Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten A***** und B***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch gegen den Mitangeklagten Vasile M***** enthält, wurden Mihai A***** und Vasile B***** jeweils des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB (I./1./ bzw II./1./), des Verbrechens (richtig: der Verbrechen) des (teils beim Versuch [§ 15 StGB] gebliebenen) schweren Raubes nach §§ 12 erster oder dritter Fall, 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall und 15 StGB (I./2./; II./2./), des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach §§ 12 erster oder dritter Fall, 136 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB (I./3./; II./3./) sowie des Verbrechens des (zu ergänzen: teils vollendeten, teils versuchten) im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 12 erster oder dritter Fall, 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 2 und 3, 130 zweiter, dritter und vierter Fall (zu ergänzen: und 15) StGB (I./4./; II./4./) schuldig erkannt.
Danach haben sie (kurz zusammengefasst)
(zu 1./ und 2./) mit Gewalt gegen eine Person oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) anderen Personen fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeldbeträge mit dem Vorsatz, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen oder abgenötigt bzw wegzunehmen oder abzunötigen versucht, und zwar
1./ am 4. Dezember 2006 in Graz im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Traian B***** und einer weiteren unbekannten Person der Evelyn W***** als Berechtigter der W***** GmbH, indem sie mit Wollhauben maskiert und unter Verwendung von Handschuhen über ein WC-Fenster in das Wettcafe A***** einstiegen, Mihai A***** „Überfall" ausrief, auf das Opfer zulief, es verfolgte, festhielt und ins Geschäftslokal zurückzuzerren versuchte, um es zur Ausfolgung von Bargeld zu veranlassen, wobei die Tat auf Grund der Gegenwehr des Opfers beim Versuch blieb (I./1./ und II./1./);
2./ „entweder als unmittelbare Täter oder als Beitragstäter durch gemeinsame Planung, Leisten von Aufpasserdiensten oder Transport zum Tatort" und als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung im bewussten und gewollten Zusammenwirken teils mit weiteren nicht näher bekannten Personen und jeweils unter Verwendung einer Waffe, nämlich a./ am 16. Dezember 2006 in Bad Radkersburg Verfügungsberechtigten des P*****-Marktes, indem der oder die unmittelbare(n) Täter Fensterscheiben zum Büroraum in Anwesenheit der dortigen Angestellten aufbrach(en) und einschlug(en) und durch drohendes Vorhalten eines Vorschlaghammers und weiterer Werkzeuge die Tageslosung wegzunehmen oder abzunötigen versuchte(n) (I./2./a./ und II./2./a./); b./ am 20. Dezember 2006 in Gratwein der Sabine K***** als Verfügungsberechtigter der L***** Austria GmbH, Filiale Gratwein, indem der oder die unmittelbare(n) Täter Fensterscheiben aufbrach(en) und einschlug(en), in Anwesenheit der Sabine K***** in den Büroraum eindrang(en) und ihr durch drohendes Vorhalten einer Axt sowie einer Eisenzange die Tageslosung in der Höhe von 9.850 Euro abnötigte(n) (I./2./b./ und II./2./b./);
c./ am 22. Dezember 2006 in Wildon der Karin F***** und der Monika A***** als Verfügungsberechtigten der H***** KG, Filiale Wildon, indem Mihai A***** und ein weiterer Mittäter eine Fensterscheibe einschlugen und in Anwesenheit der Karin F***** und der Monika A***** in den Büroraum eindrangen, um ihnen durch drohendes Vorhalten eines Vorschlaghammers, einer Axt oder eines anderen massiven Werkzeuges die Tageslosung von 19.110 Euro abzunötigen, wobei es infolge sofortiger Fluchtergreifung der Opfer zu keiner Abnötigungshandlung kam (I./2./c./ und II./2./c./);
3./ von 15. Dezember 2006 bis 19. Jänner 2007 in Wiener Neustadt und an anderen Orten in insgesamt neun (im Spruch näher konkretisierten) Angriffen entweder als unmittelbare Täter (Mittäter) oder als Beitragstäter durch gemeinsame Planung, Leisten von Aufpasserdiensten oder Transport zum Tatort Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet sind, ohne Einwilligung der Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei sich die jeweiligen unmittelbaren Täter die Gewalt über die Fahrzeuge teilweise durch eine der in § 129 StGB geschilderten Handlungen verschafften und durch die Taten ein 3.000 Euro übersteigender Schaden verursacht wurde (I./3./ und II./3./); 4./ zwischen 14. Dezember 2006 und 19. Jänner 2007 in Frauental und an anderen Orten in insgesamt 22 (im Spruch näher konkretisierten) Angriffen entweder als unmittelbare Täter (Mittäter) oder als Beitragstäter durch gemeinsame Planung, Leisten von Aufpasserdiensten oder Transport zum Tatort und als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung anderen Personen fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro übersteigendem Gesamtwert durch Einbruch teils in Gebäude, teils in Transportmittel sowie teils durch Aufbrechen von Sperrvorrichtungen oder Behältnissen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und in einem Fall (I./4./k./ bzw II./4./k./) wegzunehmen versucht, wobei sie in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen und von schweren Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (I./4./ und II./4./).
