OGH 14Os59/11z

OGH14Os59/11z30.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. August 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Steinbichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Waltraud D***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden sowie die Berufungen der Angeklagten Waltraud D***** und Ronald F***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. Jänner 2011, GZ 123 Hv 88/10b-322, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten Waltraud D***** und Ronald F***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch der Adelheid L***** enthält, wurden Waltraud D***** und Ronald F***** jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie (zusammengefasst wiedergegeben) von 2002 bis 2007 in W***** und an anderen Orten in einverständlichem Zusammenwirken gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz in den im Urteilsspruch bezeichneten 59 Fällen die dort genannten Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich „darüber, dass sie eine kurzfristige sichere Investitionsmöglichkeit mit außerordentlich hohen Renditen anbieten und vermitteln“ könnten, sowie durch Vorgabe ihrer Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit, zur Herausgabe oder Überweisung von „sehr hohen“, zumeist über 3.000 Euro liegenden Geldsummen verleitet, die die im Urteil bezeichneten Personen um die dort genannten, 50.000 Euro übersteigenden Beträge schädigten, wobei Waltraud D***** und Ronald F***** gemeinsam den Tatplan schmiedeten, Ronald F***** die Tatopfer durch Schreiben, welche Waltraud D***** weiterleitete, zur Auszahlung von Geldern animierte, Waltraud D***** (in Einzelfällen gemeinsam mit Ronald F*****) diese ansprach und über die angebliche Investition informierte und teils DI Clemens K***** dazu anleitete.

Ihre dagegen gerichteten Nichtigkeitsbe-schwerden stützen Waltraut D***** auf Z 4, 5, „9“ und 11, Ronald F***** auf 4, 5 und „9a“ jeweils des § 281 Abs 1 StPO; beide Rechtsmittel verfehlen ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Waltraud D*****:

Der Verfahrensrüge ist vorweg zu erwidern, dass eine erfolgreiche Geltendmachung der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO wegen unterlassener Beweisaufnahme nur im Zusammenhang mit der gebotenen Klärung erheblicher Tatsachen, das sind jene, die die rechtliche Beurteilung - die Lösung der Schuld- und der Subsumtionsfrage (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) - beeinflussen können (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 320), möglich ist. Eine Beweisaufnahme, die schon dem Antragsvorbringen zufolge nicht geeignet ist, eine solche Tatsache zu beweisen, kann unterbleiben (§ 55 Abs 2 Z 2 StPO). Einem Beweisantrag muss daher - soweit dies nicht offensichtlich ist (§ 55 Abs 1 StPO) - zu entnehmen sein, aus welchem Grund die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (widrigenfalls ein unzulässiger Erkundungsbeweis vorliegt; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330) und inwieweit dieses für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage (bei analoger Anwendung der Z 4 im Rahmen einer Sanktionsrüge nach Z 11 erster Fall: für die Frage zur Beurteilung der Sanktionsbefugnis) von Bedeutung ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 f). Erst im Rechtsmittel nachgetragene Erörterungen unterliegen dem Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618). Hinzu kommt, dass es (bei dem zudem umfangreichen Aktenmaterial [acht Bände, fünf Verhandlungstage]) der genauen Angabe der Fundstelle des kritisierten Vorgangs beziehungsweise von Antragstellung oder Widerspruch bedarf (RIS-Justiz RS0124172).

Diesen Anfechtungskriterien wird die Verfahrensrüge (Z 4) nicht gerecht, wobei ihr im Einzelnen zu entgegnen ist:

In der Hauptverhandlung am 5. Oktober 2010 hatte der Verteidiger „Originaltradingunterlagen“ der Angeklagten vorgelegt, die beweisen sollten, dass „Fr. D***** im Tradinggeschäft tätig war und dass dies sehr wohl realistisch war, zum Beweis dafür, dass sie reale Tradinggeschäfte durchgeführt hat und wenn die Summe zusammengekommen wäre, hätte Sie auch Tradinggeschäfte durchgeführt“. Davon ausgehend begehrte er die - im Rechtsmittel als unterblieben kritisierte - Einholung eines Ergänzungsgutachtens, dass „Fr. D***** die bisher in den Akten zugrundeliegenden Geschäfte und die bereits durchgeführten Geschäfte miteinander korrespondieren und dass sie ähnlich sind und dass Fr. D***** diese Geschäfte auch durchführen hätte können“ (ON 299 S 61). Die Aufnahme dieses Beweises wurde schon deshalb zurecht abgelehnt (ON 321 S 14), weil der Antrag die Relevanz der - äußerst undeutlich als „korrespondierend und ähnlich“ bezeichneten - Tradinggeschäfte für die anhand der konkret inkriminierten Geschäftsvorgänge zu lösende Schuldfrage gänzlich offen ließ.

Der weitere (bereits schriftlich unpräzis formulierte und mündlich wiederholte - ON 268 iVm ON 321 S 10) Antrag, „für den Zeitraum vom 04.12.01 bis zum 10.02.09 der Kasino und sonstigen Barabhebungen sämtliche Überweisungen bei W***** zu erheben, die Frau D***** an Herrn F***** getätigt hat“, blieb ebenso wie die beantragte Ergänzung des Sachverständigengutachtens auf „Einarbeitung“ der „Privatkassaquittungen bezüglich der Geldflüsse von Fr. D***** an Hr. F*****“ (ON 321 S 20 f) ohne Nennung eines überprüfbaren konkreten Beweisthemas (§ 55 Abs 1 zweiter Satz StPO; RIS-Justiz RS0099301) und (demgemäß) auch ohne Darlegung, aus welchem Grund die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller (fallbezogen gar nicht) behauptete Ergebnis erwarten lasse (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327).

Auf unzulässige Erkundung zielte - schon mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung des zu untersuchenden „Privatkontos“ (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 329) - auch das Begehren auf „Ergänzung des Gutachtens“ dahin ab, „welche Gelder von Frau D***** von ihrem Privatkonto behoben wurden, die eindeutig aus Privatkrediten oder sonstigen nachvollziehbaren Einkünften stammen und nicht aus Investorengeldern“ (ON 268 iVm ON 321 S 10). Im Übrigen wurde neuerlich die Relevanz für die zu lösende Schuldfrage nicht bekannt gegeben.

Nach dem ungerügt gebliebenen Protokoll hatte der Verteidiger in der Hauptverhandlung am 11. Jänner 2011 unmittelbar nach Gutachtenserstattung durch den Sachverständigen beantragt, „der Verteidigung ausreichend Zeit zu geben zur Sichtung der beantworteten Fragen des Sachverständigen, da diese erst jetzt schriftlich ausgeteilt werden“ (ON 321 S 8), und solcherart die Vertagung der Hauptverhandlung gar nicht deutlich und bestimmt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 311) verlangt. Das darauf bezogene Beschwerdevorbringen geht daher schon im Ansatz fehl, wobei anzumerken ist, dass dem Angeklagten kein Recht auf Vertagung der Hauptverhandlung zukommt, soweit er - wie hier - rechtzeitig von der Aufnahme des Sachverständigenbeweises Kenntnis hatte (ebenso für den Fall der [vorliegend gar nicht begehrten] Beiziehung einer Person mit besonderem Fachwissen gemäß § 249 Abs 3 StPO vgl 15 Os 131/08s; Danek, WK-StPO § 276 Rz 16). Dem tatsächlich vom Verteidiger gestellten Antrag wurde im Übrigen ohnedies dadurch Rechnung getragen, dass die im Wesentlichen nur zwei Seiten umfassende Stellungnahme zu den vom Verteidiger der Beschwerdeführerin schriftlich gestellten vier Fragen mündlich in der Hauptverhandlung vorgetragen wurde und diesem auch die Möglichkeit ergänzender Fragestellung eingeräumt war (ON 321 S 8 ff).

