European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00014.15W.0429.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29. August 2013, GZ 113 Hv 55/13f‑7, wurden die Anträge des Antragstellers Heinz‑Christian S*****, den Antragsgegner Karl Ö***** wegen der auf der Website www.facebook.com/karlo ***** von 1. Februar bis zumindest 4. Februar 2013 unter der Rubrik „Kommentar der anderen“ verbreiteten Behauptung, der Antragsteller sei ein krimineller Lügner und Nazi, nach § 6 Abs 1 MedienG zur Zahlung einer Entschädigung und nach § 8a Abs 6 MedienG zur Urteilsveröffentlichung zu verurteilen, abgewiesen.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen (US 3 f) betreibt der Antragsgegner Karl Ö*****, der Abgeordneter der Grünen zum Nationalrat ist, auf www.facebook.com eine Website mit der oben angeführten Adresse, auf der er selbst Einträge verfasst und mit anderen (sogenannten) Usern kommuniziert. Diese Website ist für alle Internetnutzer, nicht nur für registrierte User von Facebook oder vom Antragsgegner eingeladene Personen, frei abrufbar. Im hier wesentlichen Zeitraum von Dezember 2012 bis Februar 2013 war auf der Homepage dieser Website ein Bereich mit dem Titel „Kommentar der anderen“ eingerichtet, in dem jeder bei Facebook registrierte User Einträge hinterlassen und auf Einträge anderer antworten konnte. Der Bericht war so gestaltet, dass der Titel der dortigen Einträge zu sehen war, der durch Anklicken von jedem Internetnutzer geöffnet werden konnte, worauf der gesamte Kommentar samt Antworten (sohin die gesamte Konversation) sichtbar wurde.
Der Antragsgegner hatte (und hat) als Administrator seiner Facebook‑Seite die Möglichkeit, jeden Kommentar ganz zu löschen, für andere User unsichtbar zu machen und andere Kommentierende ganz zu „sperren“, d.h. ein Verfassen weiterer Kommentare auf seiner Facebook‑Seite technisch zu verhindern. Der Antragsgegner kontrolliert bzw liest seinen Facebook‑Auftritt von seinem Smartphone aus alle zwei bis drei Stunden.
Am 29. Dezember 2012 verfasste der User mit dem Usernamen „Johnny W*****“ im Bereich „Kommentar der anderen“ einen Eintrag mit dem Wortlaut: „Diese Seite ist echt der Hammer!!! Sie sind ja der größte Rassist, den ich je gesehen habe Herr Ö***** ...“. Entsprechend den Einstellungen auf der Website war auf dieser nur der Titel des Kommentars zu sehen, der übrige Text samt Antworten erschien erst, wenn der Titel angeklickt wurde.
Dieser Eintrag wurde noch am selben Tag mehrfach kommentiert, so unter anderem vom User mit dem Namen „Miroslav K*****“ mit dem Wortlaut: „Scheiße im Hirn und redest von der Wahrheit. Aber einem kriminellen Lügner, dem Nazi S***** glaubt der Vollpfosten jedes Wort. Johnny, du bist eine absolute Null. Epic fail. Hoffentlich scheiterst im Oktober nicht am Kreuzchen machen“.
Zum Bedeutungsinhalt dieser Äußerung stellte das Erstgericht fest, dass der Leser dieses Eintrags aus dem konkret angesprochenen Kreis der tendenziell jüngeren, mit dem Internet vertrauten und an Politik und auch untergriffigen und oberflächlichen politischen Diskussionen unter Facebook‑Usern interessierten Personen den in Rede stehenden Eintrag in Bezug auf den Antragsteller so verstehe, dass dieser (1./) ein Lügner, der sich gerichtlich strafbar gemacht habe, und (2./) ein Anhänger der nationalsozialistischen Gesinnung sei.
In der Folge forderte der Rechtsvertreter des Antragstellers den Antragsgegner am 1. Februar 2013 (einem Freitag) per E‑Mail auf, eine Reihe von Postings auf seiner Facebook‑Seite, darunter auch das gegenständliche Posting des „Miroslav K*****“ zu löschen. Der Antragsgegner erhielt dieses E‑Mail am selben Tag und entdeckte „am folgenden Wochenende“ das entsprechende Posting auf seiner Facebook‑Seite. Am 4. Februar 2013 (einem Montag) holte er den Rat eines Juristen seines Nationalratsklubs ein, der ihm mitteilte, er solle das Posting vorsichtshalber löschen. Der Antragsgegner löschte daraufhin das Posting am 5. oder 6. Februar 2013.
