines Schuldspruches nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall bzw § 28 Abs 1 SMG bei Fraglichkeit der Beurteilung einer dergestalten Menge als groß (§ 28 Abs 6 SMG) auch jene Annahmen, die einen (insoweit nicht erfolgten) Schuldspruch wegen § 27 Abs 1 6 Fall, Abs 2 Z 3 SMG allenfalls zu tragen vermögen, für sich allein nicht bestehen bleiben (15 Os 138/01, 12 Os 3/03, 15 Os 82/03).
Somit war das Urteil im Schuldspruchteil aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO).
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung war der Angeklagte auf dieses Entscheidung zu verweisen.
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