Der weiteren Rüge zuwider fasste das Schöffengericht über den „Befangenheitsantrag gegen den SV-Gutachter“ (ON 321 S 11) sehr wohl einen (abweislichen) Beschluss (ON 321 S 13), mag er auch - entgegen der nicht unter Nichtigkeitssanktion stehenden Bestimmung des § 238 Abs 3 StPO - unbegründet geblieben sein (vgl dazu Ratz, WK-StPO § 281 Rz 316). Mit bloßen, vom Sachverständigen abweichenden Auffassungsunterschieden über den Inhalt und Umfang des vom Gericht zu bestimmenden Gutachtensauftrags wird eine Beeinträchtigung der unparteilichen Begutachtung (§ 47 Abs 1 StPO iVm § 126 Abs 4 erster Satz StPO) jedoch nicht substantiiert geltend gemacht (vgl 13 Os 63/08a).

Die Vernehmung der - zum Beweis der Absichten der Angeklagten, die von den Tatopfern erhaltenen Geldbeträge in (nicht näher bezeichnete) „Tradinggeschäfte“ zu investieren, geführten (ON 315 iVm ON 321 S 10 und ON 312 S 49) - Zeugen Judith Wo***** (im Rechtsmittel irrig als „Frau C*****“ bezeichnet), Alosinac N***** und Mehmet B***** unterblieb schon deshalb zu Recht, weil einmal mehr nicht bekanntgegeben wurde, aus welchem Grund die Angaben dieser Personen die (fallbezogen) entscheidende Tatsache der - aus der Kenntnis der Nichtrealisierbarkeit des nigerianischen „Kapitalblocks“ in Höhe von 42,5 Millionen US-Dollar (US 18) abgeleiteten - Rückzahlungsunfähigkeit und -willigkeit der Angeklagten zu tangieren vermocht hätten. Entsprechendes gilt für das Carsten P*****, den früheren Ehegatten einer seinerzeit für die Angeklagte tätigen Rechtsanwältin, betreffende Vernehmungsbegehren (ON 315 iVm ON 321 S 10), das angesichts der bloßen Aussage der Angeklagten, dass sie ihre deutsche Anwältin gebeten habe, „ob sie nachprüfen kann, ob die Verträge da“ seien, was diese bestätigt habe (ON 299 S 14), ebenfalls ein Vorbringen unterlässt, inwiefern der beantragte Zeuge über anwaltliche Mitteilungen, dass „das Geschäft rechtlich einwandfrei und zweckmässig ist“, berichten hätte können.

Der weiteren - keine Angabe von Fundstellen im Akt enthaltenden - Beschwerde zuwider ist den Hauptverhandlungsprotokollen ein Antrag des Verteidigers der Angeklagten Waltraud D***** auf „Öffnung der Konten der R*****“ nicht entnehmbar, sodass das diesbezügliche Rechtsmittelvorbringen ins Leere geht.

Auch der Mängelrüge (Z 5) sind zunächst wesentliche Grundsätze voranzustellen:

Eine Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung, wie sie nur die im einzelrichterlichen Verfahren vorgesehene Schuldberufung ermöglicht, ist im Verfahren vor den Kollegialgerichten nicht vorgesehen (vgl § 283 Abs 1 StPO). Das Gericht ist gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO verpflichtet, die schriftliche Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung abzufassen und darin mit Bestimmtheit anzugeben, welche Tatsachen es als erwiesen oder als nicht erwiesen annahm und aus welchen Gründen dies geschah. Dabei hat es die Beweismittel nicht nur einzeln, sondern (vor allem) in ihrem inneren Zusammenhang sorgfältig zu prüfen und nicht nach starren Beweisregeln, sondern nach seiner freien, aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (§ 258 Abs 2 StPO). Die Tatrichter sind ferner nicht gehalten, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen und Verfahrensergebnisse im Einzelnen zu erörtern und darauf zu untersuchen, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Geschehensvariante sprechen. Auch kann nicht verlangt werden, dass sich das Gericht mit den Beweisresultaten in Richtung aller denkbaren Schlussfolgerungen auseinander setzt. Dass aus den ermittelten Prämissen auch für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich wären, die Erkenntnisrichter sich aber dennoch (mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung) für eine dem Angeklagten ungünstigere Variante entschieden haben, ist als Akt freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) mit Mängelrüge unbekämpfbar. Die unter Nichtigkeitsdrohung stehende Begründungspflicht besteht ausschließlich für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen. Darunter sind solche zu verstehen, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluss üben (§§ 260, 270 Abs 2 Z 4 und 5, 281 Abs 1 Z 5 StPO). Die entscheidenden Tatsachen sind von den erheblichen Tatsachen zu unterscheiden. Damit sind Verfahrensergebnisse gemeint, welche die Eignung haben, die dem Gericht durch die Gesamtheit der übrigen Beweisergebnisse vermittelte Einschätzung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache maßgebend zu beeinflussen. Mit ihnen muss sich die Beweiswürdigung bei sonstiger Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) auseinandersetzen. Die in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommende sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung bloß einzelner von mehreren erheblichen Umständen, welche erst in der gebotenen Gesamtschau mit anderen zum Ausspruch über entscheidende Tatsachen führen, kann aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht bekämpft werden, es sei denn, die Tatrichter hätten in einem besonders hervorgehobenen Einzelpunkt erkennbar eine notwendige Bedingung für Feststellungen hinsichtlich einer entscheidenden Tatsache erblickt. Bei umfangreichem Aktenmaterial muss überdies stets die Aktenseite, auf der insoweit die argumentative Basis der Nichtigkeitsbeschwerde zu finden ist, exakt bezeichnet werden (RIS-Justiz RS0124172 [T4]).

Zu den geltend gemachten Begründungsmängeln sei erinnert:

Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ist dann gegeben, wenn das Gericht bei der Feststellung entscheidender Tatsachen erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergeht, Widersprüche zwischen den Aussagen vernommener Personen nicht würdigt oder seinen Feststellungen widerstreitende Beweisergebnisse nicht erörtert oder die Gründe nicht angibt, aus denen es die Beweise nicht für stichhältig erachtet.

Mit sich im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) ist das Urteil, wenn das Gericht Tatsachen als nebeneinander bestehend feststellt, die nach den Gesetzen logischen Denkens einander ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können.

Keine oder nur offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) liegt vor, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben sind, aus denen sich nach Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungssätzen über Kausalzusammenhänge ein Schluss auf die zu begründende Tatsache nicht ziehen lässt. Der gegen bloß willkürlich getroffene Feststellungen gerichtete Nichtigkeitsgrund ist jedoch nicht gegeben, wenn die angeführten Gründe bloß nicht überzeugend genug scheinen oder wenn neben dem nichtigkeitsfrei gezogenen Schluss auch noch andere Folgerungen denkbar sind.

Aktenwidrig (Z 5 letzter Fall) ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer gerichtlichen Aussage oder einer Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt.

Auf dieser Basis ist dem Rechtsmittel Folgendes zu erwidern:

Soweit sich die Mängelrüge (Z 5 zweiter und letzter Fall) auf einzelne Verfahrensergebnisse ohne jegliche - oder mit nur scheinbarer („ON US“ oder „ON AS“ ohne Zahlenangabe) - Benennung von Fundstellen im Akt bezieht, war auf sie vom Obersten Gerichtshof nicht weiter einzugehen.