In rechtlicher Hinsicht (US 6 ff) beurteilte das Erstgericht den Antragsgegner im Hinblick auf die nach den Feststellungen ausschließlich ihm zukommende Gestaltungsmacht in Betreff der Beiträge des solcherart von ihm moderierten Diskussionsforums ‑ zutreffend ‑ als Medieninhaber nach § 1 Abs 1 Z 8 lit c MedienG. Das Erstgericht bejahte (ebenso zutreffend) die Verwirklichung des Entschädigungstatbestands nach § 6 Abs 1 MedienG durch die als „Paradefälle einer üblen Nachrede“ eingestuften inkriminierten Behauptungen, sah indes aber auch den Ausschlussgrund nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG als erfüllt an:
Das demnach für die Haftungsbefreiung geforderte Maß der dem Medieninhaber einer Website gebotenen Sorgfalt, das im Gesetz nicht näher bestimmt werde, habe sich an den Haftungsbeschränkungen für Link‑Setzer und Host‑Provider nach den §§ 16 f ECG zu orientieren. Demnach sei der Medieninhaber einer Website jedenfalls verpflichtet, rechtswidrige Inhalte von dieser zu entfernen, sobald er von ihnen Kenntnis erlangt oder ihm Umstände bewusst werden, die auf die rechtswidrige Information hinweisen. Die Beseitigung derartiger Inhalte sei unverzüglich, mithin ohne schuldhaftes Verzögern zu veranlassen. Bei Anwendung dieser Beurteilungskriterien sei dem Antragsgegner als privatem Betreiber der Website und juristischem Laien zuzubilligen, nach Erhalt der Löschungsaufforderung an einem Freitag nach Ablauf des Wochenendes am darauffolgenden Montag juristischen Rat zu suchen und das Posting erst anschließend zu löschen.
Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Antragstellers wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO iVm § 489 Abs 1 StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG) gab das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht mit Urteil vom 15. Jänner 2014, AZ 17 Bs 378/13g (ON 18 des Hv‑Aktes), nicht Folge.
Zur Begründung führte das Berufungsgericht aus, dass das Erstgericht entgegen dem Berufungsstandpunkt zu Recht zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der Antragsteller die Löschung des inkriminierten Inhalts auf der Website ohne übergebührliche Verzögerung veranlasst und daher die nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG gebotene Sorgfalt ‑ „gerade noch“ ‑ eingehalten habe.
Im Einzelnen sei bei dieser Beurteilung zu berücksichtigen, dass die (am Freitag, dem 1. Februar 2013) erfolgte Löschungsaufforderung nicht bloß das hier antragsgegenständliche, sondern insgesamt dreizehn Postings betroffen habe. Solcherart habe der Antragsgegner gegen die geforderte Sorgfalt durch die Einholung fachkundigen Rates eines Juristen nicht verstoßen. Dies auch in zeitlicher Hinsicht nicht, weil in Betreff „eines seit 29. Dezember 2012, sohin bereits über einen Monat online gestellten Postings zur Einhaltung der gebotenen Sorgfalt nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG nicht derartige Eile geboten“ sei, „dass ein Jurist an einem Wochenendtag damit befasst werden müsste“. Dem Antragsgegner sei schließlich bei erstmaliger Konfrontation mit ehrenrührigen Postings zuzugestehen, „sich zunächst juristischen Rat einzuholen und dann ‑ sobald es seine sonstige Arbeit erlaubt ‑ die Löschung vorzunehmen“. Insgesamt betrachtet habe der Antragsgegner somit vorliegend die nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG gebotene Sorgfalt „gerade noch eingehalten“, sodass dieser Ausschlussgrund vom Erstgericht zu Recht bejaht worden sei.
Die Generalprokuratur führt in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes aus:
1./ Nach der mit der Mediengesetznovelle 2005 (BGBl I 2005/49; zu den entsprechenden Ausschlussgründen bei den weiteren Entschädigungstatbeständen vgl §§ 7 Abs 2 Z 5, 7a Abs 3 Z 5, 7b Abs 2 Z 4a und 7c Abs 2 MedienG) eingefügten Bestimmung des § 6 Abs 2 Z 3a MedienG besteht der Anspruch nach Abs 1 nicht, wenn es sich um die Abrufbarkeit auf einer Website handelt, ohne dass der Medieninhaber oder einer seiner Mitarbeiter oder Beauftragten die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen hat.
Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 784 BlgNR 22. GP 9) wurde im Hinblick auf die Vielfalt an Websites, auf denen Äußerungen Dritter zugänglich gemacht werden, sowie die rasche Entwicklung der elektronischen Medien bewusst davon abgesehen, das Maß und den Bezugspunkt der gebotenen Sorgfalt (näher) zu konkretisieren, und die Determinierung dieses Rechtsbegriffes der Rechtsprechung anheimgestellt. Dabei werde indes „jedenfalls ‑ in Übereinstimmung mit § 16 Abs 1 Z 2 ECG ‑“ von einer Pflicht des Medieninhabers auszugehen sein, bei Kenntnis von einer Äußerung, die einen der Tatbestände der §§ 6 bis 7b [mit Blick auf § 7c Abs 2 MedienG auch jenen des § 7c] MedienG verwirklicht, diese unverzüglich zu entfernen.
Mit dem E‑Commerce‑Gesetz (ECG; BGBl I 2001/152) wurde die Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr), ABl.Nr.L 178 vom 17. Juli 2000, S 1, umgesetzt (§ 31 Abs 2 leg cit). § 16 Abs 1 ECG sieht den Ausschluss der Verantwortlichkeit eines Diensteanbieters, der von einem Nutzer eingegebene Informationen speichert (sogenannten Host‑Providers), für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen vor, sofern er (Z 1) von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder Information keine tatsächliche Kenntnis hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, oder, (Z 2) sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erhalten hat, unverzüglich tätig wird, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren. § 17 ECG enthält eine entsprechende Regelung für Diensteanbieter, die mittels eines elektronischen Verweises einen Zugang zu fremden Informationen eröffnen (sogenannte Link-Setzer).
Der Anwendungsbereich des § 6 Abs 2 Z 3a MedienG ist unter teleologisch-gesetzessystematischen Gesichtspunkten ‑ insoweit konform dem Regelungsbereich der §§ 16 f ECG ‑ auf Äußerungen Dritter einzuschränken (vgl dazu eingehend unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien [ErläutRV 784 BlgNR 22. GP 8] Berka in Berka/Heindl/Höhne/Noll, Praxiskommentar MedienG³ § 6 Rz 41; ihm folgend Koziol, Providerhaftung 44; Rami in WK² MedienG § 6 Rz 26; Mersch, Die journalistische Sorgfalt: on- und offline [2013] 156). Der Ausschlussgrund setzt aber ‑ im Unterschied zu den §§ 16 f ECG ‑ zudem voraus, dass der Anspruchsgegner Medieninhaber der Website und daher für die inhaltliche Gestaltung verantwortlich ist (vgl Berka aaO § 6 Rz 44; § 1 Abs 1 Z 8 lit c MedienG); er erfasst solcherart typischerweise Fälle einer Besorgung der inhaltlichen Gestaltung eines Online‑Diskussionsforums, eines ebensolchen Gästebuches oder Leserbriefes (Berka aaO § 6 Rz 41; Koziol, Providerhaftung 46; Mersch aaO 158; 6 Ob 178/04a). Die mediale Einflussnahme und Verantwortlichkeit eines Medieninhabers geht daher über jene eines von § 16 ECG angesprochenen Host‑Providers (und eines Link-Setzers nach § 17 ECG) wesentlich hinaus (vgl Koziol, Providerhaftung 46).
Es ist daher unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten konsequent, gemäß den Intentionen des Gesetzgebers (neuerlich ErläutRV 784 BlgNR 22. GP 9) im Sinne eines „Gleichlaufes“ der in Rede stehenden Vorschriften des Mediengesetzes und des E‑Commerce‑Gesetzes (vgl Mersch aaO 158; Koziol, Providerhaftung 46) die aus der Haftungsfreistellung nach § 16 Abs 1 Z 2 ECG resultierenden Sorgfaltsanforderungen als Untergrenze (Berka aaO § 6 Rz 43) oder Mindeststandard bzw Sorgfaltsminimum (Mersch aaO 158, 162) des Sorgfaltsgebotes nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG heranzuziehen (vgl dazu auch Rami in WK² MedienG § 6 Rz 28 mwN).
