OGH 15Os115/89 (RS0097979)

OGH15Os115/8927.9.2022

Rechtssatz

Im Hinblick darauf, dass die Hauptverhandlung erst nach rechtskräftiger Versetzung des Beschuldigten in den Anklagestand (§ 219 StPO) angeordnet werden darf, kann auch die Vorbereitungsfrist nach § 221 Abs 1 StPO erst nach diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen; die Anberaumung und Durchführung der Verhandlung über eine Anklage vor deren Rechtskraft führt deshalb infolge der damit verbundenen Verletzung der zuletzt relevierten Verfahrensvorschrift zur Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO (vgl ÖJZ-LSK 1980/80 mit Bezug auf SSt 9/93).

Bem: Seinerzeit für den Zeitraum bis 1. 1. 2008 Rechtsatz indiziert bei § 221 Abs 1 StPO.

 

Normen

StPO §221 Abs2
StPO §281 Abs1 Z3

15 Os 115/89OGH10.10.1989
13 Ns 61/09pOGH19.11.2009

Vgl; Beisatz: Eine nach § 213 Abs 4 StPO getroffene, nicht mit Beschwerde anfechtbare Entscheidung, „dass die Anklageschrift rechtswirksam sei", bewirkt zwar, anders als die nach § 215 Abs 6 StPO getroffene (nach § 281a StPO anfechtbare) Entscheidung des Oberlandesgerichts, „den Einspruch abzuweisen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festzustellen", nicht die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift, sodass - nicht anders als wenn das nach § 213 StPO vorgeschriebene Verfahren gänzlich unterlassen wurde - Urteilsanfechtung aus dem Grund der §§ 281 Abs 1 Z 3, 345 Abs 1 Z 4 StPO nach Maßgabe rechtsfehlerhafter Missachtung der Vorbereitungsfrist des § 221 Abs 2 StPO unter den Voraussetzungen der §§ 281 Abs 3, 345 Abs 3 StPO Erfolg verspricht. Aufgrund ihrer Rechtsnatur als Beschluss (§ 35 Abs 2 erster Fall StPO) hindert sie das Gericht jedoch an einem Vorgehen nach § 213 Abs 6 zweiter Satz StPO. Da umgekehrt, solange ein solcher Beschluss noch nicht getroffen wurde, das Gericht bei Zuständigkeitsbedenken in diesem Sinn vorzugehen hat und § 213 Abs 6 StPO dem § 38 StPO nach dessen ausdrücklicher Anordnung vorgeht, setzt eine Entscheidung nach § 38 StPO über den Kompetenzkonflikt von Landesgerichten als Schöffen- oder Geschworenengericht Feststellung der Rechtswirksamkeit der Anklageschrift nach § 213 Abs 4 StPO oder § 215 Abs 6 StPO voraus. (T1)

14 Os 20/10pOGH13.04.2010

Auch

11 Os 23/16sOGH10.05.2016

Auch; Beisatz: Die 14‑tägige Einspruchsfrist wird bereits durch Zustellung der Anklageschrift an den Verteidiger des auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten in Gang gesetzt. Die Anklageschrift darüber hinaus dem Angeklagten persönlich zuzustellen, ist nicht erforderlich. (T2)

15 Os 34/21wOGH26.05.2021

Vgl

11 Os 63/22gOGH27.09.2022

Beisatz: Durch die Ausfolgung einer übersetzten Anklageschrift an den Angeklagten (erst) in der Hauptverhandlung wurde die gemäß § 221 Abs 2 StPO einzuräumende Vorbereitungsfrist nicht verletzt. (T3)<br/>Beisatz: Hier: Da der auf freiem Fuß befindliche Angeklagte einen Verteidiger hatte, ist nur diesem – fristauslösend – zuzustellen; diese Zustellung wahrt die Verteidigungsrechte des Angeklagten in ausreichendem Ausmaß. (T4)

Dokumentnummer

JJR_19891010_OGH0002_0150OS00115_8900000_003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte