Spruch:
Die im Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 11. Mai 2001, GZ 60c Vr 1890/00-302, angeordnete Abschöpfung der Bereicherung nach § 20 Abs 1 StGB verletzt §§ 1, 61 StGB. Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Umfang der Abschöpfung der Bereicherung aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 11. Mai 2004, GZ 60c Vr 1890/00-302, wurden - soweit für die Beschwerde von Bedeutung - Franz G***** u.a. des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB, teilweise als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB (Punkte AA.A.III., V.1. und 2. sowie VI.), Friedrich St***** u.a. des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB, teilweise als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (Punkt AA.B.I. und III.), sowie Karl M***** und Ing. Reinhard K***** des Verbrechens des schweren Betruges als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB (Punkt AA.C.) schuldig erkannt.
Das Erstgericht verurteilte die genannten Angeklagten gemäß § 20 Abs 1 Z 1 StGB (idF nach dem StRÄG 1996) auch zur Zahlung der durch die strafbaren Handlungen erlangten Vermögensvorteile, und zwar Franz G***** im Umfang von 300.000 S, Friedrich St***** von 740.000 S, Karl M***** von 120.000 S und Ing. Reinhard K***** von 20.000 S. Die vermögensrechtliche Anordnung hinsichtlich des Angeklagten G***** bezog sich auf den ihn betreffenden Punkt AA.A.V. des Urteils, gemäß dem er der im April 1995 bis Juni 1995 (1.) und der im Herbst 1996
(2.) zum Nachteil der S***** GesmbH begangenen Untreue mit einem Vermögensnachteil in der Höhe von insgesamt 303.569,21 S schuldig erkannt wurde, zumal dies die einzigen im gegenständlichen Verfahren abgeurteilten Taten des Franz G***** waren, zu denen auch eine daraus erzielte Bereicherung des Genannten konstatiert wurde (vgl US 162 f, 323 ff, 353).
Die vermögensrechtliche Anordnung hinsichtlich des Angeklagten St***** gründet sich auf den Schuldspruch Punkt B.III. wegen seiner Beteiligung an der durch Franz G***** im Jahr 1993 zum Nachteil der S***** GesmbH begangenen Untreue (Punkt AA.A.III.), woraus ihm ein Vorteil von 748.404,54 S zugekommen war (vgl US 154 f, 326 ff, 352 f).
Bei den Angeklagten M***** und Ing. K***** wurden die von ihnen jeweils lukrierten Leistungen (zumindest 120.000 S bzw 20.000 S) abgeschöpft, die sie für ihre Beteiligung an dem in den Jahren 1993 und 1994 begangenen Betrug des Ing. Harald N***** (Punkt AA.C. iVm AA.A.IV.2.) erhalten hatten (US 132 ff, insbesondere US 136, 302 ff, 312 und 319).
Die Angeklagten G***** und Ing. K***** bekämpften seinerzeit das Urteil jeweils mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, wobei G***** seine Nichtigkeitsbeschwerde am Gerichtstag zurückzog. Die vermögensrechtlichen Anordnungen wurden von ihnen nicht angefochten. Die Angeklagten St***** und M***** ergriffen kein Rechtsmittel.
Rechtliche Beurteilung
Die im bezeichneten Urteil des Landesgerichtes Korneuburg angeordnete Abschöpfung der Bereicherung steht - wie der Generalprokurator in seiner deshalb zur Wahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Die Anwendbarkeit der Bestimmungen über vermögensrechtliche Anordnungen richtet sich nach dem Zeitpunkt, zu dem die Straftat begangen wurde, auf welche sich die Maßnahme bezieht (vgl Höpfel in WK2 § 1 Rz 12; Fuchs/Tipold in WK² Vor § 20 Rz 6). Vorliegend wurden alle Straftaten, die der Abschöpfung der Bereicherung zu Grunde lagen, vor dem Inkrafttreten des StRÄG 1996 (Art XI Abs 1 StRÄG 1996: 1. März 1997) verwirklicht. Die durch dieses Gesetz geänderten Regeln über die Abschöpfung der Bereicherung sind gemäß §§ 1, 61 StGB nur dann anzuwenden, wenn sie für die Betroffenen nicht ungünstiger sind als das alte Recht (vgl Fuchs/Tipold in WK² Vor § 20 Rz 6; 14 Os 147/97, JBl 1999, 265). Beim Günstigkeitsvergleich ist streng fallbezogen in einer konkreten Gesamtschau der Unrechtsfolgen zu prüfen, welches Gesetz in seinen Gesamtauswirkungen für den Täter vorteilhafter wäre (vgl Höpfel in WK² § 61 Rz 13 ff, 15 Os 163/03).
§ 20a Abs 1 StGB idF vor dem StRÄG 1996 sah eine Abschöpfung der Bereicherung generell nur unter der Bedingung vor, dass das Ausmaß der Bereicherung eine Million Schilling übersteigt. Da vorliegend die jeweils festgestellten Bereicherungen diesen Mindestumfang nicht überschritten haben, wäre eine Abschöpfung nach der alten Rechtslage nicht zulässig gewesen, so dass das frühere Recht für die Angeklagten in seiner Gesamtauswirkung günstiger war.
Die Anwendung des § 20 Abs 1 Z 1 StGB idF nach dem StRÄG 1996 verletzt daher das Gesetz in den §§ 1, 61 StGB.
Dass der Oberste Gerichtshof mit der angefochtenen Entscheidung des Landesgerichtes Korneuburg bereits befasst war, steht einer Entscheidung über eine bisher nicht relevierte Gesetzesverletzung gemäß § 33 Abs 2 StPO nicht entgegen (vgl Ratz, WK-StPO § 292 Rz 11; vgl 14 Os 157/03).
Die aufgezeigte Gesetzesverletzung wirkte sich zum Nachteil der Verurteilten aus, weshalb das bekämpfte Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinen vermögensrechtlichen Anordnungen ersatzlos aufzuheben war (§ 292 letzter Satz StPO).
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