Die für die Haftungsbefreiung aus § 16 Abs 1 Z 2 ECG resultierende Obliegenheit zur unverzüglichen (mithin ohne schuldhaftes Zögern; ErläutRV zum ECG 817 BlgNR 21. GP 35; Zankl, E‑Commerce‑Gesetz, Kommentar und Handbuch [2002] Rz 239) Entfernung rechtswidriger Inhalte von einer Website wird durch die ‑ durch eigene Wahrnehmung oder durch den Hinweis eines anderen, etwa die Beanstandung durch einen dadurch in seinen (Persönlichkeits-)Rechten Verletzten vermittelte ‑ Kenntnis des Medieninhabers von dem rechtswidrigen Inhalt ausgelöst. Bezugspunkt dieser Kenntnis ist zum einen in tatsächlicher Hinsicht die Existenz des entsprechenden Inhaltes der Website ‑ wofür Wissentlichkeit im Sinn des § 5 Abs 3 StGB gefordert wird (vgl ErläutRV zum ECG 817 BlgNR 21. GP 36) ‑, zum anderen aber dessen Rechtswidrigkeit (vgl instruktiv Kainz/Trappitsch, Praxisrelevante Fragen der Haftungsfreistellungen des ECG, ecolex 2002, 737 (738); Zankl aaO Rz 236). Solcherart Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Inhaltes ist ‑ worauf es vorliegend nun entscheidend ankommt ‑ nicht erst bei aktuellem Unrechtsbewusstsein des (hier) Medieninhabers, sondern schon dann anzunehmen, wenn die Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist, also die Rechtswidrigkeit ‑ im Sinn des normativen Beurteilungsmaßstabes nach § 9 Abs 2 erster Halbsatz StGB ‑ für den Medieninhaber wie für jedermann leicht erkennbar ist (vgl ErläutRV zum ECG 817 BlgNR 21. GP 35; 4 Ob 66/04s; 6 Ob 178/04a; Koziol, Providerhaftung 50; Laga/Sehrschön/Ciresa, E‑Commerce‑Gesetz Praxiskommentar² 77 f; Burgstaller/Minichmayr, E‑Commerce‑Recht Praxiskommentar [2011] 173; Zankl aaO Rz 236; Mersch aaO 162).
Weiß (vgl § 5 Abs 3 StGB) daher ein Medieninhaber von einem Inhalt auf einer Website in seinem Verantwortungsbereich, dessen Tatbestandsmäßigkeit nach § 6 Abs 1 MedienG für ihn wie für jedermann leicht erkennbar ist, so hält er die nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG gebotene Sorgfalt nur dann ein, wenn er von diesem Zeitpunkt aus gesehen die Entfernung des Inhaltes von der Website unverzüglich veranlasst. Bei einer im Sinn des § 9 Abs 2 StGB offenkundigen Rechtsverletzung vermag die Einholung juristischen Rates (zur Klärung der Rechtswidrigkeit des Inhaltes) an der solcherart bereits verwirklichten, die Obliegenheit zur Entfernung auslösenden Kenntnis im Sinn des § 16 Abs 1 Z 2 ECG somit nichts zu ändern und ist diesfalls daher für die Beurteilung eines im Sinn des § 6 Abs 2 Z 3a MedienG sorgfaltskonformen Verhaltens des Medieninhabers irrelevant.
2./ Die vorliegend inkriminierten Äußerungen stellen ‑ wie, bereits erwähnt, das Erstgericht zutreffend erkannte ‑ geradezu klassische Fälle einer Schmähkritik (formalen Ehrenbeleidigung; vgl Kienapfel/Schroll BT I5 Vorbem §§ 111 ff Rz 14, 16; Berka aaO § 6 Rz 14, 18) dar, sodass deren Einstufung als üble Nachrede bzw Beschimpfung und damit die Tatbestandsmäßigkeit (§ 6 Abs 1 MedienG) des in Rede stehenden Inhaltes der Website auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig, mithin für den Medieninhaber wie für jedermann leicht erkennbar war. Die Einholung fachkundiger juristischer Auskunft war daher fallbezogen für die Beurteilung eines im Sinn des § 6 Abs 2 Z 3a MedienG sorgfaltskonformen Verhaltens des Antragsgegners rechtlich ohne Bedeutung. Indem die hier befasst gewesenen Gerichte dagegen dem Antragsgegner dafür die Einholung juristischen Rates zubilligten und bei der Beurteilung sorgfaltskonformer rechtzeitiger Veranlassung der Löschung des inkriminierten Inhaltes von der Website auf diesen Zeitpunkt, nicht aber jenen der (schon) tatsächlichen Kenntnis desselben abstellten, verkannten sie den von § 6 Abs 2 Z 3a MedienG geforderten Sorgfaltsmaßstab, sodass die in Rede stehenden Urteile das Gesetz in dieser Bestimmung verletzen.
Bei solcherart richtiger rechtlicher Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Reaktion des Antragsgegners auf die inkriminierten Inhalte auf der Website ist daher auf den Zeitpunkt dessen tatsächlicher Kenntnis von denselben abzustellen. Ausgehend von der vom Erstgericht festgestellten „Entdeckung“ des am 1. Februar 2013 beanstandeten Postings (erst) „am folgenden Wochenende“ (somit dem 2. oder 3. Februar 2013) war der Antragsgegner zur sodann unverzüglichen Veranlassung deren Entfernung, mithin spätestens am 3. oder 4. Februar 2013 verpflichtet. Die erst am 5. oder 6. Februar 2013 erfolgte Löschung war daher im Sinn der Sorgfaltsanforderungen des § 6 Abs 2 Z 3a MedienG jedenfalls verspätet, sodass dieser Ausschlussgrund ‑ der auf einer unrichtigen Beurteilungsgrundlage beruhenden Rechtsansicht des Landesgerichtes für Strafsachen Wien und des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht zuwider ‑ nicht verwirklicht wurde.
