European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00079.15I.1028.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch A, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Leoben verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Harald K***** der Vergehen der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (A), der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB (B) und der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (C) schuldig erkannt.
Danach hat er in J***** und andernorts
A) am 21. August 2013 als faktischer Geschäftsführer die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der I***** KG zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch dem Unternehmen einen 3.000 Euro übersteigenden Schaden zugefügt, indem er das vom Kunden Christian W***** vereinnahmte Entgelt in der Höhe von 24.987,06 Euro nicht an die Gesellschaft abführte, sondern für sich behielt (US 7 f);
B) am 18. April 2014 vor der Einzelrichterin des Landesgerichts Leoben als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache im Strafverfahren gegen Erich T***** falsch ausgesagt, indem er behauptete, nie (gemeint als Sicherheitsdienstmitarbeiter vor Ort für die I***** KG oder als Erbringer von Dienstleistungen für diese Gesellschaft) gearbeitet zu haben;
C) nach dem 25. März 2013 eine falsche Urkunde, und zwar eine von ihm selbst verfasste Generalvollmacht, auf der er die Unterschrift der Anna P***** nachgemacht hatte, zum Nachweis seiner Befugnis zur Vertretung der I***** KG im Rechtsverkehr gebraucht, indem er diese gegenüber Christian W***** vorwies (US 9).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung (namentlich genannter) Zeugen zum Beweis dafür, dass Harald K***** die vereinnahmten Geldbeträge zur Bezahlung von Mitarbeitern verwendet habe, keine Verteidigungsrechte verletzt, weil diesem Antrag nicht zu entnehmen war, weshalb diese Zeugen in der Lage sein sollten zu bekunden, dass sie gerade, wie es im Antrag heißt, „mit den vereinnahmten Geldern“ und nicht aus anderen Mitteln bezahlt wurden (ON 159 S 2; § 55 Abs 1 letzter Satz StPO).
Das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen ist prozessual verspätet und daher unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).
Dem Schuldspruch C liegt nicht das von der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) behauptete Fehlen einer Vertretungsbefugnis, sondern das Fehlen einer Ermächtigung der Anna P***** zur Ausstellung einer mit ihrem Namen unterfertigten Generalvollmacht zugrunde (vgl US 7 und 9). Einer inhaltlichen Erwiderung ist das Vorbringen somit nicht zugänglich (RIS‑Justiz RS0119370).
Mit dem Hinweis auf einen bei Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe nicht sinnstörenden offensichtlichen Schreibfehler zum Zeitpunkt der Eintragung der I***** KG in das Firmenbuch (23. April 2014, statt richtig: 23. April 2013 ; US 7; vgl ON 2 S 3) zeigt die Rüge den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht auf.
Der Verantwortung des Angeklagten, den zu A inkriminierten Geldbetrag an Anna P***** übergeben zu haben, folgte das Erstgericht aufgrund der für glaubwürdig befundenen Angaben der Zeugin nicht (US 12). Der Versuch der Rüge (Z 5 zweiter Fall), die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin durch einen Hinweis auf deren triste finanzielle Verhältnisse zu erschüttern, zeigt keinen Begründungsmangel auf, sondern läuft lediglich darauf hinaus, die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung zu bekämpfen.
Gleiches gilt für das weitere nicht nachvollziehbare Vorbringen, wonach der Angeklagte, wenn er das Geld nicht an Anna P***** weitergegeben habe, „bereits rein rechnerisch“ auch für Mitarbeiterzahlungen verwendet haben müsse.
Die gegen den Schuldspruch A gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet ein Konstatierungsdefizit zur rechtsgeschäftlichen Einräumung einer Vertretungsbefugnis. Weshalb die auf US 6 und 7 genannten Umstände hiefür nicht genügen sollten, leitet die Rüge nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RIS‑Justiz RS0116565).
Der Einwand des Fehlens von Feststellungen zur Subsumtion unter „§ 133 StGB“ (nominell auch Z 10, der Sache nach nur Z 9 lit a) lässt sich mit Blick auf den nicht wegen Veruntreuung, sondern wegen Untreue ergangenen Schuldspruch nicht nachvollziehen.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810).
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) den zu B festgestellten Vorsatz bestreitet und Feststellungen zur Falschaussage übergeht (US 8 f), wird sie diesem Erfordernis nicht gerecht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Schuldspruch wegen Untreue (A) der
von Amts wegen wahrzunehmende (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet:
Die Tathandlung muss in einem Rechtsgeschäft oder in einer sonstigen Rechtshandlung bestehen (RIS‑Justiz RS0095943; Leukauf/Steininger , Komm³ § 153 RN 16). Die weder das eine noch das andere zum Ausdruck bringenden Feststellungen, wonach der Angeklagte das ihm für eine Leistung der Gesellschaft von Christian W***** übergebene Entgelt nicht an die Gesellschaft abführte, sondern für eigene Zwecke behielt (US 7 f), genügt den Tatbestandserfordernissen nicht.
Damit war die amtswegige Aufhebung des Schuldspruchs A bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO), demgemäß auch des Strafausspruchs (einschließlich der Vorhaftanrechnung) samt Rückverweisung der Sache in diesem Umfang an das Erstgericht unumgänglich.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Im zweiten Rechtsgang wird zu beachten sein, dass faktisches Handeln den Tatbestand der Veruntreuung erfüllen kann (vgl zur Abgrenzung von Veruntreuung und Untreue auch RIS‑Justiz RS0094545; Kirchbacher/Presslauer in WK² StGB § 153 Rz 48 f; Bertel in WK² StGB § 133 Rz 48 ff).
Die Kostenersatzpflicht, die die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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