Im überwiegenden Teil spricht die Rüge angesichts der den Schuldspruch tragenden Feststellungen, wonach die Angeklagten D***** und F***** zu keinem Zeitpunkt vorhatten, die „investierten Gelder vereinbarungsgemäß zu investieren bzw. zurückzuzahlen“ und sie demnach vorsätzlich über ihre Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit täuschten (US 40), keine für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidenden Tatsachen an. Dies betrifft die Einwände, dass

- die Urteilsannahme, wonach es die Angeklagten D***** und F***** spätestens ab Februar 2000 ernstlich für möglich hielten und sich damit abfanden, dass aus Nigeria keine Gelder mehr eintreffen würden (US 18), im (im Übrigen gar nicht vorliegenden) Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zur Konstatierung stehe, dass die Angeklagten die betrügerisch herausgelockten Gelder ua zur Überweisung nach Nigeria oder an nigerianische Firmen verwendeten (US 18),

- Dokumente über von der Beschwerdeführerin getätigte sonstige „Investitionen mit bis zu 500 Millionen US-Dollar und begleitenden Wohltätigkeitsprojekten“ unberücksichtigt geblieben seien (Z 5 zweiter Fall),

- sich das Erstgericht nicht mit jenen Zeugenaussagen auseinandergesetzt habe, nach denen sie von der Angeklagten in den einzelnen, im Rechtsmittel aufgezählten Fällen „hinsichtlich des Beteiligungsgeschäftes aufgeklärt“ worden seien (Z 5 zweiter Fall),

- aufgrund diverser Zeugenaussagen die konstatierte Verwendung des Zeugen DI K***** als „doloses“ (gemeint aber offenbar: gutgläubig handelndes - siehe US 20, 43 f) Werkzeug verfehlt sei und

- die Feststellung, wonach die Angeklagte zu den Tatzeitpunkten Kenntnis von einem gegen den Angeklagten F***** in Deutschland geführten Betrugsverfahren hatte (US 15), unbegründet sei (der Vollständigkeit halber sei dazu bemerkt, dass in diesem Zusammenhang auch die Beschwerdebehauptung, das in Rede stehende Strafverfahren gegen den Angeklagten F***** habe erst im Jahr 2008 stattgefunden, mit Blick auf die Aktenlage [vgl Beilage zu ON 151 - „Sonderheft 20“, wonach der damalige Rechtsbeistand der Beschwerdeführerin bereits im Sommer 2002 Akteneinsicht erhalten hatte], ohne Grundlage bleibt).

Mit der (aus Z 5 vierter und letzter Fall erhobenen) Kritik, die Annahme eines gemeinsamen Tatplans sei unbegründet geblieben und aktendifform festgestellt worden, ist die Angeklagte D***** zunächst auf US 41 ff zu verweisen. Im Übrigen können Schlussfolgerungen der Tatrichter nicht als aktenwidrig bekämpft werden (RIS-Justiz RS0099431; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 393, 467).

Der weiteren Rüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat sich das Erstgericht mit der Verantwortung der Beschwerdeführerin sehr wohl auseinandergesetzt (US 41 ff). Gleiches gilt für die als übergangen reklamierten Erklärungen und Schreiben des Ronald F***** (zur „eidesstattlichen Versicherung“ des Ronald F***** vgl US 39 f, zu den E-Mails und Briefen vgl US 38 f). Dass die Tatrichter in diesen Beweisergebnissen in freier Beweiswürdigung Verschleierungshandlungen und somit einen Teil des gemeinsam angelegten Betrugskonzepts erblickten, ist einer Anfechtung aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO entzogen.

Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist Folgendes vorauszuschicken:

Die prozessordnungsgemäße Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes erfordert striktes Festhalten an den tatsächlich getroffenen Urteilskonstatierungen in ihrer Gesamtheit und die auf dieser Grundlage zu führende Darlegung, dass dem Gericht bei Beurteilung des Urteilssachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen sei. Unerheblich ist dabei, ob die mit dem Gesetz zu vergleichenden Feststellungen einwandfrei zu Stande gekommen oder dargestellt sind oder erheblichen Bedenken begegnen (RIS-Justiz RS0099810; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581). Ein Feststellungsmangel wird demgegenüber geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580). Ob zu dem jeweils thematisierten Sachverhalt ein Beweisantrag gestellt wurde, ist entgegen der (dies offenbar vertretenden) Beschwerdeansicht ebenfalls nicht entscheidend.