Die in Rede stehende Gesetzesverletzung gereicht dem Antragsgegner als Medieninhaber, dem die Rechte des Angeklagten zustehen (§ 41 Abs 6 zweiter Satz MedienG; § 292 letzter Satz StPO), zum Vorteil, sodass es mit deren Feststellung sein Bewenden zu haben hätte.
3. Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die Sorgfaltsanforderungen zur Verwirklichung des Ausschlussgrundes nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG ein Tätigwerden des Medieninhabers bei Beanstandung wegen rechtswidriger Inhalte (§ 6 Abs 1 MedienG) auf einer Website in seinem Verantwortungsbereich auch bei nicht (im Sinn des § 9 Abs 2 StGB) ohne weiters offenkundigen Rechtsverletzungen gebieten:
Zwar wird für den Regelungsbereich der §§ 16 f ECG eine Verpflichtung des Host‑Providers (bzw Link‑Setzers) zu Nachforschungen (etwa zur Einholung fachkundigen juristischen Rates) bei ‑ selbst qualifizierter ‑ Beanstandung nicht offenkundiger Rechtsverletzungen verneint (ErläutRV zum ECG 817 BlgNR 21. GP 36; 4 Ob 66/04 s; Koziol, Providerhaftung 52).
Wie oben dargelegt wurde, geht jedoch die mediale Verantwortlichkeit des Medieninhabers (§ 1 Abs 1 Z 8 MedienG) über jene eines Host‑Providers (und Link‑Setzers) wesentlich hinaus, sodass der von § 6 Abs 2 Z 3a MedienG einerseits und den §§ 16 f ECG andererseits angesprochene Sorgfaltsmaßstab nicht deckungsgleich ist, sondern die aus den Haftungsfreistellungen nach den §§ 16 f ECG resultierenden Sorgfaltsanforderungen (wie erwähnt, gemäß den Intentionen des Gesetzgebers [neuerlich ErläutRV 784 BlgNR 22. GP 9]) vielmehr bloß als Untergrenze des Sorgfaltsgebotes des in Rede stehenden Ausschlussgrundes heranzuziehen sind.
Für die Bestimmung von objektiven Sorgfaltsanforderungen gilt allgemein, dass sich Art und Maß der demnach anzuwendenden Sorgfalt jeweils aus den konkreten Umständen im Verhältnis zu dem [spezifischen Norm‑]Zweck der Vermeidung der betreffenden Rechtsgutsverletzung ergeben (Jescheck, Aufbau und Behandlung der Fahrlässigkeit im modernen Strafrecht [1965] 10). Die Anforderungen an die objektive Sorgfaltspflicht dürfen dabei nicht überspannt werden. Denn nicht schon die Verletzung bloßer Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern erst die Nichtbeachtung von Sorgfaltspflichten, welche die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf, macht das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus (Kienapfel/Schroll aaO § 80 Rz 26 unter Hinweis auf Jescheck aaO 13). Solcherart wird der Umfang von objektiven Sorgfaltsanforderungen ‑ neben dem Ziel der Effektuierung des Normzwecks ‑ auch (in der hier einschlägigen Begrifflichkeit der Zivilrechtsdogmatik) durch das Kriterium der Zumutbarkeit eines auf die intendierte Vermeidung der Rechtsgutsverletzung gerichteten Verhaltens festgelegt (vgl Koziol, Grundfragen des Schadenersatzrechts Rz 3/14, 6/35, 6/41).
Ratio legis des Ausschlussgrundes nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG ist das Ziel, dass die inkriminierte Äußerung so rasch wie möglich von der Website entfernt wird (ErläutRV zur Mediengesetznovelle 2005 784 BlgNR 22. GP 9; Gruber, Medienrecht und neue Medien mit besonderer Berücksichtigung des Internet [2006] 21). Die nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG gebotenen Sorgfaltsanforderungen an den Medieninhaber werden nach dem Vorgesagten solcherart zum einen durch diese gesetzliche Zielsetzung, zum anderen aber durch aus den spezifischen Besonderheiten des Internets resultierende und daran zu orientierende Zumutbarkeitserwägungen (vgl dazu neuerlich die zuvor zitierten ErläutRV; Berka aaO § 6 Rz 43) determiniert. Die demnach gebotene Sorgfalt verlangt dem Medieninhaber solchermaßen ab, „dass er alles in seiner Macht Stehende getan haben muss, um den inkriminierten Inhalt aus der Welt zu schaffen“ (Mersch aaO 174 f).
