European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0150OS00104.23T.1004.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten E* B* und * M* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden E* B*, M* B* und * M* jeweils des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG (A./1./) und des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz zweiter Fall, Abs 2, Abs 3 SMG (A./2./) sowie M* auch des Vergehens der Entziehung von Energie nach § 132 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB (B./) schuldig erkannt.
[2] Danach haben sie – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung –
A./ als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) anderer, im Urteil namentlich genannter Mitglieder dieser Vereinigung am 31. Jänner 2023 in W* vorschriftswidrig Suchtgift
1./ in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, indem sie von 1.275 Cannabispflanzen insgesamt 44.432,20 Gramm Cannabisblüten mit einem Reinheitsgehalt von 0,85 % Delta‑9‑THC und 11,18 % THCA abernteten;
2./ mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem sie das zu A./1./ bezeichnete Cannabiskraut in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge in den Räumlichkeiten der Plantage in * W*, lagerten.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richten sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 11 StPO gestützten, inhaltsgleich ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten E* B* und M*. Beide verfehlen ihr Ziel.
[4] Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider hatder erkennende Senat die Urteilskonstatierungen zur Tatbegehung des E* B* als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nicht unvollständig begründet. Das auf Aussagedetails des E* B* und des M* B* bezugnehmende Vorbringen, wonach sie nur an einem Tag nach W* gekommen seien und die übrigen Mitglieder der kriminellen Vereinigung nicht kennen würden (siehe aber ON 18.3, 9, 16) unterlässt – anders als zur prozessförmigen Ausführung einer Mängelrüge geboten (RIS‑Justiz RS0116504, RS0119370) – die Bezugnahme auf die Beweisergebnisse in ihrer Gesamtheit. Es übergeht nämlich nicht nur, dass E* B* auf Vorhalt der dem Schuldspruch zu A./1./ und A./2./ entsprechenden Tatvorwürfe der Anklageschrift in der Hauptverhandlung wiederholt erklärte, sich „schuldig zu bekennen“ (ON 18.3, 4 f, 18 f; US 7), sondern auch die erstgerichtlichen Erwägungen zum Vorliegen einer kriminellen Vereinigung (US 10 f).
[5] Indem die Mängelrüge anhand von Vorbringen zur Tätigkeit des E* B* und seinem Wissensstand sowie den Eigentumsverhältnissen am Equipment der Plantage eigenständig die Hypothese entwickelt, er sei nicht Mitglied der kriminellen Vereinigung gewesen, verliert sie sich in einem Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
[6] Im Übrigen erklärt das Rechtsmittel nicht, weshalb der Umstand, dass der verpönte Zusammenschluss (aufgrund der Festnahme der Angeklagten) nur einen Tag Bestand hatte, das Vorliegen einer kriminellen Vereinigung in Frage stellen soll (der Sache nach Z 10; zur bloßen Ausrichtung auf längere Zeit vgl RIS-Justiz RS0125232 [T4]; US 10: auf „mehrere Monate“ angelegt).
[7] Mit Ausführungen zum Verfallserkenntnis in Ansehung beider Beschwerdeführer bezieht sich die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht auf schuld‑ oder subsumtionsrelevante Umstände (RIS‑Justiz RS0106268).
[8] Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Urteilskonstatierungen zum Besitz des Suchtgifts vermisst, gleichzeitig aber die dazu im Rahmen der Ausführungen zur subjektiven Tatseite getroffenen Konstatierungen (US 7) außer Acht lässt, verfehlt sie den Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
[9] Die gegen den Verfallsausspruch nach § 20 Abs 1 StGB gerichtete Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) kritisiert, dass das Erstgericht nicht festgestellt habe, dass E* B* für die Begehung der mit Strafe bedrohten Handlungen Vermögenswerte erhalten habe, sondern bloß bekommen hätte sollen. Sie übergeht damit prozessordnungswidrig die erstgerichtliche Feststellung, wonach bei allen drei Angeklagten Bargeld sichergestellt wurde und sie angaben, dass sie 1.000 Euro als Lohn bekommen hätten (US 12; neuerlich RIS-Justiz RS0099810; zur Ausdeutung des Feststellungswillens der Tatrichter vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[11] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
[12] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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