OGH 14Os52/15a

OGH14Os52/15a16.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Juni 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zonsics als Schriftführer in der Auslieferungssache des Alexandr G*****, AZ 313 HR 75/13x (zuvor AZ 311 HR 84/11b) des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über den Antrag der betroffenen Person auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO in Ansehung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Wien vom 1. Dezember 2014, AZ 22 Bs 320/14s, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00052.15A.0616.000

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe:

Alexandr G***** war mit Urteil des Mezhanski Bezirksgerichts der Stadt Moskau vom 4. April 2011, Fall Nr 1‑26/2011, wegen der am 20. und 21. Oktober 2008 begangenen Straftat des Betrugs nach Art 159 Z 4 des Strafgesetzbuchs der Russischen Föderation in Abwesenheit schuldig erkannt und bei einem bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zu einer Geldstrafe verurteilt worden (ON 66 S 57 ff). Diese Entscheidung erwuchs am 15. Juni 2011 zufolge des Berufungsbeschlusses des Stadtgerichts Moskau (Verfahren 22‑0849/11) in Rechtskraft (ON 66 S 151 ff). Alexandr G***** befand sich zu diesem Verfahren vom 25. März 2009 bis 13. April 2010 in Untersuchungshaft (ON 66 S 103).

Mit Beschluss vom 10. Juli 2013, GZ 311 HR 84/11b‑72 (nun GZ 313 HR 75/13x‑72), erklärte der Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien die von der Russischen Föderation mit Note der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation vom 6. Mai 2013, Nr 81/3‑238‑11 (ON 62), begehrte Auslieferung des Alexandr G***** zur Vollstreckung des Strafrests von 3 Jahren 11 Monaten und 11 Tagen (ON 66 S 103) der über ihn mit dem zuvor genannten Urteil verhängten fünfjährigen Freiheitsstrafe (Punkt 1/a) und zur Verfolgung wegen der in einer Anklage der Staatsanwaltschaft der Russischen Föderation der Stadt St. Petersburg vom 23. August 2010 (ON 66 S 173 ff) und „im Untersuchungshaftbefehl vom 6. Dezember 2010 zu Fall Nr 3/1‑219/10 des Gerichts vom Bezirk Wassileostrowskij der Stadt St. Petersburg“ beschriebenen Straftaten (Punkt 1/b) jeweils für (nicht un-)zulässig und setzte die Auslieferungshaft aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 173 Abs 1 und 2 Z 1 StPO iVm § 29 ARHG fort (Punkt 2).

Mit Beschluss vom 10. September 2013, AZ 22 Bs 265/13a, gab das Oberlandesgericht Wien der gegen die Auslieferung ergriffenen Beschwerde des Alexandr G***** nicht Folge (ON 79).

Der Oberste Gerichtshof gab mit Beschluss vom 5. November 2013, GZ 14 Os 145/13z‑11 (ON 84), seinem Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO teilweise statt, hob den Beschluss des Oberlandesgerichts, soweit damit der Beschwerde des Genannten gegen Punkt 1/a des bezeichneten Beschlusses des Landesgerichts für Strafsachen Wien nicht Folge gegeben worden war, sowie den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien in seinem Punkt 1/a auf und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Wien, weil er die (damals) zugrunde gelegte Zusicherung der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation nicht als ausreichend im Sinn des Art 3 Abs 1 zweiter Satz des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen erachtete, die Gerichte die Auslieferung jedoch alleine auf dieser Basis für (nicht un-)zulässig erklärt und deshalb die Konventionskonformität des in Russland geführten Abwesenheitsverfahrens nicht geprüft hatten. Im Übrigen wies der Oberste Gerichtshof den Antrag zurück.

Alexandr G***** wurde am 11. Dezember 2013 zur Strafverfolgung an die Russische Föderation ausgeliefert (ON 102).

Mit Beschluss vom 1. Dezember 2014, AZ 22 Bs 320/14s, gab das Oberlandesgericht Wien einer Beschwerde des Alexandr G***** gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. September 2014, GZ 313 HR 75/13x‑141, mit dem nunmehr auch die Auslieferung der betroffenen Person zur Vollstreckung des Strafrests der über ihn mit dem eingangs genannten (Abwesenheits-)Urteil des Mezhanski Bezirksgerichts der Stadt Moskau vom 4. April 2011, Fall Nr 1‑26/2011, verhängten fünfjährigen Freiheitsstrafe erneut für (nicht un‑)zulässig erklärt worden war, ein weiteres Mal nicht Folge (ON 150).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtete sich eine ‑ als „Grundrechtsbeschwerde“ bezeichnete, aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung des Vorbringens ausschließlich als Antrag auf

Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a Abs 1 StPO) zu wertende ‑ Eingabe der betroffenen Person vom 5. März 2015, mit der sie Verletzungen von Art 2, 3, 5 und 6 MRK sowie des Grundsatzes der Spezialität behauptete.

Mit Beschluss vom 28. April 2015, AZ 14 Os 28/15x, wies der Oberste Gerichtshof diesen - in sinngemäßer Anwendung des Art 35 Abs 3 MRK, im Umfang des auf Art 5 bezogenen Vorbringens im Sinn des Art 35 Abs 1 MRK als unzulässig erachteten ‑ Antrag zurück (§ 363b Abs 2 StPO; vgl dazu 17 Os 11/12i).

Damit erweist sich auch der gegenständliche, am 27. März 2015 eingebrachte und gleichfalls gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 1. Dezember 2014, AZ 22 Bs 320/14s, gerichtete (nunmehr ausdrücklich als solcher bezeichnete) Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a StPO als unzulässig, weil die betroffene Person ihr Antragsrecht bereits konsumiert hat, somit zur erneuten Antragstellung nicht legitimiert ist (§ 363b Abs 2 Z 2 StPO; Reindl-Krauskopf , WK-StPO § 363a Rz 24, §§ 363b, 363c Rz 4; EBRV 33 BlgNR 20. GP 66). Er war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 2 StPO).

Im Übrigen entspricht das Vorbringen, soweit damit Verletzungen von Art 2, 3 und 6 MRK sowie des Grundsatzes der Spezialität behauptet werden, wörtlich den Ausführungen im oben angeführten Antrag vom 5. März 2015. Wortidentes Vorbringen zu einem angeblichen Verstoß gegen Art 8 MRK hat der Oberste Gerichtshof bereits anlässlich der Entscheidung über den

gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom

10. September 2013, AZ 22 Bs 265/13a, gerichteten Antrag des Alexandr G***** auf Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a StPO geprüft und für nicht stichhältig erachtet (14 Os 145/13z; vgl dazu RIS-Justiz RS0122737).

Mit der nicht näher begründeten These, die angefochtene Entscheidung enthalte „derart schwerwiegende Feststellungsmängel und eine derart einseitige Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung, dass von Willkür ausgegangen werden“ müsse, wird eine Verletzung des Verbots, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen (Art 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl Nr 390/1973), schließlich nicht deutlich und bestimmt aufgezeigt (vgl auch 14 Os 103/14z in diesem Verfahren).

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