Unter daher maßgeblich die objektiven Sorgfaltsanforderungen bestimmenden Zumutbarkeitsgesichtspunkten ist davon auszugehen, dass selbst für den ‑ hier nicht in Rede stehenden ‑ Bereich einer nicht vorliegenden Beanstandung von Rechtsverletzungen Überprüfungspflichten des Medieninhabers in Betreff rechtswidriger Inhalte auf in seinen Verantwortungsbereich fallenden Websites in Betracht kommen können, nämlich solcherart sogar „unter Umständen vom Medieninhaber eine stichprobenartige Überprüfung der Äußerungen Dritter verlangt werden könnte“ (ErläutRV 784 BlgNR 22. GP 9; vgl dazu auch Mersch aaO 175 sowie FN 569 unter Hinweis auf 6 Ob 178/04a). Derartigen, über die sofortige Entfernung rechtswidriger Inhalte nach deren Beanstandung hinausgehenden Sorgfaltsanforderungen an den Medieninhaber einer Website (etwa einer Verpflichtung zur Schaffung eines wirksamen Überprüfungssystems) steht das Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 MRK an sich nicht entgegen (vgl EGMR 10. Oktober 2013, Bsw.Nr 64569/09, Delfi AS gegen Estland, NL 2013, 340).
Können den Medieninhaber solcherart sogar aus eigenem Nachforschungspflichten der dargestellten Art treffen, so gilt dies unter dem Gesichtspunkt erhöhter Zumutbarkeit umso mehr für den Bereich von ‑ hinreichend substantiierten ‑ Beanstandungen von Rechtsverletzungen (zu deren Bedeutung für die sich aus § 16 Abs 1 Z 1 ECG ergebenden Sorgfaltsanforderungen im Bereich der dieser Bestimmung zu Grunde liegenden eingangs bezeichneten Richtlinie 2000/31/EG [Art 14] vgl das bei Koziol, Providerhaftung 51 (FN 37, 41) zitierte Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes vom 12. Juli 2011, C‑324/09, L’Oréal ua/eBay [Tz 120, 122, 124]). Für die nähere Determinierung derartiger objektiver Sorgfaltsanforderungen an den Medieninhaber lässt sich der punkto offenkundiger Rechtsverletzungen bereits herangezogene Regelungsgedanke des § 9 Abs 2 StGB (Haftung auch bei nur potentiellem Unrechtsbewusstsein) in Betreff damit (gleichermaßen) auch haftungsbegründend statuierter Erkundigungspflichten nutzbar machen: Denn eine bei deren Verletzung die Vorwerfbarkeit eines Rechtsirrtums ‑ wenn sich der Täter mit den einschlägigen Vorschriften nicht bekannt gemacht hat, obwohl er (sonst) den Umständen nach dazu verpflichtet gewesen wäre (§ 9 Abs 2 zweiter Halbsatz StGB) ‑ nach sich ziehende Erkundigungspflicht kann (etwa neben Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des eigenen Verhaltens) auch durch eine qualifizierte Warnung begründet werden (vgl Platzgummer, StPdG 13, 29: „…wenn der Täter auf die Bedenklichkeit seines Tuns besonders hingewiesen wird“; MR 1986/14= Mayerhofer, StGB6 § 9 E 26a mit Beziehung auf die Verantwortlichkeit nach § 38 Abs 2 MedienG; diesen folgend Höpfel in WK2 StGB § 9 Rz 14).
Wird gegenüber dem Medieninhaber einer Website daher die Rechtsverletzung (§ 6 Abs 1 MedienG) eines Inhalts derselben ‑ in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht substantiiert ‑ beanstandet, so trifft diesen zur Verwirklichung des Ausschlussgrundes nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG auch im Fall mangelnder Offenkundigkeit der Rechtsverletzung die Obliegenheit zu weiterem Tätigwerden, nämlich zur ‑ unverzüglichen ‑ (Veranlassung einer) juristischen Überprüfung der behaupteten Rechtsverletzung. Bei deren positivem Ergebnis folgt daraus die weitere Obliegenheit zur (Veranlassung der) unverzüglichen Entfernung des rechtswidrigen Inhaltes von der Website; andernfalls hat der Medieninhaber den ihn nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG treffenden Sorgfaltsobliegenheiten Genüge getan.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
1. Nach der mit der Mediengesetznovelle 2005 (BGBl I 2005/49) eingefügten Bestimmung des § 6 Abs 2 Z 3a MedienG besteht ein Entschädigungsanspruch nach Abs 1 leg cit nicht, wenn es sich um die Abrufbarkeit auf einer Website handelt, ohne dass der Medieninhaber oder einer seiner Mitarbeiter oder Beauftragten die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen hat.
