Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
In der (einen auf den Seiten 18 und 19 der Ausgabe der periodischen Druckschrift „K*****“ vom 21. Dezember 2009 unter der Rubrik „Die Reportage“ und der Überschrift „Weihnacht als Tag der Tränen“ veröffentlichten Artikel betreffenden) Medienrechtssache des Antragstellers Walter V***** gegen die Antragsgegnerin K***** GmbH & Co KG wegen §§ 6 Abs 1, 8a Abs 6 iVm 34 Abs 1 MedienG wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. April 2010, GZ 111 Hv 17/10y-8, ausgesprochen, dass durch die in der inkriminierten Veröffentlichung aufgestellte Behauptung, der Antragsteller sei „der mutmaßliche Mörder, er sei Amok gelaufen und habe die zweifache Mutter und Rechtspflegerin Silvia M. im Bezirksgericht Hollabrunn mit einem gezielten Kopfschuss getötet, es handle sich bei ihm um einen 57-jährigen viermal geschiedenen Lebemann und selbsternannten Meister und Künstler, verkrachten, mieselsüchtigen, betrunkenen Zeichenprofessor mit Kontakten zur Society und Bussi-Bussi-Szene“, in einem Medium in Bezug auf den Antragsteller der Tatbestand der üblen Nachrede „nach § 111 StGB“ hergestellt wurde. Die Antragsgegnerin wurde gemäß § 6 Abs 1 MedienG zur Zahlung einer Entschädigung von 15.000 Euro an den Antragsteller sowie gemäß § 8a Abs 6 MedienG iVm § 34 Abs 1 MedienG zur Urteilsveröffentlichung verurteilt.
Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht gab mit Urteil vom 25. August 2010, AZ 17 Bs 203/10t (ON 23 der Hv-Akten), den dagegen erhobenen Berufungen des Antragstellers wegen des Ausspruchs über die Strafe und der Antragsgegnerin wegen Nichtigkeit sowie der Aussprüche über Schuld und Strafe nicht Folge.
Gegen die Urteile des Landesgerichts für Strafsachen Wien und des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht richtet sich, gestützt auf die Behauptung einer Verletzung in den Grundrechten auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 MRK und auf Schutz des Eigentums nach Art 1 des 1. ZPMRK, der Antrag der K***** GmbH & Co KG auf Erneuerung des Verfahrens nach § 363a Abs 1 StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG.
Dazu bringt die Antragsgegnerin mit dem Einwand des Fehlens einer „Rechtsgrundlage“ für die Verpflichtung zur Entschädigungszahlung und Urteilsveröffentlichung der Sache nach die Nichtverwirklichung eines gesetzlichen Eingriffstatbestands (Art 10 Abs 2 MRK; Art 1 des 1. ZPMRK), nämlich des Tatbestands der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB, vor.
Denn der vorliegend inkriminierte Vorwurf, der Antragsteller sei einer Straftat verdächtig, sei nicht tatbestandsmäßig im Sinne der genannten Strafbestimmung. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts treffe dies zwar im Fall der Wiedergabe einer tatsächlich bestehenden Verdachtslage, nicht aber in Fällen zu, in welchen ein Tatverdacht manipuliert, herbeigeredet oder „zwischen den Zeilen“ erhoben „und demgemäß - wie vorliegend der Antragsteller - eine völlig unbeteiligte Person mit der Begehung einer spektakulären und verachtenswürdigen Straftat in Verbindung gebracht“ werde. Diesem Argument sei indes zu erwidern, „dass die Unwahrheit der inkriminierten Behauptung (nach nahezu einhelliger Ansicht) nicht Tatbestandsmerkmal der üblen Nachrede (§ 111 Abs 1 StGB)“ sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Erneuerungsantrag ist unbegründet.
Da die Opfereigenschaft nach Art 34 MRK nur dann anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein (Grabenwarter EMRK4, § 13 Rz 13), hat auch ein Erneuerungsantrag nach § 363a StPO per analogiam deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine (vom angerufenen Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende) Grundrechtsverletzung iSd § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS-Justiz RS0124359, RS0122737 [T17]).
Diesen Anforderungen wird der Erneuerungsantrag nicht gerecht.
Zum einem scheitert der Antrag schon daran, dass er jegliche Auseinandersetzung mit dem vom Erstgericht festgestellten weiteren Bedeutungsinhalt der Veröffentlichung, wonach der Antragsteller ein „viermal geschiedener Lebemann, selbsternannter Meister und Künstler, verkrachter mieselsüchtiger betrunkener Zeichenprofessor mit Kontakten zur Society und Bussi-Bussi-Szene“ sei, der als Charaktervorwurf die Unterstellung unter § 111 Abs 1 StGB ebenfalls zu tragen vermag, vermissen lässt.
Zum anderen mangelt es ihm an der Schlüssigkeit der Argumentation. Denn der gegen die - zutreffende (vgl Berka in: Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG² § 6 Rz 13 mwN; zum Haftungsausschluss bei tatsächlich bestehendem Tatverdacht im Wege des Wahrheitsbeweises: Zöchbauer, Zum Bericht über eine real bestehende Verdachtslage, MR 2010, 65 ff) - Begründungserwägung des Berufungsgerichts, der zufolge ein ohne jedes Sachverhaltssubstrat geäußerter Vorwurf des tatsächlich nicht bestehenden Verdachts einer strafbaren Handlung das Delikt der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB verwirklicht, vorgebrachte Einwand, die Unwahrheit der inkriminierten Behauptung sei nicht Tatbestandsmerkmal der üblen Nachrede, bedeutet in der logischen Umkehrung das Argument einer Tatbestandsverwirklichung auch (und sogar) im Fall der Wahrheit der inkriminierten Behauptung, damit unabhängig von Wahrheit oder Unwahrheit des Verdachtsvorwurfs. Das Vorbringen ist damit nicht geeignet, den eigenen Prozessstandpunkt zu stützen und aufzuzeigen, dass die Tatbestandsverwirklichung (Verwirklichung eines Eingriffstatbestands; Art 10 Abs 2 MRK; Art 1 des 1. ZPMRK) zu Unrecht angenommen wurde.
Der Antrag war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Erneuerungswerberin - zurückzuweisen.
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