Soweit die Rüge (im Übrigen nicht entscheidende) Feststellungen zur mangelnden Kenntnis der Beschwerdeführerin über ein gegen Ronald F***** in Deutschland geführtes Strafverfahren reklamiert und dabei die genau gegenteiligen Urteilsannahmen des Erstgerichts ignoriert (US 15), gelangt sie nicht zu einer gesetzeskonformen Darstellung. Gleiches gilt angesichts der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite für die (demnach urteilsfremde) Behauptung, die Beschwerdeführerin sei aufgrund einer Beratung durch eine Rechtsanwältin einem „Tatsachenirrtum“ (gemeint wohl: Tatbildirrtum; zu diesem instruktiv Kienapfel/Höpfel AT13 Z 16 Rz 1 ff) erlegen.

Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) vermisst unter aktenwidriger Berufung auf die angebliche Aussage der Angeklagten in der Hauptverhandlung am 5. Oktober 2010, wonach sie sich von einer Anwältin „über die rechtliche und sachliche Richtigkeit des Geschäfts“ beraten hat lassen, Feststellungen zu einem „nicht verwertbaren Rechtsirrtum“. Sie übergeht dabei jedoch prozessordnungswidrig die tatsächlichen Depositionen der Beschwerdeführerin, dass sie ihre deutsche Anwältin gebeten habe, „ob sie nachprüfen kann, ob die Verträge da“ seien, was diese bestätigt habe (ON 299 S 14) und entzieht sich schon aus diesem Grund einer sachbezogenen Erwiderung. Im Übrigen bleibt unerfindlich, welchen der im Gesetz geregelten Irrtumsfälle die Beschwerde mit ihrem Vorbringen ansprechen will.

Auf die nur nominell erwähnte, jedoch nicht weiter ausgeführte Sanktionsrüge (Z 11) war schon aus diesem Grund nicht einzugehen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Ronald F*****:

Indem die Verfahrensrüge (Z 4) auf angeblich gestellte Beweisanträge rekurriert, scheitert sie schon am Fehlen der unerlässlichen Angabe der genauen Fundstelle der Antragstellung in den Akten (RIS-Justiz RS0124172).

Davon abgesehen wäre die Rüge aber auch inhaltlich nicht berechtigt. Im Einklang mit den zutreffenden Erwägungen des Erstgerichts (ON 321 S 15 ff) sei der Vollständigkeit halber lediglich ausgeführt:

Ob die angebliche Forderung des Ronald F***** gegen die Bundesrepublik Nigeria in Höhe von 42,6 Millionen US-Dollar existierte, ist - angesichts der Überzeugung der Tatrichter, dass der Angeklagte nicht mehr mit dem Einlangen von Geldern aus Nigeria rechnete (US 18) - für die Schuld- und Subsumtionsfrage nicht von Bedeutung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 342). Die Abweisung des Begehrens auf Vernehmung mehrerer Zeugen zu diesem Beweisthema (ON 269 iVm ON 321 S 11) erfolgte daher zu Recht. Zudem wurde von den Tatrichtern ohnedies als erwiesen angesehen, dass Ronald F***** an seine Ansprüche gegenüber dem nigerianischen Staat (nicht aber deren Realisierbarkeit) glaubte (US 17).

Keine entscheidenden Tatsachen betraf auch der Antrag auf Vernehmung der Gabriele R***** F***** zum Beweis dafür, dass der Angeklagte vermögenslos war (ON 269 S 5 iVm ON 321 S 11). Soweit dieses Beweisbegehren auch darauf gerichtet war, dass F***** aus den „investierten Geldern keine Zahlungen“ erhielt, ließ es die gebotenen Informationen zur Relevanz für die Schuldfrage sowie dazu vermissen, aus welchem Grund die Zeugin Angaben zu den bestrittenen Geldflüssen machen hätte können (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327). Die hiezu im Rechtsmittel (teilweise) nachgetragene Begründung unterliegt dem Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich. Zu der unter einem an der Urteilsannahme der privaten Mittelverwendung (der Sache nach aus Z 5 vierter Fall) geübten Kritik sei auf die Erledigung der Mängelrüge verwiesen.