Von einer gesetzlichen Konkretisierung von Maß und Bezugspunkt der gebotenen Sorgfalt hat der Gesetzgeber bewusst abgesehen und die Determinierung dieses Rechtsbegriffs der Rechtsprechung überlassen (EBRV 784 BlgNR 22. GP 9). „Jedenfalls“ solle der Medieninhaber ‑ „in Übereinstimmung mit § 16 Abs 1 Z 2 ECG“ ‑ verpflichtet sein, bei Kenntnis von einer Äußerung, die einen der Tatbestände der §§ 6 bis 7c MedienG verwirklicht, diese unverzüglich zu entfernen (EBRV 784 BlgNR 22. GP 9; so auch Berka in Berka/Heindl/Höhne/Noll, MedienG³ § 6 Rz 43; Rami in WK² MedienG § 6 Rz 28).
Bei Bestimmung der gebotenen Sorgfalt sind einerseits ua die Vielfalt an Websites, auf denen Äußerungen Dritter zugänglich gemacht werden, die rasche Entwicklung der elektronischen Medien, deren technischen Gegebenheiten, die Verkehrsauffassung und die Besonderheiten des Internets zu berücksichtigen (EBRV 784 BlgNR 22. GP 9). Andererseits sind die Sorgfaltsanforderungen ‑ unter Anlegung eines objektiv-individuellen Maßstabs ‑ auf die Diversität real existierender Medieninhaber abzustimmen; so wird von einem professionellen Betreiber einer Website, der auch ein wirtschaftliches Interesse an in seinem Medium veröffentlichten Kommentaren hat, ein höherer Kenntnisstand hinsichtlich der einschlägigen Gesetzgebung und Rechtsprechung und somit eine raschere Reaktion zu erwarten sein als von einer Privatperson, die auf ihrem Facebook‑Profil ein „Gästebuch“ eingerichtet hat (vglEGMR 10. 10. 2013, 64569/09 Delfi AS/Estland, NL 2013, 340). Schließlich ist ‑ unter dem Blickwinkel des Art 10 MRK ‑ auf den Beitrag, den Diskussionsforen im Internet zu einer offenen und lebendigen Diskussion gesellschaftlich wichtiger Fragen in einer demokratischen Öffentlichkeit leisten, Bedacht zu nehmen (Berka in Berka/Heindl/Höhne/Noll, MedienG³ § 6 Rz 43; Delfi AS gegen Estland, NL 2013, 340). Insofern kann auch ‑ entgegen der von der Generalprokuratur vertretenen Ansicht ‑ aus der für eine bestimmte Sachverhaltskonstellation geschaffenen Bestimmung des § 16 ECG nicht im Wege eines Größenschlusses auf ‑ im Vergleich zum Diensteanbieter (§ 3 ECG) ‑ generell höhere Sorgfaltsanforderungen für den Medieninhaber (§ 1 Abs 1 Z 8 MedienG) geschlossen werden.
2. In der vorliegenden Fallkonstellation eines an den Medieninhaber ergangenen Hinweises auf einen persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalt in seinem Medium ist die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt ‑ in Übereinstimmung mit der Argumentation der Generalprokuratur ‑ am Kriterium des Zeitpunkts der Kenntnis vom rechtswidrigen Inhalt und daran anschließend an der Unverzüglichkeit der Löschung desselben durch den Medieninhaber zu prüfen.
Bezugspunkt dieser Kenntnis ist zum einen in tatsächlicher Hinsicht die Existenz des entsprechenden Inhalts der Website ‑ wofür Wissentlichkeit im Sinn des § 5 Abs 3 StGB gefordert wird (vgl EBRV zum ECG 817 BlgNR 21. GP 36) ‑, zum anderen aber dessen Rechtswidrigkeit (Zankl aaO, S 13 Rz 236). Solcherart Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Inhalts ist nicht erst bei aktuellem Unrechtsbewusstsein des (hier) Medieninhabers, sondern schon dann anzunehmen, wenn die Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist, also die Rechtswidrigkeit ‑ im Sinn des normativen Beurteilungsmaßstabs nach § 9 Abs 2 erster Halbsatz StGB ‑ für den Medieninhaber wie für jedermann leicht erkennbar ist (vgl EBRV zum ECG 817 BlgNR 21. GP 35; 6 Ob 178/04a; Zankl aaO Rz 236).
