European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00063.15V.0915.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Dr. Hella R***** im zweiten Rechtsgang (zum ersten Rechtsgang vgl 14 Os 97/14t) erneut des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie am 2. Jänner 2008 und am 27. April 2009 in G***** in zwei Angriffen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Karl P***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die ausdrückliche und konkludente Vorspiegelung, eine rückzahlungsfähige Darlehensnehmerin und zu einer Rückführung des ersten Darlehens innerhalb eines Jahres und des zweiten Darlehens innerhalb kurzer Zeit imstande zu sein, unter gleichzeitiger Unterlassung der gebotenen Aufklärung über das tatsächliche Ausmaß ihrer Überschuldung und über den Umstand, dass sie die Nichterfüllbarkeit einer Stundungsvereinbarung mit dem Finanzamt G***** und damit verbunden einen Konkursantrag dieser Gläubigerin sowie den Verlust ihrer Position als Messepräsidentin und Rechtsanwältin befürchtete, zur Gewährung zweier Darlehen in Höhe von jeweils 50.000 Euro verleitet, wodurch der Genannte einen Vermögensnachteil von 100.000 Euro erlitt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Entgegen dem Einwand der Mängelrüge ist die Feststellung zum Schädigungsvorsatz nicht unvollständig (Z 5 zweiter Fall) begründet.
Die insoweit leugnende Verantwortung der Angeklagten, insbesonders ihre Beteuerungen, sie sei überzeugt gewesen, die Darlehen zurückzahlen zu können, hat das Erstgericht ohnehin ausführlich erörtert und mit mängelfreier ‑ von der Beschwerde nur unvollständig zitierter ‑ Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 9 ff). Zu einer weiteren Auseinandersetzung mit einzelnen Details ihrer Depositionen zur eigenen Einschätzung ihrer finanziellen Situation zu den Tatzeitpunkten und ihren Erwartungen hinsichtlich zukünftiger Einnahmen oder entsprechendem (weitgehend beweiswürdigende Erwägungen enthaltenden) Vorbringen in einem (in der Hauptverhandlung verlesenen; ON 110 S 11) Schriftsatz der Verteidigung (ON 109) waren die Tatrichter - auch mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - nicht verhalten (vgl RIS-Justiz RS0098642,
Dass es zu den Tatzeitpunkten durch die Ratenvereinbarung mit dem Finanzamt G***** „keine einzige fällige Forderung und keinerlei Betreibungsschritte“ eines anderen der (zahlreichen) Gläubiger der ‑ damals eigenen Angaben zufolge mit Verbindlichkeiten in Höhe von rund 4 Millionen Euro belasteten (US 4, 5) ‑ Beschwerde-führerin gab, steht der kritisierten Urteilsannahme zudem nicht erörterungsbedürftig entgegen.
Gleiches gilt für den Umstand, dass ihr vom Finanzamt G***** bis Ende 2010 mehrfach Zahlungserleichterungen hinsichtlich ihrer Abgabenschulden gewährt wurden. Einer gesonderten Auseinandersetzung mit den von der Angeklagten vorgelegten entsprechenden Bescheiden (Beilagen ./1 bis ./4 zu ON 109) bedurfte es daher nicht.
Im Übrigen sahen die Tatrichter ohnehin als erwiesen an, dass Mag. Dr. Hella R***** bereits ab dem Steuerjahr 2003 ihren steuerlichen Verpflichtungen nur unzureichend nachkam, seit Jahresmitte 2006 hohen (Steuernachzahlungs-)Forderungen des Finanzamts G***** gegenüberstand und infolge ihrer „angespannten Liquidität“ laufend (positiv beschiedene) Stundungs- und Ratenzahlungsanträge einbrachte (US 4), worin sie gerade ein (weiteres) Indiz für das Vorliegen der subjektiven Tatseite erblickten (US 10, 12).
Indem die Beschwerde aus diesen Umständen und weiteren ‑ von den Tatrichtern als belastend eingestuften ‑ Verfahrensergebnissen (etwa dem Bericht des Masseverwalters Dr. R*****, ON 16) andere, für ihren Standpunkt günstigere Schlüsse zieht als jene des Erstgerichts, bekämpft sie bloß unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Gegenstand von Zeugenaussagen können nur objektive Wahrnehmungen, nicht aber Mutmaßungen über das Wissen und Wollen anderer Personen sein (vgl Danek , WK‑StPO § 270 Rz 40; RIS-Justiz RS0097540, RS0097545). Demnach waren die Tatrichter unter dem Aspekt von Unvollständigkeit auch nicht verpflichtet, sich mit der von der Rüge weiters hervorgehobenen Passage aus der Aussage des Zeugen Karl P*****, nach der er nicht glaube, dass die Angeklagte ihn betrügen wollte, auseinander zu setzen.
Damit spricht die Beschwerde insgesamt kein ‑ im Schriftsatz vom 25. März 2015 (ON 109) enthaltenes ‑ unerörtert gebliebenes Beweisergebnis an, welches der bekämpften Urteilsannahme entgegenstehen würde, nach der die Beschwerdeführerin eine 50.000 Euro übersteigende Schädigung des Darlehensgebers ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, womit es ohne Relevanz ist, ob dieser Schriftsatz in der Hauptverhandlung (wie im darüber aufgenommenen Protokoll vermerkt; ON 110 S 11) „als Plädoyer“ oder „als Verantwortung der Angeklagten“ verlesen wurde, wie die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag auf diesbezügliche Berichtigung des Hauptverhandlungs-protokolls (ON 115 S 2) behauptet.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 21. Mai 2015, ON 117, mit dem der diesbezügliche Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin abgewiesen wurde, ist somit durch die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde miterledigt (14 Os 10/10t [14 Os 11/10i], SSt 2010/24; RIS-Justiz RS0126057, RS0120683).
Im Übrigen ist im Hauptverhandlungsprotokoll ohnehin festgehalten, dass der Schriftsatz einverständlich verlesen wurde (vgl § 271 Abs 1 Z 4 und 5 StPO), während die in der kritisierten Passage enthaltene rechtliche Einschätzung des Vorsitzenden nicht von der amtswegigen Protokollierungspflicht gemäß § 271 Abs 1 Z 1 bis 7 oder Abs 3 StPO umfasst ist und daher nur dann Gegenstand eines Berichtigungsantrags sein kann, wenn in der Hauptverhandlung ein darauf abzielender Protokollierungsantrag gestellt wurde ( Danek , WK-StPO § 271 Rz 44; RIS-Justiz RS0123941), was vorliegend unterblieb.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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