European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00037.22F.0824.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten D* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – * D* im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten 14 Os 47/20y) des Vergehens der Vorteilsannahme nach § 305 Abs 1 StGB (A/IV) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 2. November 2018 als Polizeibeamter, mithin als Amtsträger, sich für die pflichtgemäße Vornahme eines Amtsgeschäfts, nämlich Nachforschungen zu einer vermissten Person im Rahmen der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht (§ 19 SPG), einen ungebührlichen Vorteil in Form der Höhe nach nicht festgestellter Bezahlung von * G* versprechen lassen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die inhaltlich ausschließlich gegen diesen Punkt des Schuldspruchs aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten ist nicht im Recht.
[4] Der von der Mängelrüge behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) liegt nicht vor. Denn die kritisierte Passage, es könne „nicht festgestellt werden, ob die Durchführung dieser“ – von G* gewünschten, vom Beschwerdeführer jedoch unterlassenen – „Nachforschungen“ im Zuge der „pflichtgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben als Beamter der Kriminalpolizei iSd § 19 SPG erfolgt wären oder ob er bei der Durchführung dieser Erhebungen pflichtwidrig gehandelt hätte“ (US 30), lässt sich mit Blick auf die zum Bedeutungsinhalt dieses Gesprächs angestellten beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichts, es sei (auf der Tatsachenebene) „im Zweifel“ (zu Gunsten des Beschwerdeführers [vgl § 14 StPO]) von der Zusage der pflichtgemäßen Vornahme eines Amtsgeschäfts (nämlich Nachforschungen im Rahmen der Sicherheitspolizei [§ 19 SPG]) im Austausch gegen den versprochenen Vorteil ausgegangen (US 63), klarstellen. Hiervon ausgehend lässt sich aber die weiters ins Treffen geführte Feststellung zur subjektiven Tatseite, der Vorsatz des Beschwerdeführers habe sich auf die „Vornahme eines“ (ersichtlich gemeint: pflichtgemäßen) „Amtsgeschäftes“ bezogen (US 30), zwanglos vereinbaren (vgl zum relevanten Maßstab RIS‑Justiz RS0117402 [zur Möglichkeit einer Klarstellung mithilfe des gesamten Urteilsinhalts insbesondere T17]).
[5] Indem die weitere Mängelrüge unter Außerachtlassung dieser tatrichterlichen Überlegungen das Fehlen einer Begründung (Z 5 vierter Fall) dieser Feststellungen behauptet, gelangt sie nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung (RIS‑Justiz RS0119370).
[6] Das Fehlen von rechtlichen Erwägungen bildet keinen Nichtigkeitsgrund (RIS‑Justiz RS0100877). Davon abgesehen wäre der Einwand, das Erstgericht habe nicht ausgeführt, „wieso das diesbezüglich festgestellte Verhalten des“ Beschwerdeführers „nicht das Vergehen der Bestechlichkeit nach § 304 Abs 1 StGB erfüllt“, nicht zu dessen Vorteil ausgeführt (vgl aber § 282 StPO).
[7] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht mit ihrer Kritik, das Erstgericht habe nicht festgestellt, „worin nunmehr das pflichtgemäße Handeln“ (des Beschwerdeführers) „liegen soll“, nicht von der Gesamtheit des – oben wiedergegebenen (hinreichend deutlichen [vgl RIS‑Justiz RS0117228]) – Urteilssachverhalts aus (RIS‑Justiz RS0099810).
[8] Die – bloß spekulativ angestellte – Überlegung, der Amtsträger unterliege einem Tatbildirrtum, wenn er davon ausgehe, der „versprochene Vorteil sei nicht ungebührlich“, unterlässt den gebotenen Hinweis auf ein solches indizierendes, in der Hauptverhandlung vorgekommenes Sachverhaltssubstrat, welches durch Feststellungen zu einer auf die als Ausnahmesatz zum Tatbestand konzipierten Kriterien (des § 305 Abs 4 StGB) bezogenen Vorstellung des Beschwerdeführers hätte geklärt werden müssen (RIS‑Justiz RS0131549 [T1]).
[9] Die Behauptung, „bei einer derartigen Situation der Verzweiflung kann das Versprechen der Zahlung eines Geldbetrags wohl nicht als Ungebührlichkeit angesehen werden“, leitet nicht methodengerecht aus § 305 Abs 4 StGB ab (vgl aber RIS‑Justiz RS0116565), weshalb es für die Erfüllung der dort normierten Kriterien auf die Motivation des den Vorteil Versprechenden ankomme.
[10] Der Einwand, „ein Telefongespräch zwischen einem Hilfe suchenden Bürger und einem Polizisten“ erfülle „das Tatbild des § 305 StGB nicht“, bekämpft die zum Bedeutungsinhalt des inkriminierten Gesprächs getroffenen Feststellungen (US 30 iVm US 63) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (vgl § 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.
[11] Das weitere – ohne konkrete Bezugnahme auf einen Nichtigkeitsgrund erstattete – Vorbringen, es hätte kein Schuldspruch nach § 305 Abs 1 StGB ergehen dürfen, weil das Gericht gemäß § 293 Abs 1 StPO im weiteren Rechtsgang die ursprüngliche Anklage, welche das inkriminierte Verhalten als Vergehen der Bestechlichkeit nach § 304 Abs 1 StGB subsumiert hatte, hätte zugrunde legen müssen, ist unverständlich (vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0099646 und [zum prozessualen Tatbegriff] RS0113142).
[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[13] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[14] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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