Weiß (vgl § 5 Abs 3 StGB) daher ein Medieninhaber von einem Inhalt auf einer Website in seinem Verantwortungsbereich, dessen Tatbestandsmäßigkeit nach § 6 Abs 1 MedienG für ihn wie für jedermann leicht erkennbar ist, (und ist ihm auch die sich daraus ergebende Löschungsverpflichtung klar,) so hält er die nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG gebotene Sorgfalt nur dann ein, wenn er von diesem Zeitpunkt aus gesehen die Entfernung des Inhalts von der Website unverzüglich veranlasst.
Ist die Rechtsverletzung (hier: § 6 Abs 1 MedienG) hingegen nicht offenkundig, wird dies gegenüber dem Medieninhaber aber in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht substantiiert beanstandet, so trifft diesen (zur Verwirklichung des Ausschlussgrundes nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG) die Obliegenheit zu weiterem Tätigwerden, nämlich zur ‑ unverzüglichen ‑ (Veranlassung einer) juristischen Überprüfung der behaupteten Rechtsverletzung.
Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Erscheinungsformen der Internetmedien und der Vielgestaltigkeit der dort verbreiteten Inhalte (vgl die zur Bestimmung des § 16 ECG diskutierten Beispiele von kinderpornografischen Inhalten bis zum Aufruf zu terroristischen Aktivitäten; Zankl aaO Rz 236) und im Hinblick auf den durch Art 10 MRK und die Rechtssprechung des EGMR gerade im Bereich der politischen Auseinandersetzung eröffneten weiten Raum zulässiger Äußerungen (vgl zB EGMR 1. 7. 1997, 20834/92, Oberschlick/Österreich II und EGMR 13. 11. 2003, 39394/98, Scharsach und News Verlags GmbH/Österreich) war die durch das gegenständliche Posting erfolgte Rechtsverletzung ‑ entgegen der Einschätzung der Generalprokuratur ‑ nicht so evident, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung demgegenüber auch für einen juristischen Laien erkennbar zurücktreten musste. Bei einer nicht offenkundigen Rechtsverletzung war dem Medieninhaber aber die Einholung eines juristischen Rates zur Klärung der Rechtswidrigkeit des Inhalts (und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit der Löschung) zuzubilligen. In der Konsultation eines Juristen seines Nationalratsklubs am nächsten Arbeitstag kann daher ‑ zumal nach den Urteilsannahmen keine Umstände vorlagen, die eine besondere Dringlichkeit nahegelegt hätten ‑ keine schuldhafte Verzögerung erblickt werden. Die die Obliegenheit zur Entfernung auslösende Kenntnis (im Sinn des § 16 Abs 1 Z 2 ECG) lag hier somit erst ab dem Zeitpunkt der Auskunftserteilung vor.
3. Die sodann zur Einhaltung der von § 6 Abs 2 Z 3a MedienG geforderten Sorgfalt erforderliche Entfernung des die Persönlichkeitsrechte des Antragstellers verletzenden Inhalts der Website hat unverzüglich zu erfolgen, wobei darunter nicht sofortiges, sondern Handeln ohne schuldhafte Verzögerung zu verstehen ist (EBRV 784 BlgNR 22. GP 9; EBRV zum ECG 817 BlgNR 21. GP 35; Berka, aaO § 6 Rz 43; Zankl, aaO Rz 239). Die Konkretisierung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffs hat unter Anlegung eines realistischen Maßstabs ohne unzumutbare Überspannung der Pflichten des Medieninhabers zu erfolgen. Dabei ist einerseits auf die Schwere der Rechtsverletzung und die Dringlichkeit der Reaktion abzustellen, andererseits sind Umstände aus der Sphäre des Medieninhabers zu berücksichtigen, etwa ob es sich um eine professionell und auf kommerzieller Basis betriebene Website handelt, ob der Medieninhaber durch Art und Präsentation eigener Inhalte ein besonderes Risiko einer Rechtsverletzung gesetzt hat (Delfi AS/Estland, NL 2013, 340) oder er sonst (etwa auf Grund früherer Vorkommnisse; vgl MR 2011, 355) damit rechnen musste.
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien kann in der Einschätzung des Oberlandesgerichts, durch Entfernung des ‑ substratlose Anwürfe im Rahmen politischer Auseinandersetzung enthaltenden und bereits über einen Monat online gestellten ‑ Postings ein oder zwei Tage nach Einholung juristischen Rates (und damit Kenntnis vom rechtsverletzenden Inhalt) sei die nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG gebotene Sorgfalt „gerade noch eingehalten“ worden, eine Fehlbeurteilung nicht erkannt werden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher zu verwerfen.
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