Rechtliche Beurteilung
Den dagegen vom Angeklagten Mihai A***** aus Z 4 und 10a, vom Angeklagten Vasile Bandrabur aus Z 6 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt Berechtigung nicht zu.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mihai A*****:
Die eine Verletzung des § 250 Abs 2 StPO behauptende Verfahrensrüge (Z 4) schlägt fehl. Den spekulativen Einwänden des Beschwerdeführers zuwider wurden zwar unmittelbar vor seiner eigenen Vernehmung die Mitangeklagten B***** und M***** aus dem Verhandlungssaal abgeführt (S 8/VIII), vor oder während deren jeweiliger Vernehmung fand indes keine (weitere) Abführung statt (S 26 und 41/VIII). Damit befanden sich - dem unbedenklichen Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls vom 3. März 2008 (ON 190) zufolge - im Zuge der Vernehmung des Zweitangeklagten B***** der Erstangeklagte Mihai A***** und bei jener des Drittangeklagten M***** überdies der Zweitangeklagte Vasile B***** im Verhandlungssaal (siehe auch die jeweils kurzfristigen Befragungen des Angeklagten A***** während der Vernehmung seiner beiden Mitangeklagten, S 38 und 49/VIII). Im Übrigen wurde entgegen der Beschwerde nach der Befragung der drei Angeklagten den während der Vernehmung des Mihai A***** nicht im Verhandlungssaal anwesenden Angeklagten B***** und M***** sehr wohl - gesetzeskonform - dessen Verantwortung und dem Angeklagten M***** zusätzlich jene des Vasile B***** zur Kenntnis gebracht (S 49 f/VIII). Warum schließlich die Vernachlässigung der Informationspflicht dem Zweit- und Drittangeklagten gegenüber einen Nichtigkeit begründenden Umstand in Bezug auf den Beschwerdeführer darstellen sollte, vermag auch die gemäß § 24 StPO erstattete Äußerung nicht zu erklären. Eine Tatsachenrüge (Z 10a) kann nur dann erfolgreich sein, wenn die von den Laienrichtern im Wahrspruch getroffenen Feststellungen als Folge einer qualifiziert naheliegenden Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung erheblichen Bedenken ausgesetzt sind. In Ansehung der in der Rüge unerwähnt gebliebenen Gesamtergebnisse des Beweisverfahrens - insbesondere den in der Hauptverhandlung von den ermittelnden Beamten präsentierten Erhebungsergebnissen, etwa dem Bericht des Zeugen Dr. Robert H***** über sichergestellte Lackspuren (S 57/VIII), der von Alois G***** dargelegten Spurensicherung (va von Schuhabdrücken) an den Tatorten (S 64 ff/VIII), den vom Sachverständigen Univ. Prof. Dr. Walter R***** erläuterten und dem Angeklagten Mihai A***** zugeordneten DNA-Spuren (S 111 ff/VIII) sowie den von Dietmar F***** referierten Rufdatenauswertungen (S 121 ff/VIII) - wird mit dem auf einer isolierten Betrachtung bruchstückhafter Teile der Aussage des Zeugen G***** (S 116 ff/VIII) beruhenden Vorbringen und der daraus abgeleiteten Behauptung, hinsichtlich der nicht vom Geständnis des Beschwerdeführers umfassten Urteilsfakten liege „kein gesicherter Beweis" vor, die diesem Nichtigkeitsgrund immanente Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten. Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass der Einwand eines „einzigen" DNA-Treffers - dem Inhalt der betreffenden Zeugenaussage zufolge - offenbar eine andere, „in Wien" abgehandelte Strafsache betrifft (S 117/VIII).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Vasile B*****:
Die Kritik der Fragenrüge (Z 6) richtet sich gegen den Umstand, dass der Schwurgerichtshof bei den Hauptfragen 6./a./ bis c./, 7./a./ bis g./ und 8./a./ bis v./ (betreffend die Schuldsprüche II./2./a./ bis c./, II./3./a./ bis g./ und II./4./a./ bis v./) die inkriminierten Sachverhalte in insgesamt drei (nach der Art der zur Last gelegten strafbaren Handlungen verbundenen) Faktenkomplexen zusammenfasste, die allgemeinen, auf jeweils alle nachfolgenden Taten gemeinsam zutreffenden Umstände zunächst in einem einleitenden Satzteil zur Darstellung brachte und anschließend in - mit Kleinbuchstaben bezeichneten und nach den jeweils konkretisierten Taten untergliederten - Einzelfragen abhandelte. Damit wird aber bloß die Ausformulierung der - tatsächlich nach jedem historischen Sachverhalt separat gestellten - Hauptfragen moniert (weil demzufolge „die einzelnen Umstände bezogen auf Ort, Zeit und Gegenstand sowie konkrete Tatumstände gemeinsam jeweils mit dem vorangestellten Ausdruck zu lesen sind", BS 2), ohne indes eine Verletzung des Fragenschemas nach § 312 StPO aufzuzeigen.
Dass die Laienrichter nicht nur die durch Kleinbuchstaben untergliederten Hauptfragen separat beantworteten, sondern auch jeweils die den Fragenkomplex einleitenden Zusammenfassungen (S 231, 235 und 237/VIII), legt - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - eine Beirrung der Geschworenen keineswegs nahe, sondern unterstreicht bloß den Umstand, dass sie bei Beantwortung der einzelnen Fragen auch die in dieser Zusammenfassung dargelegten gemeinsamen Tatumstände mitberücksichtigt haben. Die Art und Weise der Beantwortung der einzelnen Fragen ist im Übrigen Teil der Rechtsbelehrung (§ 321 Abs 2 StPO) und kann als solcher nur aus § 345 Abs 1 Z 8 StPO, nicht aber aus Z 6 angefochten werden (vgl Schindler, WK-StPO § 317 Rz 28). Der Einwand geht aber schon deshalb ins Leere, weil es zulässig ist, mehrere unter denselben Tatbestand fallende Taten (eines einzigen Täters), zB mehrere auch an verschiedenen Personen, zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten begangene Raubüberfälle oder Einbruchsdiebstähle, in einer Schuldfrage zusammenzufassen, sofern den Geschworenen - wie hier - eine vollständige Prüfung der Sachverhalte samt eindeutigen und erschöpfenden Antworten ermöglicht wird und keine Gefahr einer pauschalierten Beurteilung der zusammengefassten Fragen ohne sorgfältige Prüfung der Schuld im Einzelfall besteht (RIS-Justiz RS0100893; RS0100962; ebenso Schindler, WK-StPO § 317 Rz 12).
Der Nichtigkeitsgrund der Z 10a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn sich „aus den Akten" (mithin aus dem aktenkundigen Beweismaterial, das in der Hauptverhandlung vorgekommen ist oder vorkommen hätte können und dürfen) nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen konstatierten Tatsachen ergeben. Dieser formale Nichtigkeitsgrund will daher nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof hingegen ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780; zuletzt ausdrücklich zu § 345 Abs 1 Z 10a: 14 Os 9/08t).
Einwendungen, die sich bloß gegen die als kritisch-psychologischer Vorgang in der Hauptverhandlung auf Grund des persönlichen Eindrucks gewonnene Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit von Alibizeugen richten, sind von vornherein nicht geeignet, erhebliche Bedenken im Sinne der Z 10a hervorzurufen (RIS-Justiz RS0099649).
Dass der modus operandi bei Einbruchsdiebstählen mit der Vorgangsweise im Zuge von Raubüberfällen nicht zu vergleichen ist, liegt auf der Hand und vermag solcherart ebenfalls keinen in geradezu unerträglicher Weise erfolgten Gebrauch des den Laienrichtern gesetzlich zustehenden Beweiswürdigungsermessens aufzuzeigen. Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 344, 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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