European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0130OS00040.13A.0423.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter R***** mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien im Bereich des Finanzamtes für den 6., 7. und 15. Bezirk als faktischer Geschäftsführer der O***** Gesellschaft mbH vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten eine Verkürzung nachangeführter Abgaben bewirkt, und zwar:
(1) eine in zu niedriger Festsetzung gelegene Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Gewerbesteuer für jedes der Jahre 1988 bis 1993 von insgesamt 515.481,00 S (entspricht 37.461,48 Euro);
(2) eine in unterbliebener Entrichtung gelegene Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragsteuer für jedes der Jahre 1988 bis 1998 von insgesamt 9.113.326,00 S (entspricht 662.291,23 Euro).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die aus den Gründen der Z 4 (iVm Z 11), 5, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Die im Rahmen der Verfahrensrüge (Z 4 iVm Z 11) monierte Abweisung des Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachens aus dem Fachbereich des „Buch- und Rechnungswesens“ zum Beweis dafür, „dass dem Herrn R***** keinerlei Kapitalerträge in Form verdeckter Gewinnausschüttungen zugeflossen sind, zumindest aber nicht solche, wie in der Anklage vorgeworfenen Höhe und dass er keine Kapitalertragssteuer verletzt beziehungsweise hinterzogen hat, zumal er seine Entnahmen durch Einlagen abgedeckt hat“ und „welche Beträge wirklich ein und ausgegangen sind auf diesen Verrechnungskonten und wie hoch ein allfälliger Negativsaldo zu Lasten des Herrn R*****, der kapitalertragssteuerpflichtig wäre, wenn er überhaupt bestanden hat, dann tatsächlich war“ (ON 97 S 49), erfolgte entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers ohne Schmälerung der Verteidigungsrechte.
Zurückgehend auf ein Erkenntnis eines verstärkten Senats aus dem Jahr 1991, 14 Os 127/90 (EvBl 1992/16, 93), judiziert der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass einem Abgabenbescheid als dem Resultat eines fachspezifischen Ermittlungsverfahrens die Bedeutung einer qualifizierten Vorprüfung der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des im diesbezüglichen Finanzstrafverfahren jeweils aktuellen Finanzvergehens zukommt. Dementsprechend bedarf es (nur) dann einer weiteren Überprüfung durch einen Sachverständigen, wenn im Beweisverfahren (aus den Tatsachengrundlagen des finanzbehördlichen Schätzungsergebnisses ableitbare) Mängel unausgeräumt bleiben (RIS‑Justiz RS0087030).
Zielt eine Nichtigkeitsbeschwerde darauf ab, die auf einem Abgabenbescheid basierende Urteilsbegründung zu erschüttern, muss sie daher ebensolche Mängel aufzeigen. Diesem Erfordernis wird die Beschwerde durch die teils unsubstantiierte, teils auf aktenfremde Überlegungen gestützte Behauptung der Unrichtigkeit der abgabenbehördlichen Berechnungen nicht gerecht. Ebenso wenig hat der Angeklagte mit dem im Zuge des Beweisverfahrens mehrfach wiederholten Pauschalverweis, dass etwas „in der Buchhaltung“ oder „in der Bilanz“ stehe, ohne auf konkret bezeichnete Buchungsvorgänge, Bilanzposten oder Zahlungsflüsse Bezug zu nehmen, auf derartige Mängel hingewiesen.
Zudem verfehlt der Beweisantrag mit Blick auf die in diesem Verfahren ergangene kassatorische Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (13 Os 125/11y) den Anknüpfungspunkt einer entscheidenden Tatsache, soweit mit der Behauptung von Rückzahlungen (in Form nachträglicher Einlagen) nicht auch ein von vornherein feststehender, innerer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung und eine bereits zum Zeitpunkt der Gewährung des (kapitalertragsteuerpflichigen) Vorteils bestehende, ausdrückliche und eindeutige Vereinbarung über die Rückführung dargelegt wird (vgl VwGH 2006/13/0106; 2005/14/0005; 97/14/0118 ua; Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts I9 Rz 981 mwN).