Mangels Darlegung der Entscheidungsrelevanz lief schließlich auch der zum Beweis dafür, dass „der Kontoauszug Beilage ./1“ (ON 299 Beilage ./1) „echt und richtig ist, dass die Gelder aus dem Nigeria Geschäft vorhanden sind und dass der Betrag von 42,6 Mio US-Dollar vor der Auszahlung an die V***** AG stand“, gestellte Antrag auf Einholung einer diesbezüglichen Auskunft der R***** (ON 304 S 42) auf eine unzulässige Erkundigung hinaus. Zu einem entsprechenden Vorbringen wäre der Beschwerdeführer mit Blick auf das Beweisergebnis, wonach die angeblich mit Swift-Mitteilung dieser Bank vom 31. Mai 2000 dokumentierte Überweisung schon am nächsten Tag, sohin etwa zwei Jahre vor dem inkriminierten Tatzeitraum, storniert worden war (US 18), verpflichtet gewesen.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) haben die Tatrichter die Feststellung, dass dem Angeklagten die Mitteilung deutscher Strafverfolgungsbehörden betreffend den mutmaßlichen Konnex zwischen seinen Geschäftsverbindungen in Nigeria und dort etablierten Tätergruppen (ON 217) bekannt war (US 17), logisch und empirisch einwandfrei mit seiner - diese Kenntnis nicht in Abrede stellenden - Einlassung in der Hauptverhandlung am 5. Oktober 2010 (ON 299 S 40) begründet (US 43). Der Einwand, dieses Wissen reiche nicht aus, „den vom Erstgericht festgestellten Betrugsplan zu untermauern“, geht prozessordnungswidrig an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe des Schöffengerichts vorbei (RIS-Justiz RS0119370, RS0116504; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394, 455), das die Annahme vorsätzlichen Handelns zudem auf ein gegen den Angeklagten wegen vergleichbarer Sachverhalte ab 2002 in Deutschland geführtes Betrugsverfahren samt dem dort abgelegten Geständnis (ON 130 S 403 ff) stützte (US 15, 43).

Die weitere Verwendung betrügerisch herausgelockten Geldes ist für die Subsumtion unter § 146 StGB ohne Bedeutung, sodass die diesbezügliche Beschwerdeargumentation auf sich beruhen kann.

Aus welchem Grund die Urteilsannahme, wonach der Angeklagte spätestens ab 2002 nicht mehr an die Realisierbarkeit seiner von ihm als bestehend erachteten (US 17) Geldforderung gegenüber dem Staat Nigeria glaubte (US 18, 43), zur Konstatierung, dass „die Anleger am Vermögen geschädigt werden hätten sollen“, im Widerspruch stehen soll, macht die Beschwerde (Z 5 dritter Fall) nicht deutlich. Der weiteren Rüge (nominell Z 5 erster Fall, der Sache nach vierter Fall) zuwider hat das Schöffengericht die erwähnte Schlechtgläubigkeit des Angeklagten ohnedies nicht auf das bloße Referat (US 42) seiner - diese innere Einstellung bis zum Jahr 2007 - leugnenden Einlassung gestützt, sondern auf die eingangs der Erledigung der Mängelrüge dieses Angeklagten dargestellten deutschen Verfahrensergebnisse.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) unzureichende Konstatierungen zur subjektiven Tatseite behauptet, dabei aber die Gesamtheit der ausdrücklichen Feststellungen zum Betrugs- und Bereicherungsvorsatz sowie zur Absicht fortlaufender Einnahmenverschaffung übergeht (US 18, 40), verfehlt sie den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0099810). Mit der Kritik an unterbliebenen Urteilsannahmen zu dem mit der Überweisung der herausgelockten Geldbeträge an ausländische Unternehmen verbundenen Motiv spricht der Beschwerdeführer keine für die Schuld- und Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache an (RIS-Justiz RS0088761) und orientiert sich solcherart neuerlich nicht am Verfahrensrecht.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bei nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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