OGH 12Os3/03

OGH12Os3/036.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Ratz, Dr. Philipp und Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Trauner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dietmar G***** sen, wegen des Verbrechens nach den §§ 28 Abs 2, zweiter, dritter und vierter Fall SMG, 12 dritter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 3. Oktober 2002, GZ 27 Hv 73/02s-38, sowie über seine Beschwerde gegen den gleichzeitig gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und es werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt 1. sowie demgemäß auch im Strafausspruch und die Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 2 und Z 4 StPO aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung und Beschwerde wird der Angeklagte Dietmar G***** sen auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die auf den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dietmar G***** sen des Verbrechens nach den §§ 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall SMG, teilweise als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, sowie der Vergehen nach dem § 50 Abs 1 Z 2 WaffG und der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt. Danach hat er - soweit im Rechtsmittelverfahren hier von Relevanz -

"1. Anfang oder Mitte Februar 2001 in Ungarn, Wien und Linz dadurch, dass er Christian V***** und Peter N***** nach Ungarn fuhr, dem Christian V***** 60.000 S zum Erwerb von 1000 Stück Ecstasy-Tabletten übergab, welche dieser erwarb und von Dietmar S***** über die Grenze von Ungarn nach Österreich bringen ließ, wo sie von Christian V***** an Dietmar G***** sen übergeben wurden, der sie wiederum in der Folge an andere Personen weitergab, den bestehenden Vorschriften zuwider zur Aus- und Einfuhr einer großen Menge Suchtgift beigetragen und dieses in Verkehr gesetzt;

2. bis 14. Dezember 2001, wenn auch nur fahrlässig, eine verbotene Waffe, nämlich ein Elektroschockgerät der Marke Paralyser, unbefugt besessen."

Rechtliche Beurteilung

Der nominell auf Z 5 (inhaltlich auch auf Z 10), 5a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten, allein gegen die Schuldspruchfakten 1. und 2. gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt nur teilweise Berechtigung zu:

Die auf eine umfassende Erschütterung der vom Erstgericht als verlässlich dem Schuldspruch zu Punkt 1. zugrundegelegten Angaben des Zeugen Christian V***** abzielende Mängelrüge (Z 5) und die deren Argumentation wiederholende Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpfen sich im (hier) unzulässigen Versuch, durch eigenständige Interpretation von Verfahensergebnissen die - in der Diktion zwar mangelhafte - im Ergebnis aber als denklogisch erkennbare erstinstanzliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen, ohne Begründungsmängel oder eine bedenkliche Verwertung aktenkundiger Beweisergebnisse aufzuzeigen.

In der Rechtsrüge (Z 9 lit b inhaltlich Z 9 lit a, weil die objektive Sorgfaltswidrigkeit in Frage gestellt wird) bekämpft der Beschwerdeführer den Schuldspruch wegen des Vergehens nach dem § 50 Abs 1 Z 2 WaffG mit der Behauptung, er sei einem Rechtsirrtum (§ 9 StGB) erlegen, übergeht dabei aber - prozessordnungswidrig - die Urteilsannahmen, wonach er sich trotz der für ihn erkennbaren Problematik legalen Waffenbesitzes und der ihm dazu eröffneten Informationsmöglichkeiten mit den einschlägigen Vorschriften nicht bekannt machte (US 5 f).

Im bisher erledigten Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten als teilweise offenbar unbegründet (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), teilweise nicht gesetzesgemäß ausgeführt (§§ 285a Z 1, 285d Abs 1 Z 1 StPO) bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Zutreffend reklamiert der Beschwerdeführer allerdings in der Mängelrüge inhaltlich mangelnde Feststellungen (Z 10) zur großen Menge der vom Schuldspruch 1. erfassten Ecstasy-Tabletten iSd § 28 Abs 6 SMG. Dazu hält das Schöffengericht bloß fest, dass 1000 Stück Ecstasy-Tabletten "bei einer durchschnittlichen Qualität eine große Menge umfassen" (US 3) und dass "wenn von einer durchschnittlichen Qualität der 1000 Stück Ecstasy-Tabletten ausgegangen werden kann, auch das Tatbestandsmerkmal der großen Menge festzustellen gewesen ist. Dies ergibt sich aus dem gesamten Geschehensablauf" (US 5). Da im Urteil weder die durchschnittliche Qualität noch das Gewicht der vom Schuldspruch 1. erfassten Tabletten auch nur annähernd quantifiziert werden, lassen die erstinstanzlichen Feststellungen keinen gesicherten Schluss auf die darin enthaltenen Reinsubstanzen und damit auf die vom Erstgericht angenommene große Suchtgiftmenge zu (15 Os 138/01).

Darüber hinaus stellt das Erstgericht fest, dass von den in Rede stehenden 1000 Stück Ecstasy-Tabletten, ein "wesentlicher Teil" in Verkehr gesetzt wurde (US 5). Im Umfang der Tathandlung nach § 28 Abs 2 vierter Fall StGB bleibt daher nach den insoweit undeutlichen Urteilsfeststellungen - iS des Beschwerdestandpunktes - offen, ob ferner - ungeachtet der bereits dargelegten Konstatierungsmängel zur großen Menge - beim anschließenden Inverkehrsetzen einer geringeren Anzahl derartiger Suchtmittel die große Menge iSd § 28 Abs 6 SMG erreicht wurde.

Die aufgezeigten Mängel zu den Urteilsannahmen betreffend ein Überschreiten der für die Verwirklichung des - qualifizierenden - Tatbildes des § 28 Abs 2 SMG relevanten Grenzmenge stehen der Annahme des Verbrechens nach dem § 28 Abs 2 SMG entgegen. Mangels Behebbarkeit der aufgezeigten Mängel durch den Obersten Gerichtshof ist eine neue Hauptverhandlung (und Entscheidung) nicht zu vermeiden, sodass der Nichtigkeitsbeschwerde insoweit schon in nichtöffentlicher Beratung Folge zu geben war (§ 285e StPO).

Muss der Schuldspruch nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG aufgehoben werden, weil die Beurteilung der Menge des in Verkehr gesetzten Suchtgiftes als groß (§ 28 Abs 6 SMG) fraglich ist, können jene Annahmen, die einen gar nicht erfolgten Schuldspruch wegen § 27 Abs 1 sechster Fall SMG allenfalls tragen würden, für sich allein nicht bestehen bleiben (abermals 15 Os 138/01). Demzufolge war das Urteil im Umfang des Schuldspruchs 1. zur Gänze aufzuheben. Damit erübrigt sich eine Erörterung des weiteren Vorbringens der Mängelrüge betreffend das Inverkehrsetzen einer nicht näher bestimmten Menge Ecstasy-Tabletten.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die teilkassatorische Entscheidung zu verweisen.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Stichworte