Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bruno R***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (A/1), mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (A/2) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (B) schuldig erkannt.
Danach hat er - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - (ausgenommen während im Urteil näher bezeichneter Haftzeiten) Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG)
(A/1) 15-fach übersteigenden Menge, nämlich 430 Gramm Methamphetamin mit einem Reinheitsgehalt von 40 % (somit 172 Gramm Reinsubstanz) von Anfang 2005 bis Juni 2011 durch wiederholte Schmuggelfahrten aus Tschechien aus- und nach Österreich eingeführt;
(A/2/a bis c) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 240 Gramm Methamphetamin mit einem Reinheitsgehalt von 40 % (somit 96 Gramm Reinsubstanz) sowie (nicht näher konkretisierte) Mengen Kokain, Cannabisharz, „Speed“ und „Substitol“ von Herbst 2008 bis Frühling 2011 im Urteil teils namentlich genannten Abnehmern überwiegend durch gewinnbringenden Verkauf, überlassen, wobei er die Straftaten gewerbsmäßig beging und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war.
Rechtliche Beurteilung
Mit der auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte der Sache nach bloß die Annahme von Gewerbsmäßigkeit zum Schuldspruch A/2; dies jedoch zu Unrecht.
Indem die Mängelrüge nahezu ausschließlich die von den Tatrichtern bejahte Glaubwürdigkeit der Aussage der Zeugin Anzelika S***** in Frage stellt, dabei jedoch übergeht, dass das Erstgericht die Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit auch auf Angaben anderer Zeugen gestützt hat (US 10 ff), verfehlt sie die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370). Im Übrigen haben die Tatrichter angeblich gegen die Glaubwürdigkeit der genannten Zeugin sprechende - zudem keine entscheidenden Tatsachen betreffende (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 432) - Beweisergebnisse (nämlich dahingehend, dass diese Zeugin auch, von ihr teils bestritten, andere Suchtgiftquellen als den Angeklagten hatte) ohnehin erörtert (US 13); der Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) geht demnach ins Leere.
Die Verantwortung des Beschwerdeführers zur Beschaffung von Suchtgift (in wesentlich geringerem Ausmaß) hat das Erstgericht mit mängelfreier Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 9), weshalb es unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit nicht verhalten war, sich mit allen Details seiner Aussagen im Urteil auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0098642; vgl im Übrigen US 9 zur Möglichkeit der Suchtgiftbeschaffung während mehrtägiger Therapieausgänge).
Der Schöffensenat ging grundsätzlich davon aus, dass der Beschwerdeführer während der in Straf- oder Untersuchungshaft verbrachten Zeiten keine Drogen verkaufte. Weshalb die weitere Feststellung, er habe „anlässlich seiner Haftausgänge oder Therapiefreigänge“ Methamphetamin in Tschechien besorgt und teilweise der Zeugin Anzelika S***** überlassen (US 5 f), dazu in Widerspruch (Z 5 dritter Fall) stehen, also nach Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungssätzen unvereinbar sein soll (RIS-Justiz RS0117402), vermag die Rüge nicht darzustellen.
Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (§ 14 StPO) wird schließlich kein Begründungsmangel geltend gemacht (RIS-Justiz RS0117445).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen sowie die - zufolge Absehens von Widerruf nicht zu seinem Vorteil ausgeführte - Beschwerde des Angeklagten (§§ 285i, 498 Abs 3 dritter und vierter Satz StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Bleibt anzumerken, dass die zum Schuldspruch A/1 vorgenommene rechtliche Unterstellung vor dem 1. Jänner 2008 begangener Taten (auch) unter § 28a Abs 2 Z 3 SMG verfehlt ist (RIS-Justiz RS0123912). Die Entscheidungsgründe enthalten keine ausreichende Sachverhaltsbasis für die Annahme eines fünfzehnfachen Überschreitens der Grenzmenge (§ 28b SMG) durch nach diesem Zeitpunkt gesetztes Täterverhalten (vgl US 4 f und 8). Der daraus resultierende Subsumtionsfehler (Z 10) wirkte sich jedoch (angesichts des Schuldspruchs A/2 wegen Suchgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG) weder auf den Strafrahmen, noch erkennbar (vgl US 16) auf die Strafbemessung, somit in concreto nicht zum Nachteil des Angeklagten aus, weshalb amtswegiges Vorgehen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) nicht geboten war (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 22 ff). Das Oberlandesgericht ist bei seiner Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde angesichts dieser Klarstellung nicht an die verfehlte Subsumtion gebunden (RIS-Justiz RS0118870).
Schließlich bewirkt der Umstand, dass zu A/2/c auch das Überlassen bloß mit dem Handelsnamen („Speed“, „Substitol“) - nicht nach der Wirkstoffart - bezeichneter Substanzen (vgl RIS-Justiz RS0114428) angelastet wird, fallbezogen keinen Rechtsfehler mangels Feststellungen (nach Z 9 lit a oder 10), weil einerseits dieser Schuldspruch eine gleichartige Verbrechensmenge nur pauschal individualisierter Taten umfasst (vgl RIS-Justiz RS0117436), und das Überschreiten der Grenzmenge (§ 28b SMG) sich andererseits bereits aus den Feststellungen zu den verkauften Reinsubstanzmengen an Methamphetamin (US 6 und 15) ergibt.
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