Das den Beweisantrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.
Die von der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) vermisste Begründung zum Fehlen eines inneren Zusammenhangs zwischen den kapitalertragsteuerpflichtigen Entnahmen und diversen vom Beschwerdeführer an die O***** Gesellschaft mbH erbrachten Leistungen (vgl US 7) findet sich auf US 11. Weshalb diese Erwägungen gegen die Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze verstoßen sollen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444; RIS‑Justiz RS0116732, RS0118317), legt die Rüge nicht dar.
Der weiteren Kritik zuwider haben sich die Tatrichter sehr wohl mit den Angaben der Zeugin W***** auseinandergesetzt (vgl US 11). Eine darüber hinausgehende Erörterung sämtlicher Details der Aussage der Zeugin ist aus dem Blickwinkel der Urteilsvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht erforderlich; sie würde vielmehr dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zuwiderlaufen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).
Mit seinen Ausführungen zum angeblichen Vorliegen eines rechtlichen Irrtums verfehlt der Beschwerdeführer die Anfechtungskriterien (RIS‑Justiz RS0099810) der damit der Sache nach geltend gemachten Rechtsrüge (Z 9 lit a; vgl 13 Os 57/12z, 13 Os 109/12x).
Soweit sich der in Rede stehende Irrtum nämlich auf die Angaben des Angeklagten bezieht, wonach er im Tatzeitraum der Auffassung gewesen sei, gar nicht Eigentümer der O***** Gesellschaft mbH zu sein, weshalb er auch nicht auf die Idee gekommen sei, dass ein kapitalertragsteuerpflichtiger Vorgang vorliegen könnte, und er zudem der aus mehreren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs abgeleiteten Rechtsansicht gewesen sei, dass nur der Verzicht der darlehensgebenden Gesellschaft auf Rückzahlung oder die schon bei Zuzählung des Darlehens feststehende Uneinbringlichkeit desselben eine Qualifikation als verdeckte Gewinnausschüttung und damit die Kapitalertragsteuerpflicht bewirke, wird vom Beschwerdeführer inhaltlich ein Tatbildirrtum behauptet, und solcherart das Vorliegen des dem Tatbestand entsprechenden Vorsatzes bestritten (Höpfel in WK² § 9 Rz 7; Steininger SbgK § 5 Rz 24 und § 9 Rz 39). Er übergeht damit die ausdrücklich gegenteiligen Feststellungen der Tatrichter (US 8 f).
Die Behauptung eines Irrtums über die Kapitalertragsteuerpflicht bleibt im Übrigen mit Blick auf die (wie dargelegt als Begründung für die behauptete Rechtsansicht des Beschwerdeführers angegebene) ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Tatzeitraum (VwGH 94/14/0122, 91/14/0020, 90/14/0195, 89/14/0034) unverständlich.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) erschöpft sich in der (substratlosen) Bestreitung des Vorliegens einer verdeckten Gewinnausschüttung und damit der die Kapitalertragsteuerpflicht auslösenden Ereignisse, verfehlt damit einmal mehr den im festgestellten Urteilssachverhalt gelegenen (tatsächlichen) Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581, 584; RIS‑Justiz RS0099810).
Das Beschwerdevorbringen zur Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall iVm Z 5 zweiter Fall) nimmt einerseits nicht Maß an der Gesamtheit der tatrichterlichen Entscheidungsgründe (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394, RIS‑Justiz RS0118316 [T5], RS0119422) und bezeichnet andererseits das als übergangen („übersehen“) reklamierte Beweisergebnis, aus dem sich eine anhand nicht nachvollziehbarer Berechnungen ermittelte „Differenz von ATS 6,355.060,20“ der Bemessungsgrundlage der Kapitalertragsteuer ergeben soll, nicht deutlich und bestimmt (RIS‑Justiz RS0119422).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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