OGH 13Os60/13t

OGH13Os60/13t2.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert H***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 11. April 2013, GZ 26 Hv 30/13a-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im Schuldspruch (A und B) sowie demzufolge auch im Strafausspruch und im Verfallserkenntnis aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert H***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A/I), „des Vergehens des Suchtgifthandels“ (gemeint wohl: mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften) nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall SMG (A/II) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (B) schuldig erkannt.

Danach hat er vom Mai 2012 bis zum Juli 2012 in L***** und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift

(A) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus- und eingeführt sowie „teils als Beitragstäter (§ 12 3. Fall StGB) anderen überlassen, wobei er die Straftaten teils in Bezug auf eine das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging, und zwar“

I) als Fahrzeuglenker in zehn bis fünfzehn Angriffen aus Tschechien aus- und nach Österreich eingeführt, nämlich zumindest 500 Gramm Methamphetamin „ausgezeichneter Qualität“, und

II) anderen überlassen, indem er „das zu Punkt A.)I.) genannte Methamphetamin im Auftrag des Manuel Oliver S***** an Abnehmer unter anderem im Raum Y***** auslieferte, wobei er im Juli 2012 bei 2 bis 3 solcher Suchtgiftverteilungsfahrten über Ersuchen des Manuel Oliver S***** von Christian C***** begleitet wurde, und er den Manuel Oliver S***** nach den unter Punkt A.)I.) genannten Schmuggelfahrten zur Auslieferung des Suchtgiftes im Raum L***** bei einer Vielzahl von Fahrten chauffierte, er eine insgesamt unbekannte Menge Methamphetamin teils als Beitragstäter anderen überließ“, sowie

(B) ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, nämlich Methamphetamin.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist im Recht.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zeigt zutreffend auf, dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich des Schuldspruchs B keine Feststellungen zur subjektiven (im Übrigen ebenso wenige zur objektiven) Tatseite enthält.

Auch der aus Z 10 in Bezug auf den Schuldspruch A/I erhobene Einwand fehlender Konstatierungen zum Reinheitsgrad des aus Tschechien importierten Methamphetamins trifft zu. Im Hinblick darauf, dass § 28b SMG den Begriff der Grenzmenge auf der Basis des Wirkstoffgehalts des tatverfangenen Suchtgifts definiert, sind diesbezügliche Feststellungen zur rechtsrichtigen Subsumtion hier aber unerlässlich (13 Os 60/04, SSt 2004/44; RIS-Justiz RS0111350; Schwaighofer in WK² SMG § 28b Rz 10).

Muss ein Schuldspruch nach (§ 28 SMG oder nach) § 28a SMG aufgehoben werden, weil (wie hier) die tatrichterlichen Konstatierungen zur Suchtgiftmenge die vorgenommene Subsumtion nicht tragen, bleiben jene Annahmen, die einen (gar nicht erfolgten) Schuldspruch nach § 27 Abs 1 SMG stützen würden, nicht bestehen (14 Os 28/05g, SSt 2005/41; RIS-Justiz RS0115884), sodass auch der Schuldspruch A/I zur Gänze zu beheben war.

Hinsichtlich des Schuldspruchs A/II traf das Erstgericht zwar - entgegen der Beschwerde - hinreichende Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 4), mit Blick auf die Aufhebung der übrigen Schuldsprüche war im Sinn des § 289 StPO aber auch jener zu beheben, um für den zweiten Rechtsgang die Möglichkeit einer allenfalls gebotenen Diversion (§§ 35, 37 SMG) zu eröffnen (12 Os 83/08k, 107/08i, SSt 2008/53; RIS-Justiz RS0119278).

Die angefochtene Entscheidung war somit in ihrem schuldig sprechenden Teil gemäß § 285e StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben.

Dies hat die Aufhebung des Strafausspruchs (und des Verfallserkenntnisses) zur Folge, worauf der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen war.

Im zweiten Rechtsgang wird - was die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zutreffend festhält - zu beachten sein, dass dem Angeklagten das Recht zukommt, nicht von einer ihm unbekannten Gerichtsnotorietät im Tatsachenbereich überrascht zu werden (12 Os 49/04, SSt 2004/40; RIS-Justiz RS0119094), womit eine solche gegebenenfalls in der Hauptverhandlung zu erörtern ist (§ 258 Abs 1 StPO).

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